Lerch vor CL-Finale: "Wollen den Titel nach Wolfsburg holen"

Jetzt geht es um alles. Im Finale der Champions League treffen die Frauen des VfL Wolfsburg am heutigen Sonntag (ab 20 Uhr, live auf Sport 1) auf Olympique Lyon, den Titelträger in den vergangenen Jahren. VfL-Trainer Stephan Lerch (36) macht im DFB.de-Interview klar, dass die Wolfsburgerinnen die europäische Krone nach 2014 wieder nach Deutschland holen wollen und ordnet die Chancen eines möglichen Finalsieges ein.

DFB.de: Herr Lerch, das Finale der Champions League steht unmittelbar bevor...

Stephan Lerch: ... und mal wieder geht es gegen Olympique Lyon.

DFB.de: Den Titelträger in den vergangenen vier Jahren.

Lerch: Es überrascht uns nicht, dass Lyon schon wieder im Endspiel steht. Sie sind seit Jahren das Topteam in Europa. Gerade die Erfolge in der jüngeren Vergangenheit sprechen für sich.

DFB.de: Welche Erinnerungen verbinden Sie mit Lyon?

Lerch: Keine besonders guten, weil wir im vergangenen Jahr im Viertelfinale zweimal verloren haben. Da hat sich Lyon mit der riesigen Qualität im Kader verdient gegen uns durchgesetzt.

DFB.de: Auf dem Weg ins Finale hat sich Lyon jeweils nur knapp gegen den FC Bayern und Paris St. Germain durchgesetzt. Ist Olympique noch so stark, wie man sie kennt?

Lerch: Ich denke schon. Wir lassen uns von diesen knappen Ergebnissen nicht täuschen. Ich habe großen Respekt vor diesem Team. Im Finale werden sie voll da sein und sich keine Schwächen erlauben. Sie sind sehr erfahren, sie sind sehr eingespielt. Der Kader hat sich nur punktuell verändert, meiner Meinung nach ist er eher besser als schlechter geworden. Zum Beispiel spielt dort jetzt ja Sara Gunnarsdottir, die bis zum Sommer noch bei uns unter Vertrag stand. Sara hebt die Qualität bei Olympique in der Offensive nochmal an. Ich schätze sie deshalb nach wie vor als extrem starkes Team ein. Wir brauchen einen super Tag, um gewinnen zu können. Aber an einem Tag und in einem Spiel ist auf jeden Fall etwas möglich.

DFB.de: Also sehen Sie Lyon in der Favoritenrolle?

Lerch: Ja, aus meiner Sicht ist das so. Zum einen aufgrund der Erfolge in den vergangenen Jahren. Aber zum anderen auch aufgrund der Konstanz, die sie in ihrem Spiel haben. Das ist beeindruckend. Wir sind der Herausforderer. Aber wir haben uns viel vorgenommen. Wir wollen sie stoppen und den Titel nach Wolfsburg und damit auch nach Deutschland holen.

DFB.de: Wo steht Ihre Mannschaft nach dem gefühlt zittrigen Sieg gegen Barcelona im Halbfinale?

Lerch: Wir haben da nicht das gespielt, was wir können, das stimmt. Wir haben darüber gesprochen und die Begegnung sehr schnell und umfangreich mit der Mannschaft besprochen. Das war auch nötig, weil wir über diese Leistung nicht einfach hinwegsehen konnten. Wir haben gegen Barca – wenn überhaupt – nur phasenweise unser wahres Gesicht gezeigt. Wir hatten zum Beispiel gute 15 Minuten nach der Pause. Da sind wir dann auch prompt in Führung gegangen. Aber über weite Teile der Spielzeit war es nicht so, wie wir es uns alle vorgestellt hatten. Die Spielerinnen waren sehr selbstkritisch. Ich habe den Eindruck, dass der Ehrgeiz groß ist, allen unsere wahre Stärke zu zeigen.

DFB.de: Also hatte diese bestenfalls mittelmäßige Leistung im Rückblick auch gute Aspekte?

Lerch: Das hoffe ich. Wir sind uns alle einig, dass wir es gegen Lyon anders und vor allem besser lösen wollen. Was wir jedoch mitnehmen müssen, ist die Effizienz und den Kampfgeist. Die Spielerinnen haben alles gegeben, um ins Finale zu kommen. Dass uns das gelungen ist, obwohl wir nicht unseren besten Tag hatten, macht mich sehr stolz und optimistisch.

DFB.de: Hat das Barcelona-Spiel also nochmal alle Sinne geschärft?

Lerch: Ja, absolut. Ohne anderen Mannschaften zu nahe treten zu wollen, war das Spiel gegen Barcelona für uns die erste echte Herausforderung nach der Sommerpause. Das 9:1 im Viertelfinale gegen Glasgow war – bei aller Wertschätzung des Gegners – für uns kein echter Maßstab. Da wurden wir nicht richtig gefordert. Das darf man nicht vergessen. Wir wussten vor dem Duell mit Barcelona gar nicht genau, wo wir eigentlich stehen. Diese Begegnung hat uns das jetzt sehr bewusst gemacht und wir haben in den vergangenen Tagen im Training an den aus unserer Sicht entscheidenden Dingen gearbeitet. Und bei aller berechtigten Kritik darf man auch nicht vergessen, dass Barcelona ebenfalls über große Qualitäten verfügt.

DFB.de: Barca stand in der vergangenen Saison im Endspiel der Champions League.

Lerch: Und das war kein Zufall. Aus meiner Sicht sind sie eine der spielstärksten Mannschaften in Europa. Barcelona kann an einem guten Tag jeden Gegner in Bedrängnis bringen und ihm wehtun. Das ist ihnen auch gegen uns gelungen. Aber wir haben uns erfolgreich gewehrt. Und jetzt freuen wir uns auf das Kräftemessen mit Lyon.

DFB.de: Wie ist Ihr persönliches Gefühl im Vorfeld des Duells?

Lerch: Sehr gut. Das ist ein Spiel, in dem wir etwas ganz Großes erreichen können. Wir sind bereit. Die Stimmung ist gut. Bei mir persönlich, aber auch bei der Mannschaft. Wir fiebern der Begegnung entgegen.

DFB.de: Fühlt es sich aufgrund der besonderen Konstellation überhaupt wie ein Champions-League-Endspiel an?

Lerch: Die Zuschauer fehlen, das ist ganz klar. Wir hätten gerne unsere Fans zur Unterstützung dabei. Aber das ist im Moment einfach nicht möglich. Dass die Champions League jetzt in diesem verkürzten Modus ohne Hin- und Rückspiele ausgetragen wurde, hat aus meiner Sicht auf jeden Fall seinen Reiz. Es fühlt sich an wie eine Europameisterschaft auf Vereinsebene. Ich habe an diesem Modus gefallen gefunden. Man hat nur ein Spiel, um die nächste Runde zu erreichen. Jeder kleine Fehler kann zu großen Problemen führen. Man braucht ein wenig Glück, das hat man ja in unserem Spiel gegen Barcelona sehen können. Aber wenn das alles zusammenkommt, kann man in wenigen Tagen etwas Historisches schaffen. Ein Schritt dahin fehlt uns noch, den wollen wir nun gehen.

[sw]

Jetzt geht es um alles. Im Finale der Champions League treffen die Frauen des VfL Wolfsburg am heutigen Sonntag (ab 20 Uhr, live auf Sport 1) auf Olympique Lyon, den Titelträger in den vergangenen Jahren. VfL-Trainer Stephan Lerch (36) macht im DFB.de-Interview klar, dass die Wolfsburgerinnen die europäische Krone nach 2014 wieder nach Deutschland holen wollen und ordnet die Chancen eines möglichen Finalsieges ein.

DFB.de: Herr Lerch, das Finale der Champions League steht unmittelbar bevor...

Stephan Lerch: ... und mal wieder geht es gegen Olympique Lyon.

DFB.de: Den Titelträger in den vergangenen vier Jahren.

Lerch: Es überrascht uns nicht, dass Lyon schon wieder im Endspiel steht. Sie sind seit Jahren das Topteam in Europa. Gerade die Erfolge in der jüngeren Vergangenheit sprechen für sich.

DFB.de: Welche Erinnerungen verbinden Sie mit Lyon?

Lerch: Keine besonders guten, weil wir im vergangenen Jahr im Viertelfinale zweimal verloren haben. Da hat sich Lyon mit der riesigen Qualität im Kader verdient gegen uns durchgesetzt.

DFB.de: Auf dem Weg ins Finale hat sich Lyon jeweils nur knapp gegen den FC Bayern und Paris St. Germain durchgesetzt. Ist Olympique noch so stark, wie man sie kennt?

Lerch: Ich denke schon. Wir lassen uns von diesen knappen Ergebnissen nicht täuschen. Ich habe großen Respekt vor diesem Team. Im Finale werden sie voll da sein und sich keine Schwächen erlauben. Sie sind sehr erfahren, sie sind sehr eingespielt. Der Kader hat sich nur punktuell verändert, meiner Meinung nach ist er eher besser als schlechter geworden. Zum Beispiel spielt dort jetzt ja Sara Gunnarsdottir, die bis zum Sommer noch bei uns unter Vertrag stand. Sara hebt die Qualität bei Olympique in der Offensive nochmal an. Ich schätze sie deshalb nach wie vor als extrem starkes Team ein. Wir brauchen einen super Tag, um gewinnen zu können. Aber an einem Tag und in einem Spiel ist auf jeden Fall etwas möglich.

DFB.de: Also sehen Sie Lyon in der Favoritenrolle?

Lerch: Ja, aus meiner Sicht ist das so. Zum einen aufgrund der Erfolge in den vergangenen Jahren. Aber zum anderen auch aufgrund der Konstanz, die sie in ihrem Spiel haben. Das ist beeindruckend. Wir sind der Herausforderer. Aber wir haben uns viel vorgenommen. Wir wollen sie stoppen und den Titel nach Wolfsburg und damit auch nach Deutschland holen.

DFB.de: Wo steht Ihre Mannschaft nach dem gefühlt zittrigen Sieg gegen Barcelona im Halbfinale?

Lerch: Wir haben da nicht das gespielt, was wir können, das stimmt. Wir haben darüber gesprochen und die Begegnung sehr schnell und umfangreich mit der Mannschaft besprochen. Das war auch nötig, weil wir über diese Leistung nicht einfach hinwegsehen konnten. Wir haben gegen Barca – wenn überhaupt – nur phasenweise unser wahres Gesicht gezeigt. Wir hatten zum Beispiel gute 15 Minuten nach der Pause. Da sind wir dann auch prompt in Führung gegangen. Aber über weite Teile der Spielzeit war es nicht so, wie wir es uns alle vorgestellt hatten. Die Spielerinnen waren sehr selbstkritisch. Ich habe den Eindruck, dass der Ehrgeiz groß ist, allen unsere wahre Stärke zu zeigen.

DFB.de: Also hatte diese bestenfalls mittelmäßige Leistung im Rückblick auch gute Aspekte?

Lerch: Das hoffe ich. Wir sind uns alle einig, dass wir es gegen Lyon anders und vor allem besser lösen wollen. Was wir jedoch mitnehmen müssen, ist die Effizienz und den Kampfgeist. Die Spielerinnen haben alles gegeben, um ins Finale zu kommen. Dass uns das gelungen ist, obwohl wir nicht unseren besten Tag hatten, macht mich sehr stolz und optimistisch.

DFB.de: Hat das Barcelona-Spiel also nochmal alle Sinne geschärft?

Lerch: Ja, absolut. Ohne anderen Mannschaften zu nahe treten zu wollen, war das Spiel gegen Barcelona für uns die erste echte Herausforderung nach der Sommerpause. Das 9:1 im Viertelfinale gegen Glasgow war – bei aller Wertschätzung des Gegners – für uns kein echter Maßstab. Da wurden wir nicht richtig gefordert. Das darf man nicht vergessen. Wir wussten vor dem Duell mit Barcelona gar nicht genau, wo wir eigentlich stehen. Diese Begegnung hat uns das jetzt sehr bewusst gemacht und wir haben in den vergangenen Tagen im Training an den aus unserer Sicht entscheidenden Dingen gearbeitet. Und bei aller berechtigten Kritik darf man auch nicht vergessen, dass Barcelona ebenfalls über große Qualitäten verfügt.

DFB.de: Barca stand in der vergangenen Saison im Endspiel der Champions League.

Lerch: Und das war kein Zufall. Aus meiner Sicht sind sie eine der spielstärksten Mannschaften in Europa. Barcelona kann an einem guten Tag jeden Gegner in Bedrängnis bringen und ihm wehtun. Das ist ihnen auch gegen uns gelungen. Aber wir haben uns erfolgreich gewehrt. Und jetzt freuen wir uns auf das Kräftemessen mit Lyon.

DFB.de: Wie ist Ihr persönliches Gefühl im Vorfeld des Duells?

Lerch: Sehr gut. Das ist ein Spiel, in dem wir etwas ganz Großes erreichen können. Wir sind bereit. Die Stimmung ist gut. Bei mir persönlich, aber auch bei der Mannschaft. Wir fiebern der Begegnung entgegen.

DFB.de: Fühlt es sich aufgrund der besonderen Konstellation überhaupt wie ein Champions-League-Endspiel an?

Lerch: Die Zuschauer fehlen, das ist ganz klar. Wir hätten gerne unsere Fans zur Unterstützung dabei. Aber das ist im Moment einfach nicht möglich. Dass die Champions League jetzt in diesem verkürzten Modus ohne Hin- und Rückspiele ausgetragen wurde, hat aus meiner Sicht auf jeden Fall seinen Reiz. Es fühlt sich an wie eine Europameisterschaft auf Vereinsebene. Ich habe an diesem Modus gefallen gefunden. Man hat nur ein Spiel, um die nächste Runde zu erreichen. Jeder kleine Fehler kann zu großen Problemen führen. Man braucht ein wenig Glück, das hat man ja in unserem Spiel gegen Barcelona sehen können. Aber wenn das alles zusammenkommt, kann man in wenigen Tagen etwas Historisches schaffen. Ein Schritt dahin fehlt uns noch, den wollen wir nun gehen.

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