Hrubesch: "Haben Olympia-Fußball wieder salonfähig gemacht"

Horst Hrubesch hat im Jahr 2016 das deutsche Olympia-Team zur Silbermedaille in Rio de Janeiro geführt. Im Finale unterlag sein Team 4:5 im Elfmeterschießen gegen Gastgeber Brasilien. Im Gespräch mit DFB.de spricht die Trainer-Legende über das vergangene Sportjahr, die Zeit in Brasilien und seine künftige Rolle.

DFB.de: Horst Hrubesch, 2016 war ein bewegendes Jahr, wie haben Sie es erlebt? Besonders den Weg nach Brasilien und die Erfahrung bei den Olympischen Spielen in Rio 2016.

Horst Hrubesch: Der Weg fängt bereits viel früher an, nämlich im Herbst 2015 mit der Qualifikation und den Nachwehen aus dem 0:5 aus dem verlorenen EM-Halbfinale gegen Portugal. Das hat noch lange Zeit sehr wehgetan. Das galt es zu verarbeiten und mit der neuen U 21-Nationalmannschaft so zu starten, wie wir uns das vorgestellt haben. In dieser Zeit haben wir den Grundstein für den späteren Erfolg gelegt.

DFB.de: Und dann kam das Olympiajahr…

Hrubesch: Rückwirkend betrachtet war das Sportjahr 2016 einfach überragend. Es gab vieles, das nicht planbar war und so auch nicht vorhersehbar, aber es waren auch viele Momente dabei, in denen du sehen und spüren konntest, wie sich diese neue junge U 21 kontinuierlich entwickelt hat. Vor den Olympischen Spielen hatten wir bekanntermaßen Probleme. Die Abstellung gestaltete sich schwierig, wir mussten ohne Vorbereitung ins Turnier, aber am Ende des Tages hatten wir eine Mannschaft, die Charakter hatte, die zusammengewachsen ist, die wollte. Alle haben sich mit dem Ziel Olympia identifiziert, haben sich für den anderen reingekniet. Das war der ausschlaggebende Punkt. Und wollen Sie wissen, was das Schönste ist?

DFB.de: Gern!

Hrubesch: Das Schönste ist, dass sich die Mannschaft dafür belohnt hat. Unzählige Menschen haben mich danach auf Veranstaltungen oder auf der Straße angesprochen und mir gratuliert: "Es war super wie Ihr gespielt habt", oder "Es hat uns so viel Spaß gemacht mit Euch zu fiebern bis zum Finale", habe ich da gehört. Da war ich schon überrascht, plötzlich kam der Briefträger mit Säcken voller Autogrammpost. Das hat auch einem alten Hasen wie mir sehr viel bedeutet und das werde ich nie vergessen.

DFB.de: Wenn wir jetzt an die Zeit in Brasilien zurückdenken: Gibt es einen speziellen Moment oder mehrere, die besonders in Erinnerung bleiben werden?

Hrubesch: Es waren einige Dinge. Zuerst bin ich sehr dankbar für alle, die ich mit dabei hatte. Eigentlich muss ich sie jetzt alle aufzählen, ob die Mitglieder aus dem Staff, Hansi Flick als Sportdirektor, oder meine Co-Trainer Thomas Nörenberg und Marcus Sorg. Alle standen 100 Prozent hinter mir und jeder Einzelne hat einen enormen Beitrag geleistet. Nach dem ersten Spiel hat es mich einige Tage lang voll erwischt, ich lang krank im Bett, hatte keine Stimme und ich habe gedacht, ich muss eigentlich nach Hause fahren. Da kamen drei, vier Spieler zu mir wie Leon Goretzka, Max Meyer oder die Bender Zwillinge, ich konnte gar nicht reden, und sie sagten zu mir: "Trainer, machen Sie sich keinen Kopf, wir machen das schon. Wir kriegen das hin, egal ob das jetzt länger dauert oder nicht. Wir kriegen das hin." Die gleiche Unterstützung habe ich aus dem Funktionsteam erhalten, das hat gezeigt, was diese ganze Geschichte ausgemacht hat, was da für ein Geist dringesteckt hat.

DFB.de: Nämlich?

Hrubesch: Wie die Spieler es genommen haben und wie sie es gelebt haben, selbst im Moment der Niederlage im Elfmeterschießen, wie traurig sie die ersten Minuten waren und dann erkannt haben, dass sie dieses Silber sich wie Gold anfühlt. Und das sind die Momente, die den Fußball auszeichnen. Zu sehen, wie diese jungen Menschen einfach Spaß am Fußball haben und es ihnen gelingt, Millionen Menschen mitzureißen. Da ging es nicht um Geld, oder sonstige Eitelkeiten. Es ging darum, zusammen etwas zu erreichen. Es hat, auch wenn es schwierige Momente gab, einfach Riesenspaß gemacht. Ich wurde mitgenommen, ich konnte meine Spieler mitnehmen, es hat jeder für jeden gestanden. Das ist das, was ich von solchen Mannschaften erwarte, was ich in diesem Sport erwarte, und wie ich diesen Fußball, wenn man so will, seit 60 Jahren lebe.

DFB.de: Sie konnten als Trainer zwei Erfolge feiern, die in die Fußballgeschichte eingehen, den Gewinn der U 21-EM 2009 und nun die Olympische Silbermedaille. Welcher Erfolg wiegt schwerer?

Hrubesch: Jedes Turnier steht für sich. Das Entscheidende ist, dass ich mich bei den Spielern bedanken muss dafür, dass Sie mich mitgenommen haben bei diesen Erfolgen. Natürlich habe ich ihnen auch geholfen, das ist keine Frage, aber am Ende des Tages machen die Spieler den Trainer zum Europameister und zum Silbermedaillengewinner. Das war einfach nur gut. Bewerten, ob das eine oder andere mehr Wert ist, kann man nicht. Jede Mannschaft für sich war toll, hat Spaß gemacht und vor allen Dingen: Es war hochverdient, das muss man einfach sagen.



Horst Hrubesch hat im Jahr 2016 das deutsche Olympia-Team zur Silbermedaille in Rio de Janeiro geführt. Im Finale unterlag sein Team 4:5 im Elfmeterschießen gegen Gastgeber Brasilien. Im Gespräch mit DFB.de spricht die Trainer-Legende über das vergangene Sportjahr, die Zeit in Brasilien und seine künftige Rolle.

DFB.de: Horst Hrubesch, 2016 war ein bewegendes Jahr, wie haben Sie es erlebt? Besonders den Weg nach Brasilien und die Erfahrung bei den Olympischen Spielen in Rio 2016.

Horst Hrubesch: Der Weg fängt bereits viel früher an, nämlich im Herbst 2015 mit der Qualifikation und den Nachwehen aus dem 0:5 aus dem verlorenen EM-Halbfinale gegen Portugal. Das hat noch lange Zeit sehr wehgetan. Das galt es zu verarbeiten und mit der neuen U 21-Nationalmannschaft so zu starten, wie wir uns das vorgestellt haben. In dieser Zeit haben wir den Grundstein für den späteren Erfolg gelegt.

DFB.de: Und dann kam das Olympiajahr…

Hrubesch: Rückwirkend betrachtet war das Sportjahr 2016 einfach überragend. Es gab vieles, das nicht planbar war und so auch nicht vorhersehbar, aber es waren auch viele Momente dabei, in denen du sehen und spüren konntest, wie sich diese neue junge U 21 kontinuierlich entwickelt hat. Vor den Olympischen Spielen hatten wir bekanntermaßen Probleme. Die Abstellung gestaltete sich schwierig, wir mussten ohne Vorbereitung ins Turnier, aber am Ende des Tages hatten wir eine Mannschaft, die Charakter hatte, die zusammengewachsen ist, die wollte. Alle haben sich mit dem Ziel Olympia identifiziert, haben sich für den anderen reingekniet. Das war der ausschlaggebende Punkt. Und wollen Sie wissen, was das Schönste ist?

DFB.de: Gern!

Hrubesch: Das Schönste ist, dass sich die Mannschaft dafür belohnt hat. Unzählige Menschen haben mich danach auf Veranstaltungen oder auf der Straße angesprochen und mir gratuliert: "Es war super wie Ihr gespielt habt", oder "Es hat uns so viel Spaß gemacht mit Euch zu fiebern bis zum Finale", habe ich da gehört. Da war ich schon überrascht, plötzlich kam der Briefträger mit Säcken voller Autogrammpost. Das hat auch einem alten Hasen wie mir sehr viel bedeutet und das werde ich nie vergessen.

DFB.de: Wenn wir jetzt an die Zeit in Brasilien zurückdenken: Gibt es einen speziellen Moment oder mehrere, die besonders in Erinnerung bleiben werden?

Hrubesch: Es waren einige Dinge. Zuerst bin ich sehr dankbar für alle, die ich mit dabei hatte. Eigentlich muss ich sie jetzt alle aufzählen, ob die Mitglieder aus dem Staff, Hansi Flick als Sportdirektor, oder meine Co-Trainer Thomas Nörenberg und Marcus Sorg. Alle standen 100 Prozent hinter mir und jeder Einzelne hat einen enormen Beitrag geleistet. Nach dem ersten Spiel hat es mich einige Tage lang voll erwischt, ich lang krank im Bett, hatte keine Stimme und ich habe gedacht, ich muss eigentlich nach Hause fahren. Da kamen drei, vier Spieler zu mir wie Leon Goretzka, Max Meyer oder die Bender Zwillinge, ich konnte gar nicht reden, und sie sagten zu mir: "Trainer, machen Sie sich keinen Kopf, wir machen das schon. Wir kriegen das hin, egal ob das jetzt länger dauert oder nicht. Wir kriegen das hin." Die gleiche Unterstützung habe ich aus dem Funktionsteam erhalten, das hat gezeigt, was diese ganze Geschichte ausgemacht hat, was da für ein Geist dringesteckt hat.

DFB.de: Nämlich?

Hrubesch: Wie die Spieler es genommen haben und wie sie es gelebt haben, selbst im Moment der Niederlage im Elfmeterschießen, wie traurig sie die ersten Minuten waren und dann erkannt haben, dass sie dieses Silber sich wie Gold anfühlt. Und das sind die Momente, die den Fußball auszeichnen. Zu sehen, wie diese jungen Menschen einfach Spaß am Fußball haben und es ihnen gelingt, Millionen Menschen mitzureißen. Da ging es nicht um Geld, oder sonstige Eitelkeiten. Es ging darum, zusammen etwas zu erreichen. Es hat, auch wenn es schwierige Momente gab, einfach Riesenspaß gemacht. Ich wurde mitgenommen, ich konnte meine Spieler mitnehmen, es hat jeder für jeden gestanden. Das ist das, was ich von solchen Mannschaften erwarte, was ich in diesem Sport erwarte, und wie ich diesen Fußball, wenn man so will, seit 60 Jahren lebe.

DFB.de: Sie konnten als Trainer zwei Erfolge feiern, die in die Fußballgeschichte eingehen, den Gewinn der U 21-EM 2009 und nun die Olympische Silbermedaille. Welcher Erfolg wiegt schwerer?

Hrubesch: Jedes Turnier steht für sich. Das Entscheidende ist, dass ich mich bei den Spielern bedanken muss dafür, dass Sie mich mitgenommen haben bei diesen Erfolgen. Natürlich habe ich ihnen auch geholfen, das ist keine Frage, aber am Ende des Tages machen die Spieler den Trainer zum Europameister und zum Silbermedaillengewinner. Das war einfach nur gut. Bewerten, ob das eine oder andere mehr Wert ist, kann man nicht. Jede Mannschaft für sich war toll, hat Spaß gemacht und vor allen Dingen: Es war hochverdient, das muss man einfach sagen.

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DFB.de: Können Sie das etwas genauer beschreiben?

Hrubesch: Wir waren in beiden Turnieren nicht von Anfang an der große Favorit. Geschenkt wurde einem nichts, sondern wir haben die ganze Zeit darauf hingearbeitet. Man hat es gelebt und am Ende auch selbstständig entschieden. Das war für mich der entscheidende Faktor, besonders bei Olympia. Wir haben Olympia in Fußball-Deutschland wieder salonfähig gemacht.

DFB.de: Und die U 21?

Hrubesch: Was die U 21 erreicht hat in diesem Jahr, auch was die Qualifikation zur U 21-EM 2017 in Polen angeht, macht mich einfach stolz. Sie freuen sich immer, wenn sie zusammenkommen, sie halten auch zwischen den Länderspielen den Kontakt, das ist einfach schön zu beobachten. Ja, wir haben eine sehr gute Ausbildung und viele exzellente Talente in Deutschland. Trotzdem ist der sportliche Erfolg nicht selbstverständlich. Und mitauschlaggebend dafür ist die Motivation, der Wille im Training hart und konzentriert zu arbeiten und die Tatsache, dass man sich untereinander einfach schätzt. Wenn sich einer verletzt hat, bei der Nationalmannschaft oder im Verein, herrschte sofort Kontakt, wurden Genesungswünsche geschickt.

DFB.de: In 17 Jahren als DFB-Trainer haben Sie fast alle Junioren-Nationalmannschaften betreut. Sie haben Spieler erlebt, die es nach ganz oben, aber auch viele, die es nicht geschafft haben. Worauf kommt es an?

Hrubesch: Ich gucke gerade auf das Bild im Büro von Hansi Flick, das die Weltmeister 2014 zeigt, viele von ihnen habe ich ja in der U 21 betreut. Oder wie viele aus den Junioren-Mannschaften es in die A-Nationalmannschaft schaffen. Wenn wir die DFB-Stützpunkte und die Arbeit in den Verbänden mit dazu zählen, haben wir ungefähr 4000 Spieler in einem Jahrgang. Und wenn es ein Prozent in den Profifußball schafft, dann haben wir schon einen super Job gemacht. Und…

DFB.de: … ja?

Hrubesch: … ich wünsche mir, dass wir durch unsere Jugendarbeit, angefangen beim DFB-Mobil im Kinderfußball, über die Stützpunkte und den Auswahlmannschaften der Landesverbände, die Spieler nicht nur sportlich, sondern auch menschlich prägen. Dass sie etwas lernen über Werte wie Respekt, Anstand, Fairplay, Mitgefühl, Hilfsbereitschaft und so weiter. Wir begleiten das Leben dieser Kids nicht nur sportlich, sondern auch menschlich, sodass sie sich auch sozial weiterentwickeln. Wir achten darauf, dass die Schule nicht vernachlässigt wird, dass sie ein richtiges Verhalten in der Gruppe leben. Und wenn ich meine Spieler heute auf diesem Bild sehe - Weltmeister, alles gestandene Männer mit Frauen, Kindern, einer eigenen Familie - und dann eine Meldung kriege wie neulich von Sven Bender, der Papa geworden ist und sehe wie stolz er ist, dann macht mich das einfach nur glücklich. Du weißt dann ganz genau: Es hat sich alles gelohnt, was du getan hast.

DFB.de: Talente, Elternteile, Trainer von DFB-Stützpunkten oder Bundesliga-Leistungszentren – welchen besonders wichtigen Rat haben Sie parat?

Hrubesch: Ich gebe ihnen den Ratschlag, sich zu informieren und die vielen Dinge zu nutzen, die der DFB im Bereich Talentförderung, Training und Service zu bieten hat. Wir haben das Glück, dem besten Fußballverband der Welt anzugehören. Wir haben viele Möglichkeiten, wichtig ist dabei, immer einen Schritt nach dem anderen zu machen, klaren Kopf zu behalten, ein gutes Umfeld zu haben, die Familie, die Freunde nie zu vernachlässigen und einfach Spaß am Spielen und am Trainieren zu haben. Und wenn man sieht, was am Ende des Tages dabei rauskommt, dass alle Juniorenteams an den Endrundenturnieren teilnehmen, dieses Jahr alle fast im Halbfinale oder Finale gestanden haben, ist das schon toll.

DFB.de: Ihre Zeit beim DFB ging eigentlich zuende, nun werden sie ihm doch dabei bleiben. Welche Aufgaben werden Sie in Zukunft wahrnehmen?

Hrubesch: Die Jugendarbeit hat mich mein ganzes Leben begleitet, hier will ich mich auch weiterhin einbringen. Ich bleibe DFB-Trainer, das bedeutet, dass sich nichts ändert - außer dem Umstand, dass ich keine Mannschaft mehr trainiere. Die DFB-Trainertagung werde ich weiterhin besuchen, mich um den Austausch mit den Landesverbänden und ihren Verbandssportlehrern kümmern und meine Trainerkollegen unterstützen, wo ich gebraucht werde.

DFB.de: Werden Sie so eine Art Mentor für jüngere Kollegen?

Hrubesch: Genau, man kann meine Rolle als "Mentoring" verstehen, das wir auch im Zuge der geplanten DFB-Akademie ins Leben rufen wollen. Dort steht der DFB vor so vielen großartigen Möglichkeiten. Wir haben auch eine tolle Mischung: mit sehr vielen jungen Trainern, aber auch Kollegen mit viel Erfahrung. Wir wollen nun gemeinsam überlegen, was wir noch besser machen können. Dass wir gut sind, wissen wir. Wir sind sogar sehr gut. Aber es geht immer noch ein bisschen mehr. Die Kunst im Fußball ist immer, das Erreichte zu bestätigen und am besten zu übertreffen - darum wird es immer gehen.

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