Goretzka gegen Schalke: "Wie sonst nur bei Final- oder Heimspielen"

Nationalspieler Leon Goretzka trifft heute (ab 20.45 Uhr, live in der ARD und bei Sky) im DFB-Pokalviertelfinale mit Titelverteidiger und Rekordsieger FC Bayern München auf seinen ehemaligen Klub FC Schalke 04. Im DFB.de-Interview spricht der 25 Jahre alte Mittelfeldspieler über das besondere Duell und sein enormes Engagement gegen Rassismus.

DFB.de: Herr Goretzka, die Bezeichnung "besonderes Spiel" dürfte im Zusammenhang mit Ihrem Auftritt in der Veltins-Arena im Viertelfinale des DFB-Pokals häufig verwendet werden. Sie kennen viele Personen im Verein, in der Stadt, haben Freunde in der Mannschaft, kennen die Arena. Welcher Aspekt davon ist für Sie in der Einordnung dieses Spiels am bedeutendsten?

Leon Goretzka: Ich freue mich über jedes Spiel in der Region. Und natürlich habe ich zu Bochum und Schalke eine besondere Beziehung. Hier trifft man unzählige Weggefährten, besorgt Tickets für Familie und Freunde, das alles hat man sonst nur bei Final- oder Heimspielen.

DFB.de: Gibt es eine zentrale Erinnerung, die Sie mit Schalke verbinden? Ein Ereignis, das Sie sofort im Kopf haben, wenn Sie an Ihre Zeit in Gelsenkirchen denken?

Goretzka: Mein erstes Spiel und mein erstes Tor in der ersten DFB-Pokalrunde 2013. Wir gewannen 2:0, das Tor war also nicht ganz unwichtig, auch wenn der Gegner "nur" FC Nöttingen hieß. Aber gerade das macht den Pokal ja aus: Seine ganz eigenen Geschichten, seine eigenen Gesetze, wie es heißt. Das mit Abstand emotionalste Ereignis war aber natürlich das Jahrhundertderby, als wir mit Schalke gegen Dortmund einen 0:4 Rückstand aufgeholt haben. Ein emotionales Highlight für die Ewigkeit - egal, ob auf dem Platz, auf den Rängen oder im TV. Das vergessen wir alle nicht.

DFB.de: In dieser Saison ging es für Sie in der zweiten Runde mit den Bayern zum VfL Bochum. Diese Reise zu den Wurzeln war für Sie noch mal eine Spur emotionaler als nun der Auftritt auf Schalke, richtig?

Goretzka: Ja, natürlich. Aber das kann, glaube ich, jeder, der mal Fußball gespielt und den Verein im Laufe seines Fußballerlebens gewechselt hat, sehr gut nachempfinden. Egal, ob als Profi oder als Amateur. Der VfL war und ist meine erste große Liebe, die vergisst man nicht.

DFB.de: Wie wichtig ist es für Ihr Wohlfühlen und damit auch für Ihre Leistung beim FC Bayern, dass mit Hermann Gerland ein langjähriger Begleiter und weiterer Bochumer in München aktiv ist?

Goretzka: Er ist für viele im Klub extrem wertvoll, gerade weil er das Herz auf der Zunge trägt und ein positiv Verrückter ist. Die Bande mit dem VfL und FC Bayern, das ist unsere Gemeinsamkeit. Wenn es nicht schon längst eine Fanfreundschaft gäbe, müssten wir sie wohl initiieren. (lacht)

DFB.de: Pokalspiele sind K.o.-Spiele, Alles oder Nichts. Hat dies Auswirkungen darauf, wie Sie Ihre Rolle auf dem Platz interpretieren?

Goretzka: Wir sind ähnliche Situationen ja auch von Turnieren, der Champions League oder den Endphasen in der Meisterschaft gewohnt. Alles-oder-Nichts-Spiele haben immer ihren besonderen Reiz, da benötigte es volle Konzentration - notfalls auch über 120 Minuten.

DFB.de: In Ihrer ersten Saison für den FC Bayern haben Sie das Double aus Meisterschaft und DFB-Pokal geholt. Im Pokalendspiel gegen RB Leipzig konnten Sie aufgrund einer Verletzung nicht teilnehmen. Dennoch: Welche Erinnerungen haben Sie an Berlin, an den Mythos Pokalfinale?

Goretzka: Die Stimmung, die gesamte Atmosphäre und die vollbesetzten Ränge im Olympiastadion Berlin - das ist schon etwas Einzigartiges. Aber ganz ehrlich: Mich hat es neben all dem Jubel und dem verdienten Lohn für unsere ganzjährige Arbeit auch extrem gewurmt, dass ich nicht mitspielen konnte. Umso wichtiger, dass wir noch viele Finals spielen.

DFB.de: Sie haben zuletzt wiederholt Ihre Stimme erhoben und sich für Vielfalt und Toleranz und gegen Rassismus und Engstirnigkeit eingesetzt. Gab es für dieses Engagement ein auslösendes Ereignis?

Goretzka: Die Ereignisse in Wolfsburg beim Länderspiel, als deutsche Nationalspieler auf das Übelste von Zuschauern beleidigt wurden. Es ist dem Journalisten, der es als Fan miterleben musste, zu verdanken, dass er es Anschluss publik gemacht hat. Ich bin ein Kind des Ruhrgebiets, da war Integration viele Jahre lang das, was es sein sollte: eine Selbstverständlichkeit. Wir sind aus meiner Sicht alle gefordert, dass sich das abscheulichste Kapitel unserer Geschichte nicht wiederholt. Und dazu gehört auch, dass wir bei rassistischen Vorfällen nicht weg-, sondern hingucken und dafür sorgen, dass sich die Täter isolieren und im Rahmen der Gesetzgebung bestraft werden.

DFB.de: Im Achtelfinale des DFB-Pokals zwischen Schalke und Hertha wurde der Berliner Jordan Torunarigha von Schalke-Fans rassistisch beleidigt. Hätten Sie gedacht, dass so etwas im Jahr 2020 möglich ist?

Goretzka: Nach den gesellschaftlichen Entwicklungen der letzten Jahre: Leider ja. Gerade deswegen müssen wir Rassismus und Fremdenfeindlichkeit im Keim ersticken.

DFB.de: Sie haben mit den Bayern große Ziele, das Triple ist möglich. Danach folgt die EURO 2020. Wie häufig taucht das Turnier im Sommer schon jetzt in Ihren Gedanken und Gesprächen auf?

Goretzka: Bislang am meisten bei Interviews, die eine lange Vorlaufzeit haben. (lacht) Nein, Spaß beiseite: Derzeit fokussieren wir uns zu 100 Prozent auf die Aufgaben mit dem FC Bayern. Lassen Sie uns über die EURO noch einmal en détail im Mai sprechen. Wenn es nach mir ginge, auch nach einem erfolgreichen Pokalfinale.

[dfb]

Nationalspieler Leon Goretzka trifft heute (ab 20.45 Uhr, live in der ARD und bei Sky) im DFB-Pokalviertelfinale mit Titelverteidiger und Rekordsieger FC Bayern München auf seinen ehemaligen Klub FC Schalke 04. Im DFB.de-Interview spricht der 25 Jahre alte Mittelfeldspieler über das besondere Duell und sein enormes Engagement gegen Rassismus.

DFB.de: Herr Goretzka, die Bezeichnung "besonderes Spiel" dürfte im Zusammenhang mit Ihrem Auftritt in der Veltins-Arena im Viertelfinale des DFB-Pokals häufig verwendet werden. Sie kennen viele Personen im Verein, in der Stadt, haben Freunde in der Mannschaft, kennen die Arena. Welcher Aspekt davon ist für Sie in der Einordnung dieses Spiels am bedeutendsten?

Leon Goretzka: Ich freue mich über jedes Spiel in der Region. Und natürlich habe ich zu Bochum und Schalke eine besondere Beziehung. Hier trifft man unzählige Weggefährten, besorgt Tickets für Familie und Freunde, das alles hat man sonst nur bei Final- oder Heimspielen.

DFB.de: Gibt es eine zentrale Erinnerung, die Sie mit Schalke verbinden? Ein Ereignis, das Sie sofort im Kopf haben, wenn Sie an Ihre Zeit in Gelsenkirchen denken?

Goretzka: Mein erstes Spiel und mein erstes Tor in der ersten DFB-Pokalrunde 2013. Wir gewannen 2:0, das Tor war also nicht ganz unwichtig, auch wenn der Gegner "nur" FC Nöttingen hieß. Aber gerade das macht den Pokal ja aus: Seine ganz eigenen Geschichten, seine eigenen Gesetze, wie es heißt. Das mit Abstand emotionalste Ereignis war aber natürlich das Jahrhundertderby, als wir mit Schalke gegen Dortmund einen 0:4 Rückstand aufgeholt haben. Ein emotionales Highlight für die Ewigkeit - egal, ob auf dem Platz, auf den Rängen oder im TV. Das vergessen wir alle nicht.

DFB.de: In dieser Saison ging es für Sie in der zweiten Runde mit den Bayern zum VfL Bochum. Diese Reise zu den Wurzeln war für Sie noch mal eine Spur emotionaler als nun der Auftritt auf Schalke, richtig?

Goretzka: Ja, natürlich. Aber das kann, glaube ich, jeder, der mal Fußball gespielt und den Verein im Laufe seines Fußballerlebens gewechselt hat, sehr gut nachempfinden. Egal, ob als Profi oder als Amateur. Der VfL war und ist meine erste große Liebe, die vergisst man nicht.

DFB.de: Wie wichtig ist es für Ihr Wohlfühlen und damit auch für Ihre Leistung beim FC Bayern, dass mit Hermann Gerland ein langjähriger Begleiter und weiterer Bochumer in München aktiv ist?

Goretzka: Er ist für viele im Klub extrem wertvoll, gerade weil er das Herz auf der Zunge trägt und ein positiv Verrückter ist. Die Bande mit dem VfL und FC Bayern, das ist unsere Gemeinsamkeit. Wenn es nicht schon längst eine Fanfreundschaft gäbe, müssten wir sie wohl initiieren. (lacht)

DFB.de: Pokalspiele sind K.o.-Spiele, Alles oder Nichts. Hat dies Auswirkungen darauf, wie Sie Ihre Rolle auf dem Platz interpretieren?

Goretzka: Wir sind ähnliche Situationen ja auch von Turnieren, der Champions League oder den Endphasen in der Meisterschaft gewohnt. Alles-oder-Nichts-Spiele haben immer ihren besonderen Reiz, da benötigte es volle Konzentration - notfalls auch über 120 Minuten.

DFB.de: In Ihrer ersten Saison für den FC Bayern haben Sie das Double aus Meisterschaft und DFB-Pokal geholt. Im Pokalendspiel gegen RB Leipzig konnten Sie aufgrund einer Verletzung nicht teilnehmen. Dennoch: Welche Erinnerungen haben Sie an Berlin, an den Mythos Pokalfinale?

Goretzka: Die Stimmung, die gesamte Atmosphäre und die vollbesetzten Ränge im Olympiastadion Berlin - das ist schon etwas Einzigartiges. Aber ganz ehrlich: Mich hat es neben all dem Jubel und dem verdienten Lohn für unsere ganzjährige Arbeit auch extrem gewurmt, dass ich nicht mitspielen konnte. Umso wichtiger, dass wir noch viele Finals spielen.

DFB.de: Sie haben zuletzt wiederholt Ihre Stimme erhoben und sich für Vielfalt und Toleranz und gegen Rassismus und Engstirnigkeit eingesetzt. Gab es für dieses Engagement ein auslösendes Ereignis?

Goretzka: Die Ereignisse in Wolfsburg beim Länderspiel, als deutsche Nationalspieler auf das Übelste von Zuschauern beleidigt wurden. Es ist dem Journalisten, der es als Fan miterleben musste, zu verdanken, dass er es Anschluss publik gemacht hat. Ich bin ein Kind des Ruhrgebiets, da war Integration viele Jahre lang das, was es sein sollte: eine Selbstverständlichkeit. Wir sind aus meiner Sicht alle gefordert, dass sich das abscheulichste Kapitel unserer Geschichte nicht wiederholt. Und dazu gehört auch, dass wir bei rassistischen Vorfällen nicht weg-, sondern hingucken und dafür sorgen, dass sich die Täter isolieren und im Rahmen der Gesetzgebung bestraft werden.

DFB.de: Im Achtelfinale des DFB-Pokals zwischen Schalke und Hertha wurde der Berliner Jordan Torunarigha von Schalke-Fans rassistisch beleidigt. Hätten Sie gedacht, dass so etwas im Jahr 2020 möglich ist?

Goretzka: Nach den gesellschaftlichen Entwicklungen der letzten Jahre: Leider ja. Gerade deswegen müssen wir Rassismus und Fremdenfeindlichkeit im Keim ersticken.

DFB.de: Sie haben mit den Bayern große Ziele, das Triple ist möglich. Danach folgt die EURO 2020. Wie häufig taucht das Turnier im Sommer schon jetzt in Ihren Gedanken und Gesprächen auf?

Goretzka: Bislang am meisten bei Interviews, die eine lange Vorlaufzeit haben. (lacht) Nein, Spaß beiseite: Derzeit fokussieren wir uns zu 100 Prozent auf die Aufgaben mit dem FC Bayern. Lassen Sie uns über die EURO noch einmal en détail im Mai sprechen. Wenn es nach mir ginge, auch nach einem erfolgreichen Pokalfinale.

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