Jonathan Tah: Hoch hinaus

In Hamburg begann der heute 23-jährige Jonathan Tah einst mit dem Fußball. Am Freitag (ab 20.45 Uhr, live bei RTL) kehrt er für das EM-Qualifikationsspiel gegen die Niederlande zurück: als Bundesligaspieler, als Kapitän des U 21-Vizeeuropameisters. Und als einer, der sich als Stammkraft in der deutschen Nationalmannschaft beweisen möchte.

Wenn man ihn trifft, ist man immer wieder beeindruckt. 195 Zentimeter Fußballprofi sind eine Seltenheit im Fußballgeschäft, Jonathan Tah ist eine Erscheinung. Und wenn man mit ihm spricht, dann merkt man, dass die Zeiten vorbei sein könnten, in denen der junge Abwehrspieler nur irgendwie dabei sein wollte, lernen wollte, wachsen wollte – ohne die Ansprüche vor sich herzutragen.

Sein Anspruch sei es immer, sich zu entwickeln, sagt Tah. Schneller und aggressiver zu werden. Besser, zweikampfhärter. Und noch verlässlicher. "Das gilt sowohl im Verein als auch in der Nationalmannschaft. Früher war es immer mein Ziel, mich im Verein so gut zu präsentieren, dass ich vom DFB eingeladen werde. Und noch immer bin ich sehr glücklich, wenn ich dabei bin", sagt er auch vor diesem Länderspiel gegen die Niederlande in seiner Geburtsstadt Hamburg, das die Nationalmannschaft ein Stück weiterbringen soll auf dem Weg zur paneuropäischen EM. Aber Tah geht jetzt einen Schritt weiter: "Ich will nun mit meinen Leistungen dafür sorgen, dass der Bundestrainer nicht mehr an mir vorbeikommt. So ambitioniert bin ich."

"Ich bin nie komplett zufrieden"

Die Neuordnung im Team von Bundestrainer Joachim Löw soll ihn nicht übersehen. Nach der verpatzten WM 2018 in Russland, die Tah nur als Zuschauer erlebte, nachdem er nach dem Trainingslager in Eppan aussortiert worden war, werden die Karten neu gemischt. Tah ist immer noch jung, aber er hat seine Erfahrungen gemacht. Schon bei der EM 2016 in Frankreich stand er im Kader der A-Nationalmannschaft, damals war er gerade 20 Jahre alt - Antonio Rüdiger hatte sich am Kreuzband verletzt. Und Tah war sofort zur Stelle, blieb aber ohne Einsatz.

Jetzt, zwei Turniere später, will er sich etablieren. "Grundsätzlich bin ich sehr dankbar für den Weg, den ich in den vergangenen Jahren gehen durfte. Für einen Verein wie Leverkusen zu spielen, das Trikot der Nationalmannschaft tragen zu dürfen – all das weiß ich schon sehr zu schätzen", sagt er. "Darüber hinaus bin ich aber auch Leistungssportler. Ich bin sehr ehrgeizig und eigentlich nie komplett zufrieden. Deshalb arbeite ich hart an mir."

Man sieht es ihm an. Wieder ist er noch athletischer geworden. Drahtiger. Die Zeit unter dem niederländischen Trainer Peter Bosz scheint ihm gutzutun. Jetzt steht er höher, ist die Sicherung im Leverkusener Offensivspiel. Der, auf den es ankommt, wenn Bosz mit seiner neu verankerten offensiven Spielidee das Risiko sucht. Tah kommt das entgegen. Er hat das Gefühl für den Raum, sichert ab, gibt auch viel öfter den Spieleröffner mit kurzen Wegen in die Offensive. "Er hat in der Rückrunde große Schritte nach vorne gemacht", sagt Leverkusens Sportdirektor Simon Rolfes. Bis 2023 steht Tah dort unter Vertrag.

Und gleich danach ging es weiter für ihn. Tah sollte sich weiterentwickeln, der DFB hatte sich entschlossen, den Hünen zu den Stützen der U 21-Nationalmannschaft für die EM zu machen. Als Kapitän. Es ging für die Auswahl von Trainer Stefan Kuntz bis ins Finale, erst dort unterlag das deutsche Team Spanien 1:2. "Dort das Finale erreicht zu haben, war schon eine klasse Leistung, die nicht selbstverständlich ist. Immerhin sind Favoriten wie Italien vorzeitig auf der Strecke geblieben", sagt Tah, der Kuntz einen "großen Anteil" am Erfolg des Nachwuchses zuschreibt. "Stefan Kuntz hat einen sehr guten Draht zu uns Spielern gefunden und uns sehr gut auf die Spiele vorbereitet. Das Vertrauen zwischen Mannschaft und Trainerstab war sehr groß. Dass es am Ende nicht zum Titel gereicht hat, ärgert mich schon. Wenn man so weit kommt, möchte man natürlich auch gewinnen", sagt er. Und denkt wieder weiter: "Vielleicht habe ich ja noch einmal die Chance, mit dem DFB etwas Glänzendes in den Händen zu halten." Er habe alles selbst in der Hand, findet Tah – ganz Leistungssportler. "Wenn ich meine Leistungen im Verein bringe, dann werde ich auch meine Chancen in der Nationalmannschaft erhalten."

"Jérôme Boateng war schon immer ein Vorbild für mich"

Sein Vorbild ist Jérôme Boateng, der Weltmeister von 2014. Ein Spieler, zu dem Tah aufschaut, auch wenn Boateng drei Zentimeter kleiner ist als Tah selbst. "Ich habe sehr großen Respekt vor ihm und seiner Karriere, er war schon immer ein Vorbild für mich", sagt Tah. "Dabei schätze ich ihn als Spieler, aber auch als Menschen." Beide spielten einst beim Hamburger SV, freilich in verschiedenen Zeiten, wuchsen dort und zogen weiter. Beide spielten auch zusammen im DFB-Team. "Er spricht viel mit mir und hilft mir", hat Tah einmal über Boateng gesagt. Jetzt ist der nicht mehr dabei und Tah die Zukunft. Mit täglicher Arbeit an seiner Entwicklung.

Alles kann immer noch besser werden. "Für meinen Offensivkopfball kann ich sicherlich noch einiges tun. Abgesehen davon arbeite ich daran, noch aggressiver auf dem Platz zu sein und konsequent nach vorne zu verteidigen. Das ist für unseren Spielstil unter Peter Bosz von entscheidender Bedeutung", sagt Tah. Und seine Stärken? "Auch die sollte man fortwährend trainieren", sagt er, ohne sie zu nennen. "Wenn du der Meinung bist, dass du nichts mehr verbessern kannst, dann solltest du mit dem Profifußball aufhören."

[dfb]

In Hamburg begann der heute 23-jährige Jonathan Tah einst mit dem Fußball. Am Freitag (ab 20.45 Uhr, live bei RTL) kehrt er für das EM-Qualifikationsspiel gegen die Niederlande zurück: als Bundesligaspieler, als Kapitän des U 21-Vizeeuropameisters. Und als einer, der sich als Stammkraft in der deutschen Nationalmannschaft beweisen möchte.

Wenn man ihn trifft, ist man immer wieder beeindruckt. 195 Zentimeter Fußballprofi sind eine Seltenheit im Fußballgeschäft, Jonathan Tah ist eine Erscheinung. Und wenn man mit ihm spricht, dann merkt man, dass die Zeiten vorbei sein könnten, in denen der junge Abwehrspieler nur irgendwie dabei sein wollte, lernen wollte, wachsen wollte – ohne die Ansprüche vor sich herzutragen.

Sein Anspruch sei es immer, sich zu entwickeln, sagt Tah. Schneller und aggressiver zu werden. Besser, zweikampfhärter. Und noch verlässlicher. "Das gilt sowohl im Verein als auch in der Nationalmannschaft. Früher war es immer mein Ziel, mich im Verein so gut zu präsentieren, dass ich vom DFB eingeladen werde. Und noch immer bin ich sehr glücklich, wenn ich dabei bin", sagt er auch vor diesem Länderspiel gegen die Niederlande in seiner Geburtsstadt Hamburg, das die Nationalmannschaft ein Stück weiterbringen soll auf dem Weg zur paneuropäischen EM. Aber Tah geht jetzt einen Schritt weiter: "Ich will nun mit meinen Leistungen dafür sorgen, dass der Bundestrainer nicht mehr an mir vorbeikommt. So ambitioniert bin ich."

"Ich bin nie komplett zufrieden"

Die Neuordnung im Team von Bundestrainer Joachim Löw soll ihn nicht übersehen. Nach der verpatzten WM 2018 in Russland, die Tah nur als Zuschauer erlebte, nachdem er nach dem Trainingslager in Eppan aussortiert worden war, werden die Karten neu gemischt. Tah ist immer noch jung, aber er hat seine Erfahrungen gemacht. Schon bei der EM 2016 in Frankreich stand er im Kader der A-Nationalmannschaft, damals war er gerade 20 Jahre alt - Antonio Rüdiger hatte sich am Kreuzband verletzt. Und Tah war sofort zur Stelle, blieb aber ohne Einsatz.

Jetzt, zwei Turniere später, will er sich etablieren. "Grundsätzlich bin ich sehr dankbar für den Weg, den ich in den vergangenen Jahren gehen durfte. Für einen Verein wie Leverkusen zu spielen, das Trikot der Nationalmannschaft tragen zu dürfen – all das weiß ich schon sehr zu schätzen", sagt er. "Darüber hinaus bin ich aber auch Leistungssportler. Ich bin sehr ehrgeizig und eigentlich nie komplett zufrieden. Deshalb arbeite ich hart an mir."

Man sieht es ihm an. Wieder ist er noch athletischer geworden. Drahtiger. Die Zeit unter dem niederländischen Trainer Peter Bosz scheint ihm gutzutun. Jetzt steht er höher, ist die Sicherung im Leverkusener Offensivspiel. Der, auf den es ankommt, wenn Bosz mit seiner neu verankerten offensiven Spielidee das Risiko sucht. Tah kommt das entgegen. Er hat das Gefühl für den Raum, sichert ab, gibt auch viel öfter den Spieleröffner mit kurzen Wegen in die Offensive. "Er hat in der Rückrunde große Schritte nach vorne gemacht", sagt Leverkusens Sportdirektor Simon Rolfes. Bis 2023 steht Tah dort unter Vertrag.

Und gleich danach ging es weiter für ihn. Tah sollte sich weiterentwickeln, der DFB hatte sich entschlossen, den Hünen zu den Stützen der U 21-Nationalmannschaft für die EM zu machen. Als Kapitän. Es ging für die Auswahl von Trainer Stefan Kuntz bis ins Finale, erst dort unterlag das deutsche Team Spanien 1:2. "Dort das Finale erreicht zu haben, war schon eine klasse Leistung, die nicht selbstverständlich ist. Immerhin sind Favoriten wie Italien vorzeitig auf der Strecke geblieben", sagt Tah, der Kuntz einen "großen Anteil" am Erfolg des Nachwuchses zuschreibt. "Stefan Kuntz hat einen sehr guten Draht zu uns Spielern gefunden und uns sehr gut auf die Spiele vorbereitet. Das Vertrauen zwischen Mannschaft und Trainerstab war sehr groß. Dass es am Ende nicht zum Titel gereicht hat, ärgert mich schon. Wenn man so weit kommt, möchte man natürlich auch gewinnen", sagt er. Und denkt wieder weiter: "Vielleicht habe ich ja noch einmal die Chance, mit dem DFB etwas Glänzendes in den Händen zu halten." Er habe alles selbst in der Hand, findet Tah – ganz Leistungssportler. "Wenn ich meine Leistungen im Verein bringe, dann werde ich auch meine Chancen in der Nationalmannschaft erhalten."

"Jérôme Boateng war schon immer ein Vorbild für mich"

Sein Vorbild ist Jérôme Boateng, der Weltmeister von 2014. Ein Spieler, zu dem Tah aufschaut, auch wenn Boateng drei Zentimeter kleiner ist als Tah selbst. "Ich habe sehr großen Respekt vor ihm und seiner Karriere, er war schon immer ein Vorbild für mich", sagt Tah. "Dabei schätze ich ihn als Spieler, aber auch als Menschen." Beide spielten einst beim Hamburger SV, freilich in verschiedenen Zeiten, wuchsen dort und zogen weiter. Beide spielten auch zusammen im DFB-Team. "Er spricht viel mit mir und hilft mir", hat Tah einmal über Boateng gesagt. Jetzt ist der nicht mehr dabei und Tah die Zukunft. Mit täglicher Arbeit an seiner Entwicklung.

Alles kann immer noch besser werden. "Für meinen Offensivkopfball kann ich sicherlich noch einiges tun. Abgesehen davon arbeite ich daran, noch aggressiver auf dem Platz zu sein und konsequent nach vorne zu verteidigen. Das ist für unseren Spielstil unter Peter Bosz von entscheidender Bedeutung", sagt Tah. Und seine Stärken? "Auch die sollte man fortwährend trainieren", sagt er, ohne sie zu nennen. "Wenn du der Meinung bist, dass du nichts mehr verbessern kannst, dann solltest du mit dem Profifußball aufhören."

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