"Gleichstellung der Geschlechter betrifft die ganze Gesellschaft"

Drei Spiele, drei Siege, 9:0 Tore. Die deutsche Nationalmannschaft der Frauen schwimmt bei der UEFA Women’s EURO 2022 in England auf der Erfolgswelle. Der Weg zum Finale in London ist noch lang, aber das Team von Bundestrainerin Martina Voss-Tecklenburg agiert bislang als verschworene Einheit. Am Rande des letzten Vorrundenspiels gegen Finnland (3:0) lud DFB-Partner Volkswagen zu einer Podiumsdiskussion zum Thema "Gleichberechtigung und Diversität im und durch Sport" ein. Unter anderem gaben die ehemaligen Nationalspieler Bastian Schweinsteiger und Nadine Keßler Einblicke in aktuellen Entwicklungen im Fußball der Frauen und äußerten konkrete Wünsche für die Zukunft.

"Ich bin absolut überwältigt von der bisherigen Europameisterschaft", sagte Keßler zu Beginn der Podiumsdiskussion in der Zentrale von Volkswagen UK in Milton Keynes. Die ehemalige Nationalspielerin und FIFA-Weltfußballerin des Jahres 2014 ist mittlerweile UEFA-Botschafterin für die Entwicklung des Frauenfußballs. "Wir investieren sehr viel in den Fußball der Frauen, und was wir bei der EM hier in England sehen, ist im Vergleich zu den bisherigen Austragungen ein anderes Level in Sachen Medieninteresse und Zuschauer."

Keßler: "Manchmal ein bisschen lauter sein"

Keßler wertet das als ersten Erfolg. Im nächsten Schritt gehe es aber darum, eine nachhaltige Basis aufzubauen, denn Vorbehalte gegenüber dem Fußball der Frauen seien immer noch vorhanden: "Es ist nicht leicht, einen Sport auszuüben, wenn man ständig Vorurteilen und Vergleichen ausgesetzt ist." Man müsse akzeptieren, dass man als Fußballerin nicht alles auf dem Silbertablett serviert bekomme, und manchmal ein bisschen lauter sein, um seine Meinung kundzutun. "Wir sind uns unserer Aufgabe bewusst und schauen nicht nur auf die sportlichen Ergebnisse, sondern auch auf unseren Auftrag, für Gleichberechtigung zu kämpfen."

Corinna Griese, Mitglied des LGBTIQ* and friends-Netzwerks #WeDriveProud bei Volkswagen und Vorstandsvorsitzende der Fußballabteilung bei Eintracht Braunschweig, ist überzeugt, dass Frauen im Fußball generell eine Vorbildfunktion innehaben. "In Sachen Gleichheit und Toleranz sind wir Fußballerinnen den Männern deutlich voraus. Frauen, auch aus der Nationalmannschaft, haben sich geoutet und viele sind sogar mit ihrer Partnerin verheiratet." Mit den rund 500 Mitgliedern von #WeDriveProud kümmert sich Griese bei VW um Themen wie das Outing am Arbeitsplatz und im Sport, die Wirkung und Entwicklung von Netzwerken sowie die Rolle von Vorbildern.

Ein Vorbild: Comingout von Jake Daniels

Ein solches Vorbild ist auch der ehemalige britische Profischwimmer Michael Gunning: "Zu Beginn meiner Karriere gab es viele, die mir sagten, Schwarze könnten nicht schwimmen, ich solle lieber Leichtathlet werden. Es dauerte lange, bis ich mit Stolz sagen konnte, dass ich Schwimmer bin, aber ich mochte es nicht, in den Schlagzeilen ‚der schwule schwarze Schwimmer‘ genannt zu werden. Jetzt bin ich hier und möchte Menschen wie mir helfen. Hoffentlich zeigen Leute wie ich, dass es gemeinsam möglich ist, für Gleichheit zu kämpfen."

Aufzeigen, dass es machbar ist, möchte auch Corinna Griese. Sie forderte, dass sich die Strukturen im Männerfußball ändern: "Das Problem sind oftmals gar nicht die Spieler, sondern eher die Manager oder Berater, die von einem Outing abraten." Das Feedback auf das Comingout des britischen Spielers Jake Daniels, der im Mai 2022 an die Öffentlichkeit trat, sei unglaublich positiv gewesen, "aber wenn es 1000 positive Kommentare gibt und drei negative, dann werden die drei negativen noch viel zu sehr in den Fokus gerückt. Junge Spieler brauchen Unterstützung und eine sichere Umgebung, um zu wachsen und Selbstvertrauen zu entwickeln."

Michael Gunning zeigte sich beeindruckt vom Schritt, den Daniels gemacht hat: "Zu sehen, wie Jake mit 17 Jahren diese Verantwortung übernahm, war unglaublich. Wenn ich jemanden gehabt hätte, zu dem ich hätte aufschauen können, als ich jung war, wäre mein Leben so viel einfacher gewesen."

"Negative Entwicklung durch Sport aufbrechen"

Beat Wehrle, Programmvorstand vom Kinderhilfswerk terre des hommes, kämpft dafür, dass junge Menschen frei von Diskriminierung aufwachsen und leben können: "Die Gleichstellung der Geschlechter ist kein Thema, mit dem sich nur der Spitzensport beschäftigen muss, es betrifft die ganze Gesellschaft." Die immer noch vorherrschenden Ungleichheiten seien nicht mehr haltbar. Mit terre des hommes setzt sich der Schweizer Wehrle für das Recht von Kindern auf eine gesunde Umwelt und für den Schutz diskriminierter Bevölkerungsgruppen ein. "Mädchen, Jungen, aber auch Minderheiten fühlen sich häufig nicht gesehen und befinden sich in einem komplexen Kreislauf. Gewalt ist für viele oft der letzte Ausweg, um wahrgenommen zu werden. Durch den Sport kann diese negative Entwicklung häufig aufgebrochen werden. Ihnen wird dadurch vor Augen geführt, wie stark sie sind und was alles möglich ist im Leben."

Auf dieser Grundlage haben der Volkswagen Konzernbetriebsrat und terre des hommes im Jahr 2010 das Förderprogramm "a chance to play" ins Leben gerufen. "Das Projekt ist eine aktive Übernahme von sozialer Verantwortung bei Volkswagen", sagte Daniela Cavallo, Vorsitzende des Gesamt- und Konzernbetriebsrats der Volkswagen AG, per Videobotschaft. Der Fokus des Programms liegt auf Gewaltprävention sowie Lern- und Bildungsangeboten im direkten und indirekten Sportumfeld. Die Kooperation zwischen dem Volkswagen Konzernbetriebsrat und terre des hommes besteht sogar bereits seit 1998. Seitdem engagieren sich die Belegschaften des Konzerns.

Schweinsteiger: Bundesligisten sollen "in Frauenteams investieren"

Um die Diskussion zum Thema Gleichberechtigung zu intensivieren, hatte Volkswagen als offizieller Mobilitätspartner der UEFA Women’s EURO 2022 und des Deutschen Fußball- Bundes (DFB) vor Beginn des Turniers mit einer Kampagne auf bestehende Ungleichheiten im Fußball hingewiesen. Im Zentrum steht der provokante Hashtag #KeinFrauenfußball. "Die Kampagne ist großartig und ein wichtiges Zeichen für Gleichberechtigung", sagt Nadine Keßler. "Wir sprechen über denselben Sport, egal ob ihn Männer oder Frauen betreiben. Wichtig ist, dass wir aufhören, den Fußball der Frauen und die Gleichberechtigung zu verallgemeinern und in einen Topf zu werfen. Das ist nicht das Gleiche und man kann diese Diskussion auch beim Männerfußball führen. Der Sport muss im Vordergrund stehen."

So sieht es auch Bastian Schweinsteiger. Der Weltmeister von 2014 lobte die gute Arbeit und die positive Entwicklung, die im Fußball der Frauen in den vergangenen Jahren bereits gemacht wurde. Was Gehälter angeht, sagte er: "Es muss sich etwas verändern. Spielerinnen in der Bundesliga und 2. Bundesliga müssen Gehälter verdienen, von denen sie gut leben können. Aber das kann nur Schritt für Schritt passieren, wenn die Sichtbarkeit wächst und die TV- und Sponsoringeinnahmen steigen."

Um den Stellenwert der Frauen-Bundesliga zu erhöhen, wünscht sich Schweinsteiger, "dass alle Fußball-Bundesligisten in Frauenteams investieren", damit die Lücke zu den Spitzenteams VfL Wolfsburg und FC Bayern München perspektivisch geschlossen werden könne. Der neunte EM-Titel für die deutschen Fußballfrauen könnte ein Beschleuniger sein, damit Schweinsteigers Wunsch in Erfüllung geht.

[vw]

Drei Spiele, drei Siege, 9:0 Tore. Die deutsche Nationalmannschaft der Frauen schwimmt bei der UEFA Women’s EURO 2022 in England auf der Erfolgswelle. Der Weg zum Finale in London ist noch lang, aber das Team von Bundestrainerin Martina Voss-Tecklenburg agiert bislang als verschworene Einheit. Am Rande des letzten Vorrundenspiels gegen Finnland (3:0) lud DFB-Partner Volkswagen zu einer Podiumsdiskussion zum Thema "Gleichberechtigung und Diversität im und durch Sport" ein. Unter anderem gaben die ehemaligen Nationalspieler Bastian Schweinsteiger und Nadine Keßler Einblicke in aktuellen Entwicklungen im Fußball der Frauen und äußerten konkrete Wünsche für die Zukunft.

"Ich bin absolut überwältigt von der bisherigen Europameisterschaft", sagte Keßler zu Beginn der Podiumsdiskussion in der Zentrale von Volkswagen UK in Milton Keynes. Die ehemalige Nationalspielerin und FIFA-Weltfußballerin des Jahres 2014 ist mittlerweile UEFA-Botschafterin für die Entwicklung des Frauenfußballs. "Wir investieren sehr viel in den Fußball der Frauen, und was wir bei der EM hier in England sehen, ist im Vergleich zu den bisherigen Austragungen ein anderes Level in Sachen Medieninteresse und Zuschauer."

Keßler: "Manchmal ein bisschen lauter sein"

Keßler wertet das als ersten Erfolg. Im nächsten Schritt gehe es aber darum, eine nachhaltige Basis aufzubauen, denn Vorbehalte gegenüber dem Fußball der Frauen seien immer noch vorhanden: "Es ist nicht leicht, einen Sport auszuüben, wenn man ständig Vorurteilen und Vergleichen ausgesetzt ist." Man müsse akzeptieren, dass man als Fußballerin nicht alles auf dem Silbertablett serviert bekomme, und manchmal ein bisschen lauter sein, um seine Meinung kundzutun. "Wir sind uns unserer Aufgabe bewusst und schauen nicht nur auf die sportlichen Ergebnisse, sondern auch auf unseren Auftrag, für Gleichberechtigung zu kämpfen."

Corinna Griese, Mitglied des LGBTIQ* and friends-Netzwerks #WeDriveProud bei Volkswagen und Vorstandsvorsitzende der Fußballabteilung bei Eintracht Braunschweig, ist überzeugt, dass Frauen im Fußball generell eine Vorbildfunktion innehaben. "In Sachen Gleichheit und Toleranz sind wir Fußballerinnen den Männern deutlich voraus. Frauen, auch aus der Nationalmannschaft, haben sich geoutet und viele sind sogar mit ihrer Partnerin verheiratet." Mit den rund 500 Mitgliedern von #WeDriveProud kümmert sich Griese bei VW um Themen wie das Outing am Arbeitsplatz und im Sport, die Wirkung und Entwicklung von Netzwerken sowie die Rolle von Vorbildern.

Ein Vorbild: Comingout von Jake Daniels

Ein solches Vorbild ist auch der ehemalige britische Profischwimmer Michael Gunning: "Zu Beginn meiner Karriere gab es viele, die mir sagten, Schwarze könnten nicht schwimmen, ich solle lieber Leichtathlet werden. Es dauerte lange, bis ich mit Stolz sagen konnte, dass ich Schwimmer bin, aber ich mochte es nicht, in den Schlagzeilen ‚der schwule schwarze Schwimmer‘ genannt zu werden. Jetzt bin ich hier und möchte Menschen wie mir helfen. Hoffentlich zeigen Leute wie ich, dass es gemeinsam möglich ist, für Gleichheit zu kämpfen."

Aufzeigen, dass es machbar ist, möchte auch Corinna Griese. Sie forderte, dass sich die Strukturen im Männerfußball ändern: "Das Problem sind oftmals gar nicht die Spieler, sondern eher die Manager oder Berater, die von einem Outing abraten." Das Feedback auf das Comingout des britischen Spielers Jake Daniels, der im Mai 2022 an die Öffentlichkeit trat, sei unglaublich positiv gewesen, "aber wenn es 1000 positive Kommentare gibt und drei negative, dann werden die drei negativen noch viel zu sehr in den Fokus gerückt. Junge Spieler brauchen Unterstützung und eine sichere Umgebung, um zu wachsen und Selbstvertrauen zu entwickeln."

Michael Gunning zeigte sich beeindruckt vom Schritt, den Daniels gemacht hat: "Zu sehen, wie Jake mit 17 Jahren diese Verantwortung übernahm, war unglaublich. Wenn ich jemanden gehabt hätte, zu dem ich hätte aufschauen können, als ich jung war, wäre mein Leben so viel einfacher gewesen."

"Negative Entwicklung durch Sport aufbrechen"

Beat Wehrle, Programmvorstand vom Kinderhilfswerk terre des hommes, kämpft dafür, dass junge Menschen frei von Diskriminierung aufwachsen und leben können: "Die Gleichstellung der Geschlechter ist kein Thema, mit dem sich nur der Spitzensport beschäftigen muss, es betrifft die ganze Gesellschaft." Die immer noch vorherrschenden Ungleichheiten seien nicht mehr haltbar. Mit terre des hommes setzt sich der Schweizer Wehrle für das Recht von Kindern auf eine gesunde Umwelt und für den Schutz diskriminierter Bevölkerungsgruppen ein. "Mädchen, Jungen, aber auch Minderheiten fühlen sich häufig nicht gesehen und befinden sich in einem komplexen Kreislauf. Gewalt ist für viele oft der letzte Ausweg, um wahrgenommen zu werden. Durch den Sport kann diese negative Entwicklung häufig aufgebrochen werden. Ihnen wird dadurch vor Augen geführt, wie stark sie sind und was alles möglich ist im Leben."

Auf dieser Grundlage haben der Volkswagen Konzernbetriebsrat und terre des hommes im Jahr 2010 das Förderprogramm "a chance to play" ins Leben gerufen. "Das Projekt ist eine aktive Übernahme von sozialer Verantwortung bei Volkswagen", sagte Daniela Cavallo, Vorsitzende des Gesamt- und Konzernbetriebsrats der Volkswagen AG, per Videobotschaft. Der Fokus des Programms liegt auf Gewaltprävention sowie Lern- und Bildungsangeboten im direkten und indirekten Sportumfeld. Die Kooperation zwischen dem Volkswagen Konzernbetriebsrat und terre des hommes besteht sogar bereits seit 1998. Seitdem engagieren sich die Belegschaften des Konzerns.

Schweinsteiger: Bundesligisten sollen "in Frauenteams investieren"

Um die Diskussion zum Thema Gleichberechtigung zu intensivieren, hatte Volkswagen als offizieller Mobilitätspartner der UEFA Women’s EURO 2022 und des Deutschen Fußball- Bundes (DFB) vor Beginn des Turniers mit einer Kampagne auf bestehende Ungleichheiten im Fußball hingewiesen. Im Zentrum steht der provokante Hashtag #KeinFrauenfußball. "Die Kampagne ist großartig und ein wichtiges Zeichen für Gleichberechtigung", sagt Nadine Keßler. "Wir sprechen über denselben Sport, egal ob ihn Männer oder Frauen betreiben. Wichtig ist, dass wir aufhören, den Fußball der Frauen und die Gleichberechtigung zu verallgemeinern und in einen Topf zu werfen. Das ist nicht das Gleiche und man kann diese Diskussion auch beim Männerfußball führen. Der Sport muss im Vordergrund stehen."

So sieht es auch Bastian Schweinsteiger. Der Weltmeister von 2014 lobte die gute Arbeit und die positive Entwicklung, die im Fußball der Frauen in den vergangenen Jahren bereits gemacht wurde. Was Gehälter angeht, sagte er: "Es muss sich etwas verändern. Spielerinnen in der Bundesliga und 2. Bundesliga müssen Gehälter verdienen, von denen sie gut leben können. Aber das kann nur Schritt für Schritt passieren, wenn die Sichtbarkeit wächst und die TV- und Sponsoringeinnahmen steigen."

Um den Stellenwert der Frauen-Bundesliga zu erhöhen, wünscht sich Schweinsteiger, "dass alle Fußball-Bundesligisten in Frauenteams investieren", damit die Lücke zu den Spitzenteams VfL Wolfsburg und FC Bayern München perspektivisch geschlossen werden könne. Der neunte EM-Titel für die deutschen Fußballfrauen könnte ein Beschleuniger sein, damit Schweinsteigers Wunsch in Erfüllung geht.

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