Haim: "Ich lebe gerade meinen Traum"

Der 1. FC Nürnberg ist derzeit das Überraschungsteam der Google Pixel Frauen-Bundesliga. Mit dem 2:1 im Kellerduell bei Schlusslicht MSV Duisburg hat der Aufsteiger die Abstiegsränge erstmals in dieser Saison verlassen - auch dank Vanessa Haim, die parallel Vollzeit als Lehrerin arbeitet. Im DFB.de-Interview spricht die 26 Jahre alte Stürmerin auch über das Spiel beim SV Werder Bremen am Samstag (ab 14 Uhr, live bei MagentaSport).

DFB.de: Vanessa Haim, die Partie beim MSV Duisburg war am Sonntagabend erst um 20.30 Uhr beendet. Wann waren Sie wieder zuhause in Nürnberg?

Vanessa Heim: Die Rückfahrt hat schon recht lang gedauert. Sechs Stunden waren wir bestimmt unterwegs. Ich denke, dass wir gegen vier Uhr in der Nacht wieder da waren.

DFB.de: Und um acht Uhr mussten Sie zur ersten Stunde bereits wieder in der Schule sein...

Haim: Es war tatsächlich ein intensives Wochenende, und am Montag war ich dann natürlich auch etwas müde. Aber mit einem Sieg und drei Punkten im Gepäck nimmt man solche Strapazen gerne auf sich. Ich bin am Montagmorgen trotz der kurzen Nacht glücklich aufgestanden.

DFB.de: Im Duell beim MSV Duisburg hingegen waren Sie sehr wach. Sie sind durch Treffer in der ersten und dritten Minute schnell mit 2:0 in Führung gegangen.

Haim: Einen besseren Start hätten wir uns gar nicht wünschen können. Im ersten Moment dachte ich nur: "Okay, was geht denn jetzt hier ab?" Diese frühe Führung war natürlich perfekt und hat uns Rückenwind gegeben.

DFB.de: In einem sehr, sehr wichtigen Spiel...

Haim: Absolut. Wir wussten, dass wir mit drei Punkten einen großen Schritt machen konnten. Wir machen uns zwar in jedem Spiel Druck, aber in einem Duell gegen einen direkten Konkurrenten ist die Anspannung vorher noch mal etwas größer. Der Sieg war super wichtig für uns.

DFB.de: Hatten Sie nach dem Anschlusstreffer der Duisburgerinnen Sorge, dass es noch kippen könnte?

Haim: Es war klar, dass wir das Tempo der ersten Minuten nicht über 90 Minuten gehen können. Aber wir waren über weite Teile der ersten Halbzeit schon dominant. Als dann nach der Pause der Anschlusstreffer gefallen ist, war uns schon klar, dass Duisburg noch mal ordentlich Druck aufbauen wird. Dennoch hatte ich zu jeder Sekunde den Glauben daran, dass wir den Sieg über die Zeit bringen werden.

DFB.de: Nun stehen Sie mit acht Punkten erstmals in der Saison auf einem Nicht-Abstiegsplatz. Wie gut tut der Blick auf die Tabelle derzeit?

Haim: Es ist wirklich Wahnsinn, dass wir jetzt über dem Strich stehen. Einfach nur unglaublich toll! Im Moment schauen wir natürlich sehr gerne auf die Tabelle. Diese Position wollen wir jetzt verteidigen. Genau dort wollen wir bleiben. Aber wir wissen auch ganz genau, dass das sehr schwer wird und wir keinen Prozentpunkt nachlassen dürfen.

DFB.de: Für viele waren Sie vor der Saison der große Außenseiter. In dieser Hinsicht haben Sie auf jeden Fall schon jetzt ein Zeichen gesetzt.

Haim: Insgesamt sind wir mit der Hinrunde absolut zufrieden. Wenn uns vorher jemand gesagt hätte, dass wir nach elf Spielen auf einem Nicht-Abstiegsplatz stehen, hätten wir das sofort unterschrieben.

DFB.de: Und das trotz vier Niederlagen zum Saisonstart.

Haim: Dass es zu Beginn schwer werden würde, war allen klar bei uns. Wir mussten nach unserem Aufstieg erst mal ankommen, Fuß fassen und die Gegnerinnen einschätzen. Aber das ist uns dann recht schnell gut gelungen.

DFB.de: Wie wichtig war das 2:0 am fünften Spieltag beim SC Freiburg, um zu erkennen, dass Sie mithalten können?

Haim: Es war sehr wichtig, dort die drei Punkte mitzunehmen. Das hat uns allen das Gefühl gegeben, dass wir doch bestehen können und dass wir eben nicht komplett abgeschlagen sind. Danach gab es leider trotzdem noch den einen oder anderen Rückschlag. Aber spätestens seit unserer knappen Niederlage am achten Spieltag gegen Eintracht Frankfurt waren wir in keiner Begegnung mehr chancenlos.

DFB.de: Im Gegenteil: Seitdem sind Sie sogar ungeschlagen. Es folgten Unentschieden gegen RB Leipzig und Bayern München sowie nun der Sieg in Duisburg.

Haim: Diese Begegnungen machen uns natürlich Hoffnung. Ich sehe die Partie als Kirsche auf der Torte bisher. Wir hoffen, dass es nun so weiter geht für uns. Dafür werden wir alles tun.

DFB.de: Nun steht die Partie in Bremen auf dem Programm.

Haim: Die Bremerinnen sind für mich auch eines der Überraschungsteams bisher. Ich bin ehrlich: Ich hatte sie nicht so stark eingeschätzt. Aber sie haben eine tolle Hinrunde gespielt und stehen zurecht auf Rang sechs. Aber wir haben die Bayern geärgert, warum nicht auch Bremen?

DFB.de: Was ist für Sie möglich in der zweiten Saisonhälfte?

Haim: Unser großes und im Grunde auch einziges Ziel ist und bleibt der Klassenverbleib. Dafür haben wir nun eine gute Grundlage gelegt. Wir müssen vor allem gegen die direkten Konkurrentinnen weiterhin Punkte sammeln. Dann können wir es schaffen. Aber der Weg ist und bleibt weit.

DFB.de: Das 2:0 am Sonntag war bereits ihr dritten Saisontor im neunten Einsatz. Wie zufrieden sind Sie?

Haim: Ganz ehrlich? Wenn mir vor der Saison jemand gesagt hätte, dass ich zum Ende der Hinrunde drei Treffer erzielt habe, dann hätte ich das zumindest in Zweifel gezogen. Aber ich bin natürlich sehr glücklich darüber. Am Anfang bin ich zunächst häufiger von der Bank ins Spiel gekommen. Umso schöner, dass ich es zuletzt regelmäßiger in die Startelf geschafft habe. Ich will so weitermachen und möglichst viel dazu beitragen, dass wir weiterhin punkten.

DFB.de: Auch für Sie persönlich ist die Bundesliga Neuland. Wie erleben Sie Ihre erste Saison in Deutschlands höchster Spielklasse?

Haim: Es ist wirklich Wahnsinn. Ich lebe gerade meinen Traum. Wenn mir vor zehn Jahren jemand gesagt hätte, dass ich heute in der Bundesliga spiele, hätte ich geantwortet: "Nein, nie im Leben. Wie soll das gehen?". Für mich war es schon wirklich ein Highlight, als wir damals in die 2. Bundesliga aufgestiegen sind. Ich habe immer noch Gänsehaut, wenn ich ins Stadion einlaufe und den ersten Schritt auf den Rasen setze. Ich kann die Freude darüber kaum in Worte fassen, dass ich es bis hierhin geschafft habe.

DFB.de: Wie gehen Sie mit der Doppelbelastung Lehrerin und Bundesliga-Fußballerin um?

Haim: Das ist tatsächlich nicht immer ganz einfach. Ich arbeite noch immer Vollzeit als Lehrerin auf einer Mittelschule. Das hat zur Folge, dass ich leider die eine oder andere Trainingseinheit verpasse. Aber das ist im Moment nicht zu ändern. Oft fahre ich direkt von der Schule zum Training. Der Vorteil daran ist, dass ich dann abends oft noch ein paar Stunden für mich habe, um wieder runterzukommen. Und dann kommt der nächste Tag.

DFB.de: Ist es ein Thema an Ihrer Schule, dass Sie Fußballerin in der Bundesliga sind?

Haim: Ich gehe nicht aktiv auf die Schülerinnen und Schüler zu und berichte davon. Aber einige der älteren Schülerinnen und Schüler haben das schon mitbekommen und finden das insgesamt ziemlich cool. Ich bekomme insgesamt sehr positives Feedback.

[sw]

Der 1. FC Nürnberg ist derzeit das Überraschungsteam der Google Pixel Frauen-Bundesliga. Mit dem 2:1 im Kellerduell bei Schlusslicht MSV Duisburg hat der Aufsteiger die Abstiegsränge erstmals in dieser Saison verlassen - auch dank Vanessa Haim, die parallel Vollzeit als Lehrerin arbeitet. Im DFB.de-Interview spricht die 26 Jahre alte Stürmerin auch über das Spiel beim SV Werder Bremen am Samstag (ab 14 Uhr, live bei MagentaSport).

DFB.de: Vanessa Haim, die Partie beim MSV Duisburg war am Sonntagabend erst um 20.30 Uhr beendet. Wann waren Sie wieder zuhause in Nürnberg?

Vanessa Heim: Die Rückfahrt hat schon recht lang gedauert. Sechs Stunden waren wir bestimmt unterwegs. Ich denke, dass wir gegen vier Uhr in der Nacht wieder da waren.

DFB.de: Und um acht Uhr mussten Sie zur ersten Stunde bereits wieder in der Schule sein...

Haim: Es war tatsächlich ein intensives Wochenende, und am Montag war ich dann natürlich auch etwas müde. Aber mit einem Sieg und drei Punkten im Gepäck nimmt man solche Strapazen gerne auf sich. Ich bin am Montagmorgen trotz der kurzen Nacht glücklich aufgestanden.

DFB.de: Im Duell beim MSV Duisburg hingegen waren Sie sehr wach. Sie sind durch Treffer in der ersten und dritten Minute schnell mit 2:0 in Führung gegangen.

Haim: Einen besseren Start hätten wir uns gar nicht wünschen können. Im ersten Moment dachte ich nur: "Okay, was geht denn jetzt hier ab?" Diese frühe Führung war natürlich perfekt und hat uns Rückenwind gegeben.

DFB.de: In einem sehr, sehr wichtigen Spiel...

Haim: Absolut. Wir wussten, dass wir mit drei Punkten einen großen Schritt machen konnten. Wir machen uns zwar in jedem Spiel Druck, aber in einem Duell gegen einen direkten Konkurrenten ist die Anspannung vorher noch mal etwas größer. Der Sieg war super wichtig für uns.

DFB.de: Hatten Sie nach dem Anschlusstreffer der Duisburgerinnen Sorge, dass es noch kippen könnte?

Haim: Es war klar, dass wir das Tempo der ersten Minuten nicht über 90 Minuten gehen können. Aber wir waren über weite Teile der ersten Halbzeit schon dominant. Als dann nach der Pause der Anschlusstreffer gefallen ist, war uns schon klar, dass Duisburg noch mal ordentlich Druck aufbauen wird. Dennoch hatte ich zu jeder Sekunde den Glauben daran, dass wir den Sieg über die Zeit bringen werden.

DFB.de: Nun stehen Sie mit acht Punkten erstmals in der Saison auf einem Nicht-Abstiegsplatz. Wie gut tut der Blick auf die Tabelle derzeit?

Haim: Es ist wirklich Wahnsinn, dass wir jetzt über dem Strich stehen. Einfach nur unglaublich toll! Im Moment schauen wir natürlich sehr gerne auf die Tabelle. Diese Position wollen wir jetzt verteidigen. Genau dort wollen wir bleiben. Aber wir wissen auch ganz genau, dass das sehr schwer wird und wir keinen Prozentpunkt nachlassen dürfen.

DFB.de: Für viele waren Sie vor der Saison der große Außenseiter. In dieser Hinsicht haben Sie auf jeden Fall schon jetzt ein Zeichen gesetzt.

Haim: Insgesamt sind wir mit der Hinrunde absolut zufrieden. Wenn uns vorher jemand gesagt hätte, dass wir nach elf Spielen auf einem Nicht-Abstiegsplatz stehen, hätten wir das sofort unterschrieben.

DFB.de: Und das trotz vier Niederlagen zum Saisonstart.

Haim: Dass es zu Beginn schwer werden würde, war allen klar bei uns. Wir mussten nach unserem Aufstieg erst mal ankommen, Fuß fassen und die Gegnerinnen einschätzen. Aber das ist uns dann recht schnell gut gelungen.

DFB.de: Wie wichtig war das 2:0 am fünften Spieltag beim SC Freiburg, um zu erkennen, dass Sie mithalten können?

Haim: Es war sehr wichtig, dort die drei Punkte mitzunehmen. Das hat uns allen das Gefühl gegeben, dass wir doch bestehen können und dass wir eben nicht komplett abgeschlagen sind. Danach gab es leider trotzdem noch den einen oder anderen Rückschlag. Aber spätestens seit unserer knappen Niederlage am achten Spieltag gegen Eintracht Frankfurt waren wir in keiner Begegnung mehr chancenlos.

DFB.de: Im Gegenteil: Seitdem sind Sie sogar ungeschlagen. Es folgten Unentschieden gegen RB Leipzig und Bayern München sowie nun der Sieg in Duisburg.

Haim: Diese Begegnungen machen uns natürlich Hoffnung. Ich sehe die Partie als Kirsche auf der Torte bisher. Wir hoffen, dass es nun so weiter geht für uns. Dafür werden wir alles tun.

DFB.de: Nun steht die Partie in Bremen auf dem Programm.

Haim: Die Bremerinnen sind für mich auch eines der Überraschungsteams bisher. Ich bin ehrlich: Ich hatte sie nicht so stark eingeschätzt. Aber sie haben eine tolle Hinrunde gespielt und stehen zurecht auf Rang sechs. Aber wir haben die Bayern geärgert, warum nicht auch Bremen?

DFB.de: Was ist für Sie möglich in der zweiten Saisonhälfte?

Haim: Unser großes und im Grunde auch einziges Ziel ist und bleibt der Klassenverbleib. Dafür haben wir nun eine gute Grundlage gelegt. Wir müssen vor allem gegen die direkten Konkurrentinnen weiterhin Punkte sammeln. Dann können wir es schaffen. Aber der Weg ist und bleibt weit.

DFB.de: Das 2:0 am Sonntag war bereits ihr dritten Saisontor im neunten Einsatz. Wie zufrieden sind Sie?

Haim: Ganz ehrlich? Wenn mir vor der Saison jemand gesagt hätte, dass ich zum Ende der Hinrunde drei Treffer erzielt habe, dann hätte ich das zumindest in Zweifel gezogen. Aber ich bin natürlich sehr glücklich darüber. Am Anfang bin ich zunächst häufiger von der Bank ins Spiel gekommen. Umso schöner, dass ich es zuletzt regelmäßiger in die Startelf geschafft habe. Ich will so weitermachen und möglichst viel dazu beitragen, dass wir weiterhin punkten.

DFB.de: Auch für Sie persönlich ist die Bundesliga Neuland. Wie erleben Sie Ihre erste Saison in Deutschlands höchster Spielklasse?

Haim: Es ist wirklich Wahnsinn. Ich lebe gerade meinen Traum. Wenn mir vor zehn Jahren jemand gesagt hätte, dass ich heute in der Bundesliga spiele, hätte ich geantwortet: "Nein, nie im Leben. Wie soll das gehen?". Für mich war es schon wirklich ein Highlight, als wir damals in die 2. Bundesliga aufgestiegen sind. Ich habe immer noch Gänsehaut, wenn ich ins Stadion einlaufe und den ersten Schritt auf den Rasen setze. Ich kann die Freude darüber kaum in Worte fassen, dass ich es bis hierhin geschafft habe.

DFB.de: Wie gehen Sie mit der Doppelbelastung Lehrerin und Bundesliga-Fußballerin um?

Haim: Das ist tatsächlich nicht immer ganz einfach. Ich arbeite noch immer Vollzeit als Lehrerin auf einer Mittelschule. Das hat zur Folge, dass ich leider die eine oder andere Trainingseinheit verpasse. Aber das ist im Moment nicht zu ändern. Oft fahre ich direkt von der Schule zum Training. Der Vorteil daran ist, dass ich dann abends oft noch ein paar Stunden für mich habe, um wieder runterzukommen. Und dann kommt der nächste Tag.

DFB.de: Ist es ein Thema an Ihrer Schule, dass Sie Fußballerin in der Bundesliga sind?

Haim: Ich gehe nicht aktiv auf die Schülerinnen und Schüler zu und berichte davon. Aber einige der älteren Schülerinnen und Schüler haben das schon mitbekommen und finden das insgesamt ziemlich cool. Ich bekomme insgesamt sehr positives Feedback.

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