Kerstin Stegemann bestritt gegen Japan ihr 150. Länderspiel

Kerstin Stegemann musste vor dem Länderspiel der deutschen Frauen-Nationalmannschaft am Donnerstag im Karlsruher Wildparkstadion (6:3) aus der Reihe der Nationalspielerinnen heraustreten. In eine solche Rolle drängt es die 29 Jahre alte Defensivspielerin des FFC Heike Rheine eigentlich nicht. Sie hat nichts dagegen, im Hintergrund zu bleiben. Aber diesmal hatte sie keine andere Wahl. Anlässlich ihres 150. Länderspiels gratulierten ihr DFB-Präsident Dr. Theo Zwanziger, der 1. DFB-Vize-Präsident, Dr. h.c. Engelbert Nelle, und die Vorsitzende des DFB-Frauenfußball-Ausschusses, Hannelore Ratzeburg. Zudem erhielt die Jubilarin ein Präsent.

Dass Kerstin Stegemann so häufig in der DFB-Auswahl zum Einsatz kommen würde, war zu Beginn ihrer Karriere nicht abzusehen. Vielseitig war und ist ihre sportliche Leidenschaft. Mehrfach stand es deswegen in Frage, ob sie dem Fußball überhaupt treu bleiben würde. „Schon mein Vater wollte nicht, dass ich Fußball spiele“, erzählt die 29-Jährige. Der hatte ursprünglich aber auch etwas gegen ihr anderes Hobby, das Reiten. Von beidem ließ sie sich jedoch nicht abbringen.

Mit 15 Jahren hätte sie dennoch beinahe dem Fußball den Rücken gekehrt. "Da durfte ich nicht mehr mit Jungs in einer Mannschaft spielen. Deswegen hatte ich ein wenig die Lust verloren", berichtet Kerstin Stegemann. Gleichzeitig wurde man auf ihr Talent im Vierkampf aufmerksam, einem Disziplinen-Mix aus Springreiten, Dressurreiten, Laufen und Schwimmen. Sie wurde zu einem Sichtungslehrgang im Vorfeld der Deutschen Meisterschaft nominiert. Allerdings verließ sie diesen einen Tag vor dem Ende, was dort nicht so gerne gesehen wurde, weil sie in die Auswahl des Fußball- und Leichtathletik-Verbandes Westfalen (FLVW) berufen wurde. Dort wurde sie von Tina Theune-Meyer gesichtet. Die DFB-Trainerin erkannte ihr Potenzial und berief sie erst in die U 20-Nationalmannschaft und später – nach dessen Gründung – in die U 16-Nationalmannschaft. "Beim Fußball bin ich gefördert worden, beim Reiten nicht so sehr", erklärt Kerstin Stegemann heute ihren Weg.

Kerstin Stegemann - die schönsten Bilder aus 150 Länderspielen
So ging es im Fußball weiter zügig voran. Ebenfalls mit 15 Jahren spielte sie bereits für den VfB Rheine in der Bundesliga. Sie erhielt eine Sondergenehmigung, die erst nach einer Unbedenklichkeitserklärung nach einer medizinischen Untersuchung erteilt wurde. Allerdings traute man ihr im Klub nicht viel zu. Keine Chance, lautete das Urteil. Eine bessere Motivation für eine ohnehin schon ehrgeizige Sportlerin kann es nicht geben. Kerstin Stegemann eroberte sich vom ersten Spieltag an einen Stammplatz.

Der Start war gelungen, dennoch ging es nicht ruhig weiter. Die Kleinigkeiten, die ihre Unzufriedenheit wachsen ließen, summierten sich. "Und da ich immer ein großes Interesse am Reitsport hatte, war es stets für mich eine Option, mich ihm zu widmen und den Fußball aufzugeben", sagt Kerstin Stegemann. Dies aber ließ Helmut Horsch nicht zu. Der Verbandssportlehrer des FLVW vermittelte zwischen Klub und Spielerin – und nahm sich des Talents an. "Er hat mir gesagt, ich solle weitermachen. Daraufhin ist er mein persönlicher Förderer geworden", berichtet die Nationalspielerin.

Dank Helmut Horschs Unterstützung hat Kerstin Stegemann auch schnell den Sprung in die Nationalmannschaft geschafft. Mit 17 Jahren debütierte sie in der DFB-Auswahl. Am 13. April 1995 gab sie beim 8:0-Erfolg über Polen in Potsdam ihren Einstand. Auf ihren zweiten Einsatz im Nationaltrikot musste sie dann fast ein Jahr warten, aber danach blieb sie konstant dabei. An vielen großen Erfolgen der Frauen-Nationalmannschaft war sie danach beteiligt. Weltmeisterin 2003 ist sie geworden, dreimal wurde sie Europameisterin, zweimal trug sie zum Gewinn der Bronze-Medaille bei Olympischen Spielen bei.

Kerstin Stegemann hat sich diese Erfolge schwer erarbeitet. Aber sie weiß auch, wer ihr dabei geholfen hat. Neben Helmut Horsch nennt sie in diesem Zusammenhang Tina Theune-Meyer. "Ihre Abwehrbesprechungen werde ich nie vergessen. Selbst wenn wir 5:1 gewonnen hatten, konnte man sicher sein, am nächsten Tag haben alle frei, nur die Abwehr tritt zur Analyse an. Das war ein Faible von Tina", erzählt Kerstin Stegemann. Geschadet hat es ihr nicht, wie sie weiß.

Ihre Qualitäten werden auf jeden Fall geschätzt. Auch Silvia Neid möchte nicht auf die Rechtsverteidigerin verzichten. "Sie ist eine verlässliche Größe, eine Konstante in der Nationalmannschaft. Wir wechseln in unserer Aufstellung schon mal links oder in der Mitte, aber rechts nie – außer Kerstin ist krank oder verletzt", sagt die DFB-Trainerin. Dabei schätzt sie vor allen Dingen die professionelle Einstellung der Spielerin des FFC Heike Rheine. "Sie gehört zu den Spielerinnen, die am meisten trainieren, das merkt man dann an ihrer Fitness und dem Zweikampfverhalten", so Silvia Neid weiter. Kerstin Stegemann hat allerdings auch den Vorteil den Beruf optimal mit dem Sport verbinden zu können. Mittlerweile ist sie Berufssoldatin und gehört schon seit März 1998 der Sportförderkompanie an. In der Sportschule der Bundeswehr in Warendorf findet sie beste Trainings-Bedingungen vor. "Außerdem schult sie sich permanent taktisch weiter, zum Beispiel hat sie schon die Fußballlehrer-Lizenz gemacht", lobt Silvia Neid weiter. Im Grunde genommen sind das Voraussetzungen, die eine Basis sind für viele weitere Länderspiele – auch wenn sie parallel noch drei Springpferde betreut.

[nb]


[bild1]
Kerstin Stegemann musste vor dem Länderspiel der deutschen Frauen-Nationalmannschaft am Donnerstag im Karlsruher Wildparkstadion (6:3) aus der Reihe der Nationalspielerinnen heraustreten. In eine solche Rolle drängt es die 29 Jahre alte Defensivspielerin des FFC Heike Rheine eigentlich nicht. Sie hat nichts dagegen, im Hintergrund zu bleiben. Aber diesmal hatte sie keine andere Wahl. Anlässlich ihres 150. Länderspiels gratulierten ihr DFB-Präsident Dr. Theo Zwanziger, der 1. DFB-Vize-Präsident, Dr. h.c. Engelbert Nelle, und die Vorsitzende des DFB-Frauenfußball-Ausschusses, Hannelore Ratzeburg. Zudem erhielt die Jubilarin ein Präsent.



Dass Kerstin Stegemann so häufig in der DFB-Auswahl zum Einsatz kommen würde, war zu Beginn ihrer Karriere nicht abzusehen. Vielseitig war und ist ihre sportliche Leidenschaft. Mehrfach stand es deswegen in Frage, ob sie dem Fußball überhaupt treu bleiben würde. „Schon mein Vater wollte nicht, dass ich Fußball spiele“, erzählt die 29-Jährige. Der hatte ursprünglich aber auch etwas gegen ihr anderes Hobby, das Reiten. Von beidem ließ sie sich jedoch nicht abbringen.



Mit 15 Jahren hätte sie dennoch beinahe dem Fußball den Rücken gekehrt. "Da durfte ich nicht mehr mit Jungs in einer Mannschaft spielen. Deswegen hatte ich ein wenig die Lust verloren", berichtet Kerstin Stegemann. Gleichzeitig wurde man auf ihr Talent im Vierkampf aufmerksam, einem Disziplinen-Mix aus Springreiten, Dressurreiten, Laufen und Schwimmen. Sie wurde zu einem Sichtungslehrgang im Vorfeld der Deutschen Meisterschaft nominiert. Allerdings verließ sie diesen einen Tag vor dem Ende, was dort nicht so gerne gesehen wurde, weil sie in die Auswahl des Fußball- und Leichtathletik-Verbandes Westfalen (FLVW) berufen wurde. Dort wurde sie von Tina Theune-Meyer gesichtet. Die DFB-Trainerin erkannte ihr Potenzial und berief sie erst in die U 20-Nationalmannschaft und später – nach dessen Gründung – in die U 16-Nationalmannschaft. "Beim Fußball bin ich gefördert worden, beim Reiten nicht so sehr", erklärt Kerstin Stegemann heute ihren Weg.





Kerstin Stegemann - die schönsten Bilder aus 150 Länderspielen









So ging es im Fußball weiter zügig voran. Ebenfalls mit 15 Jahren spielte sie bereits für den VfB Rheine in der Bundesliga. Sie erhielt eine Sondergenehmigung, die erst nach einer Unbedenklichkeitserklärung nach einer medizinischen Untersuchung erteilt wurde. Allerdings traute man ihr im Klub nicht viel zu. Keine Chance, lautete das Urteil. Eine bessere Motivation für eine ohnehin schon ehrgeizige Sportlerin kann es nicht geben. Kerstin Stegemann eroberte sich vom ersten Spieltag an einen Stammplatz.



Der Start war gelungen, dennoch ging es nicht ruhig weiter. Die Kleinigkeiten, die ihre Unzufriedenheit wachsen ließen, summierten sich. "Und da ich immer ein großes Interesse am Reitsport hatte, war es stets für mich eine Option, mich ihm zu widmen und den Fußball aufzugeben", sagt Kerstin Stegemann. Dies aber ließ Helmut Horsch nicht zu. Der Verbandssportlehrer des FLVW vermittelte zwischen Klub und Spielerin – und nahm sich des Talents an. "Er hat mir gesagt, ich solle weitermachen. Daraufhin ist er mein persönlicher Förderer geworden", berichtet die Nationalspielerin.



Dank Helmut Horschs Unterstützung hat Kerstin Stegemann auch schnell den Sprung in die Nationalmannschaft geschafft. Mit 17 Jahren debütierte sie in der DFB-Auswahl. Am 13. April 1995 gab sie beim 8:0-Erfolg über Polen in Potsdam ihren Einstand. Auf ihren zweiten Einsatz im Nationaltrikot musste sie dann fast ein Jahr warten, aber danach blieb sie konstant dabei. An vielen großen Erfolgen der Frauen-Nationalmannschaft war sie danach beteiligt. Weltmeisterin 2003 ist sie geworden, dreimal wurde sie Europameisterin, zweimal trug sie zum Gewinn der Bronze-Medaille bei Olympischen Spielen bei.



[bild2]Kerstin Stegemann hat sich diese Erfolge schwer erarbeitet. Aber sie weiß auch, wer ihr dabei geholfen hat. Neben Helmut Horsch nennt sie in diesem Zusammenhang Tina Theune-Meyer. "Ihre Abwehrbesprechungen werde ich nie vergessen. Selbst wenn wir 5:1 gewonnen hatten, konnte man sicher sein, am nächsten Tag haben alle frei, nur die Abwehr tritt zur Analyse an. Das war ein Faible von Tina", erzählt Kerstin Stegemann. Geschadet hat es ihr nicht, wie sie weiß.



Ihre Qualitäten werden auf jeden Fall geschätzt. Auch Silvia Neid möchte nicht auf die Rechtsverteidigerin verzichten. "Sie ist eine verlässliche Größe, eine Konstante in der Nationalmannschaft. Wir wechseln in unserer Aufstellung schon mal links oder in der Mitte, aber rechts nie – außer Kerstin ist krank oder verletzt", sagt die DFB-Trainerin. Dabei schätzt sie vor allen Dingen die professionelle Einstellung der Spielerin des FFC Heike Rheine. "Sie gehört zu den Spielerinnen, die am meisten trainieren, das merkt man dann an ihrer Fitness und dem Zweikampfverhalten", so Silvia Neid weiter. Kerstin Stegemann hat allerdings auch den Vorteil den Beruf optimal mit dem Sport verbinden zu können. Mittlerweile ist sie Berufssoldatin und gehört schon seit März 1998 der Sportförderkompanie an. In der Sportschule der Bundeswehr in Warendorf findet sie beste Trainings-Bedingungen vor. "Außerdem schult sie sich permanent taktisch weiter, zum Beispiel hat sie schon die Fußballlehrer-Lizenz gemacht", lobt Silvia Neid weiter. Im Grunde genommen sind das Voraussetzungen, die eine Basis sind für viele weitere Länderspiele – auch wenn sie parallel noch drei Springpferde betreut.