Heike Ullrich: "Frauenfußball kann Game-Changer werden"

Die finale Saisonphase in den Frauenfußball-Wettbewerben läuft. Vor den verbleibenden Viertelfinalspielen in der Champions League und den Halbfinalbegegnungen im DFB-Pokal ordnet Heike Ullrich die aktuelle Lage ein. Die stellvertretende DFB-Generalsekretärin spricht mit DFB.de über Entwicklungsschritte in Zeiten der Pandemie, die Verantwortung der Vereine und die Zusammenarbeit mit der DFL.

DFB.de: In der Champions League, dem DFB-Pokal und der FLYERALARM Frauen-Bundesliga geht es in die finale Phase - und das trotz der schwierigen Rahmenbedingungen. Wie ordnen Sie das ein, gerade auch mit Blick auf die vom DFB organsierten Wettbewerbe? 

Heike Ullrich: Nachdem die Corona-Pandemie im vergangenen Jahr weltweit alle Bereiche beeinträchtigt hat, waren wir als erster nationaler Verband in der Lage, den Spielbetrieb in der FLYERALARM Frauen-Bundesliga als höchste nationale Liga im Frauenfußball wieder aufzunehmen. Das hat den Spielerinnen, den Vereinen und auch uns einiges abverlangt. Rückblickend war es aber ein sehr wichtiges Signal für die Spielerinnen, Klubs, Partner und Öffentlichkeit, dass die Möglichkeit zur Fortsetzung der Saison nicht nur für die Lizenzmannschaften der DFL, sondern auch für die oberste Frauenspielklasse zur Geltung kam.

DFB.de: Wie beeinflusst die Organisation des Spielbetriebs in der Pandemie die aktuelle Arbeit?

Ullrich: Es stimmt schon, dass die Themen Krisenbewältigung und Aufrechterhaltung des Spielbetriebs aktuell viel Raum einnehmen. Auch der DFB würde den Fokus lieber wieder verstärkt auf eine sichtbare strategische Weiterentwicklung des Frauenfußballs legen. Aktuell quasi nur ein Pflichtprogramm fahren zu können, nämlich den Spielbetrieb aufrechzuerhalten, hemmt viele Ideen und Maßnahmen, die wir gerne bereits in der Umsetzung gehabt hätten. Das geht aber unter den aktuellen Rahmenbedingungen nur bedingt, und wir müssen mit unseren Partnern alternative Aktivierungsmaßnahmen umsetzen. Das ist schade, denn wir spüren deutlich, dass aktuell bei vielen Entscheidungsträger*innen gegenüber dem Frauenfußball eine andere Haltung eingenommen wird - und dieses Momentum sollten wir nutzen.

DFB.de: Können Sie das konkretisieren?

Ullrich: In erster Linie wollen wir im sportlichen Bereich die Rahmenbedingungen für die Fußballerinnen in den Vereinen und im Verband weiter verbessern, denn nur dann können wir attraktiv für Zuschauer*innen und Interessent*innen sein und auch die Entwicklung eines Marktes sein. Das sportliche Level der FLYERALARM Frauen-Bundesliga ist weiterhin sehr hoch, im Vergleich zu anderen Spitzenligen ist gerade die Wettbewerbsausgeglichenheit weiterhin gut. Andererseits geht es konkret darum, den Spitzenfrauenfußball und seine Rahmenbedingungen aus einem Investmentbereich in einen dauerhaft positiven Return-on-Investment-Sektor zu bringen - kurz, in eine Gewinnzone zu führen. Und das nicht nur in Titeln ausgedrückt, sondern auch hinsichtlich der wirtschaftlichen Entwicklung.

DFB.de: Wie kann das gelingen?

Ullrich: Um dies zu erreichen, brauchen wir eine stärkere Sichtbarkeit - sprich attraktive Übertragungszeiten der Spiele und eine höhere Reichweite. Daran arbeiten wir. Erst vor Kurzem konnte gemeinsam mit den Partnern Einigkeit erzielt werden, dass die Vereine ihre eigenen Spiele über ihre Kanäle streamen können, die nicht zentral von öffentlich-rechtlichen Sendern, Eurosport oder MagentaTV übertragen werden. Das heißt, es sind alle Spiele der FLYERALARM Frauen-Bundesliga aktuell sichtbar. Zudem streamt DFB-TV an den letzten vier Spieltagen dieser Saison alle weiteren Spiele, die nicht auf den vorgenannten Plattformen zu sehen sind, live. Für die aktuelle Spielzeit konnten wir dadurch die Sichtbarkeit deutlich erhöhen. An diesem ersten Schritt gilt es nun gezielt weiterzuarbeiten, und das nicht nur für die FLYERALARM Frauen-Bundesliga, sondern auch für die 2. Frauen-Bundesliga.

DFB.de: Stichwort "Sichtbarkeit": Der TV-Vertrag der Engländerinnen für die kommenden Spielzeiten ist gerade in aller Munde. Was machen sie besser?

Ullrich: Zunächst mal muss man der FA zu diesem Ergebnis gratulieren. Aus finanzieller Sicht ist das wirklich ein exzellentes Ergebnis. Die Verteilung der Spiele auf Free- und Pay-TV ist numerisch durchaus vergleichbar mit unserer Situation. Bis zu 22 Spiele pro Saison im Free-TV, bei uns durch Eurosport, und bis zu 44 Spiele pro Saison im Pay-TV, bei uns mit MagentaSport. Der Rest läuft auf DFB-TV oder auf den Klubkanälen. Die Reichweite ist in England aber größer – das wissen wir. Wir arbeiten intensiv daran, die Vermarktungserlöse und die Sichtbarkeit im Rahmen der aktuell bestehenden Verträge weiter zu erhöhen.

DFB.de: Können Sie die Ungeduld bezüglich der Entwicklung des Frauenfußballs in Deutschland nachvollziehen?

Ullrich: Ganz ehrlich: Ich würde mir manchmal eine etwas differenziertere Betrachtung wünschen. Denn natürlich arbeiten wir intensiv auf allen Ebenen an diesem Thema, das für uns eine hohe Priorität hat. Wir wollen - neben den Topligen des Frauenfußballs - die Potenziale im gesamten Frauen- und Mädchenbereich im idealen Maß ausschöpfen. Um dies zu erreichen, wird im Rahmen des Bundestagsprojekts "Frauen im Fußball" in strategischen Plänen sowohl die Ausrichtung des professionellen Bereichs als auch die des breiten Frauen- und Mädchenfußballs weiterentwickelt. Eine übergeordnete Ziellinie aller unserer Bestrebungen ist das Jahr 2027, in dem wir gemeinsam mit den Niederlanden und Belgien die FIFA Frauen-Weltmeisterschaft ausrichten möchten. Wir erarbeiten derzeit Maßnahmen und Pläne hinsichtlich Vermarktung, Medien und Strukturen in unserem Strategiepapier 2027. Was nicht heißt, dass diese erst in sechs Jahren umgesetzt werden. Einige Projekte, die für 2020 geplant waren - dem Jahr von "50 Jahre Frauenfußball" im DFB -, mussten wir beispielsweise Pandemie-bedingt verschieben. Diese hätten den Frauenfußball deutlich sichtbarer gemacht: Durch Highlightspiele in der FLYERALARM Frauen-Bundesliga in großen Stadion und zur Primetime, einem landesweiten Wochenende des Frauenfußballs, Highlightspielen der Frauen-Nationalmannschaft, zahlreichen Aktionen rund um die Spieltage. Aber das wollen wir nachholen und als festes Elemente im Spielkalender integrieren.

DFB.de: Inwiefern sind die Bundesligavereine eingebunden in alle Planungen?

Ullrich: Wir haben mit dem Ausschuss Frauen-Bundesligen seit dem letzten DFB-Bundestag ein Gremium mit klar zugeordneten Aufgaben und Verantwortlichkeiten. Vorsitzender ist mit Siggi Dietrich ein Vereinsvertreter. In diesem Ausschuss diskutieren die Vereine untereinander intensiv, kritisch und kontrovers - auch dem DFB gegenüber. Und das ist wichtig, um alle Perspektiven einzubeziehen und bei weiteren Entwicklungsschritten die Konsequenzen auch bis zum Ende zu denken. Die Vereinsvertreter*innen haben es hier selbst in der Hand, die "Messlatten" für das Zulassungsverfahren oder die Optimierung der Infrastruktur der beiden Spitzenligen zu definieren und in DFB-Ordnungen einzubringen. Was die Anpassung beispielsweise der Zulassungsvoraussetzungen angeht, sitzen die Vereine also immer am Tisch und bestimmen mit - können gestalten, abwägen oder eben einen Konsens finden. Sie sind an allen Entscheidungen beteiligt.

DFB.de: Es gibt Stimmen, die befürworten eine Ausgliederung der FLYERLALARM Frauen-Bundesliga aus dem DFB unter das Dach der DFL. Wie sehen Sie das?

Ullrich: Zunächst begrüße ich es ausdrücklich, dass DFB und DFL gemeinsam mittels einer in der Gründung befindlichen Arbeitsgruppe Potenziale und Perspektiven ausloten, um gemeinsam die Ligen voranzubringen. Ziel ist es, gemeinsam Ansätze zu entwickeln, wie die Vereine der Bundesliga und 2. Bundesliga künftig unter Berücksichtigung der gewachsenen Strukturen und Systeme durch ein gezieltes Engagement die Professionalität, Attraktivität und Bekanntheit der höchsten Spielklassen im Frauenfußball stärken können. Ich möchte aber auch klar sagen: Ich sehe den DFB als richtigen Ligaträger, da der Frauen- und Mädchenfußball im großen Ganzen betrachtet werden sollte. Der Zusammenhang mit der Talentförderung und den Nationalteams ist genauso wichtig, wie das Gesamtsystem der Ligen mit einem Auf- und Abstieg im Auge zu behalten. Was eine enge Zusammenarbeit mit der DFL ja nicht ausschließt. Diese Zusammenarbeit ist in meinen Augen für alle ein Mehrwert: die Vereine, die DFL und den DFB. Im Bereich der Synergienutzung zwischen Männer- und Frauenfußball gibt es weitere Potenziale, die künftig noch viel stärker genutzt werden könnten. Übrigens auch in den Lizenzvereinen der FLYERALRAM Frauen-Bundesliga. Denn Frauenfußball bietet für alle einen Mehrwert.

DFB.de: Können Sie das präzisieren?

Ullrich: Frauenfußball kann für Vereine, Verbände und Unternehmen zum Game-Changer werden. Nicht nur die Attraktivität und die sehr direkte, positive und faire Art, sondern auch Fußball auf höchstem Niveau zu zeigen, sind überzeugende Argumente des Frauenfußballs. Vor allem in den Bereichen Nachhaltigkeit, Diversität und Gleichberechtigung bietet der Frauenfußball immens viele Argumente und Darstellungsformen, um für Unternehmen sowie die Vereine und Verbände eine Wertschöpfung sicherzustellen. Diverse Teams arbeiten nachweislich erfolgreicher. Und sie bieten hervorragende Anknüpfungspunkte, um gemeinsam mit Partnern Botschaften zu setzen, Haltung zu zeigen und einen Kulturwandel zu vollziehen. Kein Unternehmen, kein Verband und auch kein Spitzenverein kommt in der Zukunft beispielsweise ohne ein fundiertes Nachhaltigkeitskonzept aus. Es ist also unsere gemeinsame Aufgabe, diesen Markt weiter zu erschließen und auch monetäre Mehrwerte zu schaffen. Und da gibt es noch etwas.

DFB.de: Das da wäre?

Ullrich: Spannende Spiele auf dem Platz. Davon kann sich jeder selbst überzeugen. Wer beispielsweise noch nicht weiß, was er oder sie am Osterwochenende machen soll: Beide Pokalhalbfinalspiele der Frauen werden live übertragen. Am Samstag ab 13 Uhr das Spiel Frankfurt gegen Freiburg im Internet bei der Hessenschau und Sportschau, das zweite Halbfinale am Sonntag zwischen Wolfsburg und München ab 14 Uhr live in der ARD . Und heute Abend drücken wir natürlich unserem noch im Wettbewerb verbliebenen deutschen Teilnehmer in der Women's Champions League die Daumen. Der FC Bayern spielt gegen des FC Rosengard um den Einzug ins Halbfinale. Das sollte sich nun wirklich niemand entgehen lassen.

[as/ll]

Die finale Saisonphase in den Frauenfußball-Wettbewerben läuft. Vor den verbleibenden Viertelfinalspielen in der Champions League und den Halbfinalbegegnungen im DFB-Pokal ordnet Heike Ullrich die aktuelle Lage ein. Die stellvertretende DFB-Generalsekretärin spricht mit DFB.de über Entwicklungsschritte in Zeiten der Pandemie, die Verantwortung der Vereine und die Zusammenarbeit mit der DFL.

DFB.de: In der Champions League, dem DFB-Pokal und der FLYERALARM Frauen-Bundesliga geht es in die finale Phase - und das trotz der schwierigen Rahmenbedingungen. Wie ordnen Sie das ein, gerade auch mit Blick auf die vom DFB organsierten Wettbewerbe? 

Heike Ullrich: Nachdem die Corona-Pandemie im vergangenen Jahr weltweit alle Bereiche beeinträchtigt hat, waren wir als erster nationaler Verband in der Lage, den Spielbetrieb in der FLYERALARM Frauen-Bundesliga als höchste nationale Liga im Frauenfußball wieder aufzunehmen. Das hat den Spielerinnen, den Vereinen und auch uns einiges abverlangt. Rückblickend war es aber ein sehr wichtiges Signal für die Spielerinnen, Klubs, Partner und Öffentlichkeit, dass die Möglichkeit zur Fortsetzung der Saison nicht nur für die Lizenzmannschaften der DFL, sondern auch für die oberste Frauenspielklasse zur Geltung kam.

DFB.de: Wie beeinflusst die Organisation des Spielbetriebs in der Pandemie die aktuelle Arbeit?

Ullrich: Es stimmt schon, dass die Themen Krisenbewältigung und Aufrechterhaltung des Spielbetriebs aktuell viel Raum einnehmen. Auch der DFB würde den Fokus lieber wieder verstärkt auf eine sichtbare strategische Weiterentwicklung des Frauenfußballs legen. Aktuell quasi nur ein Pflichtprogramm fahren zu können, nämlich den Spielbetrieb aufrechzuerhalten, hemmt viele Ideen und Maßnahmen, die wir gerne bereits in der Umsetzung gehabt hätten. Das geht aber unter den aktuellen Rahmenbedingungen nur bedingt, und wir müssen mit unseren Partnern alternative Aktivierungsmaßnahmen umsetzen. Das ist schade, denn wir spüren deutlich, dass aktuell bei vielen Entscheidungsträger*innen gegenüber dem Frauenfußball eine andere Haltung eingenommen wird - und dieses Momentum sollten wir nutzen.

DFB.de: Können Sie das konkretisieren?

Ullrich: In erster Linie wollen wir im sportlichen Bereich die Rahmenbedingungen für die Fußballerinnen in den Vereinen und im Verband weiter verbessern, denn nur dann können wir attraktiv für Zuschauer*innen und Interessent*innen sein und auch die Entwicklung eines Marktes sein. Das sportliche Level der FLYERALARM Frauen-Bundesliga ist weiterhin sehr hoch, im Vergleich zu anderen Spitzenligen ist gerade die Wettbewerbsausgeglichenheit weiterhin gut. Andererseits geht es konkret darum, den Spitzenfrauenfußball und seine Rahmenbedingungen aus einem Investmentbereich in einen dauerhaft positiven Return-on-Investment-Sektor zu bringen - kurz, in eine Gewinnzone zu führen. Und das nicht nur in Titeln ausgedrückt, sondern auch hinsichtlich der wirtschaftlichen Entwicklung.

DFB.de: Wie kann das gelingen?

Ullrich: Um dies zu erreichen, brauchen wir eine stärkere Sichtbarkeit - sprich attraktive Übertragungszeiten der Spiele und eine höhere Reichweite. Daran arbeiten wir. Erst vor Kurzem konnte gemeinsam mit den Partnern Einigkeit erzielt werden, dass die Vereine ihre eigenen Spiele über ihre Kanäle streamen können, die nicht zentral von öffentlich-rechtlichen Sendern, Eurosport oder MagentaTV übertragen werden. Das heißt, es sind alle Spiele der FLYERALARM Frauen-Bundesliga aktuell sichtbar. Zudem streamt DFB-TV an den letzten vier Spieltagen dieser Saison alle weiteren Spiele, die nicht auf den vorgenannten Plattformen zu sehen sind, live. Für die aktuelle Spielzeit konnten wir dadurch die Sichtbarkeit deutlich erhöhen. An diesem ersten Schritt gilt es nun gezielt weiterzuarbeiten, und das nicht nur für die FLYERALARM Frauen-Bundesliga, sondern auch für die 2. Frauen-Bundesliga.

DFB.de: Stichwort "Sichtbarkeit": Der TV-Vertrag der Engländerinnen für die kommenden Spielzeiten ist gerade in aller Munde. Was machen sie besser?

Ullrich: Zunächst mal muss man der FA zu diesem Ergebnis gratulieren. Aus finanzieller Sicht ist das wirklich ein exzellentes Ergebnis. Die Verteilung der Spiele auf Free- und Pay-TV ist numerisch durchaus vergleichbar mit unserer Situation. Bis zu 22 Spiele pro Saison im Free-TV, bei uns durch Eurosport, und bis zu 44 Spiele pro Saison im Pay-TV, bei uns mit MagentaSport. Der Rest läuft auf DFB-TV oder auf den Klubkanälen. Die Reichweite ist in England aber größer – das wissen wir. Wir arbeiten intensiv daran, die Vermarktungserlöse und die Sichtbarkeit im Rahmen der aktuell bestehenden Verträge weiter zu erhöhen.

DFB.de: Können Sie die Ungeduld bezüglich der Entwicklung des Frauenfußballs in Deutschland nachvollziehen?

Ullrich: Ganz ehrlich: Ich würde mir manchmal eine etwas differenziertere Betrachtung wünschen. Denn natürlich arbeiten wir intensiv auf allen Ebenen an diesem Thema, das für uns eine hohe Priorität hat. Wir wollen - neben den Topligen des Frauenfußballs - die Potenziale im gesamten Frauen- und Mädchenbereich im idealen Maß ausschöpfen. Um dies zu erreichen, wird im Rahmen des Bundestagsprojekts "Frauen im Fußball" in strategischen Plänen sowohl die Ausrichtung des professionellen Bereichs als auch die des breiten Frauen- und Mädchenfußballs weiterentwickelt. Eine übergeordnete Ziellinie aller unserer Bestrebungen ist das Jahr 2027, in dem wir gemeinsam mit den Niederlanden und Belgien die FIFA Frauen-Weltmeisterschaft ausrichten möchten. Wir erarbeiten derzeit Maßnahmen und Pläne hinsichtlich Vermarktung, Medien und Strukturen in unserem Strategiepapier 2027. Was nicht heißt, dass diese erst in sechs Jahren umgesetzt werden. Einige Projekte, die für 2020 geplant waren - dem Jahr von "50 Jahre Frauenfußball" im DFB -, mussten wir beispielsweise Pandemie-bedingt verschieben. Diese hätten den Frauenfußball deutlich sichtbarer gemacht: Durch Highlightspiele in der FLYERALARM Frauen-Bundesliga in großen Stadion und zur Primetime, einem landesweiten Wochenende des Frauenfußballs, Highlightspielen der Frauen-Nationalmannschaft, zahlreichen Aktionen rund um die Spieltage. Aber das wollen wir nachholen und als festes Elemente im Spielkalender integrieren.

DFB.de: Inwiefern sind die Bundesligavereine eingebunden in alle Planungen?

Ullrich: Wir haben mit dem Ausschuss Frauen-Bundesligen seit dem letzten DFB-Bundestag ein Gremium mit klar zugeordneten Aufgaben und Verantwortlichkeiten. Vorsitzender ist mit Siggi Dietrich ein Vereinsvertreter. In diesem Ausschuss diskutieren die Vereine untereinander intensiv, kritisch und kontrovers - auch dem DFB gegenüber. Und das ist wichtig, um alle Perspektiven einzubeziehen und bei weiteren Entwicklungsschritten die Konsequenzen auch bis zum Ende zu denken. Die Vereinsvertreter*innen haben es hier selbst in der Hand, die "Messlatten" für das Zulassungsverfahren oder die Optimierung der Infrastruktur der beiden Spitzenligen zu definieren und in DFB-Ordnungen einzubringen. Was die Anpassung beispielsweise der Zulassungsvoraussetzungen angeht, sitzen die Vereine also immer am Tisch und bestimmen mit - können gestalten, abwägen oder eben einen Konsens finden. Sie sind an allen Entscheidungen beteiligt.

DFB.de: Es gibt Stimmen, die befürworten eine Ausgliederung der FLYERLALARM Frauen-Bundesliga aus dem DFB unter das Dach der DFL. Wie sehen Sie das?

Ullrich: Zunächst begrüße ich es ausdrücklich, dass DFB und DFL gemeinsam mittels einer in der Gründung befindlichen Arbeitsgruppe Potenziale und Perspektiven ausloten, um gemeinsam die Ligen voranzubringen. Ziel ist es, gemeinsam Ansätze zu entwickeln, wie die Vereine der Bundesliga und 2. Bundesliga künftig unter Berücksichtigung der gewachsenen Strukturen und Systeme durch ein gezieltes Engagement die Professionalität, Attraktivität und Bekanntheit der höchsten Spielklassen im Frauenfußball stärken können. Ich möchte aber auch klar sagen: Ich sehe den DFB als richtigen Ligaträger, da der Frauen- und Mädchenfußball im großen Ganzen betrachtet werden sollte. Der Zusammenhang mit der Talentförderung und den Nationalteams ist genauso wichtig, wie das Gesamtsystem der Ligen mit einem Auf- und Abstieg im Auge zu behalten. Was eine enge Zusammenarbeit mit der DFL ja nicht ausschließt. Diese Zusammenarbeit ist in meinen Augen für alle ein Mehrwert: die Vereine, die DFL und den DFB. Im Bereich der Synergienutzung zwischen Männer- und Frauenfußball gibt es weitere Potenziale, die künftig noch viel stärker genutzt werden könnten. Übrigens auch in den Lizenzvereinen der FLYERALRAM Frauen-Bundesliga. Denn Frauenfußball bietet für alle einen Mehrwert.

DFB.de: Können Sie das präzisieren?

Ullrich: Frauenfußball kann für Vereine, Verbände und Unternehmen zum Game-Changer werden. Nicht nur die Attraktivität und die sehr direkte, positive und faire Art, sondern auch Fußball auf höchstem Niveau zu zeigen, sind überzeugende Argumente des Frauenfußballs. Vor allem in den Bereichen Nachhaltigkeit, Diversität und Gleichberechtigung bietet der Frauenfußball immens viele Argumente und Darstellungsformen, um für Unternehmen sowie die Vereine und Verbände eine Wertschöpfung sicherzustellen. Diverse Teams arbeiten nachweislich erfolgreicher. Und sie bieten hervorragende Anknüpfungspunkte, um gemeinsam mit Partnern Botschaften zu setzen, Haltung zu zeigen und einen Kulturwandel zu vollziehen. Kein Unternehmen, kein Verband und auch kein Spitzenverein kommt in der Zukunft beispielsweise ohne ein fundiertes Nachhaltigkeitskonzept aus. Es ist also unsere gemeinsame Aufgabe, diesen Markt weiter zu erschließen und auch monetäre Mehrwerte zu schaffen. Und da gibt es noch etwas.

DFB.de: Das da wäre?

Ullrich: Spannende Spiele auf dem Platz. Davon kann sich jeder selbst überzeugen. Wer beispielsweise noch nicht weiß, was er oder sie am Osterwochenende machen soll: Beide Pokalhalbfinalspiele der Frauen werden live übertragen. Am Samstag ab 13 Uhr das Spiel Frankfurt gegen Freiburg im Internet bei der Hessenschau und Sportschau, das zweite Halbfinale am Sonntag zwischen Wolfsburg und München ab 14 Uhr live in der ARD . Und heute Abend drücken wir natürlich unserem noch im Wettbewerb verbliebenen deutschen Teilnehmer in der Women's Champions League die Daumen. Der FC Bayern spielt gegen des FC Rosengard um den Einzug ins Halbfinale. Das sollte sich nun wirklich niemand entgehen lassen.

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