Jahn-Trainer Joe Enochs: "Der Prozess ist nicht zu Ende"

45 Punkte aus 20 Partien in der 3. Liga und derzeit zwölf Zähler Vorsprung auf Relegationsrang drei: Der SSV Jahn Regensburg hat Kurs auf die Rückkehr in die 2. Bundesliga genommen. In bislang 15 Drittligaspielzeiten gelang nur zehn von insgesamt 40 Absteigern der direkte Wiederaufstieg. Im DFB.de-Interview spricht Cheftrainer Joe Enochs (52) mit Mitarbeiter Dominik Dittmar über die Entwicklung.

DFB.de: Ihr Team überwintert als Tabellenführer der 3. Liga. Haben Sie schon realisiert, was dem SSV Jahn bis zur Winterpause gelungen ist, Herr Enochs?

Joe Enochs: Wir haben uns in eine sehr gute Ausgangslage für die zweite Halbserie gebracht. Wir sind mit der jetzigen Situation zufrieden. Wir wissen aber auch, dass wir noch nicht am Maximum sind und dass von uns bis zum Saisonende noch mehr kommen muss.

DFB.de: Nur vier Profis waren auch in der vergangenen Saison schon Teil des Kaders. Was sind aus Ihrer Sicht die wichtigsten Gründe für die sportliche Entwicklung?

Enochs: Wir haben viele gute Entscheidungen getroffen. Das Team hat die 3. Liga schnell angenommen. Die Jungs, die schon vorher dabei waren, haben dabei die Richtung vorgegeben. Wir haben eine gute Harmonie im Team.

DFB.de: Welche Eigenschaften zeichnen die Mannschaft fußballerisch aus?

Enochs: Weil wir sehr viele neue Spieler im Kader haben, lag unser Fokus vor allem auch auf der Arbeit gegen den Ball. Ich sehe es gerne, wenn der Gegner intensiv angelaufen und mit frühem Pressing unter Druck gesetzt wird. Das entspricht auch der Philosophie von Jahn Regensburg. Wir wollen nach den Ballgewinnen schnell den Weg nach vorne suchen und zu vielen Strafraumaktionen und Standardsituationen kommen.

DFB.de: Wer ist für Sie der "Spieler des Jahres" in Ihrem Team?

Enochs: Puh, schwierig. Es gibt nicht den einen Spieler, sondern es haben sich mehrere Spieler gut entwickelt. Mit Felix Gebhart haben wir beispielsweise einen der besten Torhüter der 3. Liga. Unsere Außenverteidiger Benedikt Saller und Konrad Faber sind erfahren und gemeinsam mit unserer gesamten Innenverteidigung nur schwer zu überwinden. Das fängt aber auch schon ganz vorne bei unseren Offensivspielern an. Wie zum Beispiel Noah Ganaus oder Elias Huth den Gegner immer wieder beschäftigen, macht es für uns als Team einfacher zu verteidigen. Ich kann da keinen einzelnen Spieler herausheben.

DFB.de: In welchen Bereichen sehen Sie noch Verbesserungspotential?

Enochs: Vor allem bei eigenem Ballbesitz. In den Spielen gegen den FC Viktoria Köln oder beim 1. FC Saarbrücken war es zum Beispiel so, dass wir zu wenig Entlastung hatten. Wenn es in einer Situation nicht möglich ist, schnell nach vorne zu spielen, können wir den Ball noch besser halten, um uns aus der Drucksituation zu lösen.

DFB.de: Inmitten der aktuellen Serie von 13 Partien ohne Niederlage waren Sie mit dem plötzlichen Herztod Ihres Spielers Agyemang Diawusie konfrontiert. Wie geht es Ihnen und dem Team mit ein wenig Abstand?

Enochs: Mir fällt es noch immer sehr schwer, darüber zu reden. Wenn man einen Menschen aus seinem engsten Umfeld verliert, dann merkt man, dass Fußball eben nur die schönste Nebensache der Welt ist. Diesen Verlust verarbeiten wir alle noch immer. In Absprache mit der Familie und Freunden von Agy hatte sich das Team in der Woche nach dieser schlimmen Nachricht dafür ausgesprochen, das nachfolgende Spiel gegen die U 23 des SC Freiburg zu bestreiten und für ihn zu gewinnen. Er bleibt für immer in unseren Herzen.

DFB.de: In den zurückliegenden Jahren haben Sie mit dem FSV Zwickau in der 3. Liga regelmäßig um den Klassenverbleib gekämpft. Wie sehr unterscheidet sich die Arbeit bei einem Team aus der oberen Tabellenhälfte?

Enochs: Als langjähriger Zweitligist herrschen beim SSV Jahn Regensburg andere Bedingungen. So haben wir hier zum Beispiel ein tolles Funktionsgebäude am Trainingsgelände oder auch einen breiteren Kader zur Verfügung. Der Umgang mit den Menschen bleibt aber gleich und auch die Trainingsinhalte ändern sich nicht wesentlich. Auch in Zwickau war es sehr wichtig, als Team schnell eine Einheit zu sein. Man strebt immer danach, sich in allen Bereichen zu verbessern.

DFB.de: Ist Ihnen ein Spiel im Jahr 2023 besonders in Erinnerung geblieben? Gab es vielleicht auch einen sportlichen Moment, auf den Sie gerne verzichtet hätten?

Enochs: Viele Partien waren sehr eng. Späte Siege - wie etwa am 16. Spieltag auswärts bei Dynamo Dresden - waren besondere Höhepunkte. Überrascht war ich, als im Februar meine Zeit beim FSV Zwickau geendet hatte, nachdem wir vier Punkte aus den vorherigen beiden Spielen geholt hatten. Das sind Momente, in denen man sich hinterfragt und reflektiert. Ich habe mich sehr darüber gefreut, mit dem SSV Jahn Regensburg schnell eine neue Aufgabe gefunden zu haben. Die Ausgangslage in der 2. Bundesliga war drei Spieltage vor Schluss mit Heimspielen gegen den Hamburger SV und den späteren Aufsteiger 1. FC Heidenheim sowie auswärts bei Eintracht Braunschweig anspruchsvoll. Auch wenn es letztlich nicht mit mehr dem Klassenverbleib geklappt hatte: Der Sieg in Braunschweig und die Leistung gegen Heidenheim waren Signale, dass wir gemeinsam etwas bewegen können. Das hat sich dann auch in der 3. Liga bestätigt.

DFB.de: Der Vorsprung auf den Relegationsplatz beträgt derzeit zwölf Zähler. Wird es nun Zeit, den direkten Wiederaufstieg als klares Ziel zu formulieren?

Enochs: Es wäre gegen mein Naturell, da nun eine Ansage zu machen. Wir haben nur ein paar Tage, um herunterzufahren und neue Kraft zu tanken. Ab dem Vorbereitungsstart am 3. Januar gilt unser Blick einzig und allein der ersten Partie gegen den SC Verl, der bislang ebenfalls eine starke Saison spielt. Da wollen wir an unsere Leistungen anknüpfen.

DFB.de: Nicht weniger als 13 von 15 Herbstmeistern in der 3. Liga sind am Saisonende auch jeweils in die 2. Bundesliga aufgestiegen. Worauf wird es ankommen, um sich die Ausgangslage nicht mehr nehmen zu lassen?

Enochs: Wir haben uns die aktuelle Lage hart erarbeitet. Unser Prozess ist aber längst noch nicht am Ende. In den Spielen haben häufig Kleinigkeiten den Ausschlag gegeben. Das treibt uns an, jeden Tag noch mehr zu leisten und noch besser zu werden. Sobald wir uns da ein wenig zurücklehnen, wird es gefährlich.

DFB.de: Was wünschen Sie sich für das neue Jahr 2024?

Enochs: Zunächst einmal, dass alle gesund bleiben. Wenn wir dann als Mannschaft noch enger zusammenrücken und das Team für uns weiterhin das Wichtigste bleibt, können wir eine richtig gute Saison spielen.

[mspw]

45 Punkte aus 20 Partien in der 3. Liga und derzeit zwölf Zähler Vorsprung auf Relegationsrang drei: Der SSV Jahn Regensburg hat Kurs auf die Rückkehr in die 2. Bundesliga genommen. In bislang 15 Drittligaspielzeiten gelang nur zehn von insgesamt 40 Absteigern der direkte Wiederaufstieg. Im DFB.de-Interview spricht Cheftrainer Joe Enochs (52) mit Mitarbeiter Dominik Dittmar über die Entwicklung.

DFB.de: Ihr Team überwintert als Tabellenführer der 3. Liga. Haben Sie schon realisiert, was dem SSV Jahn bis zur Winterpause gelungen ist, Herr Enochs?

Joe Enochs: Wir haben uns in eine sehr gute Ausgangslage für die zweite Halbserie gebracht. Wir sind mit der jetzigen Situation zufrieden. Wir wissen aber auch, dass wir noch nicht am Maximum sind und dass von uns bis zum Saisonende noch mehr kommen muss.

DFB.de: Nur vier Profis waren auch in der vergangenen Saison schon Teil des Kaders. Was sind aus Ihrer Sicht die wichtigsten Gründe für die sportliche Entwicklung?

Enochs: Wir haben viele gute Entscheidungen getroffen. Das Team hat die 3. Liga schnell angenommen. Die Jungs, die schon vorher dabei waren, haben dabei die Richtung vorgegeben. Wir haben eine gute Harmonie im Team.

DFB.de: Welche Eigenschaften zeichnen die Mannschaft fußballerisch aus?

Enochs: Weil wir sehr viele neue Spieler im Kader haben, lag unser Fokus vor allem auch auf der Arbeit gegen den Ball. Ich sehe es gerne, wenn der Gegner intensiv angelaufen und mit frühem Pressing unter Druck gesetzt wird. Das entspricht auch der Philosophie von Jahn Regensburg. Wir wollen nach den Ballgewinnen schnell den Weg nach vorne suchen und zu vielen Strafraumaktionen und Standardsituationen kommen.

DFB.de: Wer ist für Sie der "Spieler des Jahres" in Ihrem Team?

Enochs: Puh, schwierig. Es gibt nicht den einen Spieler, sondern es haben sich mehrere Spieler gut entwickelt. Mit Felix Gebhart haben wir beispielsweise einen der besten Torhüter der 3. Liga. Unsere Außenverteidiger Benedikt Saller und Konrad Faber sind erfahren und gemeinsam mit unserer gesamten Innenverteidigung nur schwer zu überwinden. Das fängt aber auch schon ganz vorne bei unseren Offensivspielern an. Wie zum Beispiel Noah Ganaus oder Elias Huth den Gegner immer wieder beschäftigen, macht es für uns als Team einfacher zu verteidigen. Ich kann da keinen einzelnen Spieler herausheben.

DFB.de: In welchen Bereichen sehen Sie noch Verbesserungspotential?

Enochs: Vor allem bei eigenem Ballbesitz. In den Spielen gegen den FC Viktoria Köln oder beim 1. FC Saarbrücken war es zum Beispiel so, dass wir zu wenig Entlastung hatten. Wenn es in einer Situation nicht möglich ist, schnell nach vorne zu spielen, können wir den Ball noch besser halten, um uns aus der Drucksituation zu lösen.

DFB.de: Inmitten der aktuellen Serie von 13 Partien ohne Niederlage waren Sie mit dem plötzlichen Herztod Ihres Spielers Agyemang Diawusie konfrontiert. Wie geht es Ihnen und dem Team mit ein wenig Abstand?

Enochs: Mir fällt es noch immer sehr schwer, darüber zu reden. Wenn man einen Menschen aus seinem engsten Umfeld verliert, dann merkt man, dass Fußball eben nur die schönste Nebensache der Welt ist. Diesen Verlust verarbeiten wir alle noch immer. In Absprache mit der Familie und Freunden von Agy hatte sich das Team in der Woche nach dieser schlimmen Nachricht dafür ausgesprochen, das nachfolgende Spiel gegen die U 23 des SC Freiburg zu bestreiten und für ihn zu gewinnen. Er bleibt für immer in unseren Herzen.

DFB.de: In den zurückliegenden Jahren haben Sie mit dem FSV Zwickau in der 3. Liga regelmäßig um den Klassenverbleib gekämpft. Wie sehr unterscheidet sich die Arbeit bei einem Team aus der oberen Tabellenhälfte?

Enochs: Als langjähriger Zweitligist herrschen beim SSV Jahn Regensburg andere Bedingungen. So haben wir hier zum Beispiel ein tolles Funktionsgebäude am Trainingsgelände oder auch einen breiteren Kader zur Verfügung. Der Umgang mit den Menschen bleibt aber gleich und auch die Trainingsinhalte ändern sich nicht wesentlich. Auch in Zwickau war es sehr wichtig, als Team schnell eine Einheit zu sein. Man strebt immer danach, sich in allen Bereichen zu verbessern.

DFB.de: Ist Ihnen ein Spiel im Jahr 2023 besonders in Erinnerung geblieben? Gab es vielleicht auch einen sportlichen Moment, auf den Sie gerne verzichtet hätten?

Enochs: Viele Partien waren sehr eng. Späte Siege - wie etwa am 16. Spieltag auswärts bei Dynamo Dresden - waren besondere Höhepunkte. Überrascht war ich, als im Februar meine Zeit beim FSV Zwickau geendet hatte, nachdem wir vier Punkte aus den vorherigen beiden Spielen geholt hatten. Das sind Momente, in denen man sich hinterfragt und reflektiert. Ich habe mich sehr darüber gefreut, mit dem SSV Jahn Regensburg schnell eine neue Aufgabe gefunden zu haben. Die Ausgangslage in der 2. Bundesliga war drei Spieltage vor Schluss mit Heimspielen gegen den Hamburger SV und den späteren Aufsteiger 1. FC Heidenheim sowie auswärts bei Eintracht Braunschweig anspruchsvoll. Auch wenn es letztlich nicht mit mehr dem Klassenverbleib geklappt hatte: Der Sieg in Braunschweig und die Leistung gegen Heidenheim waren Signale, dass wir gemeinsam etwas bewegen können. Das hat sich dann auch in der 3. Liga bestätigt.

DFB.de: Der Vorsprung auf den Relegationsplatz beträgt derzeit zwölf Zähler. Wird es nun Zeit, den direkten Wiederaufstieg als klares Ziel zu formulieren?

Enochs: Es wäre gegen mein Naturell, da nun eine Ansage zu machen. Wir haben nur ein paar Tage, um herunterzufahren und neue Kraft zu tanken. Ab dem Vorbereitungsstart am 3. Januar gilt unser Blick einzig und allein der ersten Partie gegen den SC Verl, der bislang ebenfalls eine starke Saison spielt. Da wollen wir an unsere Leistungen anknüpfen.

DFB.de: Nicht weniger als 13 von 15 Herbstmeistern in der 3. Liga sind am Saisonende auch jeweils in die 2. Bundesliga aufgestiegen. Worauf wird es ankommen, um sich die Ausgangslage nicht mehr nehmen zu lassen?

Enochs: Wir haben uns die aktuelle Lage hart erarbeitet. Unser Prozess ist aber längst noch nicht am Ende. In den Spielen haben häufig Kleinigkeiten den Ausschlag gegeben. Das treibt uns an, jeden Tag noch mehr zu leisten und noch besser zu werden. Sobald wir uns da ein wenig zurücklehnen, wird es gefährlich.

DFB.de: Was wünschen Sie sich für das neue Jahr 2024?

Enochs: Zunächst einmal, dass alle gesund bleiben. Wenn wir dann als Mannschaft noch enger zusammenrücken und das Team für uns weiterhin das Wichtigste bleibt, können wir eine richtig gute Saison spielen.

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