Lerch: "Wir müssen eine Jetzt-erst-recht-Mentalität entwickeln"

Der VfL Wolfsburg hat auch das Rückspiel im Viertelfinale der Women's Champions League mit 0:3 gegen den FC Chelsea verloren und ist damit ausgeschieden. Trainer Stephan Lerch (36) ordnet im DFB.de-Interview die Niederlage unmittelbar nach Spielschluss ein und schaut auch schon wieder nach vorne. Im DFB-Pokalhalbfinale ist am Sonntag (ab 14 Uhr, live in der ARD) der FC Bayern München in Wolfsburg zu Gast.

DFB.de: Herr Lerch, sehen Sie es auch so, dass sich am Ende die effizientere Mannschaft durchgesetzt hat?

Stephan Lerch: Ja, so kann man es sicher gut zusammenfassen. Wir hatten sowohl im ersten wie auch im zweiten Spiel viele gute Momente und viele klare Möglichkeiten. Ich würde sogar sagen, dass wir über beide Begegnungen gesehen optisch überlegen waren. Aber wir haben den Bock nicht umgestoßen, wir haben uns nicht belohnt. Am Ende zählt das Ergebnis - und das spricht deutlich gegen uns. Nach diesen Partien gibt es zwei Wahrheiten.

DFB.de: Die erste Wahrheit?

Lerch: Wir haben nach 180 Minuten 1:5 verloren. Das ist leider der Fakt, der am Ende zählt. Fußball ist ein Ergebnissport, und wir sind ausgeschieden. Das müssen und werden wir akzeptieren.

DFB.de: Und die zweite Wahrheit?

Lerch: Die ist mir sehr wichtig, weil sie auch genannt werden muss: Wir haben wirklich einen großen Kampf hingelegt und Chelsea immer wieder unter Druck gesetzt. Wir waren in vielen Situationen und in einigen Phasen die bessere Mannschaft. Das ist das Positive, das wir in die nächsten Begegnungen mitnehmen werden.

DFB.de: Bereits am Sonntag geht es im Pokalhalbfinale gegen den FC Bayern weiter. Die nächste Hammeraufgabe?

Lerch: Auf jeden Fall. Beim VfL Wolfsburg zählen Erfolge und Titel - die Champions League können wir in diesem Jahr nicht mehr gewinnen. Heute sind wir traurig und enttäuscht. Aber ab Donnerstag gilt unser Fokus dem Duell mit Bayern. Es ist nun unsere Aufgabe, die Mannschaft so schnell wie möglich wieder aufzubauen und den Optimismus zurückzubringen. Wir haben jetzt einige Nackenschläge hinnehmen müssen. Nun sind wir an der Reihe, mal ein paar Nackenschläge - natürlich im übertragenen Sinne - auszuteilen.

DFB.de: Wie sehen Sie die Ausgangslage vor dem Duell?

Lerch: Ich sehe Parallelen zu einer Situation vor zwei Jahren. Damals sind wir in der Champions League an Olympique Lyon gescheitert und haben wenige Tage später in München klar gewonnen. Vielleicht gelingt uns wieder solch eine Reaktion. Ich traue es meiner Mannschaft zu. Wir müssen eine Jetzt-erst-recht-Mentalität entwickeln. Heute brauchen wir die Zeit, um das Erlebte sacken zu lassen und zu verarbeiten. Am kommenden Sonntag steht ein neues Spiel auf dem Programm. Ich kann klar sagen, dass wir nicht am Boden zerstört sind. Aber wir sind enttäuscht. Wir werden wieder aufstehen und am Sonntag alles geben, um ins DFB-Pokalfinale einzuziehen. Das ist unser nächstes Ziel. Wir müssen das Glück erzwingen und dennoch die Lockerheit behalten. Es ist wichtig, dass wir den Spaß nicht verlieren. Man darf nicht vergessen, dass es wichtigere Dinge im Leben gibt.

DFB.de: Wie wollen Sie die Partie angehen? Bayern München hat in dieser Saison bislang alle Pflichtspiele gewonnen.

Lerch: Bayern hat sich Jahr für Jahr verbessert und extrem viel Qualität innerhalb des Kaders hinzugewonnen. Dazu kommt, dass sie jetzt einen Lauf haben. Das wissen wir alles. Aber wir gehen es dennoch optimistisch an. Ich sehe es als 50-zu-50-Spiel, das wir gerne für uns entscheiden wollen. Aber es kann alles passieren.

DFB.de: Besteht auch die Gefahr, in fünf Tagen viel zu verspielen?

Lerch: Klar, das kann passieren. Aber wir haben es selbst in der Hand, dass es so nicht kommt. Wir stehen seit dem vergangenen Sommer vielen Herausforderungen gegenüber, aber wir stellen uns dieser Situation. Die Mannschaft kann mit Druck umgehen. Das hat sie in den vergangenen Jahren immer wieder eindrucksvoll gezeigt. Wichtig ist es aus meiner Sicht, dass wir die Enttäuschung über das Ausscheiden jetzt schnell abschütteln. Chelsea hat es gut gemacht. Wir müssen unsere Lehren daraus ziehen. Es war nicht alles schlecht.

DFB.de: Ist das 1:5-Gesamtergebnis gegen Chelsea letztlich zu klar?

Lerch: Ja, vielleicht. Aber was bringt es uns, darüber jetzt lange nachzudenken? In der Statistik steht 1:2 und 0:3. Das können und wollen wir nicht wegreden. Wir haben beide Partien gegen einen sehr starken Gegner verloren. Trotzdem sind wir natürlich vor allem deshalb enttäuscht, weil wir es selbst in der Hand hatten, es besser zu machen. Alleine im Hinspiel hatten wir genug Möglichkeiten, um uns in eine hervorragende Ausgangslage zu bringen. Das ist uns nicht gelungen, das müssen wir uns vorwerfen. Stattdessen hat die herausragende Offensive von Chelsea um Pernille Harder und Sam Kerr mehrmals eiskalt zugeschlagen.

DFB.de: Haben Sie es also im Hinspiel verloren?

Lerch: Nein, das nicht. Wir hatten dort als Auswärtsmannschaft die Möglichkeit, zwei oder drei Treffer zu erzielen. Wenn uns das gelungen wäre, wäre vielleicht vieles anders gelaufen. Aber auch im zweiten Duell hatten wir unsere Möglichkeiten - zum Beispiel unmittelbar vor dem 0:1, als eine abgefälschte Flanke kurz vor der Linie geklärt wurde. Oder direkt nach dem Elfmeter, durch den wir in Rückstand geraten sind, als Ewa Pajor um Zentimeter verpasst hat. Womöglich hat uns in den entscheidenden Momenten etwas das Spielglück gefehlt, um die Partien in unsere Richtung zu drehen.

DFB.de: Oder ist es womöglich auch eine Qualitätsfrage in Ihrem Kader? Pernille Harder ist nicht mehr da, Ewa Pajor war lange verletzt.

Lerch: Nein, das sehe ich nicht so. Vor allem würde ich es nicht an einzelnen Spielerinnen festmachen wollen. Klar ist aber, dass wir in entscheidenden Momenten falsche Entscheidungen getroffen haben. In der Defensive sind dadurch Gegentreffer entstanden, und vorne haben wir die Chancen nicht genutzt. Das wird auf diesem absoluten Topniveau bestraft. Chelsea hat aus meiner Sicht eine enorme Qualität im Kader. Ich würde sie direkt hinter Olympique Lyon einordnen. Auch wenn einige es vielleicht nicht gerne hören: Aus meiner Sicht waren wir in dem Duell mit Chelsea nicht in der Favoritenrolle. Wir hätten diese Einschätzung gerne widerlegt, aber leider ist sie bestätigt worden. 

DFB.de: Hat sich die Erkenntnis aus Ihrer Sicht also bestätigt, dass die Weltspitze im Frauenfußball breiter geworden ist?

Lerch: Ja, ganz klar. Alle Mannschaften im Viertelfinale der Champions League verfügen über große Qualitäten. Das war nicht immer so. Aber das ist die Zukunft. Und das ist sehr gut für die Entwicklung des Frauenfußballs - auch wenn wir heute leider die Leidtragenden sind. Chelsea hat meiner Meinung nach die Möglichkeit, die Champions League zu gewinnen. Aber dazu müssen sie zunächst wahrscheinlich Bayern München aus dem Weg räumen. Und wir haben schon darüber gesprochen, welche Qualitäten Bayern in dieser Saison hat. Es wird spannend.

[sw]

Der VfL Wolfsburg hat auch das Rückspiel im Viertelfinale der Women's Champions League mit 0:3 gegen den FC Chelsea verloren und ist damit ausgeschieden. Trainer Stephan Lerch (36) ordnet im DFB.de-Interview die Niederlage unmittelbar nach Spielschluss ein und schaut auch schon wieder nach vorne. Im DFB-Pokalhalbfinale ist am Sonntag (ab 14 Uhr, live in der ARD) der FC Bayern München in Wolfsburg zu Gast.

DFB.de: Herr Lerch, sehen Sie es auch so, dass sich am Ende die effizientere Mannschaft durchgesetzt hat?

Stephan Lerch: Ja, so kann man es sicher gut zusammenfassen. Wir hatten sowohl im ersten wie auch im zweiten Spiel viele gute Momente und viele klare Möglichkeiten. Ich würde sogar sagen, dass wir über beide Begegnungen gesehen optisch überlegen waren. Aber wir haben den Bock nicht umgestoßen, wir haben uns nicht belohnt. Am Ende zählt das Ergebnis - und das spricht deutlich gegen uns. Nach diesen Partien gibt es zwei Wahrheiten.

DFB.de: Die erste Wahrheit?

Lerch: Wir haben nach 180 Minuten 1:5 verloren. Das ist leider der Fakt, der am Ende zählt. Fußball ist ein Ergebnissport, und wir sind ausgeschieden. Das müssen und werden wir akzeptieren.

DFB.de: Und die zweite Wahrheit?

Lerch: Die ist mir sehr wichtig, weil sie auch genannt werden muss: Wir haben wirklich einen großen Kampf hingelegt und Chelsea immer wieder unter Druck gesetzt. Wir waren in vielen Situationen und in einigen Phasen die bessere Mannschaft. Das ist das Positive, das wir in die nächsten Begegnungen mitnehmen werden.

DFB.de: Bereits am Sonntag geht es im Pokalhalbfinale gegen den FC Bayern weiter. Die nächste Hammeraufgabe?

Lerch: Auf jeden Fall. Beim VfL Wolfsburg zählen Erfolge und Titel - die Champions League können wir in diesem Jahr nicht mehr gewinnen. Heute sind wir traurig und enttäuscht. Aber ab Donnerstag gilt unser Fokus dem Duell mit Bayern. Es ist nun unsere Aufgabe, die Mannschaft so schnell wie möglich wieder aufzubauen und den Optimismus zurückzubringen. Wir haben jetzt einige Nackenschläge hinnehmen müssen. Nun sind wir an der Reihe, mal ein paar Nackenschläge - natürlich im übertragenen Sinne - auszuteilen.

DFB.de: Wie sehen Sie die Ausgangslage vor dem Duell?

Lerch: Ich sehe Parallelen zu einer Situation vor zwei Jahren. Damals sind wir in der Champions League an Olympique Lyon gescheitert und haben wenige Tage später in München klar gewonnen. Vielleicht gelingt uns wieder solch eine Reaktion. Ich traue es meiner Mannschaft zu. Wir müssen eine Jetzt-erst-recht-Mentalität entwickeln. Heute brauchen wir die Zeit, um das Erlebte sacken zu lassen und zu verarbeiten. Am kommenden Sonntag steht ein neues Spiel auf dem Programm. Ich kann klar sagen, dass wir nicht am Boden zerstört sind. Aber wir sind enttäuscht. Wir werden wieder aufstehen und am Sonntag alles geben, um ins DFB-Pokalfinale einzuziehen. Das ist unser nächstes Ziel. Wir müssen das Glück erzwingen und dennoch die Lockerheit behalten. Es ist wichtig, dass wir den Spaß nicht verlieren. Man darf nicht vergessen, dass es wichtigere Dinge im Leben gibt.

DFB.de: Wie wollen Sie die Partie angehen? Bayern München hat in dieser Saison bislang alle Pflichtspiele gewonnen.

Lerch: Bayern hat sich Jahr für Jahr verbessert und extrem viel Qualität innerhalb des Kaders hinzugewonnen. Dazu kommt, dass sie jetzt einen Lauf haben. Das wissen wir alles. Aber wir gehen es dennoch optimistisch an. Ich sehe es als 50-zu-50-Spiel, das wir gerne für uns entscheiden wollen. Aber es kann alles passieren.

DFB.de: Besteht auch die Gefahr, in fünf Tagen viel zu verspielen?

Lerch: Klar, das kann passieren. Aber wir haben es selbst in der Hand, dass es so nicht kommt. Wir stehen seit dem vergangenen Sommer vielen Herausforderungen gegenüber, aber wir stellen uns dieser Situation. Die Mannschaft kann mit Druck umgehen. Das hat sie in den vergangenen Jahren immer wieder eindrucksvoll gezeigt. Wichtig ist es aus meiner Sicht, dass wir die Enttäuschung über das Ausscheiden jetzt schnell abschütteln. Chelsea hat es gut gemacht. Wir müssen unsere Lehren daraus ziehen. Es war nicht alles schlecht.

DFB.de: Ist das 1:5-Gesamtergebnis gegen Chelsea letztlich zu klar?

Lerch: Ja, vielleicht. Aber was bringt es uns, darüber jetzt lange nachzudenken? In der Statistik steht 1:2 und 0:3. Das können und wollen wir nicht wegreden. Wir haben beide Partien gegen einen sehr starken Gegner verloren. Trotzdem sind wir natürlich vor allem deshalb enttäuscht, weil wir es selbst in der Hand hatten, es besser zu machen. Alleine im Hinspiel hatten wir genug Möglichkeiten, um uns in eine hervorragende Ausgangslage zu bringen. Das ist uns nicht gelungen, das müssen wir uns vorwerfen. Stattdessen hat die herausragende Offensive von Chelsea um Pernille Harder und Sam Kerr mehrmals eiskalt zugeschlagen.

DFB.de: Haben Sie es also im Hinspiel verloren?

Lerch: Nein, das nicht. Wir hatten dort als Auswärtsmannschaft die Möglichkeit, zwei oder drei Treffer zu erzielen. Wenn uns das gelungen wäre, wäre vielleicht vieles anders gelaufen. Aber auch im zweiten Duell hatten wir unsere Möglichkeiten - zum Beispiel unmittelbar vor dem 0:1, als eine abgefälschte Flanke kurz vor der Linie geklärt wurde. Oder direkt nach dem Elfmeter, durch den wir in Rückstand geraten sind, als Ewa Pajor um Zentimeter verpasst hat. Womöglich hat uns in den entscheidenden Momenten etwas das Spielglück gefehlt, um die Partien in unsere Richtung zu drehen.

DFB.de: Oder ist es womöglich auch eine Qualitätsfrage in Ihrem Kader? Pernille Harder ist nicht mehr da, Ewa Pajor war lange verletzt.

Lerch: Nein, das sehe ich nicht so. Vor allem würde ich es nicht an einzelnen Spielerinnen festmachen wollen. Klar ist aber, dass wir in entscheidenden Momenten falsche Entscheidungen getroffen haben. In der Defensive sind dadurch Gegentreffer entstanden, und vorne haben wir die Chancen nicht genutzt. Das wird auf diesem absoluten Topniveau bestraft. Chelsea hat aus meiner Sicht eine enorme Qualität im Kader. Ich würde sie direkt hinter Olympique Lyon einordnen. Auch wenn einige es vielleicht nicht gerne hören: Aus meiner Sicht waren wir in dem Duell mit Chelsea nicht in der Favoritenrolle. Wir hätten diese Einschätzung gerne widerlegt, aber leider ist sie bestätigt worden. 

DFB.de: Hat sich die Erkenntnis aus Ihrer Sicht also bestätigt, dass die Weltspitze im Frauenfußball breiter geworden ist?

Lerch: Ja, ganz klar. Alle Mannschaften im Viertelfinale der Champions League verfügen über große Qualitäten. Das war nicht immer so. Aber das ist die Zukunft. Und das ist sehr gut für die Entwicklung des Frauenfußballs - auch wenn wir heute leider die Leidtragenden sind. Chelsea hat meiner Meinung nach die Möglichkeit, die Champions League zu gewinnen. Aber dazu müssen sie zunächst wahrscheinlich Bayern München aus dem Weg räumen. Und wir haben schon darüber gesprochen, welche Qualitäten Bayern in dieser Saison hat. Es wird spannend.

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