Horst R. Schmidt: "Die Wege waren richtig"

Im Interview mit dem Sport-Informations-Dienst (sid) hat sich Horst R. Schmidt, DFB-Generalsekretär und 1. Vizepräsident des Organisationskomitees der Weltmeisterschaft, zu Fragen rund um das Ticketing geäußert.

Frage: Horst R. Schmidt, der Fußball-Weltverband hat angekündigt, 2010 den Eintrittskartenverkauf wieder selbst in die Hand zu nehmen. Empfinden Sie diese Äußerung von FIFA-Präsident Joseph S. Blatter als Kritik an der Arbeit des deutschen Organisationskomitees und speziell an ihrer Person, da Sie im OK für das Ticketing verantwortlich sind?

Schmidt: Nein, im Gegenteil. Ich empfinde das als Vertrauen und Lob für unser OK. Man muss ja wissen, dass in den ursprünglichen Verträgen, welche der Veranstalter FIFA mit dem Ausrichterland schließt, die FIFA sich den Kartenverkauf vorbehält. Nur, weil sie uns das zutraut, hat sie auf unser dringendes Bitten am Ende gesagt: Dann macht es halt. Im Übrigen: Es hat gut getan, dass wir von der FIFA nur positives Feedback für unsere Anstrengungen im Ticketing erhalten haben.

Frage: Aber viele Fans üben Kritik. Erstens: Zu viele Karten für die VIP's und den Hospitality-Bereich.

Schmidt: Wir stehen als OK am Ende der Kette. Erst erhält die FIFA ihre Karten für die Partner und die 32 teilnehmenden Länder. Dann hat iSE 285.000 Karten für den Hospitality-Bereich angefordert. Diese Einnahmen aus dem Luxusbereich brauchen wir unbedingt, um unser Budget auszugleichen.

Frage: Zweiter Kritikpunkt: Zu wenig Karten für die echten Fans.

Schmidt: Wir haben in einer ersten Welle 800.000 Tickets an das breite Publikum verkauft; inzwischen liegen wir bei 1,2 Millionen, ohne die acht Prozent eingerechnet zu haben, die jedem Team pro Spiel zustehen. Aber wir werden an die Fans noch weitere Karten verkaufen. Ich rechne, dass am Ende bestimmt 50 Prozent der zur Verfügung stehenden Tickets von 3,2 Millionen an die Fans gehen.

Frage: Wie das?

Schmidt: Durch die Rückläufer. Es gibt Verbände, die ihr Kontingent nicht ausschöpfen. Wir werden nicht alle Hospitality-Karten verkaufen. Da stellt sich das nächste Problem: Wir können eine Hospitality-Karte nicht zum Normalpreis abgeben und den Mann oder die Frau dann in dem Gastronomiebereich platzieren. Es wird ja niemand durch den Restaurantbereich laufen und laut rufen: 'Ich esse nichts, ich will nur auf meinen Platz!'

Frage: Dritter Punkt: Die Plätze sind zu schlecht.

Schmidt: Die Platzierung bestimmt die FIFA. Und die Haupttribüne geht nun einmal manchmal bis zur Eckfahne.

Frage: Kritik gab es auch an den Optionstickets, die bezahlt werden mussten, ohne zu wissen, ob man ein Ticket erhält.

Schmidt: Diese Sparte erweist sich für uns jetzt als Segen. Wir können die Kunden blitzschnell benachrichtigen, falls eine Karte frei wird und die Tickets dann an den Service-Schaltern am Stadion hinterlegen, wo sie bis zum Spieltag abgeholt werden können. Wobei ich noch einmal betonen muss, dass diese Service-Schalter keine Verkaufsstellen sind, sondern der Abholung und dem Umtausch von Tickets dienen.

Frage: Sie scheinen sehr auf das Internet zu setzen.

Schmidt: Wir können nicht die modernsten Arenen haben mit elektronischer Einlasskontrolle und dann die Karten für eine WM innerhalb einer Woche in ein paar Verkaufsstellen an die abgeben, die zufällig am weitesten vorne in der Schlange stehen. Mit Hilfe des Internet haben wir alle Gruppen gerecht bedacht, die Fußball-Familie mit ihren Vereinen, die Fanklubs... Die Internet-Lösung war fair. Anfangs haben wir noch die Möglichkeit des schriftlichen Bestellens angeboten. Das wurde von nicht einmal einem Prozent der Interessenten genutzt.

Frage: Hohe Wellen schlug die Personalisierung der Eintrittskarten.

Schmidt: Ja, einige Verbände waren entsetzt, als sie unsere Forderungen begriffen. Und auch Sponsoren, die beispielsweise Karten verlosen. Aber die Anschrift des Gewinners brauchten sie ja sowieso. Und wenn Togo uns die Daten übermitteln kann, sollte das in Europa kein Problem sein. Ich denke, dass wir auch in diesem Bereich nahe an die 100 Prozent kommen.

Frage: Wenn die WM in gut einem Monat vorbei ist: Was bleibt nach all den Jahren Arbeit?

Schmidt: Die Wege waren richtig. Aber vielleicht war unser Anspruch zu hoch. Vielleicht haben wir zu viele Anforderungen gestellt. Was wir aufgebaut haben, kann jedenfalls von anderen Sportarten genutzt werden, wenn nicht zu hundert, dann zu neunzig Prozent. Ich wüsste keinen Fehler, den wir begangen hätten.

[sid]


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Im Interview mit dem Sport-Informations-Dienst (sid) hat sich Horst R. Schmidt, DFB-Generalsekretär und 1. Vizepräsident des Organisationskomitees der Weltmeisterschaft, zu Fragen rund um das Ticketing geäußert.



Frage: Horst R. Schmidt, der Fußball-Weltverband hat
angekündigt, 2010 den Eintrittskartenverkauf wieder selbst in die
Hand zu nehmen. Empfinden Sie diese Äußerung von FIFA-Präsident
Joseph S. Blatter als Kritik an der Arbeit des deutschen
Organisationskomitees und speziell an ihrer Person, da Sie im OK
für das Ticketing verantwortlich sind?



Schmidt: Nein, im Gegenteil. Ich empfinde das als Vertrauen und Lob für unser OK. Man muss ja wissen, dass in den
ursprünglichen Verträgen, welche der Veranstalter FIFA mit dem
Ausrichterland schließt, die FIFA sich den Kartenverkauf vorbehält. Nur, weil sie uns das zutraut, hat sie auf unser dringendes Bitten am Ende gesagt: Dann macht es halt. Im Übrigen: Es hat gut getan, dass wir von der FIFA nur positives Feedback für unsere Anstrengungen im Ticketing erhalten haben.



Frage: Aber viele Fans üben Kritik. Erstens: Zu viele Karten für die VIP's und den Hospitality-Bereich.



Schmidt: Wir stehen als OK am Ende der Kette. Erst erhält die FIFA ihre Karten für die Partner und die 32 teilnehmenden Länder. Dann hat iSE 285.000 Karten für den Hospitality-Bereich
angefordert. Diese Einnahmen aus dem Luxusbereich brauchen wir
unbedingt, um unser Budget auszugleichen.



Frage: Zweiter Kritikpunkt: Zu wenig Karten für die echten Fans.



Schmidt: Wir haben in einer ersten Welle 800.000 Tickets an das breite Publikum verkauft; inzwischen liegen wir bei 1,2
Millionen, ohne die acht Prozent eingerechnet zu haben, die jedem
Team pro Spiel zustehen. Aber wir werden an die Fans noch weitere
Karten verkaufen. Ich rechne, dass am Ende bestimmt 50 Prozent der zur Verfügung stehenden Tickets von 3,2 Millionen an die Fans gehen.



Frage: Wie das?



Schmidt: Durch die Rückläufer. Es gibt Verbände, die ihr
Kontingent nicht ausschöpfen. Wir werden nicht alle
Hospitality-Karten verkaufen. Da stellt sich das nächste Problem:
Wir können eine Hospitality-Karte nicht zum Normalpreis abgeben und den Mann oder die Frau dann in dem Gastronomiebereich platzieren. Es wird ja niemand durch den Restaurantbereich laufen und laut rufen: 'Ich esse nichts, ich will nur auf meinen Platz!'



Frage: Dritter Punkt: Die Plätze sind zu schlecht.



Schmidt: Die Platzierung bestimmt die FIFA. Und die
Haupttribüne geht nun einmal manchmal bis zur Eckfahne.



Frage: Kritik gab es auch an den Optionstickets, die bezahlt werden mussten, ohne zu wissen, ob man ein Ticket erhält.



Schmidt: Diese Sparte erweist sich für uns jetzt als Segen. Wir können die Kunden blitzschnell benachrichtigen, falls eine Karte frei wird und die Tickets dann an den Service-Schaltern am Stadion hinterlegen, wo sie bis zum Spieltag abgeholt werden können. Wobei ich noch einmal betonen muss, dass diese Service-Schalter keine Verkaufsstellen sind, sondern der Abholung und dem Umtausch von Tickets dienen.



Frage: Sie scheinen sehr auf das Internet zu setzen.



Schmidt: Wir können nicht die modernsten Arenen haben mit
elektronischer Einlasskontrolle und dann die Karten für eine WM
innerhalb einer Woche in ein paar Verkaufsstellen an die abgeben,
die zufällig am weitesten vorne in der Schlange stehen. Mit Hilfe
des Internet haben wir alle Gruppen gerecht bedacht, die
Fußball-Familie mit ihren Vereinen, die Fanklubs... Die
Internet-Lösung war fair. Anfangs haben wir noch die Möglichkeit
des schriftlichen Bestellens angeboten. Das wurde von nicht einmal einem Prozent der Interessenten genutzt.



Frage: Hohe Wellen schlug die Personalisierung der
Eintrittskarten.



Schmidt: Ja, einige Verbände waren entsetzt, als sie unsere Forderungen begriffen. Und auch Sponsoren, die beispielsweise Karten verlosen. Aber die Anschrift des Gewinners brauchten sie ja sowieso. Und wenn Togo uns die Daten übermitteln kann, sollte das in Europa kein Problem sein. Ich denke, dass wir auch in diesem Bereich nahe an die 100 Prozent kommen.



Frage: Wenn die WM in gut einem Monat vorbei ist: Was bleibt nach all den Jahren Arbeit?



Schmidt: Die Wege waren richtig. Aber vielleicht war unser Anspruch zu hoch. Vielleicht haben wir zu viele Anforderungen gestellt. Was wir aufgebaut haben, kann jedenfalls von anderen Sportarten genutzt werden, wenn nicht zu hundert, dann zu neunzig Prozent. Ich wüsste keinen Fehler, den wir begangen hätten.