Heidi Mohr: Bescheidene Legende

Der 31. Oktober 1970 markiert einen Meilenstein in der Geschichte des deutschen Frauenfußballs - er wurde an diesem Tag vom Deutschen Fußball-Bund (DFB) offiziell in seine Satzung aufgenommen. Seitdem sind bald 50 Jahre vergangen. Fünf Jahrzehnte, in denen viele Persönlichkeiten den Weg bereitet haben. Sie haben gestaltet, motiviert und inspiriert - damals wie heute 50 Jahre, 50 Gesichter: In der großen Serie zum Jubiläum rückt DFB.de Persönlichkeiten aus dem Frauenfußball in den Fokus. Heute: Heidi Mohr, Europas bester Fußballerin des vergangenen Jahrhunderts, die im vergangenen Jahr leider viel zu früh verstarb.

Für viele gilt sie als eine der besten Spielerinnen, die jemals das Trikot der Nationalmannschaft getragen haben, zudem war sie lange Jahre Rekordtorschützin des DFB und ist dabei nie abgehoben. Die ehemalige Bundestrainerin Tina Theune beschrieb sie als "kreative, explosive und einfach geniale Spielerin". Die Rede ist natürlich von Heidi Mohr.

Aufgewachsen im badischen Weinheim nahe Heidelberg kam sie nur zum Fußball, weil ihre Eltern sie beim örtlichen SV Unterflockenbach anmeldeten, ihre Passion galt eigentlich dem Handball. So warf Mohr eine Zeit lang samstags Tore und schoss sie sonntags oder umgekehrt. Als sie im Alter von 18 Jahren mit einer Badenauswahl im Testspiel gegen die von Gero Bisanz trainierte Nationalmannschaft auflief, fiel dem ersten Frauen-Bundestrainer der Geschichte die extrem antrittsstarke, schnelle Stürmerin auf. Kein Jahr später folgte am 19. Mai 1986, eine Woche vor Mohrs 19. Geburtstag, ihr DFB-Debüt beim EM-Qualifikationsspiel gegen Norwegen. Auch auf Vereinsebene machte sie den nächsten Schritt und so schloss sich die 1,67 Meter große Torjägerin mit dem blonden Lockenkopf zur Premiere der Bundesliga dem TuS Niederkirchen an. Für die heimatverbundene Mohr buchstäblich die naheliegendste Wahl. Auch aus ganz praktischen Gründen, mit ihrer Mannschaftskameradin Claudia Obermeier bildete sie eine recht einseitige Fahrgemeinschaft, Mohr besaß keinen Führerschein.

Fünfmal in Folge Torschützenkönigin

Bei den Pfälzern sollte sie zur Torschützin vom Dienst heranreifen, traf wie am Fließband und wurde von 1991 bis 1995 fünfmal in Folge Torschützenkönigin der höchsten deutschen Spielklasse. Ihre sieben Treffer im Spiel gegen die SG Praunheim im März 1991 sind bis heute Rekord. Überragend ihre Rolle beim sensationellen Titelgewinn des TuS Niederkirchen in der Saison 1992/1993. Gegen den mit Nationalspielerinnen wie Silke Rottenberg, Silvia Neid oder Doris Fitschen gespickten amtierenden Meister TSV Siegen erzielte Mohr beide Treffer zum 2:1 nach Verlängerung. Dabei blieb Heidi Mohr trotz ihrer herausragenden sportlichen Leistungen selbst immer zurückhaltend, wie DFB-Vizepräsidentin Hannelore Ratzeburg bestätigt: "Sie wollte nie, dass viel Aufhebens um ihre Person gemacht wird, sondern hat sich immer in den Dienst der Mannschaft gestellt." 

So sieht es auch Theune, die die Stürmerin mit dem eingebauten Turbo als "humorvolle Teamplayerin" beschreibt, "auf die wir uns immer verlassen konnten." Nach außen schwieg Mohr meistens, ließ stattdessen lieber Tore sprechen. "Heidi war das Beste, was ich jemals im Frauenfußball gesehen habe. Sie war mit dem Ball schneller als andere ohne", adelt der damalige Vorstand des TuS Niederkirchen Franz Schalk die Angreiferin. 1994/1995 erfolgte ein einjähriger Abstecher zum TuS Ahrbach, ehe sie nach Niederkirchen zurückkehrte. Zur Jahrtausendwende ging Mohr zum amtierenden deutschen Meister 1.FFC Frankfurt, mit dem sie zum Karriereausklang den DFB-Pokal gewinnen konnte.

Mit "Tor des Monats" zum EM-Titel

Die meisten Titel holte sie jedoch im Nationaltrikot. Mit ihrem Treffer zum 4:1-Endstand im EM-Finale am 2. Juli 1989 in Osnabrück hatte Mohr maßgeblichen Anteil am ersten Titelgewinn der Frauen-Nationalmannschaft. Dank ihrer Tore konnte die DFB-Elf den Titel als Europas beste Mannschaft 1991 und 1995 erfolgreich verteidigen. Spektakulär ihr Treffer in der Verlängerung des Finales 1991 gegen Norwegen, wo sie per Alleingang von der Mittellinie aus für die deutsche Führung sorgte. Die Zuschauer der ARD wählten dieses Kunststück zum Tor des Monats. "Heidi hatte eine unglaubliche Torquote und traf fast in jedem Spiel. Manchmal brauchte es nur eine kurze Aufforderung von der Bank und sie hat getroffen", erinnert sich Theune. Ihre 83 Treffer in 104 Spielen für Deutschland machten sie für lange Zeit zur Rekordtorschützin ehe sie im Sommer 2005 von einer gewissen Birgit Prinz abgelöst wurde. Ihr letztes Länderspiel bestritt Mohr am 29. September 1996 im Koblenzer Stadion Oberwerth gegen Island.

Mohrs imposante Karriere hat Spuren hinterlassen: 1999 wurde sie zu Europas Fußballerin des Jahrhunderts gewählt und 2019 posthum in die Gründungself der Hall-of-Fame des deutschen Fußballs aufgenommen. Am 7. Februar des vergangenen Jahres erlag Heidi Mohr mit nur 51 Jahren einer schweren Krankheit. Ihr Tod sorgte für tiefe Trauer in der Fußballfamilie. Ratzeburg: "Heidi hat große Verdienste am Erfolg des Frauenfußballs, war dabei immer eine bescheidene, zurückhaltende und höfliche Person. Wir werden sie sehr vermissen."

[ma]

Der 31. Oktober 1970 markiert einen Meilenstein in der Geschichte des deutschen Frauenfußballs - er wurde an diesem Tag vom Deutschen Fußball-Bund (DFB) offiziell in seine Satzung aufgenommen. Seitdem sind bald 50 Jahre vergangen. Fünf Jahrzehnte, in denen viele Persönlichkeiten den Weg bereitet haben. Sie haben gestaltet, motiviert und inspiriert - damals wie heute 50 Jahre, 50 Gesichter: In der großen Serie zum Jubiläum rückt DFB.de Persönlichkeiten aus dem Frauenfußball in den Fokus. Heute: Heidi Mohr, Europas bester Fußballerin des vergangenen Jahrhunderts, die im vergangenen Jahr leider viel zu früh verstarb.

Für viele gilt sie als eine der besten Spielerinnen, die jemals das Trikot der Nationalmannschaft getragen haben, zudem war sie lange Jahre Rekordtorschützin des DFB und ist dabei nie abgehoben. Die ehemalige Bundestrainerin Tina Theune beschrieb sie als "kreative, explosive und einfach geniale Spielerin". Die Rede ist natürlich von Heidi Mohr.

Aufgewachsen im badischen Weinheim nahe Heidelberg kam sie nur zum Fußball, weil ihre Eltern sie beim örtlichen SV Unterflockenbach anmeldeten, ihre Passion galt eigentlich dem Handball. So warf Mohr eine Zeit lang samstags Tore und schoss sie sonntags oder umgekehrt. Als sie im Alter von 18 Jahren mit einer Badenauswahl im Testspiel gegen die von Gero Bisanz trainierte Nationalmannschaft auflief, fiel dem ersten Frauen-Bundestrainer der Geschichte die extrem antrittsstarke, schnelle Stürmerin auf. Kein Jahr später folgte am 19. Mai 1986, eine Woche vor Mohrs 19. Geburtstag, ihr DFB-Debüt beim EM-Qualifikationsspiel gegen Norwegen. Auch auf Vereinsebene machte sie den nächsten Schritt und so schloss sich die 1,67 Meter große Torjägerin mit dem blonden Lockenkopf zur Premiere der Bundesliga dem TuS Niederkirchen an. Für die heimatverbundene Mohr buchstäblich die naheliegendste Wahl. Auch aus ganz praktischen Gründen, mit ihrer Mannschaftskameradin Claudia Obermeier bildete sie eine recht einseitige Fahrgemeinschaft, Mohr besaß keinen Führerschein.

Fünfmal in Folge Torschützenkönigin

Bei den Pfälzern sollte sie zur Torschützin vom Dienst heranreifen, traf wie am Fließband und wurde von 1991 bis 1995 fünfmal in Folge Torschützenkönigin der höchsten deutschen Spielklasse. Ihre sieben Treffer im Spiel gegen die SG Praunheim im März 1991 sind bis heute Rekord. Überragend ihre Rolle beim sensationellen Titelgewinn des TuS Niederkirchen in der Saison 1992/1993. Gegen den mit Nationalspielerinnen wie Silke Rottenberg, Silvia Neid oder Doris Fitschen gespickten amtierenden Meister TSV Siegen erzielte Mohr beide Treffer zum 2:1 nach Verlängerung. Dabei blieb Heidi Mohr trotz ihrer herausragenden sportlichen Leistungen selbst immer zurückhaltend, wie DFB-Vizepräsidentin Hannelore Ratzeburg bestätigt: "Sie wollte nie, dass viel Aufhebens um ihre Person gemacht wird, sondern hat sich immer in den Dienst der Mannschaft gestellt." 

So sieht es auch Theune, die die Stürmerin mit dem eingebauten Turbo als "humorvolle Teamplayerin" beschreibt, "auf die wir uns immer verlassen konnten." Nach außen schwieg Mohr meistens, ließ stattdessen lieber Tore sprechen. "Heidi war das Beste, was ich jemals im Frauenfußball gesehen habe. Sie war mit dem Ball schneller als andere ohne", adelt der damalige Vorstand des TuS Niederkirchen Franz Schalk die Angreiferin. 1994/1995 erfolgte ein einjähriger Abstecher zum TuS Ahrbach, ehe sie nach Niederkirchen zurückkehrte. Zur Jahrtausendwende ging Mohr zum amtierenden deutschen Meister 1.FFC Frankfurt, mit dem sie zum Karriereausklang den DFB-Pokal gewinnen konnte.

Mit "Tor des Monats" zum EM-Titel

Die meisten Titel holte sie jedoch im Nationaltrikot. Mit ihrem Treffer zum 4:1-Endstand im EM-Finale am 2. Juli 1989 in Osnabrück hatte Mohr maßgeblichen Anteil am ersten Titelgewinn der Frauen-Nationalmannschaft. Dank ihrer Tore konnte die DFB-Elf den Titel als Europas beste Mannschaft 1991 und 1995 erfolgreich verteidigen. Spektakulär ihr Treffer in der Verlängerung des Finales 1991 gegen Norwegen, wo sie per Alleingang von der Mittellinie aus für die deutsche Führung sorgte. Die Zuschauer der ARD wählten dieses Kunststück zum Tor des Monats. "Heidi hatte eine unglaubliche Torquote und traf fast in jedem Spiel. Manchmal brauchte es nur eine kurze Aufforderung von der Bank und sie hat getroffen", erinnert sich Theune. Ihre 83 Treffer in 104 Spielen für Deutschland machten sie für lange Zeit zur Rekordtorschützin ehe sie im Sommer 2005 von einer gewissen Birgit Prinz abgelöst wurde. Ihr letztes Länderspiel bestritt Mohr am 29. September 1996 im Koblenzer Stadion Oberwerth gegen Island.

Mohrs imposante Karriere hat Spuren hinterlassen: 1999 wurde sie zu Europas Fußballerin des Jahrhunderts gewählt und 2019 posthum in die Gründungself der Hall-of-Fame des deutschen Fußballs aufgenommen. Am 7. Februar des vergangenen Jahres erlag Heidi Mohr mit nur 51 Jahren einer schweren Krankheit. Ihr Tod sorgte für tiefe Trauer in der Fußballfamilie. Ratzeburg: "Heidi hat große Verdienste am Erfolg des Frauenfußballs, war dabei immer eine bescheidene, zurückhaltende und höfliche Person. Wir werden sie sehr vermissen."

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