Grindel: "Fußball ist nicht nur Profisport"

Fußball steht für Emotionen, Begeisterung und Kameradschaft - aber eben auch für Geld. Der Lieblingssport der Deutschen ist zu einem Wirtschaftsfaktor geworden. Spieler werden für teilweise dreistellige Millionenbeträge verpflichtet. Der Wert der TV-Übertragungsrechte bewegt sich in einem ähnlichen Rahmen. Wie in kaum einer anderen Sportart werden beim Fußball Milliardensummen bewegt und hohe Gewinne erwirtschaftet. Doch welche Verantwortung trägt der Fußball gegenüber der Allgemeinheit? Wo hört der Sport auf und wo fängt der Profit an? Müsste sich der Profifußball an allgemeinen Kosten beteiligen? DFB-Präsident Reinhard Grindel war zu Gast in der Alten Försterei in Bremen, um über diese Fragen zu diskutieren. Das Thema: Fußball und Profit - welche gesellschaftliche Verantwortung trägt der Fußball?

Außerdem nahmen Florian Bauer, der sportpolitische Experte der ARD, und Ulrich Mäurer, Senator für Inneres der Freien Hansestadt Bremen, an der Runde teil. Die Gesprächsführung hatte Grit Thümmel. Die Radio-Moderatorin sprach zunächst die Proteste der Fans an, die sich in den vergangenen Wochen in einigen Stadien ereignet hatten. Grindel signalisierte hierbei erneut seine Gesprächsbereitschaft: "Wir sollten von den Bannern wegkommen und stattdessen Gespräche führen, um die Fankultur, die wir alle schätzen, zu bewahren und das Stadionerlebnis sicher zu machen."

"Der Fußball zahlt jährlich mehr als eine Milliarde Euro an Steuern"

Die Sicherheit war auch Thema, als es um die Kosten der Polizeieinsatzkräfte an Bundesliga-Spieltagen ging. Mäurer unterstrich seine Forderung, dass sich ein Bundesligist wie der SV Werder Bremen an den Kosten zu beteiligen habe. Den Vorwurf, dass der Fußball geizig sei, wollte Grindel aber nicht akzeptieren: "Wir halten uns lediglich an Verabredungen. Wir investieren jedes Jahr elf Millionen Euro in Fanprojekte. Im Gegenzug wurde uns bei der Innenministerkonferenz zugesagt, dass die Stehplätze erhalten bleiben und die Polizeikosten übernommen werden."

Ohnehin sei es nicht tragbar, dass man für den eigenen Schutz zahlen müsse: "Ein Verein wie Werder Bremen könnte das vielleicht noch verkraften", erklärte Grindel. "Vereine wie Energie Cottbus oder Lokomotive Leipzig, bei denen ähnlich viele Einsatzkräfte benötigt werden, können das hingegen nicht verkraften. Wir sollten rechtsstaatliche Grundsätze einhalten. Ob man beschützt wird oder nicht, darf nicht davon abhängen, ob man arm oder reich ist. In einem Rechtsstaat muss der Störer für die Kosten herangezogen werden und nicht derjenige, der Interesse an einem friedlichen Stadionerlebnis hat"

Ein weiteres Argument sei, dass der Sport ohnehin in das Gemeinwesen investiert. "Der deutsche Fußball zahlt jährlich mehr als eine Milliarde Euro an Steuern", so der DFB-Präsident. "Da ist es doch völlig normal, dass der Fußball auch Leistungen vom Gemeinwesen bezieht."

"Das Talentfördersystem ist unsere Stärke"

Bei der Gesprächsrunde ging es nicht nur um Proteste und Polizeikräfte, sondern auch um die Wettbewerbsfähigkeit deutscher Mannschaften angesichts riesiger Investitionen von Klubs wie Paris Saint-Germain oder Manchester City Müssen also deutsche Vereine auch dreistellige Beträge in Spieler wie PSG-Zugang Neymar investieren? Grindel: "Das ist aufgrund der 50+1-Regelung überhaupt nicht möglich."

Stattdessen müsse es die Antwort des deutschen Fußballs sein, die Nachwuchsarbeit weiter zu intensivieren. "Das Talentfördersystem ist unsere große Stärke", sagt der DFB-Präsident. "Zwar sind auch die Engländer in diesem Bereich mittlerweile sehr erfolgreich - nicht nur die U 17-Weltmeisterschaft hat das gezeigt. Unser Vorteil ist aber, dass wir unsere Talente in der Bundesliga viel spielen lassen, während die Engländer aufgrund ihrer Einkaufspolitik wenig Plätze für den eigenen Nachwuchs haben. Hier müssen wir ansetzen."

Als Mitglied des UEFA-Exekutivkomitee habe er außerdem ein Auge darauf, dass die Regeln des Financial Fairplay eingehalten werden. Grindel: "Der UEFA-Präsident (Aleksander Ceferin; Anm. d. Red.) und ich sind uns einig, dass wir uns alles genau anschauen und die Regeln eventuell schärfen müssen. Wir müssen dann aber auch mit der EU-Kommission sprechen, ob die verschärften Regeln mit dem EU-Recht überhaupt vereinbar wären. Ansonsten würde das wenig Sinn machen."

"Das DFB-Pokalfinale bleibt in Berlin"

Auch der DFB-Pokal war Thema bei dieser Gesprächsrunde. Ein Zuschauer fragte Grindel nach seiner Meinung, ob man das DFB-Pokalfinale etwa in Shanghai stattfinden lassen könne, um die Auslandsvermarktung anzukurbeln. Solchen Gedankenspielen erteilte Grindel eine klare Absage: "Das DFB-Pokalfinale bleibt in Berlin." Veränderungen am Pokal-Modus seien ebenfalls vom Tisch: "Wir haben durchgesetzt, dass in der ersten Hauptrunde weiter Groß auf Klein trifft."

Allgemein fiel das Fazit von Grindel zur Gesprächsrunde sehr positiv aus: "Deutlich geworden ist, dass Fußball nicht nur Profisport bedeutet. Der Fußball in Deutschland ist geprägt vom Ehrenamt und von den bis zu 80.000 Spielen im Amateurbereich. Das darf man bei einer solchen Diskussion nicht vergessen. Außerdem haben wir Anerkennung gefunden für die Art und Weise, wie wir bisher im Bewerbungsverfahren für die EURO 2024 aufgetreten sind. Das hat mich gefreut."

[oj]

Fußball steht für Emotionen, Begeisterung und Kameradschaft - aber eben auch für Geld. Der Lieblingssport der Deutschen ist zu einem Wirtschaftsfaktor geworden. Spieler werden für teilweise dreistellige Millionenbeträge verpflichtet. Der Wert der TV-Übertragungsrechte bewegt sich in einem ähnlichen Rahmen. Wie in kaum einer anderen Sportart werden beim Fußball Milliardensummen bewegt und hohe Gewinne erwirtschaftet. Doch welche Verantwortung trägt der Fußball gegenüber der Allgemeinheit? Wo hört der Sport auf und wo fängt der Profit an? Müsste sich der Profifußball an allgemeinen Kosten beteiligen? DFB-Präsident Reinhard Grindel war zu Gast in der Alten Försterei in Bremen, um über diese Fragen zu diskutieren. Das Thema: Fußball und Profit - welche gesellschaftliche Verantwortung trägt der Fußball?

Außerdem nahmen Florian Bauer, der sportpolitische Experte der ARD, und Ulrich Mäurer, Senator für Inneres der Freien Hansestadt Bremen, an der Runde teil. Die Gesprächsführung hatte Grit Thümmel. Die Radio-Moderatorin sprach zunächst die Proteste der Fans an, die sich in den vergangenen Wochen in einigen Stadien ereignet hatten. Grindel signalisierte hierbei erneut seine Gesprächsbereitschaft: "Wir sollten von den Bannern wegkommen und stattdessen Gespräche führen, um die Fankultur, die wir alle schätzen, zu bewahren und das Stadionerlebnis sicher zu machen."

"Der Fußball zahlt jährlich mehr als eine Milliarde Euro an Steuern"

Die Sicherheit war auch Thema, als es um die Kosten der Polizeieinsatzkräfte an Bundesliga-Spieltagen ging. Mäurer unterstrich seine Forderung, dass sich ein Bundesligist wie der SV Werder Bremen an den Kosten zu beteiligen habe. Den Vorwurf, dass der Fußball geizig sei, wollte Grindel aber nicht akzeptieren: "Wir halten uns lediglich an Verabredungen. Wir investieren jedes Jahr elf Millionen Euro in Fanprojekte. Im Gegenzug wurde uns bei der Innenministerkonferenz zugesagt, dass die Stehplätze erhalten bleiben und die Polizeikosten übernommen werden."

Ohnehin sei es nicht tragbar, dass man für den eigenen Schutz zahlen müsse: "Ein Verein wie Werder Bremen könnte das vielleicht noch verkraften", erklärte Grindel. "Vereine wie Energie Cottbus oder Lokomotive Leipzig, bei denen ähnlich viele Einsatzkräfte benötigt werden, können das hingegen nicht verkraften. Wir sollten rechtsstaatliche Grundsätze einhalten. Ob man beschützt wird oder nicht, darf nicht davon abhängen, ob man arm oder reich ist. In einem Rechtsstaat muss der Störer für die Kosten herangezogen werden und nicht derjenige, der Interesse an einem friedlichen Stadionerlebnis hat"

Ein weiteres Argument sei, dass der Sport ohnehin in das Gemeinwesen investiert. "Der deutsche Fußball zahlt jährlich mehr als eine Milliarde Euro an Steuern", so der DFB-Präsident. "Da ist es doch völlig normal, dass der Fußball auch Leistungen vom Gemeinwesen bezieht."

"Das Talentfördersystem ist unsere Stärke"

Bei der Gesprächsrunde ging es nicht nur um Proteste und Polizeikräfte, sondern auch um die Wettbewerbsfähigkeit deutscher Mannschaften angesichts riesiger Investitionen von Klubs wie Paris Saint-Germain oder Manchester City Müssen also deutsche Vereine auch dreistellige Beträge in Spieler wie PSG-Zugang Neymar investieren? Grindel: "Das ist aufgrund der 50+1-Regelung überhaupt nicht möglich."

Stattdessen müsse es die Antwort des deutschen Fußballs sein, die Nachwuchsarbeit weiter zu intensivieren. "Das Talentfördersystem ist unsere große Stärke", sagt der DFB-Präsident. "Zwar sind auch die Engländer in diesem Bereich mittlerweile sehr erfolgreich - nicht nur die U 17-Weltmeisterschaft hat das gezeigt. Unser Vorteil ist aber, dass wir unsere Talente in der Bundesliga viel spielen lassen, während die Engländer aufgrund ihrer Einkaufspolitik wenig Plätze für den eigenen Nachwuchs haben. Hier müssen wir ansetzen."

Als Mitglied des UEFA-Exekutivkomitee habe er außerdem ein Auge darauf, dass die Regeln des Financial Fairplay eingehalten werden. Grindel: "Der UEFA-Präsident (Aleksander Ceferin; Anm. d. Red.) und ich sind uns einig, dass wir uns alles genau anschauen und die Regeln eventuell schärfen müssen. Wir müssen dann aber auch mit der EU-Kommission sprechen, ob die verschärften Regeln mit dem EU-Recht überhaupt vereinbar wären. Ansonsten würde das wenig Sinn machen."

"Das DFB-Pokalfinale bleibt in Berlin"

Auch der DFB-Pokal war Thema bei dieser Gesprächsrunde. Ein Zuschauer fragte Grindel nach seiner Meinung, ob man das DFB-Pokalfinale etwa in Shanghai stattfinden lassen könne, um die Auslandsvermarktung anzukurbeln. Solchen Gedankenspielen erteilte Grindel eine klare Absage: "Das DFB-Pokalfinale bleibt in Berlin." Veränderungen am Pokal-Modus seien ebenfalls vom Tisch: "Wir haben durchgesetzt, dass in der ersten Hauptrunde weiter Groß auf Klein trifft."

Allgemein fiel das Fazit von Grindel zur Gesprächsrunde sehr positiv aus: "Deutlich geworden ist, dass Fußball nicht nur Profisport bedeutet. Der Fußball in Deutschland ist geprägt vom Ehrenamt und von den bis zu 80.000 Spielen im Amateurbereich. Das darf man bei einer solchen Diskussion nicht vergessen. Außerdem haben wir Anerkennung gefunden für die Art und Weise, wie wir bisher im Bewerbungsverfahren für die EURO 2024 aufgetreten sind. Das hat mich gefreut."

###more###