Koch in Fan-Diskussion: "Nicht nur sagen, was man nicht will"

Staatsfeind Fußballfan? So lauteten Kernfrage und Titel der Diskussionsrunde, zu der die Tageszeitung junge Welt in Berlin geladen hatte. Am Tisch neben Journalist und Moderator Oliver Rast: Dr. Rainer Koch (1. DFB-Vizepräsident), Stephan Mayer (Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister des Innern), René Lau (Rechtsanwalt und Mitglied der AG Fananwälte) sowie Fritz Müller von der Fanhilfe Hertha B.S.C.. Am Ende der 90 Minuten war trotz kontrovers geführter Debatten und zum Teil grundverschiedener Auffassungen in einzelnen Punkten eines klar: Nein, natürlich ist der Fan kein Staatsfeind. Sondern ein zentraler, belebender, unerlässlicher Bestandteil des Fußballs.

"In vielen Dingen sind wir als Verband und die überwältigende Mehrheit der Fans im Grunde eng beieinander", meinte Rainer Koch. Aber eines müsse als Voraussetzung immer gegeben sein: Die Wahrung der Gesetze. "Wir können keine rechtsfreien Räume entstehen lassen. Wenn wir nicht bereit sind, das grundsätzlich anzuerkennen, wenn wir nicht gemeinsam Szenen verhindern wie zuletzt beim Berliner Derby in der Bundesliga, haben wir ein Problem."

Nur Alternativen möglich, "die mit Recht und Ordnung vereinbar sind"

Die Bereitschaft zum Dialog und zum kritischen Austausch unterstrich der zuständige DFB-Vizepräsident mit seiner Anwesenheit in der proppevollen Ladengalerie der junge Welt vor fast 100 Zuhörern, darunter Vertreter und Vertreterinnen der aktiven Fanszenen. Dabei appellierte Koch: "Man darf nicht nur sagen, was man nicht will. Man muss sagen, was stattdessen gemacht werden soll. Ich bin bereit, alles sein zu lassen, was von Fans kritisiert wird – aber nur dann, wenn Alternativen gefunden werden, die mit Recht und Ordnung vereinbar sind und dies weiterhin in den Stadien gewährleisten."

Koch bezog seinen Wunsch nicht zuletzt auf die Diskussionen um das Thema Pyro. Als vor Jahren Gespräche zwischen DFB und Fanszenen geführt wurden, ob und wie Pyro gegebenenfalls kontrolliert in Stadien eingesetzt werden könne, "wurde dem DFB vom Gesetzgeber und den Sicherheitsbehörden klar signalisiert, dass eine Legalisierung unmöglich ist". Der DFB-Vize räumte in diesem Zusammenhang, einen "schwerwiegenden Fehler" ein, dass dies "nicht unmittelbar klar gegenüber den Fans kommuniziert wurde", sondern die Gespräche zunächst noch einige Monate weiterliefen. "So wurde der Eindruck erweckt, die Fans würden hingehalten und das Thema verschleppt." Was am Ende zum Abbruch des damaligen Fandialogs führte.

Mayer: "Die Sportgerichtsbarkeit ist eine dringende Notwendigkeit"

Gerne würde Koch mit der DFB-Spitze wieder den offenen Austausch mit den ultranahen Fanvertretungen zu wichtigen Themenstellungen aufnehmen und so konstruktiv wie möglich führen. Auch zur Frage nach dem Sinn der Sportgerichtsbarkeit und ob es sich hierbei um eine "Paralleljustiz" handele, nahm der Funktionär aus dem bayerischen Poing bei der Diskussionsrunde in Berlin Stellung. "Das Grundgesetz gibt unter anderem dem Sport die Möglichkeit, selbst zu gestalten, sich selbst zu organisieren und zu sanktionieren. Diese Autonomie ist ein wertvolles Gut. Es ist auch im Interesse aller Betroffenen, denn es soll ja nicht jedes Vergehen kriminalisiert werden. Und: Wir unterliegen in allem grundsätzlich weiterhin dem Gesetzgeber."

Der Parlamentarische Staatssekretär Stephan Mayer unterstrich: "Die Sportgerichtsbarkeit ist eine dringende Notwendigkeit. Wir in der Politik achten die Autonomie des Sports sehr hoch, verbunden ist das gleichzeitig mit einer hohen Erwartungshaltung. Wenn Vereine ihrer Sorgfaltspflicht bei der Organisation von Spielen nicht nachkommen, muss dies beispielsweise sanktioniert werden – und zwar von der Sportgerichtsbarkeit." Mayer kündigte darüber hinaus eine mögliche Überarbeitung der Datei "Gewalttäter Sport" an.

Ausnahmegenehmigung für Stehplätze bei U 21-Spiel

Am Schluss der Veranstaltung hatte Rainer Koch dann noch eine sehr gute Nachricht parat. Beim EM-Qualifikationsspiel der deutschen U 21 gegen Belgien am Sonntag in Freiburg (ab 16 Uhr, live auf ProSieben), das schon als ausverkauft vermeldet worden war, dürfen nun Stehplatzkarten verkauft werden – im Gegensatz zu den sonstigen Spielen in europäischen Wettbewerben. Der DFB hatte eine entsprechende Ausnahmegenehmigung bei der UEFA beantragt, diese wurde nun erteilt.

[jb]

Staatsfeind Fußballfan? So lauteten Kernfrage und Titel der Diskussionsrunde, zu der die Tageszeitung junge Welt in Berlin geladen hatte. Am Tisch neben Journalist und Moderator Oliver Rast: Dr. Rainer Koch (1. DFB-Vizepräsident), Stephan Mayer (Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister des Innern), René Lau (Rechtsanwalt und Mitglied der AG Fananwälte) sowie Fritz Müller von der Fanhilfe Hertha B.S.C.. Am Ende der 90 Minuten war trotz kontrovers geführter Debatten und zum Teil grundverschiedener Auffassungen in einzelnen Punkten eines klar: Nein, natürlich ist der Fan kein Staatsfeind. Sondern ein zentraler, belebender, unerlässlicher Bestandteil des Fußballs.

"In vielen Dingen sind wir als Verband und die überwältigende Mehrheit der Fans im Grunde eng beieinander", meinte Rainer Koch. Aber eines müsse als Voraussetzung immer gegeben sein: Die Wahrung der Gesetze. "Wir können keine rechtsfreien Räume entstehen lassen. Wenn wir nicht bereit sind, das grundsätzlich anzuerkennen, wenn wir nicht gemeinsam Szenen verhindern wie zuletzt beim Berliner Derby in der Bundesliga, haben wir ein Problem."

Nur Alternativen möglich, "die mit Recht und Ordnung vereinbar sind"

Die Bereitschaft zum Dialog und zum kritischen Austausch unterstrich der zuständige DFB-Vizepräsident mit seiner Anwesenheit in der proppevollen Ladengalerie der junge Welt vor fast 100 Zuhörern, darunter Vertreter und Vertreterinnen der aktiven Fanszenen. Dabei appellierte Koch: "Man darf nicht nur sagen, was man nicht will. Man muss sagen, was stattdessen gemacht werden soll. Ich bin bereit, alles sein zu lassen, was von Fans kritisiert wird – aber nur dann, wenn Alternativen gefunden werden, die mit Recht und Ordnung vereinbar sind und dies weiterhin in den Stadien gewährleisten."

Koch bezog seinen Wunsch nicht zuletzt auf die Diskussionen um das Thema Pyro. Als vor Jahren Gespräche zwischen DFB und Fanszenen geführt wurden, ob und wie Pyro gegebenenfalls kontrolliert in Stadien eingesetzt werden könne, "wurde dem DFB vom Gesetzgeber und den Sicherheitsbehörden klar signalisiert, dass eine Legalisierung unmöglich ist". Der DFB-Vize räumte in diesem Zusammenhang, einen "schwerwiegenden Fehler" ein, dass dies "nicht unmittelbar klar gegenüber den Fans kommuniziert wurde", sondern die Gespräche zunächst noch einige Monate weiterliefen. "So wurde der Eindruck erweckt, die Fans würden hingehalten und das Thema verschleppt." Was am Ende zum Abbruch des damaligen Fandialogs führte.

Mayer: "Die Sportgerichtsbarkeit ist eine dringende Notwendigkeit"

Gerne würde Koch mit der DFB-Spitze wieder den offenen Austausch mit den ultranahen Fanvertretungen zu wichtigen Themenstellungen aufnehmen und so konstruktiv wie möglich führen. Auch zur Frage nach dem Sinn der Sportgerichtsbarkeit und ob es sich hierbei um eine "Paralleljustiz" handele, nahm der Funktionär aus dem bayerischen Poing bei der Diskussionsrunde in Berlin Stellung. "Das Grundgesetz gibt unter anderem dem Sport die Möglichkeit, selbst zu gestalten, sich selbst zu organisieren und zu sanktionieren. Diese Autonomie ist ein wertvolles Gut. Es ist auch im Interesse aller Betroffenen, denn es soll ja nicht jedes Vergehen kriminalisiert werden. Und: Wir unterliegen in allem grundsätzlich weiterhin dem Gesetzgeber."

Der Parlamentarische Staatssekretär Stephan Mayer unterstrich: "Die Sportgerichtsbarkeit ist eine dringende Notwendigkeit. Wir in der Politik achten die Autonomie des Sports sehr hoch, verbunden ist das gleichzeitig mit einer hohen Erwartungshaltung. Wenn Vereine ihrer Sorgfaltspflicht bei der Organisation von Spielen nicht nachkommen, muss dies beispielsweise sanktioniert werden – und zwar von der Sportgerichtsbarkeit." Mayer kündigte darüber hinaus eine mögliche Überarbeitung der Datei "Gewalttäter Sport" an.

Ausnahmegenehmigung für Stehplätze bei U 21-Spiel

Am Schluss der Veranstaltung hatte Rainer Koch dann noch eine sehr gute Nachricht parat. Beim EM-Qualifikationsspiel der deutschen U 21 gegen Belgien am Sonntag in Freiburg (ab 16 Uhr, live auf ProSieben), das schon als ausverkauft vermeldet worden war, dürfen nun Stehplatzkarten verkauft werden – im Gegensatz zu den sonstigen Spielen in europäischen Wettbewerben. Der DFB hatte eine entsprechende Ausnahmegenehmigung bei der UEFA beantragt, diese wurde nun erteilt.