Joachim Löw: "Wir sind den Fans permanent gute Spiele schuldig"

Die WM 2006 in Deutschland ist Geschichte. Mit nahtlosem Übergang von Jürgen Klinsmann zu Joachim Löw auf dem Posten des Bundestrainers hat der Deutsche Fußball-Bund den Blick auf die EURO 2008 in der Schweiz und Österreich gerichtet. Nach der WM-Bilanz im ersten Teil des großen Interviews mit DFB-Internetredakteur Christian Müller auf www.dfb.de spricht Löw nun über aktuelle und mögliche neue Nationalspieler, über die EM-Qualifikation und weitere Ziele des Länderspieljahres 2007.

Frage: Es fällt auf, dass Sie bisher einem Großteil des WM-Kaders vertraut haben. Warum?

Joachim Löw: Die Mannschaft, die bei der WM gespielt hat, besitzt eine gute Perspektive und hat nach dem erfolgreichen Turnier natürlich auch einen Vertrauensvorschuss. Aber wir haben auch gesagt: Es beginnt jetzt eine neue Zeitrechnung, und daher müssen die Leistungen bestätigt werden.

Frage: Die Nationalmannschaft ist also keinesfalls ein geschlossener Zirkel?

Joachim Löw: Nein, seit der WM sind ja bereits Malik Fathi, Alexander Madlung, Manuel Friedrich, Piotr Trochowski und Jan Schlaudraff dazu gekommen. Solche Akteure wie Bernd Schneider oder Torsten Frings müssen wir nun nicht mehr beobachten, die kennen wir in- und auswendig. Wir wollen neue Spieler unter die Lupe nehmen, um ihre Perspektiven heraus zu filtern. Wir müssen es schaffen, frühzeitig Konkurrenten für die Podolski, Schweinsteiger und Lahm zu finden.

Frage: Wie gehen Sie da vor?

Joachim Löw: Von uns beobachteten Spieler wie Mario Gomez, Gonzalo Castro oder Eugen Polanski müssen wir schon heute sagen, wo sie unserer Meinung nach noch Schwächen haben und woran sie mit Blick auf die EURO 2008 und die WM 2010 arbeiten müssen. Denen sagen wir: Deine Zukunft beginnt heute. Und nicht erst, wenn sie mal für die A-Nationalmannschaft berufen werden.

Frage: Wie groß ist der erweiterte Kreis der Nationalmannschaft insgesamt?

Joachim Löw: Es gibt den aktuellen Kreis derjenigen Spieler, die bei der WM und danach dabei waren. Dann gibt es Leute wie Kevin Kuranyi, den länger verletzten Sebastian Deisler und andere, die wir immer im Blick haben. Danach kommen schon die Jungs, von denen wir glauben, dass sie in den nächsten Jahren den Sprung schaffen können. Dieser Perspektivkader umfasst zwölf bis 15 Spieler wie etwa Kevin-Prince Boateng und Stefan Kießling, die wir aus der U 21 und der U 20 heraus gefiltert haben.

Frage: Worauf achten Sie besonders: Spielermaterial oder Spielphilosophie?

Joachim Löw: Zuerst auf die Spielidee. Dann schauen wir, wie wir das am Besten umsetzen können. Da wir stets offensiv spielen wollen, bin ich zum Beispiel der Meinung, dass man mit zwei Spitzen spielen muss – für die Philosophie vom schnellen Spiel ist das besser. Außerdem werden wir weiter grundsätzlich im 4-4-2-System spielen, auch wenn im Spielgeschehen eine gewisse Flexibilität nötig ist.

Frage: Abseits davon: Wie lauten die konkreten Ziele des Bundestrainers für das neue Jahr?

Joachim Löw: Wir wollen natürlich möglichst früh einen großen Schritt in Richtung EM-Endrunde machen, von daher wird schon das erste Qualifikationsspiel gegen Tschechien am 24. März 2007 enorm wichtig. Außerdem wollen wir neue Spieler aus unserem Perspektiv-Kader in die A-Nationalmannschaft einbauen und integrieren. Wir wollen unsere Philosophie vom offensiven Spiel auch in den Juniorenteams umsetzen. Und wir erstellen unter Leitung von Chefscout Urs Siegenthaler eine neue Datenbank mit allen wichtigen Informationen aus dem internationalen Fußball.

Frage: Nach der EURO 2004, dem Confederations Cup 2005 und der WM in diesem Jahr: Wird 2007 ohne sportliches Großereignis ein eher langweiliges Jahr für die DFB-Auswahl?

Joachim Löw: Ich glaube nicht, dass es ein emotionsloses Jahr wird, wenn man bedenkt, welchen Stellenwert die Nationalmannschaft bei den Menschen wieder hat. Wenn wir heute irgendwo hinkommen und ein öffentliches Training abhalten, dann kommen dazu ja mehrere tausend Leute. Selbst normale Testspiele sind ausverkauft. Das war schon lange nicht mehr so. Wir sind es den Fans permanent schuldig, dass wir gute Spiele abliefern. Und wir glauben nicht, dass die EM-Qualifikation so nebenher erfolgreich zu Ende gebracht wird. Das Ziel ist, 2008 Europameister zu werden. Bis dahin muss die Mannschaft ständig mit Forderungen nach Verbesserung konfrontiert werden.

[cm]

[bild1]
Die WM 2006 in Deutschland ist Geschichte. Mit nahtlosem Übergang von Jürgen Klinsmann zu Joachim Löw auf dem Posten des Bundestrainers hat der Deutsche Fußball-Bund den Blick auf die EURO 2008 in der Schweiz und Österreich gerichtet. Nach der WM-Bilanz im ersten Teil des großen Interviews mit DFB-Internetredakteur Christian Müller auf www.dfb.de spricht Löw nun über aktuelle und mögliche neue Nationalspieler, über die EM-Qualifikation und weitere Ziele des Länderspieljahres 2007.



Frage: Es fällt auf, dass Sie bisher einem Großteil des WM-Kaders vertraut haben. Warum?



Joachim Löw: Die Mannschaft, die bei der WM gespielt hat, besitzt eine gute Perspektive und hat nach dem erfolgreichen Turnier natürlich auch einen Vertrauensvorschuss. Aber wir haben auch gesagt: Es beginnt jetzt eine neue Zeitrechnung, und daher müssen die Leistungen bestätigt werden.



Frage: Die Nationalmannschaft ist also keinesfalls ein geschlossener Zirkel?



Joachim Löw: Nein, seit der WM sind ja bereits Malik Fathi, Alexander Madlung, Manuel Friedrich, Piotr Trochowski und Jan Schlaudraff dazu gekommen. Solche Akteure wie Bernd Schneider oder Torsten Frings müssen wir nun nicht mehr beobachten, die kennen wir in- und auswendig. Wir wollen neue Spieler unter die Lupe nehmen, um ihre Perspektiven heraus zu filtern. Wir müssen es schaffen, frühzeitig Konkurrenten für die Podolski, Schweinsteiger und Lahm zu finden.



Frage: Wie gehen Sie da vor?



Joachim Löw: Von uns beobachteten Spieler wie Mario Gomez, Gonzalo Castro oder Eugen Polanski müssen wir schon heute sagen, wo sie unserer Meinung nach noch Schwächen haben und woran sie mit Blick auf die EURO 2008 und die WM 2010 arbeiten müssen. Denen sagen wir: Deine Zukunft beginnt heute. Und nicht erst, wenn sie mal für die A-Nationalmannschaft berufen werden.



Frage: Wie groß ist der erweiterte Kreis der Nationalmannschaft insgesamt?



Joachim Löw: Es gibt den aktuellen Kreis derjenigen Spieler, die bei der WM und danach dabei waren. Dann gibt es Leute wie Kevin Kuranyi, den länger verletzten Sebastian Deisler und andere, die wir immer im Blick haben. Danach kommen schon die Jungs, von denen wir glauben, dass sie in den nächsten Jahren den Sprung schaffen können. Dieser Perspektivkader umfasst zwölf bis 15 Spieler wie etwa Kevin-Prince Boateng und Stefan Kießling, die wir aus der U 21 und der U 20 heraus gefiltert haben.



[bild2]Frage: Worauf achten Sie besonders: Spielermaterial oder Spielphilosophie?



Joachim Löw: Zuerst auf die Spielidee. Dann schauen wir, wie wir das am Besten umsetzen können. Da wir stets offensiv spielen wollen, bin ich zum Beispiel der Meinung, dass man mit zwei Spitzen spielen muss – für die Philosophie vom schnellen Spiel ist das besser. Außerdem werden wir weiter grundsätzlich im 4-4-2-System spielen, auch wenn im Spielgeschehen eine gewisse Flexibilität nötig ist.



Frage: Abseits davon: Wie lauten die konkreten Ziele des Bundestrainers für das neue Jahr?



Joachim Löw: Wir wollen natürlich möglichst früh einen großen Schritt in Richtung EM-Endrunde machen, von daher wird schon das erste Qualifikationsspiel gegen Tschechien am 24. März 2007 enorm wichtig. Außerdem wollen wir neue Spieler aus unserem Perspektiv-Kader in die A-Nationalmannschaft einbauen und integrieren. Wir wollen unsere Philosophie vom offensiven Spiel auch in den Juniorenteams umsetzen. Und wir erstellen unter Leitung von Chefscout Urs Siegenthaler eine neue Datenbank mit allen wichtigen Informationen aus dem internationalen Fußball.



Frage: Nach der EURO 2004, dem Confederations Cup 2005 und der WM in diesem Jahr: Wird 2007 ohne sportliches Großereignis ein eher langweiliges Jahr für die DFB-Auswahl?



Joachim Löw: Ich glaube nicht, dass es ein emotionsloses Jahr wird, wenn man bedenkt, welchen Stellenwert die Nationalmannschaft bei den Menschen wieder hat. Wenn wir heute irgendwo hinkommen und ein öffentliches Training abhalten, dann kommen dazu ja mehrere tausend Leute. Selbst normale Testspiele sind ausverkauft. Das war schon lange nicht mehr so. Wir sind es den Fans permanent schuldig, dass wir gute Spiele abliefern. Und wir glauben nicht, dass die EM-Qualifikation so nebenher erfolgreich zu Ende gebracht wird. Das Ziel ist, 2008 Europameister zu werden. Bis dahin muss die Mannschaft ständig mit Forderungen nach Verbesserung konfrontiert werden.