Laudehr: "Bin stolz, glücklich und dankbar"

Simone Laudehr hat vor wenigen Tagen ihre Karriere beendet. Mit dem FC Bayern hat die 34-Jährige zuvor noch die deutsche Meisterschaft gewonnen. Es war der einzige relevante Titel, der in der Sammlung der 103-fachen deutschen Nationalspielerin noch gefehlt hat. Ein Rückblick auf eine beeindruckende Karriere.

Simone Laudehr hat in den vergangenen Tagen viel Zeit auf dem Rasen verbracht. Aber nicht in den Fußballstadien in Deutschland, Europa und der ganzen Welt – das war in den vergangenen 17 Jahren meist der Fall. Laudehr war zuletzt im Garten ihrer Familie. Hat abgeschaltet, die Ruhe genossen, einfach mal nichts getan. Sie hatte jetzt endlich mal Gelegenheit dazu. Denn vor wenigen Tagen hat die 34-Jährige ihre Karriere beendet. Nach dem Gewinn der deutschen Meisterschaft mit dem FC Bayern München hat sie Schluss gemacht. Ihr Körper hatte ihr nach fast zwei Jahrzehnten Profisport am Limit deutlich gemacht, dass es nun genug war.

Laudehr hat ihre großartige Laufbahn mit einem Titel gekrönt, der bis dahin in ihrer Sammlung noch gefehlt hatte. In ihrer Vita steht jetzt endlich auch der Gewinn der FLYERALARM Frauen-Bundesliga. Zehnmal war sie Vizemeisterin geworden, zehnmal Zweite – mit dem 1. FFC Frankfurt, dem FCR 2001 Duisburg, dem FC Bayern München. Alle Versuche, nach 22 Spieltagen ganz oben zu stehen, waren gescheitert. Teilweise am letzten Spieltag, in den letzten Minuten einer langen Saison. Bis jetzt, bis zu dieser Serie. Es war wie ein Fluch, der sie zu begleiten schien. Nun hat sie ihn in einem letzten Kraftakt besiegt. Bei der Meisterfeier nach dem 4:0 gegen Eintracht Frankfurt durfte sie zusammen mit Kapitänin Lina Magull als Erste die Meisterschale in den blauen Münchener Himmel stemmen: Ehre, wem Ehre gebührt.

"Für mich ist ein Traum in Erfüllung gegangen"

"Für mich ist damit ein Traum in Erfüllung gegangen, auf den ich lange hingearbeitet habe", sagt Laudehr jetzt, nachdem sich die Ereignisse etwas gesetzt haben. Nachdem sie alles etwas verarbeiten konnte. "Dieser Titel kommt direkt hinter dem Gewinn der Weltmeisterschaft 2007 mit der DFB-Auswahl. Die deutsche Meisterschaft zu holen ist der Lohn für die harte Arbeit über zehn Monate. Jede Schwäche wird gnadenlos bestraft und kann Folgen haben, die man nicht mehr korrigieren kann. Jedes Spiel ist ein Endspiel, der Konstanteste darf am Ende feiern. Jetzt habe ich es endlich geschafft. Ich bin stolz, glücklich und dankbar."

Laudehr ist eine der erfolgreichsten deutschen Frauenfußballerinnen der vergangenen 20 Jahre. Die 103-malige deutsche Nationalspielerin hat alles gewonnen, was man gewinnen kann. Und das oft nicht nur einmal, sondern teilweise mehrfach. Sie ist Welt- und Europameisterin, hat die Goldmedaille bei den Olympischen Spielen geholt, dreimal den DFB-Pokal, einmal die Champions League und einmal den UEFA Woman’s Cup. Aber die deutsche Meisterschaft fehlte in dieser Auflistung – bis zum 6. Juni 2021 um 15.45 Uhr, bis zum Tag der Erlösung. Die Unvollendete ist jetzt vollendet.

In München schließt sich der Kreis

Laudehr hat bereits mit drei Jahren beim FC Tegernheim mit dem Fußballspielen begonnen. Über den SC Regensburg ist sie 2003 zum FC Bayern gekommen. Von dort ging ihre fußballerische Reise weiter zum FCR 2001 Duisburg, zum 1. FFC Frankfurt und 2016 schließlich zurück zum FC Bayern. Im München hat sich nur der Kreis geschlossen. "Ich hatte eine überragende Zeit. Ich denke gerne an jede einzelne Station zurück", sagt Laudehr. "In all den Jahren sind Freundschaften entstanden, die über mein Karriereende hinaus bestehen bleiben werden." Das ist ihr mindestens genauso wichtig wie all die Titel, die Erfolge, die Triumphe.

Im letzten Jahr in München hat sie eine Rolle eingenommen, die für sie ganz neu war. Sie war nicht mehr die unumstrittene Stammspielerin. Das hat aber nichts an ihrem Status verändert. Auch wenn sie nur noch zu Kurzeinsätzen gekommen ist, war sie die Leaderin, die vorangegangen ist. In guten Zeiten sowieso, das ist nicht die Kunst. Die Herausforderung besteht darin, Verantwortung zu übernehmen, wenn es nicht funktioniert. Laudehr hat sich davor nicht gedrückt.

"Mutti der Mannschaft"

Entsprechend hoch ist auch die Meinung von Bayerns Meistertrainer Jens Scheuer über Laudehr: "Simone war in dieser Saison einer unserer Köpfe. Sie hat ihre Rolle fantastisch gut ausgefüllt. Sie war immer da, wenn wir sie gebraucht haben. Und das nicht nur auf dem Platz, sondern auch außerhalb. Wir hatten einen sehr guten Austausch. Sie hat mir oft die Situation aus ihrer Sicht als Spielerin gespiegelt. Das war sehr wichtig für mich. Aber nicht nur das: In den Begegnungen, in denen sie auf dem Platz stand, war sie immer Leistungsträgerin." Kapitänin Lina Magull hat sie liebevoll die "Mutti der Mannschaft" genannt. Ein größeres Kompliment geht kaum.

Laudehr selbst musste erst damit klarkommen, nur noch Teilzeitkraft zu sein. "Ich war das nicht gewohnt, das war definitiv eine Umstellung für mich", sagt sie. "Am Ende habe ich mich mit dieser Rolle abgefunden und hoffentlich auch meinen Beitrag zum Gewinn der deutschen Meisterschaft geliefert." Für viele war Laudehr vor allem in der zweiten Saisonhälfte eine spielende Co-Trainerin, der verlängerte Arm von Jens Scheuer auf dem Platz.

Keine Scheu vor Kritik

Es war Scheuers großes Plus, dass er genau wusste, wie er mit Laudehr umzugehen hatte. Denn sie ist niemand, der nur das sagt, was der Gegenüber gerne hören möchte. Laudehr scheut nicht davor zurück, Kritik zu üben, wenn sie es für richtig und der Sache dienlich hält. So ist sie beispielsweise der Meinung, dass der deutsche Frauenfußball im internationalen Vergleich etwas an Boden verloren hat, weil in den goldenen Jahren teilweise nicht die richtigen Entscheidungen getroffen wurden: "Ich würde mir wünschen, dass der Frauenfußball in Deutschland in der Öffentlichkeit noch stärker positioniert wird – und zwar nicht nur die Nationalmannschaft, sondern auch die Bundesliga. Hier müssen Vereine und Verbände stärker zusammenarbeiten. Wie es funktionieren kann, haben uns die Engländerinnen gezeigt, die das Thema erfolgreich gepusht haben."

Laudehr ist nun raus aus der Hektik des Fußballalltags. Sie muss nicht mehr am Wochenende durch Deutschland zu Auswärtsspielen reisen, mittwochs oder donnerstags durch Europa für Spiele in der Champions League in Kasachstan, Norwegen oder Spanien. Laudehr wird Urlaub machen, viel Zeit mit ihrer Familie verbringen und dann im Marketing des FC Bayern Museum arbeiten. Sie wird dem Fußball eng verbunden bleiben. Sie wird genau beobachten, was passiert. Sie wird ihre Meinung sagen, gerne auch mit einem kritischen Unterton.

[sw]

Simone Laudehr hat vor wenigen Tagen ihre Karriere beendet. Mit dem FC Bayern hat die 34-Jährige zuvor noch die deutsche Meisterschaft gewonnen. Es war der einzige relevante Titel, der in der Sammlung der 103-fachen deutschen Nationalspielerin noch gefehlt hat. Ein Rückblick auf eine beeindruckende Karriere.

Simone Laudehr hat in den vergangenen Tagen viel Zeit auf dem Rasen verbracht. Aber nicht in den Fußballstadien in Deutschland, Europa und der ganzen Welt – das war in den vergangenen 17 Jahren meist der Fall. Laudehr war zuletzt im Garten ihrer Familie. Hat abgeschaltet, die Ruhe genossen, einfach mal nichts getan. Sie hatte jetzt endlich mal Gelegenheit dazu. Denn vor wenigen Tagen hat die 34-Jährige ihre Karriere beendet. Nach dem Gewinn der deutschen Meisterschaft mit dem FC Bayern München hat sie Schluss gemacht. Ihr Körper hatte ihr nach fast zwei Jahrzehnten Profisport am Limit deutlich gemacht, dass es nun genug war.

Laudehr hat ihre großartige Laufbahn mit einem Titel gekrönt, der bis dahin in ihrer Sammlung noch gefehlt hatte. In ihrer Vita steht jetzt endlich auch der Gewinn der FLYERALARM Frauen-Bundesliga. Zehnmal war sie Vizemeisterin geworden, zehnmal Zweite – mit dem 1. FFC Frankfurt, dem FCR 2001 Duisburg, dem FC Bayern München. Alle Versuche, nach 22 Spieltagen ganz oben zu stehen, waren gescheitert. Teilweise am letzten Spieltag, in den letzten Minuten einer langen Saison. Bis jetzt, bis zu dieser Serie. Es war wie ein Fluch, der sie zu begleiten schien. Nun hat sie ihn in einem letzten Kraftakt besiegt. Bei der Meisterfeier nach dem 4:0 gegen Eintracht Frankfurt durfte sie zusammen mit Kapitänin Lina Magull als Erste die Meisterschale in den blauen Münchener Himmel stemmen: Ehre, wem Ehre gebührt.

"Für mich ist ein Traum in Erfüllung gegangen"

"Für mich ist damit ein Traum in Erfüllung gegangen, auf den ich lange hingearbeitet habe", sagt Laudehr jetzt, nachdem sich die Ereignisse etwas gesetzt haben. Nachdem sie alles etwas verarbeiten konnte. "Dieser Titel kommt direkt hinter dem Gewinn der Weltmeisterschaft 2007 mit der DFB-Auswahl. Die deutsche Meisterschaft zu holen ist der Lohn für die harte Arbeit über zehn Monate. Jede Schwäche wird gnadenlos bestraft und kann Folgen haben, die man nicht mehr korrigieren kann. Jedes Spiel ist ein Endspiel, der Konstanteste darf am Ende feiern. Jetzt habe ich es endlich geschafft. Ich bin stolz, glücklich und dankbar."

Laudehr ist eine der erfolgreichsten deutschen Frauenfußballerinnen der vergangenen 20 Jahre. Die 103-malige deutsche Nationalspielerin hat alles gewonnen, was man gewinnen kann. Und das oft nicht nur einmal, sondern teilweise mehrfach. Sie ist Welt- und Europameisterin, hat die Goldmedaille bei den Olympischen Spielen geholt, dreimal den DFB-Pokal, einmal die Champions League und einmal den UEFA Woman’s Cup. Aber die deutsche Meisterschaft fehlte in dieser Auflistung – bis zum 6. Juni 2021 um 15.45 Uhr, bis zum Tag der Erlösung. Die Unvollendete ist jetzt vollendet.

In München schließt sich der Kreis

Laudehr hat bereits mit drei Jahren beim FC Tegernheim mit dem Fußballspielen begonnen. Über den SC Regensburg ist sie 2003 zum FC Bayern gekommen. Von dort ging ihre fußballerische Reise weiter zum FCR 2001 Duisburg, zum 1. FFC Frankfurt und 2016 schließlich zurück zum FC Bayern. Im München hat sich nur der Kreis geschlossen. "Ich hatte eine überragende Zeit. Ich denke gerne an jede einzelne Station zurück", sagt Laudehr. "In all den Jahren sind Freundschaften entstanden, die über mein Karriereende hinaus bestehen bleiben werden." Das ist ihr mindestens genauso wichtig wie all die Titel, die Erfolge, die Triumphe.

Im letzten Jahr in München hat sie eine Rolle eingenommen, die für sie ganz neu war. Sie war nicht mehr die unumstrittene Stammspielerin. Das hat aber nichts an ihrem Status verändert. Auch wenn sie nur noch zu Kurzeinsätzen gekommen ist, war sie die Leaderin, die vorangegangen ist. In guten Zeiten sowieso, das ist nicht die Kunst. Die Herausforderung besteht darin, Verantwortung zu übernehmen, wenn es nicht funktioniert. Laudehr hat sich davor nicht gedrückt.

"Mutti der Mannschaft"

Entsprechend hoch ist auch die Meinung von Bayerns Meistertrainer Jens Scheuer über Laudehr: "Simone war in dieser Saison einer unserer Köpfe. Sie hat ihre Rolle fantastisch gut ausgefüllt. Sie war immer da, wenn wir sie gebraucht haben. Und das nicht nur auf dem Platz, sondern auch außerhalb. Wir hatten einen sehr guten Austausch. Sie hat mir oft die Situation aus ihrer Sicht als Spielerin gespiegelt. Das war sehr wichtig für mich. Aber nicht nur das: In den Begegnungen, in denen sie auf dem Platz stand, war sie immer Leistungsträgerin." Kapitänin Lina Magull hat sie liebevoll die "Mutti der Mannschaft" genannt. Ein größeres Kompliment geht kaum.

Laudehr selbst musste erst damit klarkommen, nur noch Teilzeitkraft zu sein. "Ich war das nicht gewohnt, das war definitiv eine Umstellung für mich", sagt sie. "Am Ende habe ich mich mit dieser Rolle abgefunden und hoffentlich auch meinen Beitrag zum Gewinn der deutschen Meisterschaft geliefert." Für viele war Laudehr vor allem in der zweiten Saisonhälfte eine spielende Co-Trainerin, der verlängerte Arm von Jens Scheuer auf dem Platz.

Keine Scheu vor Kritik

Es war Scheuers großes Plus, dass er genau wusste, wie er mit Laudehr umzugehen hatte. Denn sie ist niemand, der nur das sagt, was der Gegenüber gerne hören möchte. Laudehr scheut nicht davor zurück, Kritik zu üben, wenn sie es für richtig und der Sache dienlich hält. So ist sie beispielsweise der Meinung, dass der deutsche Frauenfußball im internationalen Vergleich etwas an Boden verloren hat, weil in den goldenen Jahren teilweise nicht die richtigen Entscheidungen getroffen wurden: "Ich würde mir wünschen, dass der Frauenfußball in Deutschland in der Öffentlichkeit noch stärker positioniert wird – und zwar nicht nur die Nationalmannschaft, sondern auch die Bundesliga. Hier müssen Vereine und Verbände stärker zusammenarbeiten. Wie es funktionieren kann, haben uns die Engländerinnen gezeigt, die das Thema erfolgreich gepusht haben."

Laudehr ist nun raus aus der Hektik des Fußballalltags. Sie muss nicht mehr am Wochenende durch Deutschland zu Auswärtsspielen reisen, mittwochs oder donnerstags durch Europa für Spiele in der Champions League in Kasachstan, Norwegen oder Spanien. Laudehr wird Urlaub machen, viel Zeit mit ihrer Familie verbringen und dann im Marketing des FC Bayern Museum arbeiten. Sie wird dem Fußball eng verbunden bleiben. Sie wird genau beobachten, was passiert. Sie wird ihre Meinung sagen, gerne auch mit einem kritischen Unterton.

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