Hegering: "Wolfsburg war abgezockter"

Riesige Enttäuschung bei der SGS Essen, die das Endspiel des DFB-Pokals gegen den VfL Wolfsburg im Elfmeterschießen verloren hat. Essens Nationalspielerin Marina Hegering (30) spricht im DFB.de-Interview unmittelbar nach dem Schlusspfiff über ihre Gefühle nach der Niederlage, ihren Stolz über eine starke Leistung und eine feucht-fröhliche und traurige Party danach.

DFB.de: Frau Hegering, teilen Sie das Fazit, dass es ein überragendes DFB-Pokalfinale mit einem ganz bitteren Ende für Sie war?

Marina Hegering: Ja, leider. Heute sind wir sehr traurig. Wir haben viel Herz und Leidenschaft in dieses Spiel gelegt. Am Ende ist es bitter, dass wir im Elfmeterschießen verlieren. Aber so ist der Fußball. Wolfsburg war einfach abgezockter. Zum Schluss hat sich ihre Erfahrung aus den vielen Finals bezahlt gemacht.

DFB.de: Überwiegt jetzt der Stolz über eine tolle Leistung oder doch die Enttäuschung über die Niederlage?

Hegering: Beide Gefühle sind bei mir gerade unfassbar stark. Klar sind wir stolz auf unsere Leistung. So einen Auftritt hätten uns sicher nicht viele zugetraut. Aber ich ärgere mich gleichzeitig unglaublich, dass wir uns nicht belohnt haben. Wir haben wirklich alles investiert, alles gegeben. Jede einzelne von uns ist an ihre Grenzen gegangen. Wir werden diese in jeder Hinsicht außergewöhnliche Saison entspannt ausklingen lassen.

DFB.de: Wie haben Sie die Partie auf dem Platz erlebt?

Hegering: Es war eine Achterbahnfahrt der Gefühle. Wir waren zweimal vorne und geraten dann in der zweiten Halbzeit in Rückstand. Kurz vor dem Schlusspfiff schaffen wir dann durch einen tollen direkt verwandelten Freistoß von Irini Ioannidou noch das 3:3. Und dann hat das Drama seine Fortsetzung in der Verlängerung und dem Elfmeterschießen gefunden. Komischerweise hatte ich zu keinem Zeitpunkt das Gefühl, dass wir als Verlierer vom Platz gehen werden. Beim Elfmeterschießen hatten wir einfach nicht das notwenige Glück auf unserer Seite. Herzlichen Glückwunsch an den VfL Wolfsburg zum Titelgewinn. Aber wir haben ihnen heute alles abverlangt. Wolfsburg hat in der gesamten Saison in der FLYERALARM Frauen-Bundesliga acht Gegentreffer in 22 Begegnungen kassiert. Heute haben wir sie dreimal bezwungen. Darauf können wir stolz sein.

DFB.de: Hatten Sie nach 90 Minuten keine Zweifel, dass Sie dieses Tempo noch 30 weitere Minuten gehen können?

Hegering: Überhaupt nicht. Wir sind nach den 90 Minuten zusammengekommen und haben uns auf die Verlängerung eingeschworen. Natürlich waren wir körperlich platt. Aber es war nicht so, dass wir nicht mehr bereit gewesen wären, weiter zu rennen, zu fighten und alles zu geben. Diese positive Energie war da. Das hat man deutlich gespürt. Ich habe höchsten Respekte vor allen, die heute mit mir auf dem Platz standen oder uns von außen unterstützt haben. Die Mädels, die bei uns auf der Tribüne gesessen haben, sind nach links und rechts gerannt und haben uns immer weiter gepusht und uns angeschrien. Das war einfach geil. Heute haben wir eine überragende Mannschaftsleistung gezeigt. Leider zum Schluss ohne glückliches Ende für uns.

DFB.de: Ging es in der Verlängerung für Sie nur noch darum, dass Sie sich ins Elfmeterschießen retten?

Hegering: Nein, nicht unbedingt. Wir haben immer wieder Nadelstiche nach vorne setzen können. Die Hoffnung war da, dass wir vielleicht die Entscheidung zu unseren Gunsten erzielen können. Aber wir haben es nicht geschafft.

DFB.de: Auch beim Elfmeterschießen waren Sie zunächst im Vorteil, weil Alexandra Popp nicht verwandelt hat.

Hegering: Aber dann hat es sich wieder gedreht. In war als fünfte Schützin bei uns eingeplant. Leider ist es nicht mehr dazu gekommen, dass ich antreten durfte. Ich hätte mich dieser Verantwortung gerne gestellt. Aber ich bin weit davon entfernt, irgendjemandem einen Vorwurf zu machen. Es gehört unfassbar viel Mut dazu, in dieser Situation zum Punkt zu gehen und anzutreten. Klar sind Irini Ioannidou und Nina Brüggemann jetzt enttäuscht, weil sie nicht getroffen haben. Aber man muss sich mal in die Lage dieser Spielerinnen versetzen. Die Beine sind schwer, der Körper ist müde. Und dann noch der Druck, der dazukommt. Das ist eine Extremsituation. Ich habe hohen Respekt vor allen, die sich getraut haben, zu schießen. Am Ende verlieren wir als Mannschaft, niemand verliert oder gewinnt bei uns alleine.

DFB.de: Für Sie war es Ihr letzte Spiel für die SGS Essen vor Ihrem Wechsel zum FC Bayern. Mit welchen Gefühlen gehen Sie jetzt nach München?

Hegering: Es ist ein bitteres Ende. Aber ich hatte eine grandiose Zeit in Essen. Hier bin ich Nationalspielerin geworden. Ich bin unglaublich dankbar für die Unterstützung, die ich hier auch in schweren Zeiten erfahren habe. Aber es war aus meiner Sicht Zeit für eine Veränderung. Ich kann heute noch keine Gedanken an den FC Bayern verschwenden. Im Moment überwiegt die Trauer und Enttäuschung. Ich werde ein paar Tage brauchen, bis ich den Blick wieder nach vorne richten kann.

DFB.de: Was steht heute Abend noch auf dem Programm.

Hegering: Ich freue mich auf meine letzten Stunden im Kreis der Mädels – natürlich unter den Corona-Voraussetzungen. Ich gehe davon aus, dass es ein paar feucht-fröhliche und traurige Stunden werden. Wir werden gemeinsam etwas essen. Der Vorstand kommt auch noch. Da im Stadion die Verabschiedung der Spielerinnen, die nun den Verein verlassen werden, nicht möglich war, werden wir das jetzt im Hotel nachholen. Und dann wird für mich bald ein neues Abenteuer beginnen. Es wird die Zeit kommen, dass ich mich darauf freuen werde. Heute überwiegt noch die Enttäuschung.

[sw]

Riesige Enttäuschung bei der SGS Essen, die das Endspiel des DFB-Pokals gegen den VfL Wolfsburg im Elfmeterschießen verloren hat. Essens Nationalspielerin Marina Hegering (30) spricht im DFB.de-Interview unmittelbar nach dem Schlusspfiff über ihre Gefühle nach der Niederlage, ihren Stolz über eine starke Leistung und eine feucht-fröhliche und traurige Party danach.

DFB.de: Frau Hegering, teilen Sie das Fazit, dass es ein überragendes DFB-Pokalfinale mit einem ganz bitteren Ende für Sie war?

Marina Hegering: Ja, leider. Heute sind wir sehr traurig. Wir haben viel Herz und Leidenschaft in dieses Spiel gelegt. Am Ende ist es bitter, dass wir im Elfmeterschießen verlieren. Aber so ist der Fußball. Wolfsburg war einfach abgezockter. Zum Schluss hat sich ihre Erfahrung aus den vielen Finals bezahlt gemacht.

DFB.de: Überwiegt jetzt der Stolz über eine tolle Leistung oder doch die Enttäuschung über die Niederlage?

Hegering: Beide Gefühle sind bei mir gerade unfassbar stark. Klar sind wir stolz auf unsere Leistung. So einen Auftritt hätten uns sicher nicht viele zugetraut. Aber ich ärgere mich gleichzeitig unglaublich, dass wir uns nicht belohnt haben. Wir haben wirklich alles investiert, alles gegeben. Jede einzelne von uns ist an ihre Grenzen gegangen. Wir werden diese in jeder Hinsicht außergewöhnliche Saison entspannt ausklingen lassen.

DFB.de: Wie haben Sie die Partie auf dem Platz erlebt?

Hegering: Es war eine Achterbahnfahrt der Gefühle. Wir waren zweimal vorne und geraten dann in der zweiten Halbzeit in Rückstand. Kurz vor dem Schlusspfiff schaffen wir dann durch einen tollen direkt verwandelten Freistoß von Irini Ioannidou noch das 3:3. Und dann hat das Drama seine Fortsetzung in der Verlängerung und dem Elfmeterschießen gefunden. Komischerweise hatte ich zu keinem Zeitpunkt das Gefühl, dass wir als Verlierer vom Platz gehen werden. Beim Elfmeterschießen hatten wir einfach nicht das notwenige Glück auf unserer Seite. Herzlichen Glückwunsch an den VfL Wolfsburg zum Titelgewinn. Aber wir haben ihnen heute alles abverlangt. Wolfsburg hat in der gesamten Saison in der FLYERALARM Frauen-Bundesliga acht Gegentreffer in 22 Begegnungen kassiert. Heute haben wir sie dreimal bezwungen. Darauf können wir stolz sein.

DFB.de: Hatten Sie nach 90 Minuten keine Zweifel, dass Sie dieses Tempo noch 30 weitere Minuten gehen können?

Hegering: Überhaupt nicht. Wir sind nach den 90 Minuten zusammengekommen und haben uns auf die Verlängerung eingeschworen. Natürlich waren wir körperlich platt. Aber es war nicht so, dass wir nicht mehr bereit gewesen wären, weiter zu rennen, zu fighten und alles zu geben. Diese positive Energie war da. Das hat man deutlich gespürt. Ich habe höchsten Respekte vor allen, die heute mit mir auf dem Platz standen oder uns von außen unterstützt haben. Die Mädels, die bei uns auf der Tribüne gesessen haben, sind nach links und rechts gerannt und haben uns immer weiter gepusht und uns angeschrien. Das war einfach geil. Heute haben wir eine überragende Mannschaftsleistung gezeigt. Leider zum Schluss ohne glückliches Ende für uns.

DFB.de: Ging es in der Verlängerung für Sie nur noch darum, dass Sie sich ins Elfmeterschießen retten?

Hegering: Nein, nicht unbedingt. Wir haben immer wieder Nadelstiche nach vorne setzen können. Die Hoffnung war da, dass wir vielleicht die Entscheidung zu unseren Gunsten erzielen können. Aber wir haben es nicht geschafft.

DFB.de: Auch beim Elfmeterschießen waren Sie zunächst im Vorteil, weil Alexandra Popp nicht verwandelt hat.

Hegering: Aber dann hat es sich wieder gedreht. In war als fünfte Schützin bei uns eingeplant. Leider ist es nicht mehr dazu gekommen, dass ich antreten durfte. Ich hätte mich dieser Verantwortung gerne gestellt. Aber ich bin weit davon entfernt, irgendjemandem einen Vorwurf zu machen. Es gehört unfassbar viel Mut dazu, in dieser Situation zum Punkt zu gehen und anzutreten. Klar sind Irini Ioannidou und Nina Brüggemann jetzt enttäuscht, weil sie nicht getroffen haben. Aber man muss sich mal in die Lage dieser Spielerinnen versetzen. Die Beine sind schwer, der Körper ist müde. Und dann noch der Druck, der dazukommt. Das ist eine Extremsituation. Ich habe hohen Respekt vor allen, die sich getraut haben, zu schießen. Am Ende verlieren wir als Mannschaft, niemand verliert oder gewinnt bei uns alleine.

DFB.de: Für Sie war es Ihr letzte Spiel für die SGS Essen vor Ihrem Wechsel zum FC Bayern. Mit welchen Gefühlen gehen Sie jetzt nach München?

Hegering: Es ist ein bitteres Ende. Aber ich hatte eine grandiose Zeit in Essen. Hier bin ich Nationalspielerin geworden. Ich bin unglaublich dankbar für die Unterstützung, die ich hier auch in schweren Zeiten erfahren habe. Aber es war aus meiner Sicht Zeit für eine Veränderung. Ich kann heute noch keine Gedanken an den FC Bayern verschwenden. Im Moment überwiegt die Trauer und Enttäuschung. Ich werde ein paar Tage brauchen, bis ich den Blick wieder nach vorne richten kann.

DFB.de: Was steht heute Abend noch auf dem Programm.

Hegering: Ich freue mich auf meine letzten Stunden im Kreis der Mädels – natürlich unter den Corona-Voraussetzungen. Ich gehe davon aus, dass es ein paar feucht-fröhliche und traurige Stunden werden. Wir werden gemeinsam etwas essen. Der Vorstand kommt auch noch. Da im Stadion die Verabschiedung der Spielerinnen, die nun den Verein verlassen werden, nicht möglich war, werden wir das jetzt im Hotel nachholen. Und dann wird für mich bald ein neues Abenteuer beginnen. Es wird die Zeit kommen, dass ich mich darauf freuen werde. Heute überwiegt noch die Enttäuschung.

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