Jürgen Klinsmann: "Für uns war die WM eine unglaubliche Erfahrung"

Das vom Fußball-Weltverband (FIFA) und der Europäischen Fußball-Union (UEFA) organisierte Fußball-Symposium in Berlin wartete am Dienstag mit einer Überraschung auf. Der frühere Bundestrainer Jürgen Klinsmann wurde per Videoübertragung live zugeschaltet und begrüßte die anwesenden 52 Nationaltrainer und die über 200 Fußball-Experten. Der Technische Direktor der UEFA, Andy Roxburgh, schaltete den 42-Jährigen in die regen Diskussionen mit ein und führte mit dem in den USA lebenden Klinsmann ein aktuelles Interview.

Frage: Herr Klinsmann, was machen Sie zurzeit?

Jürgen Klinsmann: Ich bin inzwischen zurück im normalen Leben. Ich kümmere mich mit meinen amerikanischen Partnern um meine Firma soccersolutions und bringe meine Kinder in die Schule.

Frage: Wie ist denn Ihr Eindruck von der Weltmeisterschaft im Allgemeinen?

Klinsmann: Wir haben alle eine wundervolle WM erlebt. Mit der Einführung des Public Viewing konnten Fans auf der ganzen Welt am Turnier teilnehmen. Es war für alle Zuschauer ein völlig neues Gefühl, ein Teil des Spiels zu sein.

Frage: Wie beurteilen Sie die WM vom technischen Standpunkt aus?

Klinsmann: Das spielerische Niveau hätte besser sein können. Mannschaften wie Argentinien oder Brasilien, die sehr gut ausgebildete Einzelspieler mit hohem individuellen Können in ihren Teams hatten, haben den Einzug ins Halbfinale leider verpasst.

Frage: Was für eine Bedeutung hat die WM für Deutschland als Gastgeber?

Klinsmann: Für uns war die WM ein riesiger Imagegewinn. Deutschland hat sich während der vier Wochen beinahe neu entdeckt. Die ganze Welt hat gesehen, dass auch die Deutschen fröhliche und freundliche Gastgeber sein können. Für uns alle war es eine unglaubliche Erfahrung.

Frage: Die deutsche Nationalmannschaft hat mit ihrer Spielweise nicht nur die eigenen Fans begeistert. Was steckt hinter diesem System?

Klinsmann: Das Spielsystem sollte unser Selbstverständnis ausdrücken. Wir wollten einen offensiven und aktiven Stil praktizieren. Anders als beispielsweise Italien, das auf Veränderungen während des Spiels schnell reagieren konnte, war es unsere Absicht, den Gegner schon zu Spielbeginn zu überraschen.

Frage: Wie war die tägliche Arbeit mit der deutschen Nationalmannschaft?

Klinsmann: Wir haben gewusst, dass wir im spielerischen und taktischen Bereich Nachholbedarf hatten. Daher hatte die Fitness unserer Mannschaft oberste Priorität. Wir haben den Spielern vermitteln können, dass eine WM im eigenen Land eine einzigartige Möglichkeit ist. Daher waren unsere Jungs auch bereit, zusätzlich zum Vereinstraining Sonderschichten einzulegen.

Frage: Was haben Sie für Ihre zukünftige Trainingsarbeit mitgenommen und wie sehen Sie die Zukunft des Fußballs?

Klinsmann: Ich hatte das Glück, bei großen Kollegen lernen zu können, wie beispielsweise Carlos Alberto Parreira, den ich in Brasilien besuchen konnte. Ich habe jeden Tag etwas Neues gelernt. Trotzdem sehe ich mich als jungen und unerfahrenen Trainer, der den routinierten Kollegen keine Ratschläge geben kann. Was die Zukunft des Fußballs angeht, so glaube ich, dass es auf die individuelle Stärke der Spieler ankommt. Daher sollten wir darauf auch das Augenmerk legen, sie fördern und sie weniger in vorgefertigte Systeme pressen.

Frage: Wie sieht es mit Ihrer persönlichen Zukunft aus?

Klinsmann: Derzeit bin ich froh, wieder ein normales Leben führen zu können. Aber vielleicht kehre ich früher oder später wieder auf die Trainerbank zurück. Wer weiß, vielleicht bin ich 2010 in Südafrika wieder dabei (lacht). [mg/ar]


[bild2]Das vom Fußball-Weltverband (FIFA) und der Europäischen Fußball-Union (UEFA) organisierte Fußball-Symposium in Berlin wartete am Dienstag mit einer Überraschung auf. Der frühere Bundestrainer Jürgen Klinsmann wurde per Videoübertragung live zugeschaltet und begrüßte die anwesenden 52 Nationaltrainer und die über 200 Fußball-Experten. Der Technische Direktor der UEFA, Andy Roxburgh, schaltete den 42-Jährigen in die regen Diskussionen mit ein und führte mit dem in den USA lebenden Klinsmann ein aktuelles Interview.



Frage: Herr Klinsmann, was machen Sie zurzeit?



Jürgen Klinsmann: Ich bin inzwischen zurück im normalen Leben. Ich kümmere mich mit meinen amerikanischen Partnern um meine Firma soccersolutions und bringe meine Kinder in die Schule.



Frage: Wie ist denn Ihr Eindruck von der Weltmeisterschaft im Allgemeinen?



Klinsmann: Wir haben alle eine wundervolle WM erlebt. Mit der Einführung des Public Viewing konnten Fans auf der ganzen Welt am Turnier teilnehmen. Es war für alle Zuschauer ein völlig neues Gefühl, ein Teil des Spiels zu sein.



Frage: Wie beurteilen Sie die WM vom technischen Standpunkt aus?



Klinsmann: Das spielerische Niveau hätte besser sein können. Mannschaften wie Argentinien oder Brasilien, die sehr gut ausgebildete Einzelspieler mit hohem individuellen Können in ihren Teams hatten, haben den Einzug ins Halbfinale leider verpasst.



Frage: Was für eine Bedeutung hat die WM für Deutschland als Gastgeber?


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Klinsmann: Für uns war die WM ein riesiger Imagegewinn. Deutschland hat sich während der vier Wochen beinahe neu entdeckt. Die ganze Welt hat gesehen, dass auch die Deutschen fröhliche und freundliche Gastgeber sein können. Für uns alle war es eine unglaubliche Erfahrung.



Frage: Die deutsche Nationalmannschaft hat mit ihrer Spielweise nicht nur die eigenen Fans begeistert. Was steckt hinter diesem System?



Klinsmann: Das Spielsystem sollte unser Selbstverständnis ausdrücken. Wir wollten einen offensiven und aktiven Stil praktizieren. Anders als beispielsweise Italien, das auf Veränderungen während des Spiels schnell reagieren konnte, war es unsere Absicht, den Gegner schon zu Spielbeginn zu überraschen.



Frage: Wie war die tägliche Arbeit mit der deutschen Nationalmannschaft?



Klinsmann: Wir haben gewusst, dass wir im spielerischen und taktischen Bereich Nachholbedarf hatten. Daher hatte die Fitness unserer Mannschaft oberste Priorität. Wir haben den Spielern vermitteln können, dass eine WM im eigenen Land eine einzigartige Möglichkeit ist. Daher waren unsere Jungs auch bereit, zusätzlich zum Vereinstraining Sonderschichten einzulegen.



Frage: Was haben Sie für Ihre zukünftige Trainingsarbeit mitgenommen und wie sehen Sie die Zukunft des Fußballs?



Klinsmann: Ich hatte das Glück, bei großen Kollegen lernen zu können, wie beispielsweise Carlos Alberto Parreira, den ich in Brasilien besuchen konnte. Ich habe jeden Tag etwas Neues gelernt. Trotzdem sehe ich mich als jungen und unerfahrenen Trainer, der den routinierten Kollegen keine Ratschläge geben kann. Was die Zukunft des Fußballs angeht, so glaube ich, dass es auf die individuelle Stärke der Spieler ankommt. Daher sollten wir darauf auch das Augenmerk legen, sie fördern und sie weniger in vorgefertigte Systeme pressen.



Frage: Wie sieht es mit Ihrer persönlichen Zukunft aus?



Klinsmann: Derzeit bin ich froh, wieder ein normales Leben führen zu können. Aber vielleicht kehre ich früher oder später wieder auf die Trainerbank zurück. Wer weiß, vielleicht bin ich 2010 in Südafrika wieder dabei (lacht).