Giulia Gwinn: "Ich möchte helfen"

Giulia Gwinn war die erste Fußballerin, die sich finanziell an der Aktion WeKickCorona beteiligt hat. Im DFB.de-Interview erklärt die 20 Jahre alte "Nationalspielerin des Jahres 2019" vom FC Bayern München, warum ihr das so wichtig ist, wie sie die Situation gerade erlebt und welches Hobby sie in den vergangenen Wochen wiederentdeckt hat.

DFB.de: Giulia, Sie waren eine der ersten Fußballerinnen, die sich finanziell an der Aktion "WeKickCorona" beteiligt hat. Warum ist Ihnen dieses Engagement so wichtig?

Giulia Gwinn: Ich hatte mich vorher schon, unabhängig von der Corona-Krise, damit auseinandergesetzt, dass ich gerne etwas spenden und damit helfen möchte. Aber ich wusste nicht so richtig, wohin das Geld gehen soll. Mir ist es wichtig, dass es Personen hilft und auch dort ankommt, wo es hin soll. Dann kam die Krise und die Initiative "WeKickCorona". Mir war daraufhin ziemlich schnell klar, dass dieses Projekt und dieser Anlass perfekt sind. Ich bin begeistert von der Aktion. Anfangs hatte ich etwas Bedenken, weil vor mir nur Männer gespendet hatten und die natürlich andere Beträge zur Verfügung stellen können als ich. Aber letztlich zählt für mich Geste. Ich möchte helfen.

DFB.de: Und damit haben Sie auch weitere Spielerinnen motiviert mitzumachen.

Gwinn: Das ist ein schöner Nebeneffekt und freut mich sehr. Es ging für mich nicht um die Summe, die ich gespendet habe. Ich wollte auf die Sache aufmerksam machen und weitere Sportlerinnen und Sportler motivieren, dabei zu sein. Es ist toll, dass das offenbar funktioniert hat. Gemeinsam können wir etwas bewirken.

DFB.de: Wie gehen Sie als Fußballerinnen mit der aktuellen Situation um?

Gwinn: Es ist sehr schwer. Niemand hat so eine Ausnahmesituation vorher schon einmal erlebt. Ich schätze mich sehr glücklich, dass ich gesund bin und dass es mir gut geht. Was man oft als Selbstverständlichkeit ansieht, weiß man dann erst mal wieder richtig zu schätzen. Ich versuche, die Situation so anzunehmen, wie sie gerade ist. Jeder kann sie mit seinem Verhalten in die richtige Richtung beeinflussen. Ich halte mich sehr an die Vorgaben und möchte auch so meinen Beitrag dazu beitragen, dass wir das Virus möglichst schnell besiegen und möglichst wenig Menschen krank werden oder schlimmstenfalls sogar ihr Leben verlieren.

DFB.de: Wie sehr fehlt Ihnen der Fußball?

Gwinn: Extrem. Beim FC Bayern können wir jetzt immerhin wieder in Kleingruppen trainieren. Es ist ein tolles Gefühl, endlich mal wieder den Ball am Fuß zu haben und die Kolleginnen wiederzusehen. Alles geschieht natürlich auf Abstand. Aber trotzdem fühlt es sich so an, als ob damit wieder ein Stück Normalität in unser Leben zurückkommt. 

DFB.de: Wie sieht beim FC Bayern Fußballtraining in Coronazeiten aus?

Gwinn: Wir trainieren in Vierergruppen und an verschiedenen Stationen, damit wir uns nicht zu nahe kommen. Der Abstand stimmt immer. Nach so einer langen Zeit macht das wieder unheimlich viel Spaß. Zweikämpfe oder umfangreiche Spielformen finden logischerweise noch nicht wieder statt. Ich bin froh, dass die individuellen Läufe und das Krafttraining jetzt mal wieder vorbei sind und wir endlich wieder die Kugel am Fuß haben.

DFB.de: Wie haben Sie die vergangenen Wochen verbracht?

Gwinn: Es war nicht einfach, sich immer wieder zu motivieren. Die Laufstrecken in meiner Umgebung kenne ich jetzt besser als je zuvor. Nun kann man schon ein erstes Licht am Ende des Tunnels sehen. Vielleicht können wir demnächst schon wieder den nächsten Schritt machen und reguläres Mannschaftstraining durchführen. Aber über allem stehen natürlich die Gesundheit und der Kampf gegen das Virus.

DFB.de: Gab es für Sie auch positive Effekte in den vergangenen Wochen?

Gwinn: Ich hatte viel Zeit und habe die Gelegenheit genutzt, an meinen persönlichen Defiziten zu arbeiten. 

DFB.de: Und über das Sportliche hinaus?

Gwinn: Ich konnte mehr Zeit in mein Studium investieren, das ich neben dem Fußball absolviere. Das war auf jeden Fall gut, weil das neben dem Fußballalltag oft zu kurz kommt. Ich konnte eine Hausarbeit fertig stellen und eine Onlineprüfung schreiben. Es ist erfreulich, dass ich da den nächsten Schritt gehen konnte. Ansonsten habe ich die freie Zeit genutzt, um viel mit Freundinnen, Freunden und der Familie zu telefonieren - mehr als jemals zuvor wahrscheinlich. Grundsätzlich versuche ich immer, das Positive aus den verschiedenen Situationen zu ziehen, auch wenn es manchmal echt nicht leicht ist.

DFB.de: Gibt es auch ein Hobby, das Sie für sich wiederentdeckt haben?

Gwinn: Ja, das Kochen. Normalerweise esse ich sehr häufig am Campus beim FC Bayern. Das fällt im Moment logischerweise auch weg - ich musste mich also selbst versorgen. Ich habe mir einen Thermomix gekauft und nutze das Gerät derzeit sehr intensiv. Es macht Spaß und schmeckt gut. Ansonsten habe ich viel gelesen und auch die eine oder andere längere Fahrradtour gemacht. Ich habe mir bewusst Zeit für Sachen genommen, die sonst leider oft zu kurz kommen.

DFB.de: Wie ist groß ist denn Ihre Hoffnung, dass die Saison fortgesetzt wird?

Gwinn: Sehr groß. Es wäre ja auch schlimm, wenn ich als Fußballerin das anders sehen würde. Aber man muss das große Ganze im Blick halten. Wir müssen zunächst mal sehen, dass wir das Thema gesellschaftlich in den Griff bekommen. Vorher macht es keinen Sinn, an den Fußball oder die Spiele zu denken. Da darf man nicht egoistisch sein, sondern muss solidarisch bleiben. Im Moment haben wir eine Zeit, in der der Fußball leider etwas hintenanstehen muss. Aber das wird sich auch wieder ändern, davon bin ich überzeugt. Mein letztes Pflichtspiel war Anfang März das 1:0 mit der Nationalmannschaft beim Algarve Cup gegen Schweden. Das fühlt sich inzwischen unfassbar weit weg an. Da waren sogar noch Zuschauer im Stadion. Damals schien die Welt noch in Ordnung zu sein. Als wir wieder nach Hause gekommen sind, war alles anders. Es ist einfach eine krasse Situation. Alle hoffen, dass bald wieder ein gewisses Maß an Normalität einkehrt.

[sw]

Giulia Gwinn war die erste Fußballerin, die sich finanziell an der Aktion WeKickCorona beteiligt hat. Im DFB.de-Interview erklärt die 20 Jahre alte "Nationalspielerin des Jahres 2019" vom FC Bayern München, warum ihr das so wichtig ist, wie sie die Situation gerade erlebt und welches Hobby sie in den vergangenen Wochen wiederentdeckt hat.

DFB.de: Giulia, Sie waren eine der ersten Fußballerinnen, die sich finanziell an der Aktion "WeKickCorona" beteiligt hat. Warum ist Ihnen dieses Engagement so wichtig?

Giulia Gwinn: Ich hatte mich vorher schon, unabhängig von der Corona-Krise, damit auseinandergesetzt, dass ich gerne etwas spenden und damit helfen möchte. Aber ich wusste nicht so richtig, wohin das Geld gehen soll. Mir ist es wichtig, dass es Personen hilft und auch dort ankommt, wo es hin soll. Dann kam die Krise und die Initiative "WeKickCorona". Mir war daraufhin ziemlich schnell klar, dass dieses Projekt und dieser Anlass perfekt sind. Ich bin begeistert von der Aktion. Anfangs hatte ich etwas Bedenken, weil vor mir nur Männer gespendet hatten und die natürlich andere Beträge zur Verfügung stellen können als ich. Aber letztlich zählt für mich Geste. Ich möchte helfen.

DFB.de: Und damit haben Sie auch weitere Spielerinnen motiviert mitzumachen.

Gwinn: Das ist ein schöner Nebeneffekt und freut mich sehr. Es ging für mich nicht um die Summe, die ich gespendet habe. Ich wollte auf die Sache aufmerksam machen und weitere Sportlerinnen und Sportler motivieren, dabei zu sein. Es ist toll, dass das offenbar funktioniert hat. Gemeinsam können wir etwas bewirken.

DFB.de: Wie gehen Sie als Fußballerinnen mit der aktuellen Situation um?

Gwinn: Es ist sehr schwer. Niemand hat so eine Ausnahmesituation vorher schon einmal erlebt. Ich schätze mich sehr glücklich, dass ich gesund bin und dass es mir gut geht. Was man oft als Selbstverständlichkeit ansieht, weiß man dann erst mal wieder richtig zu schätzen. Ich versuche, die Situation so anzunehmen, wie sie gerade ist. Jeder kann sie mit seinem Verhalten in die richtige Richtung beeinflussen. Ich halte mich sehr an die Vorgaben und möchte auch so meinen Beitrag dazu beitragen, dass wir das Virus möglichst schnell besiegen und möglichst wenig Menschen krank werden oder schlimmstenfalls sogar ihr Leben verlieren.

DFB.de: Wie sehr fehlt Ihnen der Fußball?

Gwinn: Extrem. Beim FC Bayern können wir jetzt immerhin wieder in Kleingruppen trainieren. Es ist ein tolles Gefühl, endlich mal wieder den Ball am Fuß zu haben und die Kolleginnen wiederzusehen. Alles geschieht natürlich auf Abstand. Aber trotzdem fühlt es sich so an, als ob damit wieder ein Stück Normalität in unser Leben zurückkommt. 

DFB.de: Wie sieht beim FC Bayern Fußballtraining in Coronazeiten aus?

Gwinn: Wir trainieren in Vierergruppen und an verschiedenen Stationen, damit wir uns nicht zu nahe kommen. Der Abstand stimmt immer. Nach so einer langen Zeit macht das wieder unheimlich viel Spaß. Zweikämpfe oder umfangreiche Spielformen finden logischerweise noch nicht wieder statt. Ich bin froh, dass die individuellen Läufe und das Krafttraining jetzt mal wieder vorbei sind und wir endlich wieder die Kugel am Fuß haben.

DFB.de: Wie haben Sie die vergangenen Wochen verbracht?

Gwinn: Es war nicht einfach, sich immer wieder zu motivieren. Die Laufstrecken in meiner Umgebung kenne ich jetzt besser als je zuvor. Nun kann man schon ein erstes Licht am Ende des Tunnels sehen. Vielleicht können wir demnächst schon wieder den nächsten Schritt machen und reguläres Mannschaftstraining durchführen. Aber über allem stehen natürlich die Gesundheit und der Kampf gegen das Virus.

DFB.de: Gab es für Sie auch positive Effekte in den vergangenen Wochen?

Gwinn: Ich hatte viel Zeit und habe die Gelegenheit genutzt, an meinen persönlichen Defiziten zu arbeiten. 

DFB.de: Und über das Sportliche hinaus?

Gwinn: Ich konnte mehr Zeit in mein Studium investieren, das ich neben dem Fußball absolviere. Das war auf jeden Fall gut, weil das neben dem Fußballalltag oft zu kurz kommt. Ich konnte eine Hausarbeit fertig stellen und eine Onlineprüfung schreiben. Es ist erfreulich, dass ich da den nächsten Schritt gehen konnte. Ansonsten habe ich die freie Zeit genutzt, um viel mit Freundinnen, Freunden und der Familie zu telefonieren - mehr als jemals zuvor wahrscheinlich. Grundsätzlich versuche ich immer, das Positive aus den verschiedenen Situationen zu ziehen, auch wenn es manchmal echt nicht leicht ist.

DFB.de: Gibt es auch ein Hobby, das Sie für sich wiederentdeckt haben?

Gwinn: Ja, das Kochen. Normalerweise esse ich sehr häufig am Campus beim FC Bayern. Das fällt im Moment logischerweise auch weg - ich musste mich also selbst versorgen. Ich habe mir einen Thermomix gekauft und nutze das Gerät derzeit sehr intensiv. Es macht Spaß und schmeckt gut. Ansonsten habe ich viel gelesen und auch die eine oder andere längere Fahrradtour gemacht. Ich habe mir bewusst Zeit für Sachen genommen, die sonst leider oft zu kurz kommen.

DFB.de: Wie ist groß ist denn Ihre Hoffnung, dass die Saison fortgesetzt wird?

Gwinn: Sehr groß. Es wäre ja auch schlimm, wenn ich als Fußballerin das anders sehen würde. Aber man muss das große Ganze im Blick halten. Wir müssen zunächst mal sehen, dass wir das Thema gesellschaftlich in den Griff bekommen. Vorher macht es keinen Sinn, an den Fußball oder die Spiele zu denken. Da darf man nicht egoistisch sein, sondern muss solidarisch bleiben. Im Moment haben wir eine Zeit, in der der Fußball leider etwas hintenanstehen muss. Aber das wird sich auch wieder ändern, davon bin ich überzeugt. Mein letztes Pflichtspiel war Anfang März das 1:0 mit der Nationalmannschaft beim Algarve Cup gegen Schweden. Das fühlt sich inzwischen unfassbar weit weg an. Da waren sogar noch Zuschauer im Stadion. Damals schien die Welt noch in Ordnung zu sein. Als wir wieder nach Hause gekommen sind, war alles anders. Es ist einfach eine krasse Situation. Alle hoffen, dass bald wieder ein gewisses Maß an Normalität einkehrt.

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