"Justice for George": Darum prüft der DFB-Kontrollausschuss

Nach dem gewaltsamen Tod des US-Amerikaners George Floyd in Minneapolis, Minnesota, kam es weltweit zu einem Aufschrei und zahlreichen Protestaktionen gegen Rassismus und Polizeigewalt. Auch in der Bundesliga war die Thematik am Wochenende präsent: Spieler wie Weston McKennie (FC Schalke 04), Marcus Thuram (Borussia Mönchengladbach), Jadon Sancho und Achraf Hakimi (beide Borussia Dortmund) bekundeten auf unterschiedliche Weise ihre Solidarität.

Die Aktionen fanden in der Öffentlichkeit viel Zustimmung. Diskutiert wurde indes die Ankündigung vom Samstag mit Blick auf die Armbinde von Weston McKennie mit der Aufschrift "Justice for George", dass der Kontrollausschuss des Deutschen Fußball-Bundes sich in den nächsten Tagen der Angelegenheit annehmen und den Sachverhalt prüfen wolle. Ebenfalls kritisiert wurde die Gelbe Karte für Dortmunds Jadon Sancho, nachdem dieser sein Trikot beim Torjubel ausgezogen hatte. Unter seinem Trikot trug er ein Shirt mit derselben Botschaft "Justice for George".

Der DFB möchte an dieser Stelle einen kurzen Überblick über die aktuelle Sachlage geben.

Im Spiel gegen den SV Werder Bremen am Samstag (30. Mai) trug Schalke-Spieler Weston McKennie eine Armbinde mit der Aufschrift "Justice for George". Warum soll hier eine Untersuchung durch den DFB-Kontrollausschuss erfolgen? In den vom zuständigen International Football Association Board (IFAB) verabschiedeten und vom DFB übernommenen Regeln zur Saison 2019/2020 heißt es unter anderem: "Die Ausrüstung darf keine politischen, religiösen oder persönlichen Slogans, Botschaften oder Bilder aufweisen. Spieler dürfen keine Unterwäsche mit politischen, religiösen oder persönlichen Slogans, Botschaften oder Bildern oder Werbeaufschriften mit Ausnahme des Herstellerlogos zur Schau stellen. Bei einem Verstoß gegen diese Bestimmung wird der Spieler und/oder das Team durch den Wettbewerbsorganisator, den nationalen Fußballverband oder die FIFA sanktioniert." Die Schiedsrichter müssen mögliche Verstöße gegen diese Regelung nicht ahnden. Die Untersuchung der Sachlage obliegt im Falle des DFB dem Kontrollausschuss.

Gelb für Sancho nach Regel Nummer zwölf

Gleiche Regel trifft auch auf die Spieler Jadon Sancho und Achraf Hakimi von Borussia Dortmund zu, die im Spiel gegen den SC Paderborn am Sonntag (31. Mai) ein Shirt mit der Aufschrift "Justice for George" unter ihrem Trikot trugen und dieses beim Torjubel zur Schau stellten. Doch warum wurde Jadon Sancho verwarnt? Die Gelbe Karte, die der Offensivmann der Dortmunder nach seinem Torjubel zum zwischenzeitlichen 2:0 sah, hatte nichts mit der Solidaritätsbekundung des Angreifers zu tun. Schiedsrichter Daniel Siebert handelte hier nach geltendem Regelwerk. Regel Nummer 12 ("Fouls und unsportliches Betragen") besagt, dass ein Spieler, der sein Trikot beim Torjubel auszieht oder über den Kopf zieht, wegen unsportlichen Betragens verwarnt wird. "Dies ist gemäß Regel Nr. 12 klar als regelwidriges Verhalten definiert und unabhängig von einer politischen Botschaft zu sehen", erklärt Lutz Michael Fröhlich, Sportlicher Leiter der Elite-Schiedsrichter beim DFB. "Es ist für die Schiedsrichter kaum möglich, im Spiel politische, religiöse oder persönliche Slogans, Botschaften oder Bilder zu erfassen. Anders verhält es sich beispielsweise bei der farblichen Überprüfung der Ausrüstung durch den Schiedsrichter. Sollte der Unparteiische politische oder religiöse Botschaften auf der Ausrüstung feststellen, wird ein Vermerk im Spielbericht vorgenommen. Ausgenommen sind Handlungen, die unmittelbar Auswirkungen auf das Spiel haben, wie zum Beispiel eine Verzögerung der Spielfortsetzung. Das wird vom Schiedsrichter dann mit Gelb sanktioniert."

Marcus Thuram von Borussia Mönchengladbach wählte im Spiel gegen den 1. FC Union Berlin (31. Mai) eine andere Art des Protestes. Nach seinem ersten Treffer für die Gladbacher in der Partie sank er auf das linke Knie und blickte zu Boden. Die Szene ist interpretationsfähig, allerdings war der Jubel regelkonform, also keine Angelegenheit für den Schiedsrichter.

"Ob es zu Sanktionen kommen muss, bleibt abzuwarten"

Ob und welche Sanktionen die Solidaritätsbekundungen der Spieler nach sich ziehen werden, muss der DFB-Kontrollausschuss klären. Dr. Rainer Koch, 1. DFB-Vizepräsident, stellt klar: "Der Kontrollausschuss hat nach DFB-Satzung die Aufgabe, die Einhaltung der Satzung und Ordnungen des DFB zu überwachen und bei Verstößen den Sachverhalt zu überprüfen. Dies geschieht nun auch bezüglich der Handlungen vom Wochenende. Bei diesen Überprüfungen geht es auch darum festzustellen, ob das Spiel und das Spielfeld der richtige Ort für diese Handlungen sind. International gilt, dass die unmittelbare Phase des Spiels frei bleiben soll von politischen Äußerungen und Botschaften jeder Art. Der sportlich-faire Wettkampf soll im Mittelpunkt stehen, vor und nach dem Anpfiff gibt es selbstverständlich Möglichkeiten für entsprechende Aktionen. Ob es in den vorliegenden Fällen zu Sanktionen kommen muss, bleibt abzuwarten."

Klar ist für Rainer Koch wie den DFB als größten Sportfachverband der Welt aber auch, dass die Werte Toleranz, Weltoffenheit und Vielfalt gelebt und unterstützt werden müssen. Das betont auch DFB-Präsident Fritz Keller, der Respekt und Verständnis für die Aktionen der Spieler deutlich macht: "Wenn Menschen aufgrund ihrer Hautfarbe diskriminiert werden, dann ist dies unerträglich. Wenn sie aufgrund ihrer Hautfarbe sterben, dann bin ich tief bestürzt. Die Opfer von Rassismus brauchen unser aller Solidarität. Dies ist mir im Treffen mit Opfern von Diskriminierungen sowie Vertreterinnen und Vertretern von Organisationen, die sich antisemitischer, muslimenfeindlicher oder rassistischer Anfeindungen erwehren müssen, einmal mehr bewusst geworden. Der DFB und der deutsche Fußball insgesamt zeigen durch ein breites Engagement immer wieder und in vielen Formen, Veranstaltungen und Facetten ihr klares NEIN zu Rassismus, Diskriminierung und jede Form von Gewalt. Ich habe großen Respekt vor Spielerinnen und Spielern, die Haltung haben und ihre Solidarität zeigen, solche mündigen Spielerinnen und Spieler wünsche ich mir, auf sie bin ich stolz. Moralisch kann ich die Aktionen am vergangenen Wochenende absolut verstehen. Was in den USA passiert ist, kann niemanden kalt lassen."

[dfb]

Nach dem gewaltsamen Tod des US-Amerikaners George Floyd in Minneapolis, Minnesota, kam es weltweit zu einem Aufschrei und zahlreichen Protestaktionen gegen Rassismus und Polizeigewalt. Auch in der Bundesliga war die Thematik am Wochenende präsent: Spieler wie Weston McKennie (FC Schalke 04), Marcus Thuram (Borussia Mönchengladbach), Jadon Sancho und Achraf Hakimi (beide Borussia Dortmund) bekundeten auf unterschiedliche Weise ihre Solidarität.

Die Aktionen fanden in der Öffentlichkeit viel Zustimmung. Diskutiert wurde indes die Ankündigung vom Samstag mit Blick auf die Armbinde von Weston McKennie mit der Aufschrift "Justice for George", dass der Kontrollausschuss des Deutschen Fußball-Bundes sich in den nächsten Tagen der Angelegenheit annehmen und den Sachverhalt prüfen wolle. Ebenfalls kritisiert wurde die Gelbe Karte für Dortmunds Jadon Sancho, nachdem dieser sein Trikot beim Torjubel ausgezogen hatte. Unter seinem Trikot trug er ein Shirt mit derselben Botschaft "Justice for George".

Der DFB möchte an dieser Stelle einen kurzen Überblick über die aktuelle Sachlage geben.

Im Spiel gegen den SV Werder Bremen am Samstag (30. Mai) trug Schalke-Spieler Weston McKennie eine Armbinde mit der Aufschrift "Justice for George". Warum soll hier eine Untersuchung durch den DFB-Kontrollausschuss erfolgen? In den vom zuständigen International Football Association Board (IFAB) verabschiedeten und vom DFB übernommenen Regeln zur Saison 2019/2020 heißt es unter anderem: "Die Ausrüstung darf keine politischen, religiösen oder persönlichen Slogans, Botschaften oder Bilder aufweisen. Spieler dürfen keine Unterwäsche mit politischen, religiösen oder persönlichen Slogans, Botschaften oder Bildern oder Werbeaufschriften mit Ausnahme des Herstellerlogos zur Schau stellen. Bei einem Verstoß gegen diese Bestimmung wird der Spieler und/oder das Team durch den Wettbewerbsorganisator, den nationalen Fußballverband oder die FIFA sanktioniert." Die Schiedsrichter müssen mögliche Verstöße gegen diese Regelung nicht ahnden. Die Untersuchung der Sachlage obliegt im Falle des DFB dem Kontrollausschuss.

Gelb für Sancho nach Regel Nummer zwölf

Gleiche Regel trifft auch auf die Spieler Jadon Sancho und Achraf Hakimi von Borussia Dortmund zu, die im Spiel gegen den SC Paderborn am Sonntag (31. Mai) ein Shirt mit der Aufschrift "Justice for George" unter ihrem Trikot trugen und dieses beim Torjubel zur Schau stellten. Doch warum wurde Jadon Sancho verwarnt? Die Gelbe Karte, die der Offensivmann der Dortmunder nach seinem Torjubel zum zwischenzeitlichen 2:0 sah, hatte nichts mit der Solidaritätsbekundung des Angreifers zu tun. Schiedsrichter Daniel Siebert handelte hier nach geltendem Regelwerk. Regel Nummer 12 ("Fouls und unsportliches Betragen") besagt, dass ein Spieler, der sein Trikot beim Torjubel auszieht oder über den Kopf zieht, wegen unsportlichen Betragens verwarnt wird. "Dies ist gemäß Regel Nr. 12 klar als regelwidriges Verhalten definiert und unabhängig von einer politischen Botschaft zu sehen", erklärt Lutz Michael Fröhlich, Sportlicher Leiter der Elite-Schiedsrichter beim DFB. "Es ist für die Schiedsrichter kaum möglich, im Spiel politische, religiöse oder persönliche Slogans, Botschaften oder Bilder zu erfassen. Anders verhält es sich beispielsweise bei der farblichen Überprüfung der Ausrüstung durch den Schiedsrichter. Sollte der Unparteiische politische oder religiöse Botschaften auf der Ausrüstung feststellen, wird ein Vermerk im Spielbericht vorgenommen. Ausgenommen sind Handlungen, die unmittelbar Auswirkungen auf das Spiel haben, wie zum Beispiel eine Verzögerung der Spielfortsetzung. Das wird vom Schiedsrichter dann mit Gelb sanktioniert."

Marcus Thuram von Borussia Mönchengladbach wählte im Spiel gegen den 1. FC Union Berlin (31. Mai) eine andere Art des Protestes. Nach seinem ersten Treffer für die Gladbacher in der Partie sank er auf das linke Knie und blickte zu Boden. Die Szene ist interpretationsfähig, allerdings war der Jubel regelkonform, also keine Angelegenheit für den Schiedsrichter.

"Ob es zu Sanktionen kommen muss, bleibt abzuwarten"

Ob und welche Sanktionen die Solidaritätsbekundungen der Spieler nach sich ziehen werden, muss der DFB-Kontrollausschuss klären. Dr. Rainer Koch, 1. DFB-Vizepräsident, stellt klar: "Der Kontrollausschuss hat nach DFB-Satzung die Aufgabe, die Einhaltung der Satzung und Ordnungen des DFB zu überwachen und bei Verstößen den Sachverhalt zu überprüfen. Dies geschieht nun auch bezüglich der Handlungen vom Wochenende. Bei diesen Überprüfungen geht es auch darum festzustellen, ob das Spiel und das Spielfeld der richtige Ort für diese Handlungen sind. International gilt, dass die unmittelbare Phase des Spiels frei bleiben soll von politischen Äußerungen und Botschaften jeder Art. Der sportlich-faire Wettkampf soll im Mittelpunkt stehen, vor und nach dem Anpfiff gibt es selbstverständlich Möglichkeiten für entsprechende Aktionen. Ob es in den vorliegenden Fällen zu Sanktionen kommen muss, bleibt abzuwarten."

Klar ist für Rainer Koch wie den DFB als größten Sportfachverband der Welt aber auch, dass die Werte Toleranz, Weltoffenheit und Vielfalt gelebt und unterstützt werden müssen. Das betont auch DFB-Präsident Fritz Keller, der Respekt und Verständnis für die Aktionen der Spieler deutlich macht: "Wenn Menschen aufgrund ihrer Hautfarbe diskriminiert werden, dann ist dies unerträglich. Wenn sie aufgrund ihrer Hautfarbe sterben, dann bin ich tief bestürzt. Die Opfer von Rassismus brauchen unser aller Solidarität. Dies ist mir im Treffen mit Opfern von Diskriminierungen sowie Vertreterinnen und Vertretern von Organisationen, die sich antisemitischer, muslimenfeindlicher oder rassistischer Anfeindungen erwehren müssen, einmal mehr bewusst geworden. Der DFB und der deutsche Fußball insgesamt zeigen durch ein breites Engagement immer wieder und in vielen Formen, Veranstaltungen und Facetten ihr klares NEIN zu Rassismus, Diskriminierung und jede Form von Gewalt. Ich habe großen Respekt vor Spielerinnen und Spielern, die Haltung haben und ihre Solidarität zeigen, solche mündigen Spielerinnen und Spieler wünsche ich mir, auf sie bin ich stolz. Moralisch kann ich die Aktionen am vergangenen Wochenende absolut verstehen. Was in den USA passiert ist, kann niemanden kalt lassen."

###more###