Jonathan Tah: "Der Weg ins Finale ist nicht mehr lang"

Nationalspieler Jonathan Tah blickt mit Bayer 04 Leverkusen dem Viertelfinale gegen den VfB Stuttgart heute (ab 20.45 Uhr, live in der ARD und bei Sky) entgegen. Im DFB.de-Interview spricht der 27 Jahre alte Innenverteidiger mit Mitarbeiter Oliver Jensen über den Weg ins Pokalfinale, Bayer-Trainer Xabi Alonso und die EURO in Deutschland.

DFB.de: Herr Tah, wie präsent ist der Gedanke, dass Sie nur noch zwei Siege vom DFB-Pokalfinale in Berlin trennen?

Jonathan Tah: Uns allen ist bewusst, wie weit wir jetzt sind und dass der Weg bis ins Finale nicht mehr lang ist. Dementsprechend konzentriert werden wir natürlich auch in unser nächstes Spiel reingehen.

DFB.de: Der Gegner im Viertelfinale ist der VfB Stuttgart. In der Bundesliga sind beide Teams zuletzt Mitte Dezember aufeinandergetroffen, es ging 1:1 aus. Was für einen Eindruck haben Sie vom VfB Stuttgart in dieser Saison?

Tah: Stuttgart spielt eine Topsaison und ist Topform. Ich glaube, dass die mannschaftliche Abstimmung beim VfB gerade sehr, sehr gut funktioniert. Wir hatten in der Bundesliga ein schwieriges Spiel gegen Stuttgart. In der ersten Halbzeit hatten wir Probleme, in der zweiten haben wir es dann aber geschafft, unser Spiel durchzudrücken. Jetzt wollen wir es hier zu Hause von Anfang an so angehen, genauso dominieren und natürlich am Ende gewinnen.

DFB.de: Kennen Sie Ihre persönliche Bilanz gegen den VfB Stuttgart?

Tah: Nein. 

DFB.de: Sie haben bislang zwölfmal gegen den VfB gespielt, neunmal gewonnen und dreimal Unentschieden gespielt - also noch nie verloren. Demzufolge müssten Sie mit einem guten Gefühl ins Spiel gegen Stuttgart gehen…

Tah: (grinst) Ich wusste nicht, dass die Statistik so ist. Aber auf solchen Daten habe ich mich noch nie ausgeruht…

DFB.de: Titelverteidiger RB Leipzig sowie Bayern München und Borussia Dortmund sind bereits aus dem DFB-Pokal ausgeschieden. Ist die Chance auf den DFB-Pokalsieg in diesem Jahr dadurch besonders groß?

Tah: Einige Hochkaräter sind nun bereits ausgeschieden, das stimmt. Aber auf der anderen Seite treffen wir nun auch auf eine sehr gute Mannschaft, wir haben ja gerade darüber gesprochen. Man hat im DFB-Pokal immer eine Chance, weil es eben ein Wettbewerb mit K.o.-System ist und immer nur der Sieger weiterkommt. Ein guter Lauf hilft dir nicht, wenn du an diesem einen Tag nicht da bist. Dann bist du raus.

DFB.de: Was sagt das über den Wettbewerb aus, wenn mit Leverkusen, Stuttgart und Borussia Mönchengladbach nur noch drei Bundesligisten im Viertelfinale vertreten sind?

Tah: Das sagt aus, dass die anderen Bundesligisten an diesem einen Tag eben nicht da waren. Es zeigt, dass auch für kleinere Teams immer die Chance auf ein Weiterkommen besteht. Das kann ganz unterschiedliche Gründe haben. Der Heimvorteil kann eine Rolle spielen. Und es gibt auch Tage, an denen die vermeintlich bessere Mannschaft nicht so gut drauf ist und die andere Mannschaft, die möglicherweise zwei, drei Ligen niedriger spielt, in einer Topverfassung aufläuft. Deswegen ist dieser Wettbewerb so unberechenbar.

DFB.de: Können Sie sich noch daran erinnern, dass Sie Ihr erstes Pflichtspiel im Profifußball im DFB-Pokal bestritten? Sie waren gerade einmal 17 Jahre, fünf Monate und 23 Tage alt, als Sie im August 2013 in der ersten Pokalrunde mit dem Hamburger SV gegen den SV Schott Jena in der 83. Spielminute für Heiko Westermann eingewechselt wurden. Das Spiel endete mit einem 4:0. Welche Erinnerungen haben Sie daran noch?

Tah: Stimmt, das war mein erstes Spiel. Wenn man so jung ist, ist man natürlich extrem nervös. Ich war damals darauf fokussiert, bloß keinen blöden Fehler zu machen, weil wir in diesem Spiel der Favorit waren, von dem natürlich mehr erwartet wurde. Das ist eine besondere Erinnerung für mich. Gerade auch, weil ich für so eine Vereinslegende wie Heiko Westermann eingewechselt wurde. Ich kann mich auch noch gut daran erinnern, dass ich im Pokalspiel darauf gegen die SpVgg Greuther Fürth in der Startelf stand. Das war damals das zweite Mal in meiner Karriere.

DFB.de: Nun sind Sie ein erfahrener Bundesligaprofi und Nationalspieler. Was macht für Sie den Reiz des DFB-Pokals aus? Fühlen sich Pokalspiele für Sie anders an als Bundesligaspiele?

Tah: Auf jeden Fall. Die Pokalspiele haben einen eigenen Charakter, weil der Wettbewerb eben so unberechenbar ist. Am Ende gibt es immer einen Sieger.

DFB.de: Bayer Leverkusen gewann zuletzt 1993, also drei Jahre vor Ihrer Geburt, mit dem DFB-Pokal einen Titel. Nun sind Sie mit dem Pokal, der Meisterschaft und Europa League in gleich drei Wettbewerben aussichtsreich vertreten. Wie zuversichtlich sind Sie, dass diese Saison mit zumindest einem Titelgewinn erfolgreich enden wird?

Tah: Das wird man am Ende sehen. Unsere Stärke ist, dass wir uns ausschließlich auf das Hier und Jetzt fokussieren. Wir konzentrieren uns darauf, was wir mit Blick auf das kommende Spiel gut machen können, jede Woche aufs Neue. Wenn wir genau das beibehalten und nicht zu viel darüber nachdenken, was am Ende der Saison passieren kann und wo wir dann stehen, ist die Wahrscheinlichkeit höher, erfolgreich zu sein. Aber das funktioniert nur, wenn wir uns auf das Wesentliche fokussieren und so viel wie möglich von außen ausblenden.

DFB.de: Gibt es einen Titel, den Sie am liebsten gewinnen würden?

Tah: Nein, eigentlich nicht. Titel sind immer etwas Schönes.

DFB.de: Nur vier Tage nach dem DFB-Pokalviertelfinale findet das Topspiel in der Bundesliga gegen den FC Bayern statt. Ist es ein Nachteil, wenn man vier Tage zuvor noch ein Pokalspiel zu bestreiten hat, während der Gegner sich voll auf das Bundesligaspiel fokussieren kann?

Tah: Ich glaube, das spielt keine so große Rolle. Körperlich ist das überhaupt kein Problem. Das hängt eigentlich alles nur von der mentalen Frische ab, und die haben wir. Ich glaube sogar, dass es positiv für uns sein kann, weil wir einfach im Rhythmus sind und ein Spiel mehr haben, um uns auf dieses Topspiel gegen Bayern vorzubereiten.

DFB.de: Trainer Xabi Alonso hatte Ihre Mannschaft im Oktober 2022 übernommen, als der Verein auf einem Abstiegsplatz stand. Seitdem entwickelte sich Bayer Leverkusen zu einer echten Topmannschaft. Was zeichnet ihn als Trainer aus?   

Tah: Als er hierhergekommen ist, steckten wir in einer relativ schwierigen Phase. Er hatte erst mal dafür gesorgt, dass wir als Mannschaft defensiv deutlich stabiler stehen. Bevor wir uns überhaupt um den offensiven Part gekümmert haben, war das der Fokus, weil wir einfach zu viele Gegentote bekommen und als Mannschaft nicht gut verteidigt hatten. Das war die Basis, denn wir gewinnen keine Spiele, wenn wir defensiv als Mannschaft nicht gut stehen. In der vergangenen Sommerpause hatten wir dann mehr Zeit, um an den anderen Dingen zu arbeiten.

DFB.de: Zum Beispiel?

Tah: An unserer dominanten Spielweise. Dabei geht es nicht nur darum, viel Ballbesitz zu haben, sondern auch schon die letzte Linie zu attackieren und dadurch zu Tormöglichkeiten zu kommen. Das Besondere an Xabi Alonso ist vielleicht die Art und Weise, wie er uns das auf dem Platz vermittelt. Er war vor nicht allzu langer Zeit ja selbst noch ein Spieler, daher kann er uns ganz konkret demonstrieren, was er möchte. Er hatte als Spieler die Fähigkeiten dazu und hat sie heute noch immer.

DFB.de: Das ist ein guter Punkt: Sie waren selbst Gegenspieler von Xabi Alonso, als dieser noch beim FC Bayern spielte. Welche Erinnerungen haben Sie an Alonso auf dem Feld?

Tah: Er hat am Ball immer viel Ruhe ausgestrahlt, spielte dabei aber keineswegs langsam. Im Gegenteil: Er hat das Spiel schnell verlagert und war vor allen Dingen auch defensiv wirklich ein Monster. Er hat sehr viel für die Mannschaft verteidigt und ihr damit sehr geholfen. Das vermittelt er nun auch uns in Leverkusen, besonders denjenigen, die auf seiner früheren Position im Mittelfeld spielen. Er zeigt, dass es nicht nur darum geht, was wir mit dem Ball machen, sondern auch darum, wie wir uns ohne Ball verhalten.

DFB.de: Welche Rituale haben Sie am Tag vor dem Spiel und am Spieltag selbst, um sich optimal einzustimmen?

Tah: Am Abend vor dem Spiel ist es mir erst mal wichtig, gut zu schlafen. Daher versuche ich, möglichst schon den Tag über so wenig wie möglich am Handy zu sein und abends auch kein Fernsehen mehr zu gucken, damit ich gut schlafen kann und ich mich am nächsten Tag richtig frisch fühle. Am Spieltag beschäftige ich mich dann viel mit mentalen Dingen - Affirmation, Meditation, Beten. Das hilft mir dabei, so viel wie möglich bei mir selbst zu sein und das "Drama" drumherum auszublenden, so dass ich meine Leistung auf dem Platz bringen und alles aus mir herausholen kann.

DFB.de: Und wenn es dann Richtung Stadion geht? Haben Sie eine bestimmte Musik, die Ihnen dabei hilft, sich auf das Spiel einzustimmen?

Tah: Ja, ich höre auf dem Hinweg zum Stadion immer Musik, meistens afrikanische Musik oder auch harten und aggressiven Rap. Dann ist also die Meditationszeit vorbei, und es beginnt der energische Part. (grinst)

DFB.de: Wir befinden uns auch im Jahr der Europameisterschaft im eigenen Land. Was stimmt Sie zuversichtlich, mit der deutschen Nationalmannschaft ein erfolgreiches Turnier zu spielen?

Tah: Für mich ist klar, dass wir eine Topmannschaft und einen Toptrainer haben. Und wir haben insgesamt ein gutes Team hinter unserer Mannschaft, ein Team, das alles dafür tut, damit wir erfolgreich sind. Ich glaube, dass so eine Heim-EM sehr viel auslösen kann im Land. Dadurch kann eine Atmosphäre entstehen, die alle irgendwie ansteckt und mitnimmt. Auf den Straßen und Plätzen, in den Stadien und natürlich auch auf dem Platz. Wir alle, Fans und Spieler, können davon profitieren. Wir werden alles dafür geben, dass wir als Mannschaft diese besondere Leidenschaft und diesen Siegeswillen auf dem Platz ausstrahlen. Dann wird die EURO sicherlich ein ganz besonderes Turnier. Wir müssen uns nicht verstecken und werden selbstbewusst auf den Platz gehen. Wenn das Turnier beginnt, zählt der Moment. Nicht das, was vor dem Turnier gelaufen ist oder wie wir beim letzten Turnier abgeschnitten haben.

[oj]

Nationalspieler Jonathan Tah blickt mit Bayer 04 Leverkusen dem Viertelfinale gegen den VfB Stuttgart heute (ab 20.45 Uhr, live in der ARD und bei Sky) entgegen. Im DFB.de-Interview spricht der 27 Jahre alte Innenverteidiger mit Mitarbeiter Oliver Jensen über den Weg ins Pokalfinale, Bayer-Trainer Xabi Alonso und die EURO in Deutschland.

DFB.de: Herr Tah, wie präsent ist der Gedanke, dass Sie nur noch zwei Siege vom DFB-Pokalfinale in Berlin trennen?

Jonathan Tah: Uns allen ist bewusst, wie weit wir jetzt sind und dass der Weg bis ins Finale nicht mehr lang ist. Dementsprechend konzentriert werden wir natürlich auch in unser nächstes Spiel reingehen.

DFB.de: Der Gegner im Viertelfinale ist der VfB Stuttgart. In der Bundesliga sind beide Teams zuletzt Mitte Dezember aufeinandergetroffen, es ging 1:1 aus. Was für einen Eindruck haben Sie vom VfB Stuttgart in dieser Saison?

Tah: Stuttgart spielt eine Topsaison und ist Topform. Ich glaube, dass die mannschaftliche Abstimmung beim VfB gerade sehr, sehr gut funktioniert. Wir hatten in der Bundesliga ein schwieriges Spiel gegen Stuttgart. In der ersten Halbzeit hatten wir Probleme, in der zweiten haben wir es dann aber geschafft, unser Spiel durchzudrücken. Jetzt wollen wir es hier zu Hause von Anfang an so angehen, genauso dominieren und natürlich am Ende gewinnen.

DFB.de: Kennen Sie Ihre persönliche Bilanz gegen den VfB Stuttgart?

Tah: Nein. 

DFB.de: Sie haben bislang zwölfmal gegen den VfB gespielt, neunmal gewonnen und dreimal Unentschieden gespielt - also noch nie verloren. Demzufolge müssten Sie mit einem guten Gefühl ins Spiel gegen Stuttgart gehen…

Tah: (grinst) Ich wusste nicht, dass die Statistik so ist. Aber auf solchen Daten habe ich mich noch nie ausgeruht…

DFB.de: Titelverteidiger RB Leipzig sowie Bayern München und Borussia Dortmund sind bereits aus dem DFB-Pokal ausgeschieden. Ist die Chance auf den DFB-Pokalsieg in diesem Jahr dadurch besonders groß?

Tah: Einige Hochkaräter sind nun bereits ausgeschieden, das stimmt. Aber auf der anderen Seite treffen wir nun auch auf eine sehr gute Mannschaft, wir haben ja gerade darüber gesprochen. Man hat im DFB-Pokal immer eine Chance, weil es eben ein Wettbewerb mit K.o.-System ist und immer nur der Sieger weiterkommt. Ein guter Lauf hilft dir nicht, wenn du an diesem einen Tag nicht da bist. Dann bist du raus.

DFB.de: Was sagt das über den Wettbewerb aus, wenn mit Leverkusen, Stuttgart und Borussia Mönchengladbach nur noch drei Bundesligisten im Viertelfinale vertreten sind?

Tah: Das sagt aus, dass die anderen Bundesligisten an diesem einen Tag eben nicht da waren. Es zeigt, dass auch für kleinere Teams immer die Chance auf ein Weiterkommen besteht. Das kann ganz unterschiedliche Gründe haben. Der Heimvorteil kann eine Rolle spielen. Und es gibt auch Tage, an denen die vermeintlich bessere Mannschaft nicht so gut drauf ist und die andere Mannschaft, die möglicherweise zwei, drei Ligen niedriger spielt, in einer Topverfassung aufläuft. Deswegen ist dieser Wettbewerb so unberechenbar.

DFB.de: Können Sie sich noch daran erinnern, dass Sie Ihr erstes Pflichtspiel im Profifußball im DFB-Pokal bestritten? Sie waren gerade einmal 17 Jahre, fünf Monate und 23 Tage alt, als Sie im August 2013 in der ersten Pokalrunde mit dem Hamburger SV gegen den SV Schott Jena in der 83. Spielminute für Heiko Westermann eingewechselt wurden. Das Spiel endete mit einem 4:0. Welche Erinnerungen haben Sie daran noch?

Tah: Stimmt, das war mein erstes Spiel. Wenn man so jung ist, ist man natürlich extrem nervös. Ich war damals darauf fokussiert, bloß keinen blöden Fehler zu machen, weil wir in diesem Spiel der Favorit waren, von dem natürlich mehr erwartet wurde. Das ist eine besondere Erinnerung für mich. Gerade auch, weil ich für so eine Vereinslegende wie Heiko Westermann eingewechselt wurde. Ich kann mich auch noch gut daran erinnern, dass ich im Pokalspiel darauf gegen die SpVgg Greuther Fürth in der Startelf stand. Das war damals das zweite Mal in meiner Karriere.

DFB.de: Nun sind Sie ein erfahrener Bundesligaprofi und Nationalspieler. Was macht für Sie den Reiz des DFB-Pokals aus? Fühlen sich Pokalspiele für Sie anders an als Bundesligaspiele?

Tah: Auf jeden Fall. Die Pokalspiele haben einen eigenen Charakter, weil der Wettbewerb eben so unberechenbar ist. Am Ende gibt es immer einen Sieger.

DFB.de: Bayer Leverkusen gewann zuletzt 1993, also drei Jahre vor Ihrer Geburt, mit dem DFB-Pokal einen Titel. Nun sind Sie mit dem Pokal, der Meisterschaft und Europa League in gleich drei Wettbewerben aussichtsreich vertreten. Wie zuversichtlich sind Sie, dass diese Saison mit zumindest einem Titelgewinn erfolgreich enden wird?

Tah: Das wird man am Ende sehen. Unsere Stärke ist, dass wir uns ausschließlich auf das Hier und Jetzt fokussieren. Wir konzentrieren uns darauf, was wir mit Blick auf das kommende Spiel gut machen können, jede Woche aufs Neue. Wenn wir genau das beibehalten und nicht zu viel darüber nachdenken, was am Ende der Saison passieren kann und wo wir dann stehen, ist die Wahrscheinlichkeit höher, erfolgreich zu sein. Aber das funktioniert nur, wenn wir uns auf das Wesentliche fokussieren und so viel wie möglich von außen ausblenden.

DFB.de: Gibt es einen Titel, den Sie am liebsten gewinnen würden?

Tah: Nein, eigentlich nicht. Titel sind immer etwas Schönes.

DFB.de: Nur vier Tage nach dem DFB-Pokalviertelfinale findet das Topspiel in der Bundesliga gegen den FC Bayern statt. Ist es ein Nachteil, wenn man vier Tage zuvor noch ein Pokalspiel zu bestreiten hat, während der Gegner sich voll auf das Bundesligaspiel fokussieren kann?

Tah: Ich glaube, das spielt keine so große Rolle. Körperlich ist das überhaupt kein Problem. Das hängt eigentlich alles nur von der mentalen Frische ab, und die haben wir. Ich glaube sogar, dass es positiv für uns sein kann, weil wir einfach im Rhythmus sind und ein Spiel mehr haben, um uns auf dieses Topspiel gegen Bayern vorzubereiten.

DFB.de: Trainer Xabi Alonso hatte Ihre Mannschaft im Oktober 2022 übernommen, als der Verein auf einem Abstiegsplatz stand. Seitdem entwickelte sich Bayer Leverkusen zu einer echten Topmannschaft. Was zeichnet ihn als Trainer aus?   

Tah: Als er hierhergekommen ist, steckten wir in einer relativ schwierigen Phase. Er hatte erst mal dafür gesorgt, dass wir als Mannschaft defensiv deutlich stabiler stehen. Bevor wir uns überhaupt um den offensiven Part gekümmert haben, war das der Fokus, weil wir einfach zu viele Gegentote bekommen und als Mannschaft nicht gut verteidigt hatten. Das war die Basis, denn wir gewinnen keine Spiele, wenn wir defensiv als Mannschaft nicht gut stehen. In der vergangenen Sommerpause hatten wir dann mehr Zeit, um an den anderen Dingen zu arbeiten.

DFB.de: Zum Beispiel?

Tah: An unserer dominanten Spielweise. Dabei geht es nicht nur darum, viel Ballbesitz zu haben, sondern auch schon die letzte Linie zu attackieren und dadurch zu Tormöglichkeiten zu kommen. Das Besondere an Xabi Alonso ist vielleicht die Art und Weise, wie er uns das auf dem Platz vermittelt. Er war vor nicht allzu langer Zeit ja selbst noch ein Spieler, daher kann er uns ganz konkret demonstrieren, was er möchte. Er hatte als Spieler die Fähigkeiten dazu und hat sie heute noch immer.

DFB.de: Das ist ein guter Punkt: Sie waren selbst Gegenspieler von Xabi Alonso, als dieser noch beim FC Bayern spielte. Welche Erinnerungen haben Sie an Alonso auf dem Feld?

Tah: Er hat am Ball immer viel Ruhe ausgestrahlt, spielte dabei aber keineswegs langsam. Im Gegenteil: Er hat das Spiel schnell verlagert und war vor allen Dingen auch defensiv wirklich ein Monster. Er hat sehr viel für die Mannschaft verteidigt und ihr damit sehr geholfen. Das vermittelt er nun auch uns in Leverkusen, besonders denjenigen, die auf seiner früheren Position im Mittelfeld spielen. Er zeigt, dass es nicht nur darum geht, was wir mit dem Ball machen, sondern auch darum, wie wir uns ohne Ball verhalten.

DFB.de: Welche Rituale haben Sie am Tag vor dem Spiel und am Spieltag selbst, um sich optimal einzustimmen?

Tah: Am Abend vor dem Spiel ist es mir erst mal wichtig, gut zu schlafen. Daher versuche ich, möglichst schon den Tag über so wenig wie möglich am Handy zu sein und abends auch kein Fernsehen mehr zu gucken, damit ich gut schlafen kann und ich mich am nächsten Tag richtig frisch fühle. Am Spieltag beschäftige ich mich dann viel mit mentalen Dingen - Affirmation, Meditation, Beten. Das hilft mir dabei, so viel wie möglich bei mir selbst zu sein und das "Drama" drumherum auszublenden, so dass ich meine Leistung auf dem Platz bringen und alles aus mir herausholen kann.

DFB.de: Und wenn es dann Richtung Stadion geht? Haben Sie eine bestimmte Musik, die Ihnen dabei hilft, sich auf das Spiel einzustimmen?

Tah: Ja, ich höre auf dem Hinweg zum Stadion immer Musik, meistens afrikanische Musik oder auch harten und aggressiven Rap. Dann ist also die Meditationszeit vorbei, und es beginnt der energische Part. (grinst)

DFB.de: Wir befinden uns auch im Jahr der Europameisterschaft im eigenen Land. Was stimmt Sie zuversichtlich, mit der deutschen Nationalmannschaft ein erfolgreiches Turnier zu spielen?

Tah: Für mich ist klar, dass wir eine Topmannschaft und einen Toptrainer haben. Und wir haben insgesamt ein gutes Team hinter unserer Mannschaft, ein Team, das alles dafür tut, damit wir erfolgreich sind. Ich glaube, dass so eine Heim-EM sehr viel auslösen kann im Land. Dadurch kann eine Atmosphäre entstehen, die alle irgendwie ansteckt und mitnimmt. Auf den Straßen und Plätzen, in den Stadien und natürlich auch auf dem Platz. Wir alle, Fans und Spieler, können davon profitieren. Wir werden alles dafür geben, dass wir als Mannschaft diese besondere Leidenschaft und diesen Siegeswillen auf dem Platz ausstrahlen. Dann wird die EURO sicherlich ein ganz besonderes Turnier. Wir müssen uns nicht verstecken und werden selbstbewusst auf den Platz gehen. Wenn das Turnier beginnt, zählt der Moment. Nicht das, was vor dem Turnier gelaufen ist oder wie wir beim letzten Turnier abgeschnitten haben.

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