Hitzlsperger: "Der DFB ist ein wichtiger Partner"

Otto Baric pflegte einen offensiven Umgang mit der eigenen Engstirnigkeit. "Meine Fußballer müssen echte Kerle sein und deshalb können Homosexuelle bei mir nicht spielen", dozierte der frühere Trainer der österreichischen Nationalfußballer. Auch ein ehemaliger Kölner Abwehrspieler demonstrierte schamlos die eigene Begrenztheit und fabulierte: "Ich kann mir nicht vorstellen, dass schwule Fußball spielen können." Und einer der erfolgreicheren Trainer der Bundesliga-Geschichte verwechselte schon mal (wissentlich?) Homosexualität und Pädophilie.

Nein, der Fußball hat sich lange schwer getan mit Homosexualität und einer wild grassierenden Homophobie im Fußball. Verächtliche Äußerungen, Diskriminierungen, Ängste und Vorurteile – für alles finden sich Beispiele. Politik, Kultur und Wirtschaft hatten sich längst weiter entwickelt, nur der Fußball hinkte hinterher. Man hätte drüber lachen können, wäre es nicht so peinlich gewesen.

Seit einigen Jahren nun arbeitet der Deutsche Fußball-Bund gezielt am Wandel. Der Dachverband lud zum Dialogforum nach Hennef ein, finanzierte einen Motivwagen für den Christopher-Street Day in Köln, publizierte für Amateurvereine im ganzen Land eine vielbeachtete Broschüre. Und dann kam Thomas Hitzlsperger. Als der 52-malige Nationalspieler und Vize-Europameister vergangenen Januar in einem Interview mit der Wochenzeitung Die Zeit offen über seine Sexualität sprach, stellte er das Thema neu auf. Kurswechsel, Kulturwandel? Hitzlsperger machte das ziemlich perfekt und ziemlich im Alleingang.

Coming-out statt Weltreise

Wie ist es also gelaufen, im ersten Jahr nach einem Coming-out, das wirklich überall in Deutschland, ob auf dem Fußballplatz, am Kopierer in den Büros, beim Bier an den Stammtischen, auf der Couch und im Bett besprochen wurde?

"Es ist gut gelaufen. Wenn man die Profikarriere beendet, machen die meisten Ex-Spieler erst mal eine Weltreise. Das war nicht so bei mir. Ich hatte etwas anderes zu tun. Vielleicht hatte ich etwas Besseres zu tun. Ich war sehr beschäftigt", berichtete er aus dem Jahr eins nach seinem Coming-out. Gemeinsam mit der Bundesstiftung Magnus Hirschfeld hatte er in der Hauptstadtrepräsentanz der Deutschen Telekom in Berlin zum Pressetermin geladen, um seine Erfahrungen zu bilanzieren. "Ich habe mit sehr vielen Leuten gesprochen, die mehr wissen wollen über Vorurteile und Diskriminierung gegen Homosexuelle im Sport. Es war ein aufregendes und schönes Jahr."



Otto Baric pflegte einen offensiven Umgang mit der eigenen Engstirnigkeit. "Meine Fußballer müssen echte Kerle sein und deshalb können Homosexuelle bei mir nicht spielen", dozierte der frühere Trainer der österreichischen Nationalfußballer. Auch ein ehemaliger Kölner Abwehrspieler demonstrierte schamlos die eigene Begrenztheit und fabulierte: "Ich kann mir nicht vorstellen, dass schwule Fußball spielen können." Und einer der erfolgreicheren Trainer der Bundesliga-Geschichte verwechselte schon mal (wissentlich?) Homosexualität und Pädophilie.

Nein, der Fußball hat sich lange schwer getan mit Homosexualität und einer wild grassierenden Homophobie im Fußball. Verächtliche Äußerungen, Diskriminierungen, Ängste und Vorurteile – für alles finden sich Beispiele. Politik, Kultur und Wirtschaft hatten sich längst weiter entwickelt, nur der Fußball hinkte hinterher. Man hätte drüber lachen können, wäre es nicht so peinlich gewesen.

Seit einigen Jahren nun arbeitet der Deutsche Fußball-Bund gezielt am Wandel. Der Dachverband lud zum Dialogforum nach Hennef ein, finanzierte einen Motivwagen für den Christopher-Street Day in Köln, publizierte für Amateurvereine im ganzen Land eine vielbeachtete Broschüre. Und dann kam Thomas Hitzlsperger. Als der 52-malige Nationalspieler und Vize-Europameister vergangenen Januar in einem Interview mit der Wochenzeitung Die Zeit offen über seine Sexualität sprach, stellte er das Thema neu auf. Kurswechsel, Kulturwandel? Hitzlsperger machte das ziemlich perfekt und ziemlich im Alleingang.

Coming-out statt Weltreise

Wie ist es also gelaufen, im ersten Jahr nach einem Coming-out, das wirklich überall in Deutschland, ob auf dem Fußballplatz, am Kopierer in den Büros, beim Bier an den Stammtischen, auf der Couch und im Bett besprochen wurde?

"Es ist gut gelaufen. Wenn man die Profikarriere beendet, machen die meisten Ex-Spieler erst mal eine Weltreise. Das war nicht so bei mir. Ich hatte etwas anderes zu tun. Vielleicht hatte ich etwas Besseres zu tun. Ich war sehr beschäftigt", berichtete er aus dem Jahr eins nach seinem Coming-out. Gemeinsam mit der Bundesstiftung Magnus Hirschfeld hatte er in der Hauptstadtrepräsentanz der Deutschen Telekom in Berlin zum Pressetermin geladen, um seine Erfahrungen zu bilanzieren. "Ich habe mit sehr vielen Leuten gesprochen, die mehr wissen wollen über Vorurteile und Diskriminierung gegen Homosexuelle im Sport. Es war ein aufregendes und schönes Jahr."

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"Etwas, worüber man reden muss"

Was genau passieren würde, habe er vor rund einem Jahr wirklich nicht gewusst, berichtete er in Berlin. Auf alle Eventualitäten vorbereitet, durfte er erleben: "Es gab eine große Zustimmung." Heute mehr als damals sei er überzeugt davon, dass richtige getan zu haben. "Ich habe gemerkt, das ist etwas, was die Leute bewegt und worüber wir reden müssen, denn Homosexualität wurde tabuisiert, vor allem im Profisport. Es ist viel passiert und dennoch gibt es noch viel zu tun."

Die Präsidenten fünfzig großer Fußballvereine haben mittlerweile die 'Berliner Erklärung' unterzeichnet, mit der sich der Sport für ein aktives Vorgehen gegen Homophobie verpflichtet. DFB-Präsident Wolfgang Niersbach zählte genauso wie Dr. Reinhard Rauball vom Ligaverband zu den Erstunterzeichnern.

Hitzlsperger, der 2007 mit seinen Toren entscheidenden Anteil am Titelgewinn des VfB Stuttgart hatte, jedenfalls fühlt sich bei seinen Zielsetzungen unterstützt. "Der DFB ist bei unserem Anliegen, Fortschritte zu erzielen, ein wichtiger Partner. Ich habe nach meinem Coming-out mit Wolfgang Niersbach persönlich gesprochen und habe ihn auch in den vergangenen Monaten immer wieder getroffen. Ich habe jedenfalls nicht den Eindruck, dass sich der DFB bei diesem Thema nicht engagiert. Ich bin sehr daran interessiert, dass die Stiftung und ich und der DFB zusammen arbeiten."

Wagner-Nieberding: "Trainer in die Verantwortung nehmen"

Gemeinsame Online-Angebote, Online-Seminare und Workshops sind in der Planung. Claudia Wagner-Nieberding, die für den Dachverband die AG Vielfalt leitet, sagte: "Wir sollten bei diesem Thema die Trainer in die Verantwortung nehmen." Zuletzt hatte die DFB-Kulturstiftung den Kurzspielfilm "Zwei Gesichter" gefördert, in dem es um die erfundene Geschichte eines homosexuellen Juniorenspielers geht. Auch dieser Film soll künftig auf Ebene der Landesverbände in der Trainerschulung eingesetzt werden. Jörg Litwinschuh, Geschäftsführer der Bundesstiftung, sieht hier wichtige Ansätze: "Der DFB ist einer der wichtigsten Bildungsanbieter in Deutschland."

Hitzlspergers Coming-out-Interview vor einem Jahr endete mit dem hoffnungsvollen Satz: "Der moderne Fußball ist kein Lebensraum für Gestrige und Leute mit angestaubten Vorurteilen." Das war auch am Mittwoch in Berlin zu spüren.