Grindel: "Keine Selbstverständlichkeit, kein Ritual, keine Routine"

75 Jahre nach der Auschwitz-Deportation des deutschen Nationalspielers Julius Hirschs wurde am Sonntagabend im Deutschen Fußballmuseum vor rund 300 Gästen die nach ihm benannte Auszeichnung verliehen. Mit dem renommierten Julius Hirsch Preis prämiert der DFB nun schon zum 14. Mal Vereine, Menschen und Organisationen des Fußballs, die sich gegen Antisemitismus und für die Würde des Menschen einsetzen.

"Mit diesem Preis sollte von Anfang an ein Zeichen gegen Rassismus und Fremdenfeindlichkeit gesetzt werden", sagte Reinhard Grindel in seiner Ansprache im Deutschen Fußballmuseum in Dortmund. Der Präsident des Deutschen Fußball-Bundes merkte anschließend durchaus mit Kritik am eigenen Verband an: "Bis zur Jahrtausendwende hat der DFB zu wenig getan, um an Julius Hirsch zu erinnern."

Grindel lobte in diesem Zusammenhang das Engagement des ehemaligen DFB-Präsidenten Dr. Theo Zwanziger, der genauso wie der langjährige DFB-Generalsekretär Horst R. Schmidt, der Preisverleihung in Dortmund beiwohnte. Vom Preisträger Hertha BSC nahm der Präsident des Bundesligaklubs, Werner Gegenbauer, an der Verleihung teil, genauso wie traditionsgemäß Hirschs Enkel Andreas. Mit Ligapräsident Dr. Reinhard Rauball, Erwin Bugar und Peter Frymuth waren drei weitere DFB-Präsidiumsmitglieder unter den Ehrengästen der von DFB-Mediendirektor Ralf Köttker moderierten Preisverleihung. Der BVB-Präsident gehört seit neun Jahren der Jury des Preises an und hatte für den diesjährigen Preisträger aus Paderborn gestimmt.

Erster Preis geht an Kreisligist SC Aleviten Paderborn

Der 1. Preis des Jahres 2018 ging an den Kreisligaverein SC Aleviten Paderborn, der mit seinem Projekt eine beispielgebende Antwort darauf gab, wie Erinnerungskultur auch in einem kulturell heterogenen Deutschland funktionieren kann. Im Beisein von Herthas Präsident Gegenbauer bekam das Berliner Gemeinschaftsprojekt "Aus der Geschichte lernen", an dem der Bundesligaklub maßgeblich mitgewirkt hatte, den 2. Preis verliehen. Auch das Fanprojekt Bochum, Träger des dritten Preises, arbeitet bereits seit 2015 intensiv im historischen Vereinskontext. Nach dem Erstarken rechter Strömungen im Stadionumfeld initiierte das Fanprojekt im November 2015 die Gründung der "AG Erinnerungsort Bochum". Der argentinische Historiker Leonardo Albajari erhielt den Julius Hirsch Ehrenpreis 2018 für sein Projekt "No fue un juego" ("Es war kein Spiel"). Zum ersten Mal zeichnete die Jury damit einen internationalen Preisträger aus.

Hans Leyendecker, fast zwei Jahrzehnte für den Spiegel tätig, anschließend langjähriger Leiter des Investigativressorts der Süddeutschen Zeitung, und mit dem Wächterpreis der Tagespresse ausgezeichneter Journalist, übernahm es in Dortmund, die Laudatio auf den Paderborner Kreisligaklub zu halten. "Eindeutig und kompromisslos setzt sich dieser Klub gegen jede Form von Fremdenfeindlichkeit und Diskriminierung ein. Es geht um Fairness, Toleranz und Respekt. Es geht um Bürgertugenden", sagte Leyendecker in seiner Laudatio. In einem Lob an die Erinnerungsarbeit aller Preisträger sagte Reinhard Grindel: "Das Alles ist keine Selbstverständlichkeit, kein Ritual und keine Routine."

Gedenkreisen ins KZ Sachsenhausen

"Wege der Erinnerung" heißt das Projekt, mit dem der Kreisligaklub SC Aleviten Paderborn seinen jungen Fußballern deutsche Geschichte näherbringt. 600 Mitglieder hat der ostwestfälische Verein, der eine betont sozialpädagogische Ausrichtung pflegt. Vor Beginn der zwei Gedenkreisen mit Jugendgruppen ins KZ Sachsenhausen bei Oranienburg besprach man mit den jungen Fußballern den historischen Kontext. Nationalsozialismus, Antisemitismus, Holocaust – nicht wenige der Jugendlichen erfuhren zum ersten Mal davon. Zusammen mit einer polnischen Schulklasse aus Debica besuchte man drei Tage in Folge die Gedenkstätte.

Wie wir Meinungs- und Pressefreiheit, die Gleichheit der Geschlechter und kulturelle Vielfalt gestaltet haben, das hat in Deutschland auch eine ganze Menge mit den Erfahrungen aus der Zeit der NS-Diktatur zu tun. Aber wie vermittelt man diese geschichtliche Lehre in einer zunehmend kulturell diversifizierten Gesellschaft? Auf diese komplizierte Frage hat der SC Aleviten Paderborn eine überzeugende Antwort gegeben und erhielt dafür in Dortmund den Julius Hirsch Preis 2018.

Der 40-malige Nationalspieler und Europameister Marco Bode, der sich als Mitglied im Kuratorium der Aktion Sühnezeichen engagiert, überreichte den Preis an die Gewinner aus der Hauptstadt. Ralf Zumdick, der in seiner Laufbahn 283 Pflichtspiele für den VfL Bochum bestritten hat, zeichnete das Fanprojekt Bochum aus.

[th]

75 Jahre nach der Auschwitz-Deportation des deutschen Nationalspielers Julius Hirschs wurde am Sonntagabend im Deutschen Fußballmuseum vor rund 300 Gästen die nach ihm benannte Auszeichnung verliehen. Mit dem renommierten Julius Hirsch Preis prämiert der DFB nun schon zum 14. Mal Vereine, Menschen und Organisationen des Fußballs, die sich gegen Antisemitismus und für die Würde des Menschen einsetzen.

"Mit diesem Preis sollte von Anfang an ein Zeichen gegen Rassismus und Fremdenfeindlichkeit gesetzt werden", sagte Reinhard Grindel in seiner Ansprache im Deutschen Fußballmuseum in Dortmund. Der Präsident des Deutschen Fußball-Bundes merkte anschließend durchaus mit Kritik am eigenen Verband an: "Bis zur Jahrtausendwende hat der DFB zu wenig getan, um an Julius Hirsch zu erinnern."

Grindel lobte in diesem Zusammenhang das Engagement des ehemaligen DFB-Präsidenten Dr. Theo Zwanziger, der genauso wie der langjährige DFB-Generalsekretär Horst R. Schmidt, der Preisverleihung in Dortmund beiwohnte. Vom Preisträger Hertha BSC nahm der Präsident des Bundesligaklubs, Werner Gegenbauer, an der Verleihung teil, genauso wie traditionsgemäß Hirschs Enkel Andreas. Mit Ligapräsident Dr. Reinhard Rauball, Erwin Bugar und Peter Frymuth waren drei weitere DFB-Präsidiumsmitglieder unter den Ehrengästen der von DFB-Mediendirektor Ralf Köttker moderierten Preisverleihung. Der BVB-Präsident gehört seit neun Jahren der Jury des Preises an und hatte für den diesjährigen Preisträger aus Paderborn gestimmt.

Erster Preis geht an Kreisligist SC Aleviten Paderborn

Der 1. Preis des Jahres 2018 ging an den Kreisligaverein SC Aleviten Paderborn, der mit seinem Projekt eine beispielgebende Antwort darauf gab, wie Erinnerungskultur auch in einem kulturell heterogenen Deutschland funktionieren kann. Im Beisein von Herthas Präsident Gegenbauer bekam das Berliner Gemeinschaftsprojekt "Aus der Geschichte lernen", an dem der Bundesligaklub maßgeblich mitgewirkt hatte, den 2. Preis verliehen. Auch das Fanprojekt Bochum, Träger des dritten Preises, arbeitet bereits seit 2015 intensiv im historischen Vereinskontext. Nach dem Erstarken rechter Strömungen im Stadionumfeld initiierte das Fanprojekt im November 2015 die Gründung der "AG Erinnerungsort Bochum". Der argentinische Historiker Leonardo Albajari erhielt den Julius Hirsch Ehrenpreis 2018 für sein Projekt "No fue un juego" ("Es war kein Spiel"). Zum ersten Mal zeichnete die Jury damit einen internationalen Preisträger aus.

Hans Leyendecker, fast zwei Jahrzehnte für den Spiegel tätig, anschließend langjähriger Leiter des Investigativressorts der Süddeutschen Zeitung, und mit dem Wächterpreis der Tagespresse ausgezeichneter Journalist, übernahm es in Dortmund, die Laudatio auf den Paderborner Kreisligaklub zu halten. "Eindeutig und kompromisslos setzt sich dieser Klub gegen jede Form von Fremdenfeindlichkeit und Diskriminierung ein. Es geht um Fairness, Toleranz und Respekt. Es geht um Bürgertugenden", sagte Leyendecker in seiner Laudatio. In einem Lob an die Erinnerungsarbeit aller Preisträger sagte Reinhard Grindel: "Das Alles ist keine Selbstverständlichkeit, kein Ritual und keine Routine."

Gedenkreisen ins KZ Sachsenhausen

"Wege der Erinnerung" heißt das Projekt, mit dem der Kreisligaklub SC Aleviten Paderborn seinen jungen Fußballern deutsche Geschichte näherbringt. 600 Mitglieder hat der ostwestfälische Verein, der eine betont sozialpädagogische Ausrichtung pflegt. Vor Beginn der zwei Gedenkreisen mit Jugendgruppen ins KZ Sachsenhausen bei Oranienburg besprach man mit den jungen Fußballern den historischen Kontext. Nationalsozialismus, Antisemitismus, Holocaust – nicht wenige der Jugendlichen erfuhren zum ersten Mal davon. Zusammen mit einer polnischen Schulklasse aus Debica besuchte man drei Tage in Folge die Gedenkstätte.

Wie wir Meinungs- und Pressefreiheit, die Gleichheit der Geschlechter und kulturelle Vielfalt gestaltet haben, das hat in Deutschland auch eine ganze Menge mit den Erfahrungen aus der Zeit der NS-Diktatur zu tun. Aber wie vermittelt man diese geschichtliche Lehre in einer zunehmend kulturell diversifizierten Gesellschaft? Auf diese komplizierte Frage hat der SC Aleviten Paderborn eine überzeugende Antwort gegeben und erhielt dafür in Dortmund den Julius Hirsch Preis 2018.

Der 40-malige Nationalspieler und Europameister Marco Bode, der sich als Mitglied im Kuratorium der Aktion Sühnezeichen engagiert, überreichte den Preis an die Gewinner aus der Hauptstadt. Ralf Zumdick, der in seiner Laufbahn 283 Pflichtspiele für den VfL Bochum bestritten hat, zeichnete das Fanprojekt Bochum aus.