Julius Hirsch Preis 2020 für HAWAR.help

Für das Projekt "Scoring Girls", das sich an Mädchen aus geflüchteten und sozial beeinträchtigten Familien richtet, wird der Verein HAWAR.help mit dem Julius Hirsch Preis 2020 ausgezeichnet. Der Erfurter Verein Spirit of Football und die TSG-Akademie Hoffenheim erhalten den zweiten und dritten Preis für herausragende Kooperationsprojekte auf dem Feld der Erinnerungsarbeit im und durch den Fußball.

Seit 2005 ehrt der Deutsche Fußball-Bund (DFB) Vereine, Institutionen und Einzelpersonen, die sich gegen Antisemitismus und Diskriminierung einsetzen, mit dem Preis in Erinnerung an den 1943 in Auschwitz ermordeten Nationalspieler. Nie, so die Preisjury einhellig, war der Preis so wichtig wie heute.

"Die antisemitischen, rassistischen und neonazistischen Morde von Halle, Hanau und an Walter Lübcke unterstreichen die beklemmende Aktualität im 16. Jahr des Julius Hirsch Preises", so DFB-Präsident Fritz Keller. "Noch nie war es so wichtig, Flagge zu zeigen. Unsere Preisträger stehen für die große Mehrheit in der Gesellschaft und im Fußball, die sich gegen die spaltenden Kräfte, für Zusammenhalt und Wertebewusstsein einsetzen. Wenn ich all die großartigen Aktionen im und um den Fußball sehe - und das trotz Corona -, geht mir das Herz auf." 58 Bewerbungen waren beim DFB eingegangen, obwohl die Pandemie viele geplante Aktivitäten einstweilen gestoppt hatte.

Hawar.help e.V.: Einsatz für Menschenrechte weltweit

Auch das persönliche Zusammentreffen der Jury wurde durch die Pandemie verhindert. Das neunköpfige Gremium traf sich unter Vorsitz des DFB-Präsidenten vergangene Woche per Videokonferenz. Neben Charlotte Knobloch, Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern, und Eberhard Schulz, Sprecher der Initiative "!NieWieder", gehören ihr unter anderem auch Andreas und Julia Hirsch, Enkel und Ur-Enkelin von Julius Hirsch, an. Letztere nahm ebenso wie der vom DFB-Präsidium in Nachfolge von Dr. Reinhard Rauball neu berufene DFL-Geschäftsführer Christian Seifert erstmals an der Sitzung teil.

Der erste Preisträger, der Verein HAWAR.help, bietet mit seinem Projekt Scoring Girls seit 2016 in Köln Fußballtrainings und begleitende Programme für Mädchen mit und ohne Fluchterfahrung und vermittelt den Teilnehmerinnen dabei wichtige Impulse, um selbstbewusst und selbstbestimmt ihre Persönlichkeit, ihre Stärken und ihre Chancen entdecken und entwickeln zu können. Rund 60 Mädchen im Alter von acht bis 18 Jahren nehmen unter der Leitung der ehemaligen Bundesligaspielerin Tuğba Tekkal (unter anderem 1. FC Köln) daran teil.

Der von der Journalistin Düzen Tekkal gegründete Verein HAWAR.help hat sich zum Ziel gesetzt, auf den Genozid und die Menschenrechtsverletzungen an der jesidischen Glaubensgemeinschaft aufmerksam zu machen. Er setzt sich für Menschenrechte weltweit ein, in Krisenregionen, aber auch in Deutschland. Und hat damit, so die Jury, eine enge Verbindung zum Preis in Erinnerung an Julius Hirsch, der aufgrund seines Glaubens entrechtet, verfolgt, gedemütigt und ermordet wurde. "Düzen Tekkal ist eine starke Frau, die viele Menschen miteinander ins Gespräch gebracht hat", sagt Jurymitglied Dunja Hayali. "Sie vertritt alle Werte, die der Julius Hirsch Preis auszeichnen, unterstützen und fördern möchte." 

Spirit of Football: Geschichtsvermittlung zum Holocaust

Unter dem Titel "Fairplay?! Damals, heute, auf dem Platz und im Alltag" bietet der Verein Spirit of Football Workshops und Integrationskurse für Schüler*innen von weiterbildenden Schulen und für geflüchtete Menschen an. Seit 2019 liegt ein Schwerpunkt auf der ländlichen Region Thüringens. Am Beispiel von jüdischen Fußballerbiografien, unter anderen von Julius Hirsch, wird die Geschichtsvermittlung zum Holocaust mit eigenen Erfahrungen der Teilnehmenden und fußballspielerischen Elementen verbunden. Kooperationspartner ist der "Erinnerungsort Topf & Söhne - Die Ofenbauer von Auschwitz", ein 2011 gegründetes Museum und Lernort für Jugendliche in der Landeshauptstadt Thüringens. Die 1878 gegründete Firma Topf & Söhne in Erfurt hatte die Leichenverbrennungsöfen für das KZ Auschwitz, dem Todesort von Julius Hirsch, und andere Konzentrationslager gebaut.  

Der 18-minütige Kurzfilm "Zahor - erinnere dich", ein Gemeinschaftsprojekt der TSG-Akademie des Bundesligisten TSG Hoffenheim und von Centropa Deutschland, einem internationalen Verein zur Erforschung und Dokumentation jüdischen Lebens, wird von der Jury mit dem dritten Preis ausgezeichnet. Der 2018 in deutscher, hebräischer und englischer Sprache veröffentlichte Film erzählt die Geschichte der beiden Holocaust-Überlebenden Heinz (Menachem) und Manfred (Fred) Mayer aus Hoffenheim. Bereits vor knapp zehn Jahren begannen Jugendmannschaften der TSG, sich mit der Biografie der Brüder zu beschäftigen und hatten unter anderem einen Wanderweg in Erinnerung an die jüdische Geschichte der Region gestaltet. Sprecher des Films ist Ilay Elmkies, 20 Jahre alter israelischer Nationalspieler der TSG Hoffenheim.

Mehr als 1300 Bewerbungen seit 2005 

Julius "Juller" Hirsch zählte vor dem Ersten Weltkrieg zu den bekanntesten Fußballern in Deutschland. Der deutsche Nationalspieler jüdischen Glaubens wurde mit dem Karlsruher FV und der Spielvereinigung Fürth Deutscher Meister. Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten 1933 begann für Julius Hirsch - wie für Millionen weiterer Opfer der NS-Diktatur - ein Leidensweg, auf dem er gedemütigt, entrechtet und verfolgt wurde. Im März 1943 wurde Julius Hirsch in das Vernichtungslager Auschwitz deportiert und dort ermordet.

Der DFB verleiht den Julius Hirsch Preis seit dem Jahr 2005 und zeichnet damit Vereine, Institutionen und Einzelpersonen aus, die sich für Demokratie und Menschenwürde sowie gegen Antisemitismus, Rassismus und jede Form der Diskriminierung einsetzen. Seitdem gingen mehr als 1300 Bewerbungen ein, die das Engagement im deutschen Fußball eindrucksvoll belegen. Traditionell wird der Julius Hirsch Preis feierlich und in öffentlichem Rahmen vergeben. Aufgrund der Corona-Pandemie stehen Ort, Zeit und Form der Preisverleihung im Herbst 2020 noch nicht abschließend fest.

[tn]

Für das Projekt "Scoring Girls", das sich an Mädchen aus geflüchteten und sozial beeinträchtigten Familien richtet, wird der Verein HAWAR.help mit dem Julius Hirsch Preis 2020 ausgezeichnet. Der Erfurter Verein Spirit of Football und die TSG-Akademie Hoffenheim erhalten den zweiten und dritten Preis für herausragende Kooperationsprojekte auf dem Feld der Erinnerungsarbeit im und durch den Fußball.

Seit 2005 ehrt der Deutsche Fußball-Bund (DFB) Vereine, Institutionen und Einzelpersonen, die sich gegen Antisemitismus und Diskriminierung einsetzen, mit dem Preis in Erinnerung an den 1943 in Auschwitz ermordeten Nationalspieler. Nie, so die Preisjury einhellig, war der Preis so wichtig wie heute.

"Die antisemitischen, rassistischen und neonazistischen Morde von Halle, Hanau und an Walter Lübcke unterstreichen die beklemmende Aktualität im 16. Jahr des Julius Hirsch Preises", so DFB-Präsident Fritz Keller. "Noch nie war es so wichtig, Flagge zu zeigen. Unsere Preisträger stehen für die große Mehrheit in der Gesellschaft und im Fußball, die sich gegen die spaltenden Kräfte, für Zusammenhalt und Wertebewusstsein einsetzen. Wenn ich all die großartigen Aktionen im und um den Fußball sehe - und das trotz Corona -, geht mir das Herz auf." 58 Bewerbungen waren beim DFB eingegangen, obwohl die Pandemie viele geplante Aktivitäten einstweilen gestoppt hatte.

Hawar.help e.V.: Einsatz für Menschenrechte weltweit

Auch das persönliche Zusammentreffen der Jury wurde durch die Pandemie verhindert. Das neunköpfige Gremium traf sich unter Vorsitz des DFB-Präsidenten vergangene Woche per Videokonferenz. Neben Charlotte Knobloch, Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern, und Eberhard Schulz, Sprecher der Initiative "!NieWieder", gehören ihr unter anderem auch Andreas und Julia Hirsch, Enkel und Ur-Enkelin von Julius Hirsch, an. Letztere nahm ebenso wie der vom DFB-Präsidium in Nachfolge von Dr. Reinhard Rauball neu berufene DFL-Geschäftsführer Christian Seifert erstmals an der Sitzung teil.

Der erste Preisträger, der Verein HAWAR.help, bietet mit seinem Projekt Scoring Girls seit 2016 in Köln Fußballtrainings und begleitende Programme für Mädchen mit und ohne Fluchterfahrung und vermittelt den Teilnehmerinnen dabei wichtige Impulse, um selbstbewusst und selbstbestimmt ihre Persönlichkeit, ihre Stärken und ihre Chancen entdecken und entwickeln zu können. Rund 60 Mädchen im Alter von acht bis 18 Jahren nehmen unter der Leitung der ehemaligen Bundesligaspielerin Tuğba Tekkal (unter anderem 1. FC Köln) daran teil.

Der von der Journalistin Düzen Tekkal gegründete Verein HAWAR.help hat sich zum Ziel gesetzt, auf den Genozid und die Menschenrechtsverletzungen an der jesidischen Glaubensgemeinschaft aufmerksam zu machen. Er setzt sich für Menschenrechte weltweit ein, in Krisenregionen, aber auch in Deutschland. Und hat damit, so die Jury, eine enge Verbindung zum Preis in Erinnerung an Julius Hirsch, der aufgrund seines Glaubens entrechtet, verfolgt, gedemütigt und ermordet wurde. "Düzen Tekkal ist eine starke Frau, die viele Menschen miteinander ins Gespräch gebracht hat", sagt Jurymitglied Dunja Hayali. "Sie vertritt alle Werte, die der Julius Hirsch Preis auszeichnen, unterstützen und fördern möchte." 

Spirit of Football: Geschichtsvermittlung zum Holocaust

Unter dem Titel "Fairplay?! Damals, heute, auf dem Platz und im Alltag" bietet der Verein Spirit of Football Workshops und Integrationskurse für Schüler*innen von weiterbildenden Schulen und für geflüchtete Menschen an. Seit 2019 liegt ein Schwerpunkt auf der ländlichen Region Thüringens. Am Beispiel von jüdischen Fußballerbiografien, unter anderen von Julius Hirsch, wird die Geschichtsvermittlung zum Holocaust mit eigenen Erfahrungen der Teilnehmenden und fußballspielerischen Elementen verbunden. Kooperationspartner ist der "Erinnerungsort Topf & Söhne - Die Ofenbauer von Auschwitz", ein 2011 gegründetes Museum und Lernort für Jugendliche in der Landeshauptstadt Thüringens. Die 1878 gegründete Firma Topf & Söhne in Erfurt hatte die Leichenverbrennungsöfen für das KZ Auschwitz, dem Todesort von Julius Hirsch, und andere Konzentrationslager gebaut.  

Der 18-minütige Kurzfilm "Zahor - erinnere dich", ein Gemeinschaftsprojekt der TSG-Akademie des Bundesligisten TSG Hoffenheim und von Centropa Deutschland, einem internationalen Verein zur Erforschung und Dokumentation jüdischen Lebens, wird von der Jury mit dem dritten Preis ausgezeichnet. Der 2018 in deutscher, hebräischer und englischer Sprache veröffentlichte Film erzählt die Geschichte der beiden Holocaust-Überlebenden Heinz (Menachem) und Manfred (Fred) Mayer aus Hoffenheim. Bereits vor knapp zehn Jahren begannen Jugendmannschaften der TSG, sich mit der Biografie der Brüder zu beschäftigen und hatten unter anderem einen Wanderweg in Erinnerung an die jüdische Geschichte der Region gestaltet. Sprecher des Films ist Ilay Elmkies, 20 Jahre alter israelischer Nationalspieler der TSG Hoffenheim.

Mehr als 1300 Bewerbungen seit 2005 

Julius "Juller" Hirsch zählte vor dem Ersten Weltkrieg zu den bekanntesten Fußballern in Deutschland. Der deutsche Nationalspieler jüdischen Glaubens wurde mit dem Karlsruher FV und der Spielvereinigung Fürth Deutscher Meister. Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten 1933 begann für Julius Hirsch - wie für Millionen weiterer Opfer der NS-Diktatur - ein Leidensweg, auf dem er gedemütigt, entrechtet und verfolgt wurde. Im März 1943 wurde Julius Hirsch in das Vernichtungslager Auschwitz deportiert und dort ermordet.

Der DFB verleiht den Julius Hirsch Preis seit dem Jahr 2005 und zeichnet damit Vereine, Institutionen und Einzelpersonen aus, die sich für Demokratie und Menschenwürde sowie gegen Antisemitismus, Rassismus und jede Form der Diskriminierung einsetzen. Seitdem gingen mehr als 1300 Bewerbungen ein, die das Engagement im deutschen Fußball eindrucksvoll belegen. Traditionell wird der Julius Hirsch Preis feierlich und in öffentlichem Rahmen vergeben. Aufgrund der Corona-Pandemie stehen Ort, Zeit und Form der Preisverleihung im Herbst 2020 noch nicht abschließend fest.

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