Horst R. Schmidt: "Ganz ohne Fußball möchte ich nicht leben"

Nach 15 Jahren als Generalsekretär des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) ist Horst R. Schmidt auf dem DFB-Bundestag 2007 am Freitag in Mainz zum DFB-Schatzmeister gewählt worden. "Diese Verantwortung zu tragen, ist eine absolute Herausforderung", sagt der 65-Jährige im Interview mit dem Sport-Informations-Dienst (sid).

Frage: Herr Schmidt, Sie sind seit Mitte der 70er-Jahre fester Bestandteil des DFB, 15 Jahre lang bekleideten Sie das Amt des DFB-Generalsekretärs, Sie haben die WM als 1. Vizepräsident mit auf die Beine gestellt und stehen dem OK der WM 2010 in Südafrika als Experte seit Oktober 2006 etwa sieben Tage im Monat zur Verfügung. Nun sind Sie auf dem DFB-Bundestag in Mainz zum Schatzmeister gewählt worden. Mit Verlaub: Können Sie nicht ohne den Fußball, oder kann der Fußball nicht ohne Sie?

Horst R. Schmidt: Das ist eine spannende Frage. Sicher kann der Fußball sehr gut ohne mich leben, da habe ich keinen Zweifel. Natürlich muss man nach den Jahren als DFB-Generalsekretär zunächst ein bisschen Abstand gewinnen. Aber ganz ohne Fußball möchte ich einfach noch nicht leben, deshalb bin ich bereit, mich für den Verband als Schatzmeister zu engagieren.

Frage: Als Schatzmeister tragen Sie eine besondere Verantwortung...

Schmidt: Der Schatzmeister hat in einem Verband mit dieser wirtschaftlichen Größenordnung sicher einen besondere Rolle inne. Diese Verantwortung zu tragen ist eine absolute Herausforderung. Ich werde auch sicher mindestens einmal die Woche im Hause präsent sein, da es zu den Obliegenheiten eines Schatzmeisters gehört, bei Maßnahmen mit einer gewissen wirtschaftliche Größenordnung mitzuwirken.

Frage: Auf dem DFB-Bundestag wurde neben den Wahlen auch das Verhältnis zwischen DFB und DFL auf den Prüfstand gestellt. Dabei ging es vor allem um die Neugestaltung des 2009 endenden Grundlagenvertrags. Wie sehen Sie die aktuelle Lage?

Schmidt: Im Spannungsfeld zwischen Liga und Verband gibt es wichtige Fragen zu klären. Die Liga muss im Wettbewerb mit den anderen europäischen Ligen ständig auf der Suche nach neuen Einnahmequellen sein. Deshalb ist es legitim, dass sie hinterfragt, ob die Größe des Anteils an den Einnahmen der Nationalmannschaft noch in Ordnung ist. Aber auch wir müssen prüfen, ob wir an den Einnahmen der Bundesliga noch richtig beteiligt werden. Das ist eine Diskussion, die laufend geführt werden muss, deshalb gab es während der Laufzeit des jetzigen Grundlagenvertrags immer wieder aktuelle Vereinbarungen. Ich denke da nur an die freiwillige Zahlung an die Liga aus dem WM-Überschuss.

Frage: Sie wollen damit sagen, dass der DFB in der Vergangenheit bereits auf die Liga zugegangen ist?

Schmidt: Wir haben uns den Anliegen der Liga immer wieder aufgeschlossen gezeigt. Im Moment hört es sich so an, als wolle die Liga alles auf auf den Kopf stellen, um eine andere Lösung zu finden. Das kann ich mir aber nicht vorstellen. Beide Seiten werden im konkreten Fall miteinander sprechen und danach eine Lösung finden.

Frage: Die Führung der Liga kommt aus einer anderen Generation als die des DFB. Kann auch darin ein Grund für die Problematik liegen?

Schmidt: Ich wehre mich dagegen, dass wir in die Richtung dargestellt werden, als sei der DFB mit Personen ausgestattet, die dem dynamischen Anspruch nicht genügen, so dass der Verband insgesamt deshalb in seiner Leistung nicht mehr dem entspricht, was die heutige Zeit erfordert. Aber ich bin da ganz gelassen, den der DFB hat als einer der anerkanntesten Nationalverbände in der ganzen Welt einen exzellenten Ruf. Da muss die Liga erst einmal hinkommen. Im Übrigen brachte gerade der Bundestag 2007 beachtliche Verjüngungen in der DFB-Führung.

Frage: Anderes Thema - die WM 2010 in Südafrika. Sie waren seit vergangenen Oktober jeden Monat in Südafrika. Kann diese von vielen Unwägbarkeiten begleitete WM sogar das Sommermärchen 2006 in den Schatten stellen?

Schmidt: Ich habe Verständnis dafür, dass jeder Ausrichter sagt, es muss die beste WM aller Zeiten werden. Das ist ein legitimer Anspruch, und den erhebt auch das südafrikanische OK. Ich stelle fest, dass man diesen Anspruch im Bereich der Stadien erfüllen wird. Die Stadien sind in ihrer Ausgestaltung durchaus vergleichbar mit dem, was bei uns passiert ist. Für die sechs neuen Stadien und die vier, die es schon gab, sind die Mittel sogar höher als für die insgesamt zwölf Standorte bei der WM 2006. Alleine beim Stadionbau erkennt man hohe Ansprüche.

Frage: Dennoch bereiten die Infrastruktur, die Gewalt und die Armut große Sorgen. Was macht die Regierung, um diese massiven Probleme in den Griff zu bekommen?

Schmidt: Das Land hat sicher seine Probleme, wenn es um Sicherheit und Verkehrs-Infrastruktur geht. Mich hat überrascht, wie konsequent die Regierung diese Themen zu ihrem Anliegen gemacht hat. Südafrika hat das Glück, dass es sich in einer ausgesprochen positiven wirtschaftlichen Situation befindet. Jährliche Zuwachsraten von sechs und mehr Prozent zeigen, dass dort Geld in die Hand genommen werden kann. Natürlich wird die WM in ihrer Ausprägung eine afrikanische WM. Das ist etwas anderes, als wenn das Turnier in England oder Deutschland stattfindet. Aber die Austragung der kommenden WM in Südafrika steht überhaupt nicht in Frage.

Frage: Viele Zuschauer, die noch berauscht sind von der friedlichen Atmosphäre bei der WM 2006 fürchten aber dennoch das Gewaltproblem ...

Schmidt: Das müssen wir in den Griff bekommen. Man wird sich im Sicherheitskonzept darauf konzentrieren, welche Locations, auf die WM-Spielorte bezogen, von Bedeutung sind. Man wird alles dafür tun, den Menschen das gute Gefühl zu geben, dass die Lage okay ist. Es wird aber sicher bestimmte Bereiche geben, wo man die Empfehlung aussprechen muss, dort eben nicht hinzugehen. Damit wird es eine solide Grundsicherheit geben. Zudem wird man die Polizeistärke erheblich erhöhen, so um die 30.000 Mann.

Frage: Südafrika gilt trotz des Aufschwungs als armes Land. Angeblich sollen die Karten bei der WM subventioniert werden ...

Schmidt: "Mit diesem Thema ist man befasst, es ist ganz selbstverständlich, dass solche Überlegungen eine Rolle spielen. Lösungen sind auch soweit gefunden, auch wenn ich noch nichts darüber sagen kann, weil verabredet ist, die Vorschläge erst den Gremien vorzulegen.

Frage: Zurück in die Heimat. Auf dem DFB-Bundestag wurde auch Präsident Theo Zwanziger in seinem Amt bestätigt. Wie bewerten Sie seine bisherige Arbeit?

Schmidt: Seine erste Amtsperiode ist so zu bewerten, dass zunächst die Arbeit in der Doppelspitze mit Gerhard Mayer-Vorfelder sicher nicht ganz einfach war. Aber im Rückblick war diese von vielen kritisierte Entscheidung sinnvoll, und es konnte dadurch effektive Arbeit geleistet werden. Schon in dieser Konstellation hat Theo Zwanziger unverkennbar eine sehr wichtige Rolle gespielt und war nicht zweiter Mann. Er hat gezeigt, dass er wesentliche Bereiche mitbestimmen will und auch zahlreiche Programmpunkte, wie Integration, Eliteförderung, Mädchenfußball oder Schuloffensive, als eigene Initiative eingebracht.

Frage: Und dann werden die Frauen wenige Wochen vor der Vergabe der WM 2011 auch noch Weltmeister ...

Schmidt: Der Erfolg der Frauen passt gut in dieses Bild. Dort sieht er große Ressourcen für den DFB, und die Bewerbung für die WM 2011 hat bereits viel in Bewegung gebracht. Da arbeitet er unheimlich konsequent.

Weitere Informationen zum DFB-Bundestag 2007 finden Sie hier.

[sid]

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Nach 15 Jahren als Generalsekretär des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) ist Horst R. Schmidt auf dem DFB-Bundestag 2007 am Freitag in Mainz zum DFB-Schatzmeister gewählt worden. "Diese Verantwortung zu tragen, ist eine absolute Herausforderung", sagt der 65-Jährige im Interview mit dem Sport-Informations-Dienst (sid).

Frage: Herr Schmidt, Sie sind seit Mitte der 70er-Jahre fester Bestandteil des DFB, 15 Jahre lang bekleideten Sie das Amt des DFB-Generalsekretärs, Sie haben die WM als 1. Vizepräsident mit auf die Beine gestellt und stehen dem OK der WM 2010 in Südafrika als Experte seit Oktober 2006 etwa sieben Tage im Monat zur Verfügung. Nun sind Sie auf dem DFB-Bundestag in Mainz zum Schatzmeister gewählt worden. Mit Verlaub: Können Sie nicht ohne den Fußball, oder kann der Fußball nicht ohne Sie?

Horst R. Schmidt: Das ist eine spannende Frage. Sicher kann der Fußball sehr gut ohne mich leben, da habe ich keinen Zweifel. Natürlich muss man nach den Jahren als DFB-Generalsekretär zunächst ein bisschen Abstand gewinnen. Aber ganz ohne Fußball möchte ich einfach noch nicht leben, deshalb bin ich bereit, mich für den Verband als Schatzmeister zu engagieren.

Frage: Als Schatzmeister tragen Sie eine besondere Verantwortung...

Schmidt: Der Schatzmeister hat in einem Verband mit dieser wirtschaftlichen Größenordnung sicher einen besondere Rolle inne. Diese Verantwortung zu tragen ist eine absolute Herausforderung. Ich werde auch sicher mindestens einmal die Woche im Hause präsent sein, da es zu den Obliegenheiten eines Schatzmeisters gehört, bei Maßnahmen mit einer gewissen wirtschaftliche Größenordnung mitzuwirken.

Frage: Auf dem DFB-Bundestag wurde neben den Wahlen auch das Verhältnis zwischen DFB und DFL auf den Prüfstand gestellt. Dabei ging es vor allem um die Neugestaltung des 2009 endenden Grundlagenvertrags. Wie sehen Sie die aktuelle Lage?

Schmidt: Im Spannungsfeld zwischen Liga und Verband gibt es wichtige Fragen zu klären. Die Liga muss im Wettbewerb mit den anderen europäischen Ligen ständig auf der Suche nach neuen Einnahmequellen sein. Deshalb ist es legitim, dass sie hinterfragt, ob die Größe des Anteils an den Einnahmen der Nationalmannschaft noch in Ordnung ist. Aber auch wir müssen prüfen, ob wir an den Einnahmen der Bundesliga noch richtig beteiligt werden. Das ist eine Diskussion, die laufend geführt werden muss, deshalb gab es während der Laufzeit des jetzigen Grundlagenvertrags immer wieder aktuelle Vereinbarungen. Ich denke da nur an die freiwillige Zahlung an die Liga aus dem WM-Überschuss.

Frage: Sie wollen damit sagen, dass der DFB in der Vergangenheit bereits auf die Liga zugegangen ist?

Schmidt: Wir haben uns den Anliegen der Liga immer wieder aufgeschlossen gezeigt. Im Moment hört es sich so an, als wolle die Liga alles auf auf den Kopf stellen, um eine andere Lösung zu finden. Das kann ich mir aber nicht vorstellen. Beide Seiten werden im konkreten Fall miteinander sprechen und danach eine Lösung finden.

Frage: Die Führung der Liga kommt aus einer anderen Generation als die des DFB. Kann auch darin ein Grund für die Problematik liegen?

Schmidt: Ich wehre mich dagegen, dass wir in die Richtung dargestellt werden, als sei der DFB mit Personen ausgestattet, die dem dynamischen Anspruch nicht genügen, so dass der Verband insgesamt deshalb in seiner Leistung nicht mehr dem entspricht, was die heutige Zeit erfordert. Aber ich bin da ganz gelassen, den der DFB hat als einer der anerkanntesten Nationalverbände in der ganzen Welt einen exzellenten Ruf. Da muss die Liga erst einmal hinkommen. Im Übrigen brachte gerade der Bundestag 2007 beachtliche Verjüngungen in der DFB-Führung.

Frage: Anderes Thema - die WM 2010 in Südafrika. Sie waren seit vergangenen Oktober jeden Monat in Südafrika. Kann diese von vielen Unwägbarkeiten begleitete WM sogar das Sommermärchen 2006 in den Schatten stellen?

Schmidt: Ich habe Verständnis dafür, dass jeder Ausrichter sagt, es muss die beste WM aller Zeiten werden. Das ist ein legitimer Anspruch, und den erhebt auch das südafrikanische OK. Ich stelle fest, dass man diesen Anspruch im Bereich der Stadien erfüllen wird. Die Stadien sind in ihrer Ausgestaltung durchaus vergleichbar mit dem, was bei uns passiert ist. Für die sechs neuen Stadien und die vier, die es schon gab, sind die Mittel sogar höher als für die insgesamt zwölf Standorte bei der WM 2006. Alleine beim Stadionbau erkennt man hohe Ansprüche.

Frage: Dennoch bereiten die Infrastruktur, die Gewalt und die Armut große Sorgen. Was macht die Regierung, um diese massiven Probleme in den Griff zu bekommen?

Schmidt: Das Land hat sicher seine Probleme, wenn es um Sicherheit und Verkehrs-Infrastruktur geht. Mich hat überrascht, wie konsequent die Regierung diese Themen zu ihrem Anliegen gemacht hat. Südafrika hat das Glück, dass es sich in einer ausgesprochen positiven wirtschaftlichen Situation befindet. Jährliche Zuwachsraten von sechs und mehr Prozent zeigen, dass dort Geld in die Hand genommen werden kann. Natürlich wird die WM in ihrer Ausprägung eine afrikanische WM. Das ist etwas anderes, als wenn das Turnier in England oder Deutschland stattfindet. Aber die Austragung der kommenden WM in Südafrika steht überhaupt nicht in Frage.

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Frage: Viele Zuschauer, die noch berauscht sind von der friedlichen Atmosphäre bei der WM 2006 fürchten aber dennoch das Gewaltproblem ...

Schmidt: Das müssen wir in den Griff bekommen. Man wird sich im Sicherheitskonzept darauf konzentrieren, welche Locations, auf die WM-Spielorte bezogen, von Bedeutung sind. Man wird alles dafür tun, den Menschen das gute Gefühl zu geben, dass die Lage okay ist. Es wird aber sicher bestimmte Bereiche geben, wo man die Empfehlung aussprechen muss, dort eben nicht hinzugehen. Damit wird es eine solide Grundsicherheit geben. Zudem wird man die Polizeistärke erheblich erhöhen, so um die 30.000 Mann.

Frage: Südafrika gilt trotz des Aufschwungs als armes Land. Angeblich sollen die Karten bei der WM subventioniert werden ...

Schmidt: "Mit diesem Thema ist man befasst, es ist ganz selbstverständlich, dass solche Überlegungen eine Rolle spielen. Lösungen sind auch soweit gefunden, auch wenn ich noch nichts darüber sagen kann, weil verabredet ist, die Vorschläge erst den Gremien vorzulegen.

Frage: Zurück in die Heimat. Auf dem DFB-Bundestag wurde auch Präsident Theo Zwanziger in seinem Amt bestätigt. Wie bewerten Sie seine bisherige Arbeit?

Schmidt: Seine erste Amtsperiode ist so zu bewerten, dass zunächst die Arbeit in der Doppelspitze mit Gerhard Mayer-Vorfelder sicher nicht ganz einfach war. Aber im Rückblick war diese von vielen kritisierte Entscheidung sinnvoll, und es konnte dadurch effektive Arbeit geleistet werden. Schon in dieser Konstellation hat Theo Zwanziger unverkennbar eine sehr wichtige Rolle gespielt und war nicht zweiter Mann. Er hat gezeigt, dass er wesentliche Bereiche mitbestimmen will und auch zahlreiche Programmpunkte, wie Integration, Eliteförderung, Mädchenfußball oder Schuloffensive, als eigene Initiative eingebracht.

Frage: Und dann werden die Frauen wenige Wochen vor der Vergabe der WM 2011 auch noch Weltmeister ...

Schmidt: Der Erfolg der Frauen passt gut in dieses Bild. Dort sieht er große Ressourcen für den DFB, und die Bewerbung für die WM 2011 hat bereits viel in Bewegung gebracht. Da arbeitet er unheimlich konsequent.

Weitere Informationen zum DFB-Bundestag 2007 finden Sie hier.