Kromp: "Das macht mich unglaublich stolz"

Der Jubel war nach diesem Spiel riesig: In einem turbulenten Gruppenendspiel der EM-Qualifikation setzten sich die deutschen U 17-Juniorinnen nach 0:2-Rückstand und in Unterzahl noch mit 3:2 gegen Österreich durch. Damit löste das Team von DFB-Trainerin Friederike Kromp das Ticket für die Europameisterschaft in Bosnien-Herzegowina vom 3. bis 15. Mai. Zuvor gelangen der DFB-Auswahl zwei Siege gegen Kosovo und Slowenien, so dass sie sich in Qualifikationsgruppe 5 mit neun Punkten den ersten Platz vor Österreich sicherte. Im DFB.de-Interview spricht "Fritzy" Kromp über das furiose Österreich-Spiel und die EM-Auslosung am Dienstag.

DFB.de: Frau Kromp, die EM-Qualifikation hatte, besonders mit Blick auf die Partie gegen Österreich, einiges zu bieten. Konnten Sie danach überhaupt schlafen?

Friederike Kromp: Um ehrlich zu sein noch nicht so wirklich gut. (lacht) In den letzten 48 Stunden ist einfach wahnsinnig viel geschehen. So nach und nach lässt das Adrenalin nach und beginne ich, das alles zu realisieren. Ich habe die ganzen Bilder und Szenen im Kopf und rückblickend frage ich mich schon, was da in diesen 98 Spielminuten alles passiert ist. Es war alles so unglaublich emotional, das gesamte Spiel aber auch die Minuten und Stunden danach. Da brauche ich sicher noch ein paar Tage, um das entsprechend zu verarbeiten.

DFB.de: Es war klar, dass Ihr Team das Spiel gegen Österreich gewinnen muss. Dann geht Ihre Mannschaft durch einen Elfmeter in Rückstand und kurz vor der Pause gibt es einen Platzverweis in Ihren Reihen. Was haben Sie den Spielerinnen in der Halbzeit mit auf den Weg gegeben?

Kromp: Das war wirklich eine ganz besondere Herausforderung. Wir haben die Österreicherinnen im Vorfeld zweimal live gesehen und uns intensiv mit ihnen befasst. Wir wussten, dass es ein "Finale" wird, bei dem es auf Kleinigkeiten ankommt. Daher haben wir uns viele Gedanken gemacht und uns auch mehrere "Wenn-Dann-Strategien" zurechtgelegt - für alle möglichen Fälle, die in den 90 Minuten eintreten können. Aber dann erleben wir eine Halbzeit, die alles übertroffen hat – du bekommst nach 15. Minuten diesen Elfmeter. Der lenkt das Spiel dann direkt in eine für uns ungünstige Richtung und kurz vor der Pause noch die Gelb-Rote Karte. Zusätzlich musste kurz vor der Halbzeit noch unsere Innenverteidigern Annaleen Böhler mit einer offenen Wunde an der Lippe raus. Sie konnte zum Glück in der Halbzeit von unserer Teamärztin Paola Kappel genäht werden und konnte anschließend auch weiterspielen. Bei all den Ereignissen schaust du dich dann im Trainerteam natürlich schon an und fragst dich, was eigentlich noch alles gegen dich laufen kann. Wir haben uns kurz geschüttelt und versucht den Mädels glaubhaft zu vermitteln, dass wir in den verbleibenden 45 Minuten auch in Unterzahl das Spiel noch drehen können. Nach der doch sehr zerfahrenen ersten Halbzeit haben wir den Spielerinnen vor allem mitgegeben, wieder mehr Spielkontrolle zu bekommen und insgesamt ruhiger zu agieren. Wir sind mit einem guten Gefühl aus der Pause gekommen und dann? Macht Österreich direkt ein Anstoßtor, was gefühlt auch alles wieder über den Haufen geworfen hat. Aber trotzdem haben die Mädels weiter an sich geglaubt und das Spiel am Ende noch gedreht, das ist echt unglaublich.

DFB.de: Was sagt es über Ihre Mannschaft aus, dass dieses Spiel zu zehnt noch gedreht werden konnte?

Kromp: Wenn ich vor dem Turnier betont habe, dass wir einen ganz besonderen Spirit in dieser Mannschaft haben, dann denke ich weiß nun wirklich jeder, der das gesehen und erlebt hat, wovon ich spreche und dass es keine Floskel war. Bei einer Niederlage oder einem Unentschieden wäre die Saison ohne EM und ohne WM schlichtweg für uns alle vorbei gewesen, das war den Spielerinnen bewusst. Sie sind nicht nur an ihre Grenzen gegangen, sondern wirklich über ihre Grenzen hinaus. Mit welchem Willen und welcher Energie sie das Spiel am Ende völlig verdient komplett gedreht haben, macht mich einfach unglaublich glücklich und stolz.

DFB.de: Nun haben Sie alle drei Qualifikationsspiele gewonnen und das EM-Ticket gelöst. Wie lautet Ihr Fazit?

Kromp: Im Moment überwiegt natürlich die pure Freude und Erleichterung, dass wir uns als eine von acht Teams europaweit qualifiziert haben und in nicht einmal vier Wochen zu EM fahren. Insgesamt ist aber klar, dass uns bei dem Turnier nichts zugeflogen ist und es in allen drei Spielen ganz harte Arbeit war. Zum einen waren es erschwerte Bedingungen, da wir in den letzten Tagen vor der Anreise insgesamt sechs Ausfälle, verletzungs- und coronabedingt, kompensieren mussten. Beim Aufwärmen vor dem ersten Spiel ist uns dann noch unsere Stürmerin Paulina Bartz mit einer Bänderverletzung ausgefallen. Dennoch hat die Mannschaft sich schnell gefunden und dadurch nicht beirren lassen. Letztlich kam es jedoch so, dass wir in dem gesamten Turnier nicht das entscheidende Spielglück hatten, welches man in solchen Turnieren eigentlich haben muss, wenn man am Ende Gruppenerster werden muss. Wir haben von den neun Turniertoren in den drei Spielen lediglich eins in der ersten Halbzeit, dafür ganze acht Tore in der zweiten Halbzeit geschossen. Insgesamt haben wir drei Gegentore bekommen und waren in zwei von drei Spielen in Rückstand. Am Ende werden wir mit neun Punkten und 9:3 Toren dennoch Gruppenerster. Solch eine Bilanz in drei Spielen über 90 Minuten in nur sechs Tagen sagt denke ich alles über die Art und Weise sowie über den Charakter dieser besonderen Spielerinnen aus.

DFB.de: Wenn Sie jetzt auf die kommende Europameisterschaft blicken: Woran muss die Mannschaft noch arbeiten?

Kromp: Dadurch, dass wir kurzfristig die zahlreichen Ausfälle kompensieren mussten uns gar nicht richtig einspielen konnten, haben wir das in der Kürze der Zeit gut hinbekommen. Wir sind als Team nochmal sehr viel enger zusammengerückt und haben gesehen was alles möglich ist, wenn man nie aufhört, an sich und das Team zu glauben. Dass wir es teilweise spielerisch noch viel besser auf den Platz bekommen können, ist uns denke ich allen bewusst. Wir haben jetzt noch vier Wochen bis zur EM. Das wird uns helfen, uns noch weiter zu stabilisieren und auch die verletzten und kranken Spielerinnen können zum Teil zurückkommen. Unsere große Stärke ist unsere fußballerische Qualität. Das gepaart mit den gemeinsamen unvergesslichen Erlebnissen und Emotionen der letzten zehn Tage im Kosovo wird uns bei der EM zu einer Mannschaft machen, die nur sehr schwer zu schlagen sein wird.

DFB.de: Was nehmen Sie sich für das Turnier vor?

Kromp: Für diesen Jahrgang findet Ende des Jahres auch noch eine WM in Indien statt. Nur drei Teams aus Europa können sich dafür qualifizieren. Zu diesen drei Teams zu gehören und somit mindestens ins Halbfinale zu kommen, wird unser Ziel sein. Am Dienstag findet bereits die Gruppenauslosung in Sarajevo statt. Darauf blicken wir gespannt und voller Vorfreude, denn: der Name "Deutschland" wird nun auch auf einem der Lose stehen. (lacht)

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Der Jubel war nach diesem Spiel riesig: In einem turbulenten Gruppenendspiel der EM-Qualifikation setzten sich die deutschen U 17-Juniorinnen nach 0:2-Rückstand und in Unterzahl noch mit 3:2 gegen Österreich durch. Damit löste das Team von DFB-Trainerin Friederike Kromp das Ticket für die Europameisterschaft in Bosnien-Herzegowina vom 3. bis 15. Mai. Zuvor gelangen der DFB-Auswahl zwei Siege gegen Kosovo und Slowenien, so dass sie sich in Qualifikationsgruppe 5 mit neun Punkten den ersten Platz vor Österreich sicherte. Im DFB.de-Interview spricht "Fritzy" Kromp über das furiose Österreich-Spiel und die EM-Auslosung am Dienstag.

DFB.de: Frau Kromp, die EM-Qualifikation hatte, besonders mit Blick auf die Partie gegen Österreich, einiges zu bieten. Konnten Sie danach überhaupt schlafen?

Friederike Kromp: Um ehrlich zu sein noch nicht so wirklich gut. (lacht) In den letzten 48 Stunden ist einfach wahnsinnig viel geschehen. So nach und nach lässt das Adrenalin nach und beginne ich, das alles zu realisieren. Ich habe die ganzen Bilder und Szenen im Kopf und rückblickend frage ich mich schon, was da in diesen 98 Spielminuten alles passiert ist. Es war alles so unglaublich emotional, das gesamte Spiel aber auch die Minuten und Stunden danach. Da brauche ich sicher noch ein paar Tage, um das entsprechend zu verarbeiten.

DFB.de: Es war klar, dass Ihr Team das Spiel gegen Österreich gewinnen muss. Dann geht Ihre Mannschaft durch einen Elfmeter in Rückstand und kurz vor der Pause gibt es einen Platzverweis in Ihren Reihen. Was haben Sie den Spielerinnen in der Halbzeit mit auf den Weg gegeben?

Kromp: Das war wirklich eine ganz besondere Herausforderung. Wir haben die Österreicherinnen im Vorfeld zweimal live gesehen und uns intensiv mit ihnen befasst. Wir wussten, dass es ein "Finale" wird, bei dem es auf Kleinigkeiten ankommt. Daher haben wir uns viele Gedanken gemacht und uns auch mehrere "Wenn-Dann-Strategien" zurechtgelegt - für alle möglichen Fälle, die in den 90 Minuten eintreten können. Aber dann erleben wir eine Halbzeit, die alles übertroffen hat – du bekommst nach 15. Minuten diesen Elfmeter. Der lenkt das Spiel dann direkt in eine für uns ungünstige Richtung und kurz vor der Pause noch die Gelb-Rote Karte. Zusätzlich musste kurz vor der Halbzeit noch unsere Innenverteidigern Annaleen Böhler mit einer offenen Wunde an der Lippe raus. Sie konnte zum Glück in der Halbzeit von unserer Teamärztin Paola Kappel genäht werden und konnte anschließend auch weiterspielen. Bei all den Ereignissen schaust du dich dann im Trainerteam natürlich schon an und fragst dich, was eigentlich noch alles gegen dich laufen kann. Wir haben uns kurz geschüttelt und versucht den Mädels glaubhaft zu vermitteln, dass wir in den verbleibenden 45 Minuten auch in Unterzahl das Spiel noch drehen können. Nach der doch sehr zerfahrenen ersten Halbzeit haben wir den Spielerinnen vor allem mitgegeben, wieder mehr Spielkontrolle zu bekommen und insgesamt ruhiger zu agieren. Wir sind mit einem guten Gefühl aus der Pause gekommen und dann? Macht Österreich direkt ein Anstoßtor, was gefühlt auch alles wieder über den Haufen geworfen hat. Aber trotzdem haben die Mädels weiter an sich geglaubt und das Spiel am Ende noch gedreht, das ist echt unglaublich.

DFB.de: Was sagt es über Ihre Mannschaft aus, dass dieses Spiel zu zehnt noch gedreht werden konnte?

Kromp: Wenn ich vor dem Turnier betont habe, dass wir einen ganz besonderen Spirit in dieser Mannschaft haben, dann denke ich weiß nun wirklich jeder, der das gesehen und erlebt hat, wovon ich spreche und dass es keine Floskel war. Bei einer Niederlage oder einem Unentschieden wäre die Saison ohne EM und ohne WM schlichtweg für uns alle vorbei gewesen, das war den Spielerinnen bewusst. Sie sind nicht nur an ihre Grenzen gegangen, sondern wirklich über ihre Grenzen hinaus. Mit welchem Willen und welcher Energie sie das Spiel am Ende völlig verdient komplett gedreht haben, macht mich einfach unglaublich glücklich und stolz.

DFB.de: Nun haben Sie alle drei Qualifikationsspiele gewonnen und das EM-Ticket gelöst. Wie lautet Ihr Fazit?

Kromp: Im Moment überwiegt natürlich die pure Freude und Erleichterung, dass wir uns als eine von acht Teams europaweit qualifiziert haben und in nicht einmal vier Wochen zu EM fahren. Insgesamt ist aber klar, dass uns bei dem Turnier nichts zugeflogen ist und es in allen drei Spielen ganz harte Arbeit war. Zum einen waren es erschwerte Bedingungen, da wir in den letzten Tagen vor der Anreise insgesamt sechs Ausfälle, verletzungs- und coronabedingt, kompensieren mussten. Beim Aufwärmen vor dem ersten Spiel ist uns dann noch unsere Stürmerin Paulina Bartz mit einer Bänderverletzung ausgefallen. Dennoch hat die Mannschaft sich schnell gefunden und dadurch nicht beirren lassen. Letztlich kam es jedoch so, dass wir in dem gesamten Turnier nicht das entscheidende Spielglück hatten, welches man in solchen Turnieren eigentlich haben muss, wenn man am Ende Gruppenerster werden muss. Wir haben von den neun Turniertoren in den drei Spielen lediglich eins in der ersten Halbzeit, dafür ganze acht Tore in der zweiten Halbzeit geschossen. Insgesamt haben wir drei Gegentore bekommen und waren in zwei von drei Spielen in Rückstand. Am Ende werden wir mit neun Punkten und 9:3 Toren dennoch Gruppenerster. Solch eine Bilanz in drei Spielen über 90 Minuten in nur sechs Tagen sagt denke ich alles über die Art und Weise sowie über den Charakter dieser besonderen Spielerinnen aus.

DFB.de: Wenn Sie jetzt auf die kommende Europameisterschaft blicken: Woran muss die Mannschaft noch arbeiten?

Kromp: Dadurch, dass wir kurzfristig die zahlreichen Ausfälle kompensieren mussten uns gar nicht richtig einspielen konnten, haben wir das in der Kürze der Zeit gut hinbekommen. Wir sind als Team nochmal sehr viel enger zusammengerückt und haben gesehen was alles möglich ist, wenn man nie aufhört, an sich und das Team zu glauben. Dass wir es teilweise spielerisch noch viel besser auf den Platz bekommen können, ist uns denke ich allen bewusst. Wir haben jetzt noch vier Wochen bis zur EM. Das wird uns helfen, uns noch weiter zu stabilisieren und auch die verletzten und kranken Spielerinnen können zum Teil zurückkommen. Unsere große Stärke ist unsere fußballerische Qualität. Das gepaart mit den gemeinsamen unvergesslichen Erlebnissen und Emotionen der letzten zehn Tage im Kosovo wird uns bei der EM zu einer Mannschaft machen, die nur sehr schwer zu schlagen sein wird.

DFB.de: Was nehmen Sie sich für das Turnier vor?

Kromp: Für diesen Jahrgang findet Ende des Jahres auch noch eine WM in Indien statt. Nur drei Teams aus Europa können sich dafür qualifizieren. Zu diesen drei Teams zu gehören und somit mindestens ins Halbfinale zu kommen, wird unser Ziel sein. Am Dienstag findet bereits die Gruppenauslosung in Sarajevo statt. Darauf blicken wir gespannt und voller Vorfreude, denn: der Name "Deutschland" wird nun auch auf einem der Lose stehen. (lacht)

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