Leonie Maier: Neuer Stern des Südens

Es ist die EM-Generalprobe, vermutlich vor Europarekordkulisse. Am Samstag (ab 17.45 Uhr, live in der ARD) steigt in der Münchner Allianz-Arena das Duell von Europameister Deutschland gegen Weltmeister Japan. Wahrscheinlich in der Startformation der DFB-AuswahL Leonie Maier.

Für die Defensivspielerin vom SC 07 Bad Neuenahr scheint der Begriff "Shootingstar" wie erfunden. Die 20-Jährige wechselt im Sommer zum FC Bayern München und zählt unter Bundestrainerin Silvia Neid zum Stamm der Nationalmannschaft. Bei Wahlen des Fan Club Nationalmannschaft ist sie bereits dreimal von den Anhängern ausgezeichnet worden, zuletzt ist die Siegtorschützin zur Spielerin des Spiels gegen Kanada gewählt worden. DFB.de porträtiert Leonie Maier.

Neid: "Die Leonie ist eine, die man sich merken muss"

Irgendwann im Frühjahr, als der Kader der Frauenfußball- Nationalmannschaft für die EM in Schweden noch gar nicht stand, musste Silvia Neid breit grinsen. Gerade war die Bundestrainerin gefragt worden, wie es denn um diese junge Außenverteidigerin stehe, die seit Februar immer bei den Länderspielen mit dabei sei. "Die Leonie Maier", sagte daraufhin Neid, "ist eine, die man sich merken muss. Die kann was und ist unerschrocken auf dem Platz. Das gefällt mir."

Einige Monate später, es läuft das Länderspiel gegen Kanada, ist Silvia Neid mit konzentriertem Blick auf der Trainerbank zu sehen. Der Ball rollt im vorletzten EM-Testspiel der deutschen Frauen-Nationalmannschaft in Paderborn. Deutschland ist überlegen und bestimmt das Spiel, doch es fehlt einfach ein Tor.

In der 53. Minute schließlich kommt wieder einmal Leonie Maier an den Ball. 20 Jahre jung ist die Außenverteidigerin, die auch vorm Stürmen keine Angst hat und sich oft für das Zusammenspiel auf dem Flügel anbietet. Maier versucht, ihre Gegenspielerin abzuschütteln, sie läuft in Richtung der Grundlinie, während die deutsche Offensive sich sortiert. Der Winkel zum Tor wird immer spitzer, und Maier hebt den Kopf. Sie sieht, dass da eine Lücke klafft zwischen dem Pfosten und der Torfrau, und bevor Gegner und Mitspielerinnen ahnen, was sie vorhat, zieht Leonie Maier ab. Hart und präzise schlägt der Ball im kanadischen Tor ein, 1:0 für Deutschland.

Acht Länderspiele, ein Tor

Es ist Maiers erster Treffer im achten Länderspiel und letztlich das Siegtor. Und während Maier auf dem Rasen von den Teamkolleginnen beglückwünscht wird, ballt die Bundestrainerin an der Seitenlinie sekundenlang die Fäuste. Dann lächelt sie. Als hätte sie geahnt, dass es mal so kommen musste mit Leonie Maier.

"Tolles Solo, toller Abschluss, das freut mich für sie sehr", sagte Neid anschließend, die Frage nach der EM-Nominierung erübrigte sich. So sicher, wie die junge Stuttgarterin die rechte Außenbahn derzeit im Griff hat, kann die Nationalmannschaft darauf gar nicht mehr verzichten. Auch Maier muss lächeln, wenn sie darüber sprechen soll. "Manchmal erlebe ich das alles noch wie in einem Traum. Ich hatte nie damit gerechnet, dass alles so schnell geht", sagt die Schwäbin, die mit ihren 1,63 Meter Körpergröße zwar nicht eine der Größten, aber eine der Schnellsten im Team ist.

Unerschrocken auch gegen große Gegner

Im vergangenen Sommer lief Maier noch bei der U 20-WM auf, als Stammspielerin beim SC 07 Bad Neuenahr in der Bundesliga gehörte sie zu den Führungsspielerinnen im Team. Nach der Finalniederlage gegen die USA hatte sie nicht viel Zeit, um enttäuscht zu sein, denn bald meldete sich die Bundestrainerin bei ihr. "Wir haben versucht, die Zeit für einen Umbruch zu nutzen und junge Spielerinnen nach oben zu ziehen, die die Zukunft dieser Mannschaft ausmachen werden", sagt Neid.

Spielerinnen wie Maier, die die Bundestrainerin bei ihrem ersten Länderspiel im Februar gegen Frankreich und danach beim Turnier an der Algarve derart beeindruckt hat, dass sie jetzt diesen Sommer mit zur Europameisterschaft nach Schweden fahren wird. "Sie hat eine sehr gute Technik und Übersicht, ist unerschrocken und rückt auch gegen gewiefte Gegner wie die USA nicht von ihrer ruhigen Art ab", lobt Neid.

Spielerin des Spiels gegen Olympiasieger USA

Warum sie diese Ruhe im Spiel hat, kann Maier selbst nicht erklären, sie weiß nur eines: "Natürlich ist man bei Spielen gegen große Gegner anfangs nervös, aber gerade gegen solche Topmannschaften wie die USA oder jetzt Japan hat man doch nichts zu verlieren. Da kann man nur gewinnen." Maier fürchtet sich nicht vor solchen Begegnungen und dem Risiko, dabei einen Fehler zu machen. Im Gegenteil: "Für mich ist es ein Ansporn, gegen Weltklassespielerinnen wie Abby Wambach anzutreten. Die aus dem Spiel zu nehmen und sein eigenes Ding durchzuziehen, das ist cool."

Beim 3:3 im Testspiel gegen die amerikanischen Olympiasiegerinnen Anfang April gelang das Maier so gut, dass sie anschließend zur Spielerin des Spiels gekürt wurde. Auch beim Algarve Cup hinterließ die Unerfahrene einen derart starken Eindruck, dass sie von den Fans der deutschen Nationalmannschaft zur Spielerin des Turniers gewählt wurde.

Die Robustheit und Durchsetzungsfähigkeit auf dem Feld kommt bei Maier nicht von Ungefähr. Mit sieben Jahren kommt sie über ihre drei älteren Brüder zum Fußball, dass es auch Mädchen gibt, die in einer Mannschaft Fußball spielen, "habe ich lange Zeit gar nicht gewusst“", sagt Maier. Beim TV Aldingen spielt sie so mit einer Ausnahmegenehmigung bis zur B-Jugend bei den Jungs, nur wenn ein Lehrgang oder ein Spiel mit einer Auswahlmannschaft ansteht, trifft sie auf andere Fußballerinnen. Seit sie erstmals in eine Juniorinnen-Auswahlmannschaft berufen wurde, absolviert ihr Trainer Dieter Grauer mit ihr ein zusätzliches Techniktraining in der Woche. "Wenn du siehst, dass auch andere Mädels kicken können, willst du einfach noch besser werden", erzählt Maier.

Wechsel von Bad Neuenahr zum FC Bayern

Das harte Training hat sich gelohnt: Über die Frauen des VfL Sindelfingen wechselt Maier schnell zum SC 07 Bad Neuenahr in die Bundesliga. Diesen Winter schließlich, noch vor der ersten Berufung in die DFB-Auswahl, entschloss sie sich, den nächsten Schritt zu wagen, und unterschrieb für die nächsten zwei Jahre beim FC Bayern München, dem Pokalsieger von 2012.

Bayern-Trainer Thomas Wörle hatte Maiers Karriere verfolgt und sie kontaktiert. "Er hat mich überzeugt mit seiner Art und seiner Philosophie für die Mannschaft", sagt Maier: "Ich finde gut, was sie hier vorhaben beim FC Bayern und wie sie hier spielen wollen. Der FC Bayern hat eine sehr junge, ambitionierte Mannschaft, bei deren nächsten Schritt ich einfach dabei sein will."

Vorfreude auf die Allianz-Arena

Dass ihr neuer Verein noch näher an ihrem Zuhause liegt, "darüber freut sich auch meine Familie". Ein Problem aber gab es. "Als ich bei den Bayern unterschrieben habe, kamen schon viele Sprüche, so von wegen: dass ich doch Stuttgarterin bin und dass es da nicht sein kann, dass man zu Bayern München geht", erzählt Maier mit einem Lachen. Aber ihr Bruder Simon ist Bayern-München-Fan, "der war natürlich sofort begeistert".

Dass sie jetzt noch vor ihrem Wechsel in der Allianz-Arena in Fröttmaning auflaufen darf, "das ist auch so eine Art Traum, der sich da erfüllt. Ich meine, das ist eines der besten Stadien in Deutschland", sagt Maier, die manchmal nicht weiß, wie ihr gerade geschieht. "Diese Chancen zu bekommen, wie ich sie jetzt bekomme, das ist toll, ich bin da auch sehr dankbar", sagt sie. "Und vor allem: Ich möchte sie nutzen."

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Es ist die EM-Generalprobe, vermutlich vor Europarekordkulisse. Am Samstag (ab 17.45 Uhr, live in der ARD) steigt in der Münchner Allianz-Arena das Duell von Europameister Deutschland gegen Weltmeister Japan. Wahrscheinlich in der Startformation der DFB-AuswahL Leonie Maier.

Für die Defensivspielerin vom SC 07 Bad Neuenahr scheint der Begriff "Shootingstar" wie erfunden. Die 20-Jährige wechselt im Sommer zum FC Bayern München und zählt unter Bundestrainerin Silvia Neid zum Stamm der Nationalmannschaft. Bei Wahlen des Fan Club Nationalmannschaft ist sie bereits dreimal von den Anhängern ausgezeichnet worden, zuletzt ist die Siegtorschützin zur Spielerin des Spiels gegen Kanada gewählt worden. DFB.de porträtiert Leonie Maier.

Neid: "Die Leonie ist eine, die man sich merken muss"

Irgendwann im Frühjahr, als der Kader der Frauenfußball- Nationalmannschaft für die EM in Schweden noch gar nicht stand, musste Silvia Neid breit grinsen. Gerade war die Bundestrainerin gefragt worden, wie es denn um diese junge Außenverteidigerin stehe, die seit Februar immer bei den Länderspielen mit dabei sei. "Die Leonie Maier", sagte daraufhin Neid, "ist eine, die man sich merken muss. Die kann was und ist unerschrocken auf dem Platz. Das gefällt mir."

Einige Monate später, es läuft das Länderspiel gegen Kanada, ist Silvia Neid mit konzentriertem Blick auf der Trainerbank zu sehen. Der Ball rollt im vorletzten EM-Testspiel der deutschen Frauen-Nationalmannschaft in Paderborn. Deutschland ist überlegen und bestimmt das Spiel, doch es fehlt einfach ein Tor.

In der 53. Minute schließlich kommt wieder einmal Leonie Maier an den Ball. 20 Jahre jung ist die Außenverteidigerin, die auch vorm Stürmen keine Angst hat und sich oft für das Zusammenspiel auf dem Flügel anbietet. Maier versucht, ihre Gegenspielerin abzuschütteln, sie läuft in Richtung der Grundlinie, während die deutsche Offensive sich sortiert. Der Winkel zum Tor wird immer spitzer, und Maier hebt den Kopf. Sie sieht, dass da eine Lücke klafft zwischen dem Pfosten und der Torfrau, und bevor Gegner und Mitspielerinnen ahnen, was sie vorhat, zieht Leonie Maier ab. Hart und präzise schlägt der Ball im kanadischen Tor ein, 1:0 für Deutschland.

Acht Länderspiele, ein Tor

Es ist Maiers erster Treffer im achten Länderspiel und letztlich das Siegtor. Und während Maier auf dem Rasen von den Teamkolleginnen beglückwünscht wird, ballt die Bundestrainerin an der Seitenlinie sekundenlang die Fäuste. Dann lächelt sie. Als hätte sie geahnt, dass es mal so kommen musste mit Leonie Maier.

"Tolles Solo, toller Abschluss, das freut mich für sie sehr", sagte Neid anschließend, die Frage nach der EM-Nominierung erübrigte sich. So sicher, wie die junge Stuttgarterin die rechte Außenbahn derzeit im Griff hat, kann die Nationalmannschaft darauf gar nicht mehr verzichten. Auch Maier muss lächeln, wenn sie darüber sprechen soll. "Manchmal erlebe ich das alles noch wie in einem Traum. Ich hatte nie damit gerechnet, dass alles so schnell geht", sagt die Schwäbin, die mit ihren 1,63 Meter Körpergröße zwar nicht eine der Größten, aber eine der Schnellsten im Team ist.

Unerschrocken auch gegen große Gegner

Im vergangenen Sommer lief Maier noch bei der U 20-WM auf, als Stammspielerin beim SC 07 Bad Neuenahr in der Bundesliga gehörte sie zu den Führungsspielerinnen im Team. Nach der Finalniederlage gegen die USA hatte sie nicht viel Zeit, um enttäuscht zu sein, denn bald meldete sich die Bundestrainerin bei ihr. "Wir haben versucht, die Zeit für einen Umbruch zu nutzen und junge Spielerinnen nach oben zu ziehen, die die Zukunft dieser Mannschaft ausmachen werden", sagt Neid.

Spielerinnen wie Maier, die die Bundestrainerin bei ihrem ersten Länderspiel im Februar gegen Frankreich und danach beim Turnier an der Algarve derart beeindruckt hat, dass sie jetzt diesen Sommer mit zur Europameisterschaft nach Schweden fahren wird. "Sie hat eine sehr gute Technik und Übersicht, ist unerschrocken und rückt auch gegen gewiefte Gegner wie die USA nicht von ihrer ruhigen Art ab", lobt Neid.

Spielerin des Spiels gegen Olympiasieger USA

Warum sie diese Ruhe im Spiel hat, kann Maier selbst nicht erklären, sie weiß nur eines: "Natürlich ist man bei Spielen gegen große Gegner anfangs nervös, aber gerade gegen solche Topmannschaften wie die USA oder jetzt Japan hat man doch nichts zu verlieren. Da kann man nur gewinnen." Maier fürchtet sich nicht vor solchen Begegnungen und dem Risiko, dabei einen Fehler zu machen. Im Gegenteil: "Für mich ist es ein Ansporn, gegen Weltklassespielerinnen wie Abby Wambach anzutreten. Die aus dem Spiel zu nehmen und sein eigenes Ding durchzuziehen, das ist cool."

Beim 3:3 im Testspiel gegen die amerikanischen Olympiasiegerinnen Anfang April gelang das Maier so gut, dass sie anschließend zur Spielerin des Spiels gekürt wurde. Auch beim Algarve Cup hinterließ die Unerfahrene einen derart starken Eindruck, dass sie von den Fans der deutschen Nationalmannschaft zur Spielerin des Turniers gewählt wurde.

Die Robustheit und Durchsetzungsfähigkeit auf dem Feld kommt bei Maier nicht von Ungefähr. Mit sieben Jahren kommt sie über ihre drei älteren Brüder zum Fußball, dass es auch Mädchen gibt, die in einer Mannschaft Fußball spielen, "habe ich lange Zeit gar nicht gewusst“", sagt Maier. Beim TV Aldingen spielt sie so mit einer Ausnahmegenehmigung bis zur B-Jugend bei den Jungs, nur wenn ein Lehrgang oder ein Spiel mit einer Auswahlmannschaft ansteht, trifft sie auf andere Fußballerinnen. Seit sie erstmals in eine Juniorinnen-Auswahlmannschaft berufen wurde, absolviert ihr Trainer Dieter Grauer mit ihr ein zusätzliches Techniktraining in der Woche. "Wenn du siehst, dass auch andere Mädels kicken können, willst du einfach noch besser werden", erzählt Maier.

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Wechsel von Bad Neuenahr zum FC Bayern

Das harte Training hat sich gelohnt: Über die Frauen des VfL Sindelfingen wechselt Maier schnell zum SC 07 Bad Neuenahr in die Bundesliga. Diesen Winter schließlich, noch vor der ersten Berufung in die DFB-Auswahl, entschloss sie sich, den nächsten Schritt zu wagen, und unterschrieb für die nächsten zwei Jahre beim FC Bayern München, dem Pokalsieger von 2012.

Bayern-Trainer Thomas Wörle hatte Maiers Karriere verfolgt und sie kontaktiert. "Er hat mich überzeugt mit seiner Art und seiner Philosophie für die Mannschaft", sagt Maier: "Ich finde gut, was sie hier vorhaben beim FC Bayern und wie sie hier spielen wollen. Der FC Bayern hat eine sehr junge, ambitionierte Mannschaft, bei deren nächsten Schritt ich einfach dabei sein will."

Vorfreude auf die Allianz-Arena

Dass ihr neuer Verein noch näher an ihrem Zuhause liegt, "darüber freut sich auch meine Familie". Ein Problem aber gab es. "Als ich bei den Bayern unterschrieben habe, kamen schon viele Sprüche, so von wegen: dass ich doch Stuttgarterin bin und dass es da nicht sein kann, dass man zu Bayern München geht", erzählt Maier mit einem Lachen. Aber ihr Bruder Simon ist Bayern-München-Fan, "der war natürlich sofort begeistert".

Dass sie jetzt noch vor ihrem Wechsel in der Allianz-Arena in Fröttmaning auflaufen darf, "das ist auch so eine Art Traum, der sich da erfüllt. Ich meine, das ist eines der besten Stadien in Deutschland", sagt Maier, die manchmal nicht weiß, wie ihr gerade geschieht. "Diese Chancen zu bekommen, wie ich sie jetzt bekomme, das ist toll, ich bin da auch sehr dankbar", sagt sie. "Und vor allem: Ich möchte sie nutzen."