Keller zum Holocaust-Gedenktag: "Besondere Verantwortung"

Am Montag, als seit der Befreiung des Vernichtungslagers Auschwitz auf den Tag genau 75 Jahre vergangen waren, fand zum 16. Mal der "Erinnerungstag im deutschen Fußball" statt. Von Beginn an gefördert und unterstützt wird der Holocaustgedenktag vom Deutschen Fußball-Bund (DFB). "In diesem Jahr, da neben den vielen jüdischen Opfern vor allem auch den mehr als 20.000 in Auschwitz ermordeten Sinti und Roma gedacht wird, spüren wir aber eine besondere Verantwortung", sagt DFB-Präsident Fritz Keller.

Denn der frühere DFB-Präsident Felix Linnemann, der den Verband von 1925 bis 1945 führte, war als Chef der Kriminalpolizei-Leitstelle Hannover unmittelbar an der Erfassung von Sinti und Roma beteiligt, welche die Vorstufe für ihre Deportationen nach Auschwitz bildete. Mehrere hundert Menschen sollen aufgrund einer von Linnemann unterzeichneten Anweisung in das Vernichtungslager deportiert und dort umgebracht worden sein.

DFB-Präsident Keller sagt weiter: "Dieses unfassbare Grauen, dieses beispiellose Leid, das den Menschen angetan wurde, schmerzt umso mehr, weil der Fußball, der heute für Verständigung und Vielfalt einsteht und gegen Rassismus und Diskriminierung, sich damals nicht widersetzt hat. Im Gegenteil: Er hat sich mitschuldig gemacht. Deshalb ist es unsere besondere Pflicht, dafür zu sorgen, dass diese Verbrechen niemals in Vergessenheit geraten. Gerade heute, da sich nicht mehr jeder in Deutschland daran erinnern will. Das sind wir nicht nur den Millionen Opfern schuldig, sondern auch den kommenden Generationen. Es ist vorbildlich und ein wichtiges Signal, wie sich an diesem Wochenende Eintracht Frankfurt dieser Verantwortung stellt."

Eintracht Frankfurt erkennt Gramlich Ehrenpräsidentschaft ab

Eintracht Frankfurt hat im Rahmen der Mitgliederversammlung am Sonntag Rudolf Gramlich, einem ihrer zwei Ehrenpräsidenten, der in den 30er-Jahren 22 Länderspiele absolvierte, davon zehn als Kapitän der Nationalmannschaft, und von 1968 bis 1974 Vorsitzender des DFB-Bundesligaausschusses war, wegen seiner NS-Vergangenheit posthum die Ehrenpräsidentschaft aberkannt.

Vom DFB wurde Gramlich 1968 mit der Silbernen und 1974 mit der Goldenen Ehrennadel ausgezeichnet und 1975 zum Ehrenmitglied ernannt. Laut Paragraph 27 der Ehrungsordnung des DFB kann nur der DFB-Bundestag die Ernennung zum Ehrenmitglied auf gemeinsamen Antrag des Präsidiums des DFB und des Ehrungsrats widerrufen. DFB-Präsidium und Ehrungsrat werden nun im Licht der neuen Erkenntnisse, welche die Eintracht vorlegen wird, über den Widerruf der Ehrenmitgliedschaft von Rudolf Gramlich beraten und im Zuge dessen, sofern erforderlich, weitere DFB-Ehrungen mit Unterstützung externer Experten überprüfen.

Mit der Publikation "Fußball unterm Hakenkreuz" von Dr. Nils Havemann hatte der DFB bereits im Jahr 2005 eine unabhängige wissenschaftliche Studie zu seiner Geschichte im Nationalsozialismus veröffentlicht. Auch als Ergebnis der Studie stiftete der DFB im selben Jahr den Julius Hirsch Preis in Erinnerung an seinen jüdischen Nationalspieler und stellvertretend für die vielen weiteren insbesondere jüdischen Opfer der NS-Zeit unter seinen Mitgliedern. Der Preis wird seitdem jährlich verliehen.

Auch die Nationalmannschaft sagt "!Nie wieder"

Zum Jahrestag der Auschwitz-Befreiung riefen neben DFB und DFL auch Weltmeister Manuel Neuer und weitere Nationalspieler zum Eintreten für Menschlichkeit, Respekt und Vielfalt auf. "Denn ein Angriff auf diese Werte ist ein Angriff auf unseren Fußball", heißt es in dem Videospot, den der DFB veröffentlicht hat. An der Seite des Kapitäns der Nationalmannschaft ergreifen Serge Gnabry, Leon Goretzka, Kai Havertz, Joshua Kimmich und Jonathan Tah das Wort.

Rund um den Internationalen Holocaustgedenktag erinnerten Klubs und Fanprojekte von der Bundesliga bis in die 3. Liga sowie aus der FLYERALARM Frauen-Bundesliga mit Stadiondurchsagen und Aktionen im und rund ums Stadion an die Gräueltaten Nazideutschlands. Auslöser der Kampagne ist wie in jedem Jahr die Initiative "!Nie wieder". Alle Aktionen fanden rund um den 27. Januar statt.

Fußball in der NS-Zeit: Vielfältige Aktivitäten zur Aufarbeitung

Die jährliche Unterstützung des Erinnerungstags ist ein Ausschnitt der vielfältigen Aktivitäten des DFB zur Aufarbeitung und Vermittlung der Geschichte des Fußballs in der NS-Zeit. Neben regelmäßigen erinnerungspolitischen Maßnahmen des DFB, beispielsweise dem jährlichen Besuch der U 18-Nationalmannschaft in der Holocaustgedenkstätte Yad Vashem, fördert die 2007 gegründete DFB-Kulturstiftung kontinuierlich wissenschaftliche Publikationen, Tagungen und sonstige Projekte mit Bezug auf die NS-Zeit ideell und finanziell.

Dazu gehören auch kulturelle Projekte, zum Beispiel die Outdoor-Ausstellung "Zwischen Erfolg und Verfolgung" oder das Theaterstück "Juller", die dazu beitragen, die Historie in die Breite, insbesondere auch an Kinder und Jugendliche zu vermitteln. Auch das Deutsche Fußballmuseum führt regelmäßig Veranstaltungen zu diesem Themenkomplex durch, zuletzt am vergangenen Wochenende ein Konzert in Erinnerung an den deutsch-jüdischen Komponisten Richard Fuchs, Bruder des früheren Nationalspielers Gottfried Fuchs.

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Am Montag, als seit der Befreiung des Vernichtungslagers Auschwitz auf den Tag genau 75 Jahre vergangen waren, fand zum 16. Mal der "Erinnerungstag im deutschen Fußball" statt. Von Beginn an gefördert und unterstützt wird der Holocaustgedenktag vom Deutschen Fußball-Bund (DFB). "In diesem Jahr, da neben den vielen jüdischen Opfern vor allem auch den mehr als 20.000 in Auschwitz ermordeten Sinti und Roma gedacht wird, spüren wir aber eine besondere Verantwortung", sagt DFB-Präsident Fritz Keller.

Denn der frühere DFB-Präsident Felix Linnemann, der den Verband von 1925 bis 1945 führte, war als Chef der Kriminalpolizei-Leitstelle Hannover unmittelbar an der Erfassung von Sinti und Roma beteiligt, welche die Vorstufe für ihre Deportationen nach Auschwitz bildete. Mehrere hundert Menschen sollen aufgrund einer von Linnemann unterzeichneten Anweisung in das Vernichtungslager deportiert und dort umgebracht worden sein.

DFB-Präsident Keller sagt weiter: "Dieses unfassbare Grauen, dieses beispiellose Leid, das den Menschen angetan wurde, schmerzt umso mehr, weil der Fußball, der heute für Verständigung und Vielfalt einsteht und gegen Rassismus und Diskriminierung, sich damals nicht widersetzt hat. Im Gegenteil: Er hat sich mitschuldig gemacht. Deshalb ist es unsere besondere Pflicht, dafür zu sorgen, dass diese Verbrechen niemals in Vergessenheit geraten. Gerade heute, da sich nicht mehr jeder in Deutschland daran erinnern will. Das sind wir nicht nur den Millionen Opfern schuldig, sondern auch den kommenden Generationen. Es ist vorbildlich und ein wichtiges Signal, wie sich an diesem Wochenende Eintracht Frankfurt dieser Verantwortung stellt."

Eintracht Frankfurt erkennt Gramlich Ehrenpräsidentschaft ab

Eintracht Frankfurt hat im Rahmen der Mitgliederversammlung am Sonntag Rudolf Gramlich, einem ihrer zwei Ehrenpräsidenten, der in den 30er-Jahren 22 Länderspiele absolvierte, davon zehn als Kapitän der Nationalmannschaft, und von 1968 bis 1974 Vorsitzender des DFB-Bundesligaausschusses war, wegen seiner NS-Vergangenheit posthum die Ehrenpräsidentschaft aberkannt.

Vom DFB wurde Gramlich 1968 mit der Silbernen und 1974 mit der Goldenen Ehrennadel ausgezeichnet und 1975 zum Ehrenmitglied ernannt. Laut Paragraph 27 der Ehrungsordnung des DFB kann nur der DFB-Bundestag die Ernennung zum Ehrenmitglied auf gemeinsamen Antrag des Präsidiums des DFB und des Ehrungsrats widerrufen. DFB-Präsidium und Ehrungsrat werden nun im Licht der neuen Erkenntnisse, welche die Eintracht vorlegen wird, über den Widerruf der Ehrenmitgliedschaft von Rudolf Gramlich beraten und im Zuge dessen, sofern erforderlich, weitere DFB-Ehrungen mit Unterstützung externer Experten überprüfen.

Mit der Publikation "Fußball unterm Hakenkreuz" von Dr. Nils Havemann hatte der DFB bereits im Jahr 2005 eine unabhängige wissenschaftliche Studie zu seiner Geschichte im Nationalsozialismus veröffentlicht. Auch als Ergebnis der Studie stiftete der DFB im selben Jahr den Julius Hirsch Preis in Erinnerung an seinen jüdischen Nationalspieler und stellvertretend für die vielen weiteren insbesondere jüdischen Opfer der NS-Zeit unter seinen Mitgliedern. Der Preis wird seitdem jährlich verliehen.

Auch die Nationalmannschaft sagt "!Nie wieder"

Zum Jahrestag der Auschwitz-Befreiung riefen neben DFB und DFL auch Weltmeister Manuel Neuer und weitere Nationalspieler zum Eintreten für Menschlichkeit, Respekt und Vielfalt auf. "Denn ein Angriff auf diese Werte ist ein Angriff auf unseren Fußball", heißt es in dem Videospot, den der DFB veröffentlicht hat. An der Seite des Kapitäns der Nationalmannschaft ergreifen Serge Gnabry, Leon Goretzka, Kai Havertz, Joshua Kimmich und Jonathan Tah das Wort.

Rund um den Internationalen Holocaustgedenktag erinnerten Klubs und Fanprojekte von der Bundesliga bis in die 3. Liga sowie aus der FLYERALARM Frauen-Bundesliga mit Stadiondurchsagen und Aktionen im und rund ums Stadion an die Gräueltaten Nazideutschlands. Auslöser der Kampagne ist wie in jedem Jahr die Initiative "!Nie wieder". Alle Aktionen fanden rund um den 27. Januar statt.

Fußball in der NS-Zeit: Vielfältige Aktivitäten zur Aufarbeitung

Die jährliche Unterstützung des Erinnerungstags ist ein Ausschnitt der vielfältigen Aktivitäten des DFB zur Aufarbeitung und Vermittlung der Geschichte des Fußballs in der NS-Zeit. Neben regelmäßigen erinnerungspolitischen Maßnahmen des DFB, beispielsweise dem jährlichen Besuch der U 18-Nationalmannschaft in der Holocaustgedenkstätte Yad Vashem, fördert die 2007 gegründete DFB-Kulturstiftung kontinuierlich wissenschaftliche Publikationen, Tagungen und sonstige Projekte mit Bezug auf die NS-Zeit ideell und finanziell.

Dazu gehören auch kulturelle Projekte, zum Beispiel die Outdoor-Ausstellung "Zwischen Erfolg und Verfolgung" oder das Theaterstück "Juller", die dazu beitragen, die Historie in die Breite, insbesondere auch an Kinder und Jugendliche zu vermitteln. Auch das Deutsche Fußballmuseum führt regelmäßig Veranstaltungen zu diesem Themenkomplex durch, zuletzt am vergangenen Wochenende ein Konzert in Erinnerung an den deutsch-jüdischen Komponisten Richard Fuchs, Bruder des früheren Nationalspielers Gottfried Fuchs.

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