Henstedt-Ulzburgs Homp: "Das größte Event, das wir je hatten"

Der SV Henstedt-Ulzburg ist der krasse Außenseiter im DFB-Pokalviertelfinale. Der Tabellenletzte der 2. Bundesliga erwartet heute (ab 19 Uhr, live auf DFB-TV) die Gäste von Turbine Potsdam. Im DFB.de-Interview ordnet Henstedt-Ulzburgs 30 Jahre alte Stürmerin Vera Homp die Chancen gegen den Fünften der FLYERALARM Frauen-Bundesliga ein und erklärt, welche Rolle in diesem Zusammenhang ein 0:14 gegen die SGS Essen spielt.

DFB.de: Vera Homp, mit welchen Gefühlen gehen Sie in das DFB-Pokalspiel gegen Potsdam?

Vera Homp: Für uns Spielerinnen und für den gesamten Verein wird es das größte Event sein, das wir jemals hatten. Ich selbst habe zwar schon mal gegen Potsdam in der Bundesliga gespielt - und klar verloren. Aber das ist inzwischen über zehn Jahre her. Ich freue mich riesig auf die Begegnung.

DFB.de: Welche Chancen haben Sie?

Homp: Wir sind relativ realistisch. Niemand glaubt, dass wir Turbine von unserem Platz fegen werden. Wir wollen so lange wie möglich keinen Gegentreffer bekommen und vorne den einen oder anderen Akzent setzen. Sollten wir zur Halbzeit allerdings bereits deutlicher zurückliegen, werden wir nach dem Wechsel sicher auf den Ehrentreffer spielen. Unser Anspruch muss es sein, eine mögliche Niederlage in Grenzen zu halten. Wir haben vor drei Jahren mal gegen die SGS Essen im DFB-Pokal gespielt. Damals haben wir 0:14 verloren. Wir wissen, dass etwas Ähnliches erneut passieren kann. Aber wir werden uns dagegen wehren.

DFB.de: In der 2. Bundesliga belegen Sie den letzten Tabellenplatz, im DFB-Pokal hingegen stehen Sie als letzter verbliebener Zweitligist im Viertelfinale. Wie ist diese Diskrepanz zu erklären?

Homp: Im DFB-Pokal hatten wir auch Glück mit der Auslosung und haben unsere Aufgaben souverän erledigt. In der Meisterschaft haben wir uns meiner Meinung nach unter Wert verkauft. Ich glaube nicht, dass es uns an der Qualität mangelt. Es kommen mehrere Dinge zusammen. Bitter ist, dass uns mit Alina Witt und Malin Hegeler zwei sehr wichtige Spielerinnen in dieser Saison fast durchgängig fehlen. Ihre Ausfälle können wir nicht gleichwertig kompensieren. Hinzu kommt – wie so oft – dass wir uns in der Defensive manchmal nicht schlau verhalten und in der Offensive zu wenig aus unseren Möglichkeiten machen. Daraus resultiert dann das aktuelle Tabellenbild, das uns überhaupt nicht gefällt. Wir haben kein Einstellungsproblem. Aber uns fehlt das Selbstvertrauen. Wir brauchen einfach mal wieder ein Erfolgserlebnis.

DFB.de: Ihnen sind immerhin schon sechs Treffer gelungen. Zuletzt ein Doppelpack beim 2:3 gegen RB Leipzig.

Homp: Für mich persönlich läuft es nicht so schlecht. Darüber freue ich mich natürlich. Aber ich hätte auch überhaupt kein Problem damit, wenn andere die Tore machen und wir dann gewinnen würden.

DFB.de: Sie sind nach einer schweren Verletzung im Oktober 2020 lange ausgefallen. Sind Sie inzwischen wieder bei 100 Prozent?

Homp: Das war tatsächlich eine harte Zeit für mich, weil alles viel länger gedauert hat, als ich gehofft hatte. Ich habe mir das Syndesmoseband gerissen, das Wadenbein gebrochen und noch verschiedene weitere Bänder im Sprunggelenk sind bei der Aktion kaputt gegangen. Inzwischen geht es wieder bergauf. Ich komme immer besser rein und treffe wieder ganz gut. Im Moment habe ich nicht das Gefühl, dass es eine Abwehr gibt, die unüberwindbar ist. (lacht)

DFB.de: Ihre Statistik zeigt, dass Sie durchschnittlich in jedem dritten Spiel erfolgreich sind.

Homp: Mit dieser Bilanz kann ich ganz gut leben. Vor allem auch deshalb, weil ich lange auf der Außenbahn im Mittelfeld gespielt habe und nicht so viele Torbeteiligungen hatte. Erst nach meinem Wechsel zum SV Henstedt-Ulzburg bin ich nach und nach zur Stürmerin geworden. Mein Problem war lange, dass ich erst mit 13 oder 14 Jahren mit dem Fußball angefangen habe. Vorher habe ich lange auf hohem Niveau geturnt. Dadurch hat mir etwas das taktische Verständnis gefehlt, das ich mir aber nach und nach aneignen konnte. Aber ich war nie die Stürmerin, die 20 Treffer in einer Saison erzielt. Das hat eher Alina Witt übernommen, meine Kollegin im Angriff. Ich war dann diejenige, die vielleicht 14 dieser Tore vorbereitet hat.

DFB.de: Denken Sie manchmal darüber nach, was möglich gewesen wäre, wenn Sie früher mit dem Fußball begonnen und nicht immer wieder von schweren Verletzungen zurückgeworfen worden wären?

Homp: Nein, ich weine nichts nach. Ich denke eher manchmal darüber nach, wie ich mich entwickelt hätte, wenn ich beispielsweise im Ruhrgebiet groß geworden wäre. Dort ist die Vereinsdichte im Frauenfußball ganz anders als bei uns im Norden. Hier hat man auf diesem Niveau zwei oder vielleicht drei Vereine zur Auswahl. Leider hat sich dann auch noch der Hamburger SV aus dem Frauenfußball zurückgezogen. Das war genau zu der Zeit, als ich dort gespielt habe. Da habe ich mich dann entschieden, die berufliche Karriere in den Vordergrund zu stellen. Heute arbeite ich als Polizeibeamtin in Hamburg – und bin glücklich darüber. Wenn ich den Fußball mehr in den Fokus gestellt hätte, hätte ich mir schon zugetraut, eine gute Rolle bei einem Team aus der FLYERALARM Frauen-Bundesliga spielen zu können. Aber auch so bin ich sehr zufrieden über das, was ich mit meinen Möglichkeiten im Fußball erreicht habe.

DFB.de: Fehlt noch der Einzug ins Halbfinale des DFB-Pokals...

Homp: Das stimmt. Das würde ich gerne mitnehmen. Wir probieren unser Möglichstes. Dann werden wir am Ende sehen, was geht. Aber nur mal zur Einordnung: Wir haben kürzlich gegen RB Leipzig mit 2:3 verloren. Leipzig wiederum hat in der Vorbereitung gegen Turbine 1:9 verloren – das nur mal zur Klärung des Kräfteverhältnisses. Aber wer weiß schon, was in diesem Duell passiert. Ich bin gespannt und freue mich darauf.

[sw]

Der SV Henstedt-Ulzburg ist der krasse Außenseiter im DFB-Pokalviertelfinale. Der Tabellenletzte der 2. Bundesliga erwartet heute (ab 19 Uhr, live auf DFB-TV) die Gäste von Turbine Potsdam. Im DFB.de-Interview ordnet Henstedt-Ulzburgs 30 Jahre alte Stürmerin Vera Homp die Chancen gegen den Fünften der FLYERALARM Frauen-Bundesliga ein und erklärt, welche Rolle in diesem Zusammenhang ein 0:14 gegen die SGS Essen spielt.

DFB.de: Vera Homp, mit welchen Gefühlen gehen Sie in das DFB-Pokalspiel gegen Potsdam?

Vera Homp: Für uns Spielerinnen und für den gesamten Verein wird es das größte Event sein, das wir jemals hatten. Ich selbst habe zwar schon mal gegen Potsdam in der Bundesliga gespielt - und klar verloren. Aber das ist inzwischen über zehn Jahre her. Ich freue mich riesig auf die Begegnung.

DFB.de: Welche Chancen haben Sie?

Homp: Wir sind relativ realistisch. Niemand glaubt, dass wir Turbine von unserem Platz fegen werden. Wir wollen so lange wie möglich keinen Gegentreffer bekommen und vorne den einen oder anderen Akzent setzen. Sollten wir zur Halbzeit allerdings bereits deutlicher zurückliegen, werden wir nach dem Wechsel sicher auf den Ehrentreffer spielen. Unser Anspruch muss es sein, eine mögliche Niederlage in Grenzen zu halten. Wir haben vor drei Jahren mal gegen die SGS Essen im DFB-Pokal gespielt. Damals haben wir 0:14 verloren. Wir wissen, dass etwas Ähnliches erneut passieren kann. Aber wir werden uns dagegen wehren.

DFB.de: In der 2. Bundesliga belegen Sie den letzten Tabellenplatz, im DFB-Pokal hingegen stehen Sie als letzter verbliebener Zweitligist im Viertelfinale. Wie ist diese Diskrepanz zu erklären?

Homp: Im DFB-Pokal hatten wir auch Glück mit der Auslosung und haben unsere Aufgaben souverän erledigt. In der Meisterschaft haben wir uns meiner Meinung nach unter Wert verkauft. Ich glaube nicht, dass es uns an der Qualität mangelt. Es kommen mehrere Dinge zusammen. Bitter ist, dass uns mit Alina Witt und Malin Hegeler zwei sehr wichtige Spielerinnen in dieser Saison fast durchgängig fehlen. Ihre Ausfälle können wir nicht gleichwertig kompensieren. Hinzu kommt – wie so oft – dass wir uns in der Defensive manchmal nicht schlau verhalten und in der Offensive zu wenig aus unseren Möglichkeiten machen. Daraus resultiert dann das aktuelle Tabellenbild, das uns überhaupt nicht gefällt. Wir haben kein Einstellungsproblem. Aber uns fehlt das Selbstvertrauen. Wir brauchen einfach mal wieder ein Erfolgserlebnis.

DFB.de: Ihnen sind immerhin schon sechs Treffer gelungen. Zuletzt ein Doppelpack beim 2:3 gegen RB Leipzig.

Homp: Für mich persönlich läuft es nicht so schlecht. Darüber freue ich mich natürlich. Aber ich hätte auch überhaupt kein Problem damit, wenn andere die Tore machen und wir dann gewinnen würden.

DFB.de: Sie sind nach einer schweren Verletzung im Oktober 2020 lange ausgefallen. Sind Sie inzwischen wieder bei 100 Prozent?

Homp: Das war tatsächlich eine harte Zeit für mich, weil alles viel länger gedauert hat, als ich gehofft hatte. Ich habe mir das Syndesmoseband gerissen, das Wadenbein gebrochen und noch verschiedene weitere Bänder im Sprunggelenk sind bei der Aktion kaputt gegangen. Inzwischen geht es wieder bergauf. Ich komme immer besser rein und treffe wieder ganz gut. Im Moment habe ich nicht das Gefühl, dass es eine Abwehr gibt, die unüberwindbar ist. (lacht)

DFB.de: Ihre Statistik zeigt, dass Sie durchschnittlich in jedem dritten Spiel erfolgreich sind.

Homp: Mit dieser Bilanz kann ich ganz gut leben. Vor allem auch deshalb, weil ich lange auf der Außenbahn im Mittelfeld gespielt habe und nicht so viele Torbeteiligungen hatte. Erst nach meinem Wechsel zum SV Henstedt-Ulzburg bin ich nach und nach zur Stürmerin geworden. Mein Problem war lange, dass ich erst mit 13 oder 14 Jahren mit dem Fußball angefangen habe. Vorher habe ich lange auf hohem Niveau geturnt. Dadurch hat mir etwas das taktische Verständnis gefehlt, das ich mir aber nach und nach aneignen konnte. Aber ich war nie die Stürmerin, die 20 Treffer in einer Saison erzielt. Das hat eher Alina Witt übernommen, meine Kollegin im Angriff. Ich war dann diejenige, die vielleicht 14 dieser Tore vorbereitet hat.

DFB.de: Denken Sie manchmal darüber nach, was möglich gewesen wäre, wenn Sie früher mit dem Fußball begonnen und nicht immer wieder von schweren Verletzungen zurückgeworfen worden wären?

Homp: Nein, ich weine nichts nach. Ich denke eher manchmal darüber nach, wie ich mich entwickelt hätte, wenn ich beispielsweise im Ruhrgebiet groß geworden wäre. Dort ist die Vereinsdichte im Frauenfußball ganz anders als bei uns im Norden. Hier hat man auf diesem Niveau zwei oder vielleicht drei Vereine zur Auswahl. Leider hat sich dann auch noch der Hamburger SV aus dem Frauenfußball zurückgezogen. Das war genau zu der Zeit, als ich dort gespielt habe. Da habe ich mich dann entschieden, die berufliche Karriere in den Vordergrund zu stellen. Heute arbeite ich als Polizeibeamtin in Hamburg – und bin glücklich darüber. Wenn ich den Fußball mehr in den Fokus gestellt hätte, hätte ich mir schon zugetraut, eine gute Rolle bei einem Team aus der FLYERALARM Frauen-Bundesliga spielen zu können. Aber auch so bin ich sehr zufrieden über das, was ich mit meinen Möglichkeiten im Fußball erreicht habe.

DFB.de: Fehlt noch der Einzug ins Halbfinale des DFB-Pokals...

Homp: Das stimmt. Das würde ich gerne mitnehmen. Wir probieren unser Möglichstes. Dann werden wir am Ende sehen, was geht. Aber nur mal zur Einordnung: Wir haben kürzlich gegen RB Leipzig mit 2:3 verloren. Leipzig wiederum hat in der Vorbereitung gegen Turbine 1:9 verloren – das nur mal zur Klärung des Kräfteverhältnisses. Aber wer weiß schon, was in diesem Duell passiert. Ich bin gespannt und freue mich darauf.

###more###