Koch: "Geisterspiele sind keine Dauerlösung"

Auch wenn die Internationale Fachmesse für Sportartikel und Sportmode (ISPO) in diesem Jahr coronabedingt erstmals für Besucher rein virtuell stattfindet, so setzt sie als einer der wichtigsten Branchentreffpunkte Impulse für Trends und gibt Ausblicke für die gesamte Sportbranche weltweit in unsicheren Zeiten. Besonders im Fokus stehen die Talkrunden mit Experten der Branchenriesen und nicht zuletzt der Sportverbände und -vereine sowie Ligavertretern und Organisatoren von Sportevents.

Im Abschlusspanel des zweiten ISPO-Tages richtete sich der Blick in die Zukunft, denn im Mittelpunkt des "Beyond the Status Quo Day" standen die Schwerpunktthemen Digitalisierung, Nachhaltigkeit und Gesundheit, die vor allem Perspektiven für die Zeit nach der Corona-Krise aufzeigen sollen. 1. DFB-Vizepräsident und BFV-Präsident Rainer Koch gab dabei im Gespräch mit Moderator und HORIZONT-Ressortleiter Jochen Zimmer Einblicke, wie der Profi- und Amateurfußball in Deutschland mit der Corona-Pandemie und ihren Folgen umgeht. Neben Koch berichteten zudem Stefan Holz, CEO der Basketball-Bundesliga, Marco Pesic, Geschäftsführer Bayern München Basketball, der frühere Handballweltmeister Dominik Klein und nicht zuletzt Pierre Ducrey, Olympic Games Associate Director, darüber, wie die aktuellen Herausforderungen für die jeweilige Sportart, den Ligabetrieb und bei den auf 2021 verschobenen Olympischen Spielen in Tokio angegangen werden sollen.

Rainer Koch über Geisterspiele: "Sie waren in der aktuellen Situation absolut nötig, um das Überleben der Klubs zu sichern und deren wirtschaftlichen Probleme zu lösen bzw. in den Griff zu bekommen. Aber sie sind natürlich keine Dauerlösung. Schon gar nicht für den gesamten Fußball. Wir reden in Deutschland von rund 80.000 Spielen an einem Wochenende, aber nur 70 davon im Profifußball."

Koch über zu große Summen im Fußball: "Wer sich beispielsweise darüber beschwert, dass wir zu viele Spiele haben, der muss auch die finanzielle Situation der Klubs im Blick haben. Die Frage ist doch eine andere: Wie funktioniert mehr Bescheidenheit? Das ist keine nationale Frage, sondern eine internationale. Eine, die nicht nur unser Land angeht. Es wird interessant zu sehen sein, was international in den einzelnen Ligen und den Klubs passiert. Alle sind gezwungen, Kosten zu drücken."

Koch über die Lage im Amateurfußball: "Das ist eine sehr komplexe Frage, die nicht in wenigen Worten zu beantworten ist. Ich gebe deswegen ein paar Beispiele. Aktuell haben wir in Bayern keine Möglichkeit für Kontaktsport – anders als in anderen Regionen des Landes. Wir haben unterschiedlichste Rahmenbedingungen und Einschränkungen. Die unterschiedlichen staatlichen Auflagen stellen die Amateurvereine vor extrem große logistische Herausforderungen. Wir haben zudem das Problem, dass wir durch eine lange Pause schlichtweg auch Mitglieder und Talente verlieren werden – wie jede andere Sportart auch. Aktuell gibt es beispielsweise in den Schulen keinen Sportunterricht. Auch das beeinflusst die Begeisterung für den Sport und damit die künftige Entwicklung. Es spielen in der aktuellen Situation also ganz viele unterschiedliche Faktoren eine Rolle. Am Ende müssen wir einfach sehen, dass wir unter Berücksichtigung des Schutzes der Gesundheit, der über allem steht, alles so schnell wie möglich wieder anlaufen lassen, um diese Herausforderung gemeinsam meistern zu können."

Marco Pesic zur Vorreiterrolle des Fußballs beim Restart: "Wir konnten sehr vom Fußball profitieren. Wir sind mit unserer Entwicklung im Basketball etwa drei Wochen hinterher gewesen und konnten unsere Pläne auf den Konzepten und Erfahrungen aus dem Fußball aufbauen. Der Fußball hat seine Arbeit nicht für sich behalten, sondern uns alles zur Verfügung gestellt. Und auch die Verantwortlichen aus dem Fußball haben uns ganz konkret dabei geholfen, unsere Konzepte zu entwickeln und umzusetzen."

Pesic zu möglichen Veränderungen durch die Corona-Pandemie: "Ich glaube, dass sich beispielsweise das Konsumentenverhalten der Menschen verändert hat. Wir hoffen natürlich alle wieder auf Spiele vor Publikum. Aber selbst dann, wenn wir wieder 50 Prozent der Kapazitäten nutzen können, bin ich mir nicht sicher, ob dann auch alle Menschen wieder so kommen wie zuvor und alle Plätze besetzt sein werden."

Pesic zur digitalen Kommunikation mit den Fans: "Es gibt aktuell schlichtweg keine andere Möglichkeit, als digital mit den Fans zu kommunizieren. Das Angebot wurde natürlich entsprechend ausgebaut. Aber ich hoffe, dass es bald auch wieder anders geht. Es stellt sich ja auch die Frage, wie Sponsoren und Fans in Kontakt kommen. Das ist schon eine große Herausforderung aktuell. Positiv sehe ich aber auch eine große Flexibilität bei allen Beteiligten, wenn es darum geht, Lösungen zu finden. Anfängliche Skepsis wird derzeit schneller überwunden."

Stefan Holz zu positiven Effekten für den Basketball in der aktuellen Situation: "Wir waren medial vertreten wie selten zuvor – im In- und Ausland. Das ist zwar nur die Kirsche auf der Torte – aber auch enorm wichtig. Es wurde tagtäglich über Basketball berichtet. Alles in allem haben wir die Situation ganz gut gemeistert. Aber klar: So eine Situation brauchen wir nicht noch einmal. Das Gute ist, dass wir jetzt aber auch Erfahrungswerte haben. Wir haben viel gelernt aus der aktuellen Situation – auch für den Fall, dass es noch einmal zu einer ähnlichen Situation kommt."

Holz zu Innovationen durch die Ausnahmesituation: "Kurz vor dem Restart stand unser ganzes Konzept auf der Kippe, da wir durch den einen gemeinsamen Spielort für Training und Wettkampf die Situation hatten was passiert, wenn es einen Infizierten gibt. Wir wären Gefahr gelaufen, dass dann 250 Beteiligte in Quarantäne müssen. Wir haben dann auf eine Tracing-Chip-Technik für alle gesetzt, um dann mögliche Infektionsketten nachverfolgen und durchbrechen zu können. Das hat natürlich auch für Diskussionen und Fragen gesorgt, aber am Ende haben alle freiwillig mitgemacht. Das war wichtig. Ich nenne das Beispiel, um zu zeigen, wie die Lösung für ein Problem eine Technologie aus einer ganz anderen Branche sein kann. Das ist sicher ein großes Learning."

Pierre Ducrey zu Olympischen Spielen ohne Zuschauer: "Das kann ich zum jetzigen Zeitpunkt nicht beantworten. Dafür ist es viel zu früh. Natürlich wollen wir das nicht, denn das ist auch nicht im Sinne der Olympischen Spiele. Aktuell müssen wir uns aber ohnehin zunächst darum kümmern, dass es für alle Sportler wieder gute Rahmenbedingungen gibt. Wir beschäftigen uns aber natürlich mit den unterschiedlichsten Szenarien."

Ducrey zu fairen Wettbewerbsbedingungen: "Das ist eine der größten Herausforderungen derzeit. Selbstverständlich geht es darum, dass alle Wettbewerbe unter fairen Bedingungen stattfinden. Und dazu gehört selbstverständlich auch die Vorbereitung der rund 10.000 Athleten, die weltweit aktiv sind – unter den aktuell unterschiedlichsten Bedingungen. Wir stehen hier in intensivem Austausch mit allen Ländern, Behörden, Verbänden und den Sportlern selbst. Wir müssen auf viele Szenarien vorbereitet sein."

Ducrey zu künftig "kleineren" Olympischen Spielen: "Wir haben schon 2014 gesagt, dass es künftig neue Kriterien für die Ausrichtung von Olympischen Spielen geben wird. Aktuell geht es aber natürlich darum zu schauen, wie die geplanten Olympischen Spiele in Tokio 2021 realisiert werden können. Wir haben bereits 4 Milliarden Dollar bereitgestellt und investiert, um auf die neue Situation zu reagieren und es werden noch weitere Kosten dazukommen, um die nötigen Rahmenbedingungen zu schaffen. Das heißt automatisch auch, dass wir sehen müssen, wo wir woanders Kosten einsparen können."

Dominik Klein zum Saisonabbruch im Handball: "Ich weiß nicht, ob es richtig oder falsch war. Ich habe auch nur die Sicht eines Sportlers. Jetzt müssen wir nach vorne schauen. Da ist natürlich ein Stück Ungewissheit, wann und wie es weitergeht. Natürlich hoffen alle, dass es so bald und so normal wie möglich weitergeht. Aber das weiß niemand und da werden noch so manche Herausforderungen zu lösen sein."

[bfv]

Auch wenn die Internationale Fachmesse für Sportartikel und Sportmode (ISPO) in diesem Jahr coronabedingt erstmals für Besucher rein virtuell stattfindet, so setzt sie als einer der wichtigsten Branchentreffpunkte Impulse für Trends und gibt Ausblicke für die gesamte Sportbranche weltweit in unsicheren Zeiten. Besonders im Fokus stehen die Talkrunden mit Experten der Branchenriesen und nicht zuletzt der Sportverbände und -vereine sowie Ligavertretern und Organisatoren von Sportevents.

Im Abschlusspanel des zweiten ISPO-Tages richtete sich der Blick in die Zukunft, denn im Mittelpunkt des "Beyond the Status Quo Day" standen die Schwerpunktthemen Digitalisierung, Nachhaltigkeit und Gesundheit, die vor allem Perspektiven für die Zeit nach der Corona-Krise aufzeigen sollen. 1. DFB-Vizepräsident und BFV-Präsident Rainer Koch gab dabei im Gespräch mit Moderator und HORIZONT-Ressortleiter Jochen Zimmer Einblicke, wie der Profi- und Amateurfußball in Deutschland mit der Corona-Pandemie und ihren Folgen umgeht. Neben Koch berichteten zudem Stefan Holz, CEO der Basketball-Bundesliga, Marco Pesic, Geschäftsführer Bayern München Basketball, der frühere Handballweltmeister Dominik Klein und nicht zuletzt Pierre Ducrey, Olympic Games Associate Director, darüber, wie die aktuellen Herausforderungen für die jeweilige Sportart, den Ligabetrieb und bei den auf 2021 verschobenen Olympischen Spielen in Tokio angegangen werden sollen.

Rainer Koch über Geisterspiele: "Sie waren in der aktuellen Situation absolut nötig, um das Überleben der Klubs zu sichern und deren wirtschaftlichen Probleme zu lösen bzw. in den Griff zu bekommen. Aber sie sind natürlich keine Dauerlösung. Schon gar nicht für den gesamten Fußball. Wir reden in Deutschland von rund 80.000 Spielen an einem Wochenende, aber nur 70 davon im Profifußball."

Koch über zu große Summen im Fußball: "Wer sich beispielsweise darüber beschwert, dass wir zu viele Spiele haben, der muss auch die finanzielle Situation der Klubs im Blick haben. Die Frage ist doch eine andere: Wie funktioniert mehr Bescheidenheit? Das ist keine nationale Frage, sondern eine internationale. Eine, die nicht nur unser Land angeht. Es wird interessant zu sehen sein, was international in den einzelnen Ligen und den Klubs passiert. Alle sind gezwungen, Kosten zu drücken."

Koch über die Lage im Amateurfußball: "Das ist eine sehr komplexe Frage, die nicht in wenigen Worten zu beantworten ist. Ich gebe deswegen ein paar Beispiele. Aktuell haben wir in Bayern keine Möglichkeit für Kontaktsport – anders als in anderen Regionen des Landes. Wir haben unterschiedlichste Rahmenbedingungen und Einschränkungen. Die unterschiedlichen staatlichen Auflagen stellen die Amateurvereine vor extrem große logistische Herausforderungen. Wir haben zudem das Problem, dass wir durch eine lange Pause schlichtweg auch Mitglieder und Talente verlieren werden – wie jede andere Sportart auch. Aktuell gibt es beispielsweise in den Schulen keinen Sportunterricht. Auch das beeinflusst die Begeisterung für den Sport und damit die künftige Entwicklung. Es spielen in der aktuellen Situation also ganz viele unterschiedliche Faktoren eine Rolle. Am Ende müssen wir einfach sehen, dass wir unter Berücksichtigung des Schutzes der Gesundheit, der über allem steht, alles so schnell wie möglich wieder anlaufen lassen, um diese Herausforderung gemeinsam meistern zu können."

Marco Pesic zur Vorreiterrolle des Fußballs beim Restart: "Wir konnten sehr vom Fußball profitieren. Wir sind mit unserer Entwicklung im Basketball etwa drei Wochen hinterher gewesen und konnten unsere Pläne auf den Konzepten und Erfahrungen aus dem Fußball aufbauen. Der Fußball hat seine Arbeit nicht für sich behalten, sondern uns alles zur Verfügung gestellt. Und auch die Verantwortlichen aus dem Fußball haben uns ganz konkret dabei geholfen, unsere Konzepte zu entwickeln und umzusetzen."

Pesic zu möglichen Veränderungen durch die Corona-Pandemie: "Ich glaube, dass sich beispielsweise das Konsumentenverhalten der Menschen verändert hat. Wir hoffen natürlich alle wieder auf Spiele vor Publikum. Aber selbst dann, wenn wir wieder 50 Prozent der Kapazitäten nutzen können, bin ich mir nicht sicher, ob dann auch alle Menschen wieder so kommen wie zuvor und alle Plätze besetzt sein werden."

Pesic zur digitalen Kommunikation mit den Fans: "Es gibt aktuell schlichtweg keine andere Möglichkeit, als digital mit den Fans zu kommunizieren. Das Angebot wurde natürlich entsprechend ausgebaut. Aber ich hoffe, dass es bald auch wieder anders geht. Es stellt sich ja auch die Frage, wie Sponsoren und Fans in Kontakt kommen. Das ist schon eine große Herausforderung aktuell. Positiv sehe ich aber auch eine große Flexibilität bei allen Beteiligten, wenn es darum geht, Lösungen zu finden. Anfängliche Skepsis wird derzeit schneller überwunden."

Stefan Holz zu positiven Effekten für den Basketball in der aktuellen Situation: "Wir waren medial vertreten wie selten zuvor – im In- und Ausland. Das ist zwar nur die Kirsche auf der Torte – aber auch enorm wichtig. Es wurde tagtäglich über Basketball berichtet. Alles in allem haben wir die Situation ganz gut gemeistert. Aber klar: So eine Situation brauchen wir nicht noch einmal. Das Gute ist, dass wir jetzt aber auch Erfahrungswerte haben. Wir haben viel gelernt aus der aktuellen Situation – auch für den Fall, dass es noch einmal zu einer ähnlichen Situation kommt."

Holz zu Innovationen durch die Ausnahmesituation: "Kurz vor dem Restart stand unser ganzes Konzept auf der Kippe, da wir durch den einen gemeinsamen Spielort für Training und Wettkampf die Situation hatten was passiert, wenn es einen Infizierten gibt. Wir wären Gefahr gelaufen, dass dann 250 Beteiligte in Quarantäne müssen. Wir haben dann auf eine Tracing-Chip-Technik für alle gesetzt, um dann mögliche Infektionsketten nachverfolgen und durchbrechen zu können. Das hat natürlich auch für Diskussionen und Fragen gesorgt, aber am Ende haben alle freiwillig mitgemacht. Das war wichtig. Ich nenne das Beispiel, um zu zeigen, wie die Lösung für ein Problem eine Technologie aus einer ganz anderen Branche sein kann. Das ist sicher ein großes Learning."

Pierre Ducrey zu Olympischen Spielen ohne Zuschauer: "Das kann ich zum jetzigen Zeitpunkt nicht beantworten. Dafür ist es viel zu früh. Natürlich wollen wir das nicht, denn das ist auch nicht im Sinne der Olympischen Spiele. Aktuell müssen wir uns aber ohnehin zunächst darum kümmern, dass es für alle Sportler wieder gute Rahmenbedingungen gibt. Wir beschäftigen uns aber natürlich mit den unterschiedlichsten Szenarien."

Ducrey zu fairen Wettbewerbsbedingungen: "Das ist eine der größten Herausforderungen derzeit. Selbstverständlich geht es darum, dass alle Wettbewerbe unter fairen Bedingungen stattfinden. Und dazu gehört selbstverständlich auch die Vorbereitung der rund 10.000 Athleten, die weltweit aktiv sind – unter den aktuell unterschiedlichsten Bedingungen. Wir stehen hier in intensivem Austausch mit allen Ländern, Behörden, Verbänden und den Sportlern selbst. Wir müssen auf viele Szenarien vorbereitet sein."

Ducrey zu künftig "kleineren" Olympischen Spielen: "Wir haben schon 2014 gesagt, dass es künftig neue Kriterien für die Ausrichtung von Olympischen Spielen geben wird. Aktuell geht es aber natürlich darum zu schauen, wie die geplanten Olympischen Spiele in Tokio 2021 realisiert werden können. Wir haben bereits 4 Milliarden Dollar bereitgestellt und investiert, um auf die neue Situation zu reagieren und es werden noch weitere Kosten dazukommen, um die nötigen Rahmenbedingungen zu schaffen. Das heißt automatisch auch, dass wir sehen müssen, wo wir woanders Kosten einsparen können."

Dominik Klein zum Saisonabbruch im Handball: "Ich weiß nicht, ob es richtig oder falsch war. Ich habe auch nur die Sicht eines Sportlers. Jetzt müssen wir nach vorne schauen. Da ist natürlich ein Stück Ungewissheit, wann und wie es weitergeht. Natürlich hoffen alle, dass es so bald und so normal wie möglich weitergeht. Aber das weiß niemand und da werden noch so manche Herausforderungen zu lösen sein."

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