Kapitänin Popp: "Ich wusste, dass ich den Torriecher habe"

Die deutsche Frauen-Nationalmannschaft steht im Halbfinale der Europameisterschaft in England. Das Team von Bundestrainerin Martina Voss-Tecklenburg besiegte die österreichische Auswahl mit 2:0 dank Treffern von Lina Magull und Kapitänin Alexandra Popp. Für Popp war es bereits das vierte Turniertor. Im DFB.de-Interview spricht die 31 Jahre alte Stürmerin über ihren langen Weg zum EM-Debüt.

DFB.de: Frau Popp, wichtigste Frage zuerst: Haben Sie schon mit Patch (ihrem Hund; Anm. d. Red). telefoniert?

Alexandra Popp: Telefoniert nicht. (lacht) Ich bekomme aber immer fleißig Bilder zugeschickt, wie er entweder vor dem Fernseher sitzt und das Spiel schaut - oder auch einfach mal eine "Mami, ich vermiss dich"-Nachricht.

DFB.de: Wie viel Kraft gibt Ihnen der Halt von Familie und Freunden?

Popp: Rückhalt und Support sind gerade bei so einem Turnier immens wichtig. Bei Spielen ist es einfach ein schönes Gefühl zu wissen, dass deine Lieben wieder auf der Tribüne sitzen, dir den Rücken stärken und die Daumen drücken. Das gibt dir automatisch dann auch ein gutes Gefühl - es ist einfach dieses Wissen, dass sie da und stolz auf dich sind.

DFB.de: Für Sie war es ein sehr langer Weg zum EM-Debüt. Aufgrund Ihrer Verletzung und auch durch die Corona-Infektion wussten sie lange nicht, ob Sie dabei sind. Was bedeutet es Ihnen, hier dabei zu sein?

Popp: Unglaublich viel. Und vor allem bin ich unglaublich dankbar, hier zu sein. In erster Linie bin ich sehr glücklich, dass sich der Fleiß und die Arbeit, die ich selbst reingesteckt habe, ausgezahlt haben. Und dann in meinem ersten EM-Turnier Deutschland zu vertreten und den Adler auf der Brust zu tragen, ist eine Riesenehre und mit Stolz behaftet. Ich versuche gerade, alles so ein bisschen aufzusaugen und Momente ganz anders wahrzunehmen, als ich es vielleicht in den vorherigen Turnieren getan habe. Ich schätze es sehr, gesund hier sein zu können. Da habe ich in diesem einen Jahr Verletzung auch noch mal eine andere Wahrnehmung zum Fußball "wiederentdeckt". Natürlich habe ich den Sport immer geliebt, das ist meine Leidenschaft. Aber als ich nach der Verletzung wieder die ersten Steps und Spiele gemacht habe, hat das etwas Neues in mir entfacht. Ich bin einfach unglaublich dankbar, wieder Fußball spielen zu dürfen und dieser Leidenschaft nachzugehen.

DFB.de: Und jetzt erzielten Sie in jedem Spiel einen Treffer. Ihr unbändiger Wille sowie Ihre Kraft und Power zeichnen Sie besonders aus. Gibt Ihnen diese Europameisterschaft extra Energie?

Popp: Ich glaube, das ganz Entscheidende war, dass ich direkt im ersten Spiel getroffen habe. Ich habe das Gefühl, dass das der Knackpunkt für mich war, der diese ganze Energie entfacht hat. Es hat aber sicher auch mit dieser Dankbarkeit zu tun oder mit dieser Freiheit, einfach spielen zu können - und dann auch noch auf meiner Lieblingsposition. Dieses Vertrauen möchte ich dann natürlich auch zurückzahlen. In dem Fall vor allem der Trainerin, die von Anfang an gesagt hat, dass sie mich auf dieser Position sieht. Das ist für mich ein sehr schönes Gefühl.

DFB.de: Im Verein spielen Sie hauptsächlich auf der Sechserposition. Hier in der Nationalmannschaft wieder vorne im Sturm. Mussten Sie das erst wieder neu "lernen"?

Popp: Zunächst einmal habe ich mich sehr gefreut. Es ist einfach meine Lieblingsposition. Klar brauchte ich da auch meine Zeit, aber wir haben gerade die Vorbereitung genutzt, um positionsspezifisch zu trainieren. So konnte ich wieder gut reinfinden - gerade in die Läufe und ins Laufverhalten. Das ist dann natürlich auch eine ganz andere Belastung, aber durch das spezifische Training hat sich der Körper wieder schnell darauf eingestellt. Ich wusste, dass ich den Torriecher habe, ich musste ihn nur wieder herauskitzeln - und das hat nach mehreren Wiederholungen gut funktioniert.

DFB.de: Gegen Österreich bereits zum vierten Mal im Turnier. Wie viel Kampf steckte im Duell "Herz gegen Herz"?  

Popp: Das war ein extrem intensives Spiel, gerade in der Zweikampfführung. Da wusstest du direkt zu Beginn, was auf dich zukommen wird. Dementsprechend kaputt sind wir auch - gerade, weil es nicht nur körperlich, sondern auch mental intensiv war. Da kam ein sehr gutes Team auf uns zu, das voll und ganz über das Herz und die Leidenschaft gekommen ist - das hat Österreich auch absolut auf den Platz gebracht. Und, das muss man auch sagen, da hatten wir zum Teil auch das Quäntchen Glück, dass die Bälle nicht in unser Tor geflogen sind. Aber wir haben uns trotz der Umstände nicht abbringen lassen, unser Herz in die Hand genommen und sind drangeblieben. Dass wir dann als Sieger vom Platz gehen und zusammen ins Halbfinale einziehen, war sehr wichtig. Da haben wir ein gutes Ausrufezeichen gesetzt.

DFB.de: Sie sagen es selbst: Die Österreicherinnen haben viel Druck gemacht und alles aus sich rausgeholt - doch wieder hat das deutsche Team keinen Gegentreffer zugelassen. Woher kommt das?

Popp: Das ist echt schwer zu sagen. Wir haben nach dem Spiel auch unter der Dusche gestanden, über unseren Teamgeist gesprochen und uns die Frage gestellt, welcher Moment uns zu dieser Einheit gemacht hat. So richtig auf einen Nenner sind wir nicht gekommen. (lacht) Aber wir glauben schon, dass die Zeit in Herzogenaurach entscheidend war. Dort hat jede mal mit jeder gesprochen, wir waren täglich im Austausch, haben Teamabende veranstaltet und Klara Bühl hat ein FIFA-Turnier organisiert. Das sind manchmal Kleinigkeiten, die so etwas entfachen können, das war für uns als Team extrem wichtig.

DFB.de: Nun sind Sie die Kapitänin dieser Mannschaft. Wie interpretieren Sie Ihre Rolle?

Popp: Das war für mich auch ein Prozess, in den ich reinwachsen musste. Klar, ich war vielleicht schon immer eine Führungsspielerin, aber Kapitänin zu sein, ist schon noch mal was anderes. Da musste ich erst lernen, mit den Spielerinnen umzugehen, weil jede Person ja auch anders tickt. Das für mich zu reflektieren, war sehr wichtig. Das heißt, erstens richtig voranzugehen und zweitens auch vernünftig mit den Spielerinnen zu sprechen. Da fühle ich mich jetzt sehr wohl und weiß, wann ich mal lauter werden kann oder wann ich eher den ruhigeren Support gebe. Da habe ich einen guten Mittelweg gefunden.

DFB.de: Was wünschen Sie sich für den weiteren Turnierverlauf?

Popp: Ich wünsche mir zwei Siege. Wie sie am Ende ablaufen, ist mir egal. Aber wenn wir Europameisterinnen werden, dann bin ich der glücklichste Mensch überhaupt.

DFB.de: Das wäre dann auch der perfekte Abschluss für diese sehr schöne Geschichte bisher.

Popp: Absolut, das kann man so sagen. Die Geschichte hat schon sehr gut begonnen und geht noch weiter. Und wenn sie so perfekt enden würde, wäre das einfach nur schön.

[ag/as]

Die deutsche Frauen-Nationalmannschaft steht im Halbfinale der Europameisterschaft in England. Das Team von Bundestrainerin Martina Voss-Tecklenburg besiegte die österreichische Auswahl mit 2:0 dank Treffern von Lina Magull und Kapitänin Alexandra Popp. Für Popp war es bereits das vierte Turniertor. Im DFB.de-Interview spricht die 31 Jahre alte Stürmerin über ihren langen Weg zum EM-Debüt.

DFB.de: Frau Popp, wichtigste Frage zuerst: Haben Sie schon mit Patch (ihrem Hund; Anm. d. Red). telefoniert?

Alexandra Popp: Telefoniert nicht. (lacht) Ich bekomme aber immer fleißig Bilder zugeschickt, wie er entweder vor dem Fernseher sitzt und das Spiel schaut - oder auch einfach mal eine "Mami, ich vermiss dich"-Nachricht.

DFB.de: Wie viel Kraft gibt Ihnen der Halt von Familie und Freunden?

Popp: Rückhalt und Support sind gerade bei so einem Turnier immens wichtig. Bei Spielen ist es einfach ein schönes Gefühl zu wissen, dass deine Lieben wieder auf der Tribüne sitzen, dir den Rücken stärken und die Daumen drücken. Das gibt dir automatisch dann auch ein gutes Gefühl - es ist einfach dieses Wissen, dass sie da und stolz auf dich sind.

DFB.de: Für Sie war es ein sehr langer Weg zum EM-Debüt. Aufgrund Ihrer Verletzung und auch durch die Corona-Infektion wussten sie lange nicht, ob Sie dabei sind. Was bedeutet es Ihnen, hier dabei zu sein?

Popp: Unglaublich viel. Und vor allem bin ich unglaublich dankbar, hier zu sein. In erster Linie bin ich sehr glücklich, dass sich der Fleiß und die Arbeit, die ich selbst reingesteckt habe, ausgezahlt haben. Und dann in meinem ersten EM-Turnier Deutschland zu vertreten und den Adler auf der Brust zu tragen, ist eine Riesenehre und mit Stolz behaftet. Ich versuche gerade, alles so ein bisschen aufzusaugen und Momente ganz anders wahrzunehmen, als ich es vielleicht in den vorherigen Turnieren getan habe. Ich schätze es sehr, gesund hier sein zu können. Da habe ich in diesem einen Jahr Verletzung auch noch mal eine andere Wahrnehmung zum Fußball "wiederentdeckt". Natürlich habe ich den Sport immer geliebt, das ist meine Leidenschaft. Aber als ich nach der Verletzung wieder die ersten Steps und Spiele gemacht habe, hat das etwas Neues in mir entfacht. Ich bin einfach unglaublich dankbar, wieder Fußball spielen zu dürfen und dieser Leidenschaft nachzugehen.

DFB.de: Und jetzt erzielten Sie in jedem Spiel einen Treffer. Ihr unbändiger Wille sowie Ihre Kraft und Power zeichnen Sie besonders aus. Gibt Ihnen diese Europameisterschaft extra Energie?

Popp: Ich glaube, das ganz Entscheidende war, dass ich direkt im ersten Spiel getroffen habe. Ich habe das Gefühl, dass das der Knackpunkt für mich war, der diese ganze Energie entfacht hat. Es hat aber sicher auch mit dieser Dankbarkeit zu tun oder mit dieser Freiheit, einfach spielen zu können - und dann auch noch auf meiner Lieblingsposition. Dieses Vertrauen möchte ich dann natürlich auch zurückzahlen. In dem Fall vor allem der Trainerin, die von Anfang an gesagt hat, dass sie mich auf dieser Position sieht. Das ist für mich ein sehr schönes Gefühl.

DFB.de: Im Verein spielen Sie hauptsächlich auf der Sechserposition. Hier in der Nationalmannschaft wieder vorne im Sturm. Mussten Sie das erst wieder neu "lernen"?

Popp: Zunächst einmal habe ich mich sehr gefreut. Es ist einfach meine Lieblingsposition. Klar brauchte ich da auch meine Zeit, aber wir haben gerade die Vorbereitung genutzt, um positionsspezifisch zu trainieren. So konnte ich wieder gut reinfinden - gerade in die Läufe und ins Laufverhalten. Das ist dann natürlich auch eine ganz andere Belastung, aber durch das spezifische Training hat sich der Körper wieder schnell darauf eingestellt. Ich wusste, dass ich den Torriecher habe, ich musste ihn nur wieder herauskitzeln - und das hat nach mehreren Wiederholungen gut funktioniert.

DFB.de: Gegen Österreich bereits zum vierten Mal im Turnier. Wie viel Kampf steckte im Duell "Herz gegen Herz"?  

Popp: Das war ein extrem intensives Spiel, gerade in der Zweikampfführung. Da wusstest du direkt zu Beginn, was auf dich zukommen wird. Dementsprechend kaputt sind wir auch - gerade, weil es nicht nur körperlich, sondern auch mental intensiv war. Da kam ein sehr gutes Team auf uns zu, das voll und ganz über das Herz und die Leidenschaft gekommen ist - das hat Österreich auch absolut auf den Platz gebracht. Und, das muss man auch sagen, da hatten wir zum Teil auch das Quäntchen Glück, dass die Bälle nicht in unser Tor geflogen sind. Aber wir haben uns trotz der Umstände nicht abbringen lassen, unser Herz in die Hand genommen und sind drangeblieben. Dass wir dann als Sieger vom Platz gehen und zusammen ins Halbfinale einziehen, war sehr wichtig. Da haben wir ein gutes Ausrufezeichen gesetzt.

DFB.de: Sie sagen es selbst: Die Österreicherinnen haben viel Druck gemacht und alles aus sich rausgeholt - doch wieder hat das deutsche Team keinen Gegentreffer zugelassen. Woher kommt das?

Popp: Das ist echt schwer zu sagen. Wir haben nach dem Spiel auch unter der Dusche gestanden, über unseren Teamgeist gesprochen und uns die Frage gestellt, welcher Moment uns zu dieser Einheit gemacht hat. So richtig auf einen Nenner sind wir nicht gekommen. (lacht) Aber wir glauben schon, dass die Zeit in Herzogenaurach entscheidend war. Dort hat jede mal mit jeder gesprochen, wir waren täglich im Austausch, haben Teamabende veranstaltet und Klara Bühl hat ein FIFA-Turnier organisiert. Das sind manchmal Kleinigkeiten, die so etwas entfachen können, das war für uns als Team extrem wichtig.

DFB.de: Nun sind Sie die Kapitänin dieser Mannschaft. Wie interpretieren Sie Ihre Rolle?

Popp: Das war für mich auch ein Prozess, in den ich reinwachsen musste. Klar, ich war vielleicht schon immer eine Führungsspielerin, aber Kapitänin zu sein, ist schon noch mal was anderes. Da musste ich erst lernen, mit den Spielerinnen umzugehen, weil jede Person ja auch anders tickt. Das für mich zu reflektieren, war sehr wichtig. Das heißt, erstens richtig voranzugehen und zweitens auch vernünftig mit den Spielerinnen zu sprechen. Da fühle ich mich jetzt sehr wohl und weiß, wann ich mal lauter werden kann oder wann ich eher den ruhigeren Support gebe. Da habe ich einen guten Mittelweg gefunden.

DFB.de: Was wünschen Sie sich für den weiteren Turnierverlauf?

Popp: Ich wünsche mir zwei Siege. Wie sie am Ende ablaufen, ist mir egal. Aber wenn wir Europameisterinnen werden, dann bin ich der glücklichste Mensch überhaupt.

DFB.de: Das wäre dann auch der perfekte Abschluss für diese sehr schöne Geschichte bisher.

Popp: Absolut, das kann man so sagen. Die Geschichte hat schon sehr gut begonnen und geht noch weiter. Und wenn sie so perfekt enden würde, wäre das einfach nur schön.

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