Horst Hrubesch: Das Geheimnis seines Erfolgs

Wieder und wieder wurde die Frage an Horst Hrubesch gerichtet. Nach dem Gewinn der U 19-Europameisterschaft im Juli 2008. Nach dem Triumph der U 21-Nationalmannschaft bei der EM in Schweden. Und nach dem Erreichen des Viertelfinals bei der U 20-WM im August, wo Hrubesch wieder einmal die Erwartungen der Außenwelt übertroffen hatte. Und wieder fragten Journalisten, Fans und Fachleute: Was ist das Geheimnis des rustikalen Westfalen, der immer wieder mehr erreicht, als ihm und seinen Schützlingen zugetraut wird?

Schon zu seiner aktiven Zeit ist Hrubesch ein, so sagt er selbst, "Spätzünder". Erst mit 24 wird er Bundesliga-Profi, es dauert noch drei weitere Jahre, ehe der Angreifer zum Hamburger SV wechselt. Die Kopfballstärke bringt er mit. Als langjähriger Handballer hat er Handlungsschnelligkeit entwickelt und fürchtet sich nicht, "in die Bälle zu gehen". Seine Trainer Branko Zebec und Ernst Happel bilden Hrubesch weiter aus. Er wird ein kompletter Fußballer. Von den beiden Toren beim 2:1-Triumph im EM-Finale 1980 gegen Belgien erzielt er eines mit dem Kopf und das andere mit dem Fuß. Er spielt nur, weil Klaus Fischer verletzt ist, macht schließlich nur 21 Länderspiele. Das letzte ist das 1:3 im WM-Finale 1982 gegen Italien, das ihn bis heute ärgert.

"Bin ich hier richtig, um den Pokal abzuholen?"

1983 feiert er seinen größten Erfolg auf Klubebene. Er führt den Hamburger SV als Kapitän in das Endspiel um den Europapokal der Landesmeister. Der Finaltag ist eine Ansammlung von Anekdoten. Drei Jahre zuvor stand der HSV bereits im Endspiel, unterlag aber unnötig gegen Nottingham Forest. Damals reisten die Spieler in schicken Vereinsanzügen. Diesmal legt Käpt’n Hrubesch sein Veto ein. Während die Spieler des Favoriten Juventus in Designeranzügen auftreten, erscheint der HSV im Trainingsanzug. Hrubeschs Kluft ist sogar an einer Stelle geflickt. Bevor die Mannschaft zum Aufwärmen geht, erklimmt der mittlerweile durch Manni Kaltz’ Flanken zum "Kopfballungeheuer" avancierte Stürmer die Ehrentribüne und ruft den VIP-Gästen zu: "Bin ich hier richtig, um nachher den Pokal abzuholen?" Er winkt zu den bereits im Stadion von Athen versammelten "Juve"-Tifosi, die ihm mit einem Pfeifkonzert antworten. Nach 90 Minuten siegt der HSV durch Felix Magaths Treffer 1:0.

Horst Hrubesch - Träger des ersten Trainerpreises

Drei Jahre später beendet Hrubesch bei Borussia Dortmund seine Profi-Karriere. Er wird selbst Fußball-Lehrer, will seine Erfahrungen unter den Trainergranden Horvath, Zebec und Happel selbst nutzen und weitergeben. Wolfsburg, Tirol, Rostock, Dresden, die Türkei. Hrubesch meidet zunächst die große Fußball-Welt. 1999 wechselt er zum Deutschen Fußball-Bund. Er stößt kurzfristig vor der Europameisterschaft 2000 zum Trainerstab der Nationalmannschaft. Das Turnier gerät durch das Aus in der Vorrunde zum Fiasko. Der DFB zieht die richtigen Schlüsse daraus und entwickelt ein Nachwuchskonzept. Hrubesch wird ein Teil der Talentförderung, übernimmt das "Team 2006" und später die Junioren-Nationalmannschaften von U 18 bis U 20.

Defensive Grundordnung - "unsere Lebensversicherung"

Hrubesch arbeitet ehrgeizig und akribisch. Schnellen Fußball will er sehen mit wenigen Ballkontakten einzelner Spieler. Sein "Patsch, patsch, patsch" ist unter Nachwuchsfußballern sprichwörtlich geworden. Als sich bei der U 19-Europameisterschaft während einer Trainingseinheit die Angreifer über die Flanken ihrer Mitspieler beschweren, greift das Kopfballungeheuer selbst ein. 18 Tore erzielt er bei 20 Flanken und nimmt damit seinen Sturm in die Pflicht. Am Ende stellt Deutschland mit zwölf Treffern den besten Angriff des Turniers. Und auch die defensive Grundordnung (O-Ton Hrubesch: "Unsere Lebensversicherung") stimmt beim 3:1-Finalerfolg gegen Italien in Jablonec. In Unterzahl, weil Kapitän Florian Jungwirth mit Gelb-Rot ausscheidet.

Als die Trainerfrage bei der U 21 zum Jahreswechsel 2008/2009 gelöst werden muss, springt Hrubesch mit Co-Trainer Thomas Nörenberg, der ihn seit vielen Jahren begleitet, ein. Innerhalb von fünf Monaten macht er aus einem Team, das mit viel Glück und einem starken Keeper Manuel Neuer in den Play-offs gegen Frankreich die Qualifikation geschafft hat, einen Titelanwärter. Mehr noch: Am 29. Juni 2009 sind rund zehn Millionen Zuschauer vor den Fernsehschirmen dabei, als Deutschland im schwedischen Malmö mit 4:0 gegen England den ersten Titel dieser Altersklasse holt. Spieler wie Mesut Özil, Jerome Boateng und Neuer steigern sich unter Hrubesch. Und wieder taucht die Frage auf: Was ist sein Erfolgsgeheimnis? Manuel Neuer antwortet: "Dieser Trainer war wie ein Freund für uns. Er hat uns angeschnauzt und direkt wieder aus dem Dreck gezogen. So etwas habe ich noch nie erlebt."

Im Herbst dieses Jahres jammert Hrubesch nicht über die Abstellungsproblematik für die U 20-Weltmeisterschaft in Ägypten. Er stellt wieder eine verschworene Einheit zusammen, die im Achtelfinale durch eine sensationelle Energieleistung Nigeria bezwingt und unglücklich gegen Brasilien mit 1:2 nach Verlängerung den Einzug ins WM-Halbfinale verpasst. Hrubesch, der vom "kicker-Sportmagazin" nach dem Triumph von Malmö und seinem insgesamt dritten EM-Titel zum "Euro-Horst" erhoben wird, jagt seinem Traum vom ersten WM-Titel weiter hinterher. Und dennoch fragen sich alle: Was ist das Geheimnis des Erfolgs von Horst Hrubesch?

Magath: "Horst Hrubesch ist ein Kult-Typ"

Wenn er selbst danach gefragt wird, führt der uneitle Übungsleiter Charakter und Ehrlichkeit als Grundtugenden an, die er selbst vorlebt und die er seinen Spielern abverlangt. Er überträgt seinen Schützlingen Verantwortung, fordert sie immer wieder und leistet mit Lösungsansätzen wichtige Hilfestellungen. Denn: "Letztlich müssen die Spieler gewinnen. Sie haben den Titel geholt, sie haben sich jeweils voll mit der Sache identifiziert", sagt Hrubesch.

Sein ehemaliger Mitspieler Felix Magath versucht sich ebenfalls in einer Erklärung für das Geheimnis seines Erfolgs: "Wie auch als Spieler ist der Lange jetzt ein Trainer, den seine Überzeugungskraft stark macht. Er marschiert vorne weg, hat keine Angst, glaubt immer an den Erfolg und den Sieg. Er ist ein Kult-Typ. Damals beim HSV musste er nach fast jedem Training noch eine Extra-Schicht machen. Flanken von links und rechts, Rübe hinhalten. Horst ist der beste Beweis dafür, dass es im Fußball keine Grenzen gibt."

Für Hrubesch gibt es nicht nur Fußball. Als Co-Autor wirkt er am Buch "Dorschangeln vom Boot und an der Küste" mit. Alle drei Auflagen sind ausverkauft, auch in Dänisch und Schwedisch. Er ist Vorsitzender der Interessengemeinschaft Edelbluthaflinger. Manchmal zieht er sich zurück, auf seinen Hof bei Uelzen in der Lüneburger Heide. Dann genießt er für ein paar Tage die Ruhe, um für neue Aufgaben Kraft zu sammeln. "Nur Golfen oder Angeln, das kann nicht der Sinn des Lebens sein", sagt Hrubesch. Wahrscheinlich gehört auch das zum Geheimnis seines Erfolgs.

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Wieder und wieder wurde die Frage an Horst Hrubesch gerichtet. Nach dem Gewinn der U 19-Europameisterschaft im Juli 2008. Nach dem Triumph der U 21-Nationalmannschaft bei der EM in Schweden. Und nach dem Erreichen des Viertelfinals bei der U 20-WM im August, wo Hrubesch wieder einmal die Erwartungen der Außenwelt übertroffen hatte. Und wieder fragten Journalisten, Fans und Fachleute: Was ist das Geheimnis des rustikalen Westfalen, der immer wieder mehr erreicht, als ihm und seinen Schützlingen zugetraut wird?

Schon zu seiner aktiven Zeit ist Hrubesch ein, so sagt er selbst, "Spätzünder". Erst mit 24 wird er Bundesliga-Profi, es dauert noch drei weitere Jahre, ehe der Angreifer zum Hamburger SV wechselt. Die Kopfballstärke bringt er mit. Als langjähriger Handballer hat er Handlungsschnelligkeit entwickelt und fürchtet sich nicht, "in die Bälle zu gehen". Seine Trainer Branko Zebec und Ernst Happel bilden Hrubesch weiter aus. Er wird ein kompletter Fußballer. Von den beiden Toren beim 2:1-Triumph im EM-Finale 1980 gegen Belgien erzielt er eines mit dem Kopf und das andere mit dem Fuß. Er spielt nur, weil Klaus Fischer verletzt ist, macht schließlich nur 21 Länderspiele. Das letzte ist das 1:3 im WM-Finale 1982 gegen Italien, das ihn bis heute ärgert.

"Bin ich hier richtig, um den Pokal abzuholen?"

1983 feiert er seinen größten Erfolg auf Klubebene. Er führt den Hamburger SV als Kapitän in das Endspiel um den Europapokal der Landesmeister. Der Finaltag ist eine Ansammlung von Anekdoten. Drei Jahre zuvor stand der HSV bereits im Endspiel, unterlag aber unnötig gegen Nottingham Forest. Damals reisten die Spieler in schicken Vereinsanzügen. Diesmal legt Käpt’n Hrubesch sein Veto ein. Während die Spieler des Favoriten Juventus in Designeranzügen auftreten, erscheint der HSV im Trainingsanzug. Hrubeschs Kluft ist sogar an einer Stelle geflickt. Bevor die Mannschaft zum Aufwärmen geht, erklimmt der mittlerweile durch Manni Kaltz’ Flanken zum "Kopfballungeheuer" avancierte Stürmer die Ehrentribüne und ruft den VIP-Gästen zu: "Bin ich hier richtig, um nachher den Pokal abzuholen?" Er winkt zu den bereits im Stadion von Athen versammelten "Juve"-Tifosi, die ihm mit einem Pfeifkonzert antworten. Nach 90 Minuten siegt der HSV durch Felix Magaths Treffer 1:0.

Horst Hrubesch - Träger des ersten Trainerpreises

Drei Jahre später beendet Hrubesch bei Borussia Dortmund seine Profi-Karriere. Er wird selbst Fußball-Lehrer, will seine Erfahrungen unter den Trainergranden Horvath, Zebec und Happel selbst nutzen und weitergeben. Wolfsburg, Tirol, Rostock, Dresden, die Türkei. Hrubesch meidet zunächst die große Fußball-Welt. 1999 wechselt er zum Deutschen Fußball-Bund. Er stößt kurzfristig vor der Europameisterschaft 2000 zum Trainerstab der Nationalmannschaft. Das Turnier gerät durch das Aus in der Vorrunde zum Fiasko. Der DFB zieht die richtigen Schlüsse daraus und entwickelt ein Nachwuchskonzept. Hrubesch wird ein Teil der Talentförderung, übernimmt das "Team 2006" und später die Junioren-Nationalmannschaften von U 18 bis U 20.

Defensive Grundordnung - "unsere Lebensversicherung"

Hrubesch arbeitet ehrgeizig und akribisch. Schnellen Fußball will er sehen mit wenigen Ballkontakten einzelner Spieler. Sein "Patsch, patsch, patsch" ist unter Nachwuchsfußballern sprichwörtlich geworden. Als sich bei der U 19-Europameisterschaft während einer Trainingseinheit die Angreifer über die Flanken ihrer Mitspieler beschweren, greift das Kopfballungeheuer selbst ein. 18 Tore erzielt er bei 20 Flanken und nimmt damit seinen Sturm in die Pflicht. Am Ende stellt Deutschland mit zwölf Treffern den besten Angriff des Turniers. Und auch die defensive Grundordnung (O-Ton Hrubesch: "Unsere Lebensversicherung") stimmt beim 3:1-Finalerfolg gegen Italien in Jablonec. In Unterzahl, weil Kapitän Florian Jungwirth mit Gelb-Rot ausscheidet.

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Als die Trainerfrage bei der U 21 zum Jahreswechsel 2008/2009 gelöst werden muss, springt Hrubesch mit Co-Trainer Thomas Nörenberg, der ihn seit vielen Jahren begleitet, ein. Innerhalb von fünf Monaten macht er aus einem Team, das mit viel Glück und einem starken Keeper Manuel Neuer in den Play-offs gegen Frankreich die Qualifikation geschafft hat, einen Titelanwärter. Mehr noch: Am 29. Juni 2009 sind rund zehn Millionen Zuschauer vor den Fernsehschirmen dabei, als Deutschland im schwedischen Malmö mit 4:0 gegen England den ersten Titel dieser Altersklasse holt. Spieler wie Mesut Özil, Jerome Boateng und Neuer steigern sich unter Hrubesch. Und wieder taucht die Frage auf: Was ist sein Erfolgsgeheimnis? Manuel Neuer antwortet: "Dieser Trainer war wie ein Freund für uns. Er hat uns angeschnauzt und direkt wieder aus dem Dreck gezogen. So etwas habe ich noch nie erlebt."

Im Herbst dieses Jahres jammert Hrubesch nicht über die Abstellungsproblematik für die U 20-Weltmeisterschaft in Ägypten. Er stellt wieder eine verschworene Einheit zusammen, die im Achtelfinale durch eine sensationelle Energieleistung Nigeria bezwingt und unglücklich gegen Brasilien mit 1:2 nach Verlängerung den Einzug ins WM-Halbfinale verpasst. Hrubesch, der vom "kicker-Sportmagazin" nach dem Triumph von Malmö und seinem insgesamt dritten EM-Titel zum "Euro-Horst" erhoben wird, jagt seinem Traum vom ersten WM-Titel weiter hinterher. Und dennoch fragen sich alle: Was ist das Geheimnis des Erfolgs von Horst Hrubesch?

Magath: "Horst Hrubesch ist ein Kult-Typ"

Wenn er selbst danach gefragt wird, führt der uneitle Übungsleiter Charakter und Ehrlichkeit als Grundtugenden an, die er selbst vorlebt und die er seinen Spielern abverlangt. Er überträgt seinen Schützlingen Verantwortung, fordert sie immer wieder und leistet mit Lösungsansätzen wichtige Hilfestellungen. Denn: "Letztlich müssen die Spieler gewinnen. Sie haben den Titel geholt, sie haben sich jeweils voll mit der Sache identifiziert", sagt Hrubesch.

Sein ehemaliger Mitspieler Felix Magath versucht sich ebenfalls in einer Erklärung für das Geheimnis seines Erfolgs: "Wie auch als Spieler ist der Lange jetzt ein Trainer, den seine Überzeugungskraft stark macht. Er marschiert vorne weg, hat keine Angst, glaubt immer an den Erfolg und den Sieg. Er ist ein Kult-Typ. Damals beim HSV musste er nach fast jedem Training noch eine Extra-Schicht machen. Flanken von links und rechts, Rübe hinhalten. Horst ist der beste Beweis dafür, dass es im Fußball keine Grenzen gibt."

Für Hrubesch gibt es nicht nur Fußball. Als Co-Autor wirkt er am Buch "Dorschangeln vom Boot und an der Küste" mit. Alle drei Auflagen sind ausverkauft, auch in Dänisch und Schwedisch. Er ist Vorsitzender der Interessengemeinschaft Edelbluthaflinger. Manchmal zieht er sich zurück, auf seinen Hof bei Uelzen in der Lüneburger Heide. Dann genießt er für ein paar Tage die Ruhe, um für neue Aufgaben Kraft zu sammeln. "Nur Golfen oder Angeln, das kann nicht der Sinn des Lebens sein", sagt Hrubesch. Wahrscheinlich gehört auch das zum Geheimnis seines Erfolgs.