Horst Hrubesch: "Es muss Spaß bringen"

Ein bewegtes Fußballjahr 2023 neigt sich dem Ende. Nach dem WM-Aus der deutschen Frauen-Nationalmannschaft konnten die DFB-Frauen unter Interims-Bundestrainer Horst Hrubesch das Jahr als Gruppenerster mit einer Qualifikation für das Final Four der UEFA Women's Nations League abschließen. Gemeinsam mit hsv.de hat sich DFB.de zum Gespräch mit Horst Hrubesch getroffen. In diesem blickt er auf 2023, seine bisherige Amtszeit bei der Frauen-Nationalmannschaft und spricht über seine Wünsche für 2024.

DFB.de: Herr Hrubesch, mit welchem Gefühl schauen Sie auf 2023?

Horst Hrubesch: Wenn ich auf das Jahr 2023 zurückblicke, muss ich sagen, dass ich sehr zufrieden bin. Natürlich waren die letzten zwei Monate sehr intensiv, seitdem ich die Frauen-Nationalmannschaft übernommen habe. Aber mir macht die Aufgabe einfach viel Spaß. Beim HSV sind wir mit der U 21 fast Regionalliga-Meister geworden und mit den Frauen sind wir aufgestiegen, das waren natürlich zwei Highlights. So kann ich einfach sagen, dass ich mit der Entwicklung bei uns im Nachwuchs, als auch bei den Frauen sehr zufrieden bin. Wir haben die Mannschaften nochmal verjüngt und spielen zum Teil mit jüngeren Jahrgängen in den Altersklassen. Wenn ich zum Jahreswechsel nun auf die vergangenen Monate zurückblicke, muss ich ein großes Kompliment an all meine Mitarbeiter beim HSV aussprechen, weil durch die Funktion beim DFB war ich zuletzt immer mal wieder raus – und wie die ganze Geschichte trotzdem reibungslos fortgeführt wurde, ist klasse. Wir sind auf einem sehr guten Weg!

DFB.de: Anfang Oktober haben Sie die deutsche Frauen-Nationalmannschaft zum zweiten Mal interimsweise als Bundestrainer übernommen. Welches Fazit ziehen Sie zu Ihrer bisherigen zweiten Amtszeit?

Hrubesch: Die größte Herausforderung zu Anfang war, das Selbstverständnis, das die Frauen-Nationalmannschaft zu damaliger Zeit gehabt hatte, wieder herzustellen – dieses Selbstverständnis, zu wissen, was sie können, von sich selbst überzeugt zu sein. Es hilft immer, den Spielerinnen etwas mitzugeben, was sie einem auch abnehmen und glauben. Wenn du dann erfolgreich Fußball spielst – das haben wir in den ersten beiden Spielen zuhause gegen Wales sowie auswärts gegen Island getan, ebenso in dem entscheidenden Spiel gegen Dänemark – kommt die Überzeugung von allein. Sie haben den Schwung mitgenommen. Diese innere Überzeugung war der entscheidende Faktor, auch wenn wir zuletzt eine etwas holprigere Leistung in Wales gezeigt haben. Vor dem Wales-Spiel habe ich schon gesagt, dass es die schwierigste Partie überhaupt wird.

DFB.de: Warum?

Hrubesch: Man denkt, nach Dänemark sei man vermeintlich durch, Wales hatte noch keinen Punkt geholt. Dabei muss man wissen: Bei Wales spielen nur Fußballerinnen, die in England in der ersten Liga spielen und die alle laufen, rennen und fighten können. Das haben sie getan. Sie haben uns eine Lektion erteilt, die wir mitnehmen werden. Wir müssen jedes Spiel zu 100 Prozent packen. Beim Final Four werden wir zweimal auswärts spielen, als erstes in Lyon gegen Frankreich. Gewinnen wir das erste Spiel, sind wir im Nations League Finale. Verlieren wir gegen Frankreich, haben wir immer noch die Chance, als Dritter zu Olympia zu fahren. Wir haben das Ziel, beide Spiel zu gewinnen.

DFB.de: Sie sprechen es an: Das Etappenziel wurde erreicht. Als Gruppenerster hat sich das deutsche Team für das Final Four im Februar qualifiziert. Was lief in der Rückschau gut, was wollen Sie bis dahin verbessern?

Hrubesch: Wir können im 1-gegen-1-Verhalten noch einiges verändern. In unserem Aufbauspiel sind aktuell noch zu viele Fehler. Hier wollen wir sicherer werden, noch klarer spielen. Auch im Dänemark-Spiel gab es eine Phase, in der die Däninnen den Druck erhöht und wir gemerkt haben, dass es nicht ganz so rund läuft. Außerdem möchten wir die Spielgeschwindigkeit weiter erhöhen. Wir müssen schneller spielen, als der Gegner verschieben kann. Den Spruch kennen die Spielerinnen von mir. Damit das gelingt, brauchst du Sicherheit im Passspiel. Es gibt also ein paar Stellschrauben, an denen wir noch drehen können. Daran werden wir gemeinsam arbeiten. Wichtig ist, dass wir uns unsere Überzeugung beibehalten.

DFB.de: Was war Ihr schönster Moment des Jahres aus HSV- und Nationalmannschaftssicht?

Hrubesch: So ein ganzes Jahr auf einzelne Momente herunterzubrechen, ist natürlich nicht einfach. Aber was die U 21 vom HSV in der Rückrunde der vergangenen Saison, also in der ersten Jahreshälfte, gespielt hat, war schon mehr als beachtlich. Das hat mir super gefallen. Aber auch was die anderen Mannschaften von der U 17 und U 19 bis runter zu den ganz kleinen geleistet haben, bleibt in positiver Erinnerung. Was natürlich ein bisschen heraussticht, ist der Aufstieg der HSV-Frauen. Da muss ich ein Kompliment an alle Beteiligten aussprechen: Es war faszinierend, mit welcher Art und Weise die Mädels die Saison durchgezogen und sich dann mit dem Aufstieg belohnt haben. Mein Engagement bei der Frauen-Nationalmannschaft hat sich recht kurzfristig ergeben, da war es wichtig, dass ich wieder eine Verbindung und eine Vertrauensbasis zu den Mädels herstelle – das hat super geklappt. Wir als Trainerteam sind gut eingespielt und wir kannten einige Mädels noch aus der ersten Amtszeit, deshalb war ein großer Eingewöhnungsprozess gar nicht nötig. Gegen Dänemark hat man gesehen, dass die Mädels wieder mit richtiger Überzeugung Fußball gespielt und wieder an sich geglaubt haben – das hat mich riesig gefreut. Mit den Resultaten aus den vier Spielen haben wir die Tür geöffnet, nun ist die Frage, was wir daraus machen.

DFB.de: Wie vereinbaren Sie Ihre beiden Tätigkeiten beim HSV als Direktor des HSV-Nachwuchsleistungszentrum sowie als Interimsbundestrainer der deutschen Frauen-Nationalmannschaft?

Hrubesch: Ich möchte es gar nicht trennen. Auf beiden Seiten geht es um Elite. Auf beiden Seiten geht es darum, Spielerinnen weiterzuentwickeln und der Qualität angemessene Ziele zu verfolgen. Fußball ist für mich immer eine Angelegenheit, die von innen kommt. Ich mache es mit Überzeugung. Es macht mir einfach riesig Spaß, insbesondere, wenn du siehst, was du verändern kannst. Ich hatte immer den Vorteil, Elite trainieren zu dürfen: Die Besten der Besten. Man muss dankbar sein, solche Spielerinnen und Spieler trainieren zu dürfen. Ein Trainer weiß, was möglich ist und was man kriegen kann. Er muss beantworten: "Wie kriegt man es?" Das sind Fragestellungen, die für einen Trainer und ein Trainerteam spannend sind. Man muss eine Idee haben, wo man hinwill und abwägen, ob es eine Mannschaft umsetzen kann, was zu ihr passt und was nicht. Mir ist dabei immer wichtig, dass alle mit Ehrlichkeit daran gehen: Ehrlichkeit sich selbst, aber auch anderen gegenüber. Dann sind wir da, wo wir hinmüssen. Dann werden wir auch erfolgreich sein.

DFB.de: Blicken wir zum Abschluss aufs nächste Jahr. Was wünschen Sie sich ganz persönlich für 2024?

Hrubesch: Für mich geht es in erster Linie darum, dass ich gesund und munter bleibe, denn dass ich nicht mehr der Jüngste bin, ist kein Geheimnis. Ich wurde erst kürzlich bei einem Hallenturnier von einem kleinen Jungen gefragt, wie alt ich bin, da habe ich gesagt 27 – da haben sie alle gelacht, sie haben natürlich gewusst, wie ich das meine, nur der Kleine nicht. Da habe ich ihm gesagt, du musst die beiden Zahlen umdrehen, dann weißt du es ganz genau (lacht). Und genau darum geht es bei mir, dass ich den Spaß und die Freude an der Arbeit beibehalte. Weil das gilt nicht nur für alle Spielerinnen und Spieler, sondern auch für mich: Wenn wir hart arbeiten und am Ende des Tages die Spiele gewinnen, dann macht es einfach viel mehr Spaß – und das ist auch mein Ziel, was ich mir auf die Fahne geschrieben haben. Es muss Spaß bringen und darf nicht zur Qual werden.

[dfb/hsv]

Ein bewegtes Fußballjahr 2023 neigt sich dem Ende. Nach dem WM-Aus der deutschen Frauen-Nationalmannschaft konnten die DFB-Frauen unter Interims-Bundestrainer Horst Hrubesch das Jahr als Gruppenerster mit einer Qualifikation für das Final Four der UEFA Women's Nations League abschließen. Gemeinsam mit hsv.de hat sich DFB.de zum Gespräch mit Horst Hrubesch getroffen. In diesem blickt er auf 2023, seine bisherige Amtszeit bei der Frauen-Nationalmannschaft und spricht über seine Wünsche für 2024.

DFB.de: Herr Hrubesch, mit welchem Gefühl schauen Sie auf 2023?

Horst Hrubesch: Wenn ich auf das Jahr 2023 zurückblicke, muss ich sagen, dass ich sehr zufrieden bin. Natürlich waren die letzten zwei Monate sehr intensiv, seitdem ich die Frauen-Nationalmannschaft übernommen habe. Aber mir macht die Aufgabe einfach viel Spaß. Beim HSV sind wir mit der U 21 fast Regionalliga-Meister geworden und mit den Frauen sind wir aufgestiegen, das waren natürlich zwei Highlights. So kann ich einfach sagen, dass ich mit der Entwicklung bei uns im Nachwuchs, als auch bei den Frauen sehr zufrieden bin. Wir haben die Mannschaften nochmal verjüngt und spielen zum Teil mit jüngeren Jahrgängen in den Altersklassen. Wenn ich zum Jahreswechsel nun auf die vergangenen Monate zurückblicke, muss ich ein großes Kompliment an all meine Mitarbeiter beim HSV aussprechen, weil durch die Funktion beim DFB war ich zuletzt immer mal wieder raus – und wie die ganze Geschichte trotzdem reibungslos fortgeführt wurde, ist klasse. Wir sind auf einem sehr guten Weg!

DFB.de: Anfang Oktober haben Sie die deutsche Frauen-Nationalmannschaft zum zweiten Mal interimsweise als Bundestrainer übernommen. Welches Fazit ziehen Sie zu Ihrer bisherigen zweiten Amtszeit?

Hrubesch: Die größte Herausforderung zu Anfang war, das Selbstverständnis, das die Frauen-Nationalmannschaft zu damaliger Zeit gehabt hatte, wieder herzustellen – dieses Selbstverständnis, zu wissen, was sie können, von sich selbst überzeugt zu sein. Es hilft immer, den Spielerinnen etwas mitzugeben, was sie einem auch abnehmen und glauben. Wenn du dann erfolgreich Fußball spielst – das haben wir in den ersten beiden Spielen zuhause gegen Wales sowie auswärts gegen Island getan, ebenso in dem entscheidenden Spiel gegen Dänemark – kommt die Überzeugung von allein. Sie haben den Schwung mitgenommen. Diese innere Überzeugung war der entscheidende Faktor, auch wenn wir zuletzt eine etwas holprigere Leistung in Wales gezeigt haben. Vor dem Wales-Spiel habe ich schon gesagt, dass es die schwierigste Partie überhaupt wird.

DFB.de: Warum?

Hrubesch: Man denkt, nach Dänemark sei man vermeintlich durch, Wales hatte noch keinen Punkt geholt. Dabei muss man wissen: Bei Wales spielen nur Fußballerinnen, die in England in der ersten Liga spielen und die alle laufen, rennen und fighten können. Das haben sie getan. Sie haben uns eine Lektion erteilt, die wir mitnehmen werden. Wir müssen jedes Spiel zu 100 Prozent packen. Beim Final Four werden wir zweimal auswärts spielen, als erstes in Lyon gegen Frankreich. Gewinnen wir das erste Spiel, sind wir im Nations League Finale. Verlieren wir gegen Frankreich, haben wir immer noch die Chance, als Dritter zu Olympia zu fahren. Wir haben das Ziel, beide Spiel zu gewinnen.

DFB.de: Sie sprechen es an: Das Etappenziel wurde erreicht. Als Gruppenerster hat sich das deutsche Team für das Final Four im Februar qualifiziert. Was lief in der Rückschau gut, was wollen Sie bis dahin verbessern?

Hrubesch: Wir können im 1-gegen-1-Verhalten noch einiges verändern. In unserem Aufbauspiel sind aktuell noch zu viele Fehler. Hier wollen wir sicherer werden, noch klarer spielen. Auch im Dänemark-Spiel gab es eine Phase, in der die Däninnen den Druck erhöht und wir gemerkt haben, dass es nicht ganz so rund läuft. Außerdem möchten wir die Spielgeschwindigkeit weiter erhöhen. Wir müssen schneller spielen, als der Gegner verschieben kann. Den Spruch kennen die Spielerinnen von mir. Damit das gelingt, brauchst du Sicherheit im Passspiel. Es gibt also ein paar Stellschrauben, an denen wir noch drehen können. Daran werden wir gemeinsam arbeiten. Wichtig ist, dass wir uns unsere Überzeugung beibehalten.

DFB.de: Was war Ihr schönster Moment des Jahres aus HSV- und Nationalmannschaftssicht?

Hrubesch: So ein ganzes Jahr auf einzelne Momente herunterzubrechen, ist natürlich nicht einfach. Aber was die U 21 vom HSV in der Rückrunde der vergangenen Saison, also in der ersten Jahreshälfte, gespielt hat, war schon mehr als beachtlich. Das hat mir super gefallen. Aber auch was die anderen Mannschaften von der U 17 und U 19 bis runter zu den ganz kleinen geleistet haben, bleibt in positiver Erinnerung. Was natürlich ein bisschen heraussticht, ist der Aufstieg der HSV-Frauen. Da muss ich ein Kompliment an alle Beteiligten aussprechen: Es war faszinierend, mit welcher Art und Weise die Mädels die Saison durchgezogen und sich dann mit dem Aufstieg belohnt haben. Mein Engagement bei der Frauen-Nationalmannschaft hat sich recht kurzfristig ergeben, da war es wichtig, dass ich wieder eine Verbindung und eine Vertrauensbasis zu den Mädels herstelle – das hat super geklappt. Wir als Trainerteam sind gut eingespielt und wir kannten einige Mädels noch aus der ersten Amtszeit, deshalb war ein großer Eingewöhnungsprozess gar nicht nötig. Gegen Dänemark hat man gesehen, dass die Mädels wieder mit richtiger Überzeugung Fußball gespielt und wieder an sich geglaubt haben – das hat mich riesig gefreut. Mit den Resultaten aus den vier Spielen haben wir die Tür geöffnet, nun ist die Frage, was wir daraus machen.

DFB.de: Wie vereinbaren Sie Ihre beiden Tätigkeiten beim HSV als Direktor des HSV-Nachwuchsleistungszentrum sowie als Interimsbundestrainer der deutschen Frauen-Nationalmannschaft?

Hrubesch: Ich möchte es gar nicht trennen. Auf beiden Seiten geht es um Elite. Auf beiden Seiten geht es darum, Spielerinnen weiterzuentwickeln und der Qualität angemessene Ziele zu verfolgen. Fußball ist für mich immer eine Angelegenheit, die von innen kommt. Ich mache es mit Überzeugung. Es macht mir einfach riesig Spaß, insbesondere, wenn du siehst, was du verändern kannst. Ich hatte immer den Vorteil, Elite trainieren zu dürfen: Die Besten der Besten. Man muss dankbar sein, solche Spielerinnen und Spieler trainieren zu dürfen. Ein Trainer weiß, was möglich ist und was man kriegen kann. Er muss beantworten: "Wie kriegt man es?" Das sind Fragestellungen, die für einen Trainer und ein Trainerteam spannend sind. Man muss eine Idee haben, wo man hinwill und abwägen, ob es eine Mannschaft umsetzen kann, was zu ihr passt und was nicht. Mir ist dabei immer wichtig, dass alle mit Ehrlichkeit daran gehen: Ehrlichkeit sich selbst, aber auch anderen gegenüber. Dann sind wir da, wo wir hinmüssen. Dann werden wir auch erfolgreich sein.

DFB.de: Blicken wir zum Abschluss aufs nächste Jahr. Was wünschen Sie sich ganz persönlich für 2024?

Hrubesch: Für mich geht es in erster Linie darum, dass ich gesund und munter bleibe, denn dass ich nicht mehr der Jüngste bin, ist kein Geheimnis. Ich wurde erst kürzlich bei einem Hallenturnier von einem kleinen Jungen gefragt, wie alt ich bin, da habe ich gesagt 27 – da haben sie alle gelacht, sie haben natürlich gewusst, wie ich das meine, nur der Kleine nicht. Da habe ich ihm gesagt, du musst die beiden Zahlen umdrehen, dann weißt du es ganz genau (lacht). Und genau darum geht es bei mir, dass ich den Spaß und die Freude an der Arbeit beibehalte. Weil das gilt nicht nur für alle Spielerinnen und Spieler, sondern auch für mich: Wenn wir hart arbeiten und am Ende des Tages die Spiele gewinnen, dann macht es einfach viel mehr Spaß – und das ist auch mein Ziel, was ich mir auf die Fahne geschrieben haben. Es muss Spaß bringen und darf nicht zur Qual werden.

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