Gerschel: "Soziales ist großgeschrieben"

Die Karlsruher Fanszene und das Fanprojekt Karlsruhe startet jedes Jahr zu Weihnachten die Aktion Moser hilft!, bei der unter anderem durch eine Bechersammelaktion Spenden für Hilfsbedürftige gesammelt werden. Sophia Gerschel spricht im Interview auf DFB.de über die Benefizaktion und beleuchtet andere soziale Projekte der Fanszene. Die 33 Jahre alte Soziologin und Kriminologin ist seit nun fast zehn Jahren hauptamtliche Mitarbeiterin des Fanprojekts Karlsruhe und gibt tiefere Einblicke in die Arbeit mit aktiven Fußballfans.

DFB.de: Wie lange arbeiten Sie schon für das Fanprojekt Karlsruhe und was hat Sie in die Fanarbeit verschlagen?

Sophia Gerschel: Ich komme aus Thüringen, habe in Leipzig und Chemnitz Soziologie studiert und während des Studiums im Fanprojekt Jena ehrenamtlich gearbeitet. Ich habe schnell gemerkt, dass es eine spannende Arbeit ist, die ich mir zukünftig sehr gut vorstellen kann und habe dann nach dem Studium beschlossen, das auch weiterhin zu machen. Ich bin ich nun bereits seit neun Jahren beim Fanprojekt Karlsruhe. Nebenbei habe ich Kriminologie studiert. Seit zwei Jahren bin ich nun zusätzlich auch Bundessprecherin der Bundesarbeitsgemeinschaft der Fanprojekte (BAG).

DFB.de: Wieso haben Sie sich für diesen Beruf entschieden – was ist Ihre persönliche Motivation?

Sophia Gerschel: Zum einen bin ich natürlich fußballinteressiert. Ich finde die Fankultur, im Besonderen die des Fußballs, sehr spannend. Der Fußball ist interessant und facettenreich, es gibt so viele Netzwerkpartner und Schnittpunkte zu anderen Bereichen. Besonders eindrucksvoll und bereichernd ist die Arbeit mit der Fanszene.

DFB.de: Wie lange gibt es die Aktion Moser hilft! bereits?

Sophia Gerschel: Die Aktion Moser hilft! der Fußballfans gibt es schon seit mehr als zehn Jahre. Solche sozialen Aktionen finden auch unabhängig von Weihnachten statt. Vor allem die Aktion Moser hilft! steht gerade zur Weihnachtszeit in der Öffentlichkeit, weil Spenden gesammelt werden und es eine Becherspendenaktion gibt, bei der das Becherpfand gespendet werden kann. Im Laufe des Jahres gibt es verschiedenste Kooperationen mit der Tafel, anderen sozialen Einrichtungen und Menschen, die es in irgendeiner Form zu unterstützen gilt. Und das passiert relativ regelmäßig, nicht nur in Karlsruhe, sondern deutschlandweit. Wenn man jetzt um die Weihnachtsfeiertage durch das Internet streift, wird man auf verschiedenste Aktionen aufmerksam gemacht. Ob das nun die Hilfe für Geflüchtete, Wohnungslose oder eine Kooperation im Fußball ist – das passiert regelmäßig. Die Aktionen werden von den Fans selbst verwaltet und von uns unterstützt.

DFB.de: Wie kam es eigentlich zu dem Namen "Moser hilft!"?

Sophia Gerschel: Das Konzert Moser rockt wurde anlässlich eines Todesfalls in der Fanszene initiiert und findet jährlich im Dezember in Gedenken an ihn statt. Später entstand daraus dann zusätzlich die Moser hilft Aktion.

DFB.de: Welche Rolle nehmen die aktiven Fans und die Ultras in Zusammenhang mit der Aktion Moser hilft! ein?

Sophia Gerschel: Sie führen die Aktionen selbst durch, sie machen aktiv den Aufruf, sie sammeln die Spenden und übergeben sie. Außerdem spenden sie selbst und unterstützen tatkräftig, zum Beispiel beim Erstellen von Flyern sowie Entgegennehmen und Verwalten der Spenden. Jeder unterstützt das Projekt so gut er kann.

DFB.de: Sie haben als Sprecherin der Bundesarbeitsgemeinschaft der Fanprojekte sicherlich einen guten Überblick, ob es ähnliche Aktionen auch in anderen Teilen des Landes gibt, oder?!

Sophia Gerschel: Es gibt deutschlandweit überall Fans die sich sozial engagieren – sowohl die Fanszene, die Supporters als auch die Ultras. Soziales Engagement ist sehr großgeschrieben. Sie haben kein Geltungsbedürfnis, für die Fans ist das selbstverständlich: Es geht um die, um denen geholfen werden soll und nicht um die, die es lesen sollen.

DFB.de: Die Fans und auch Ultras engagieren sich einerseits sozial in ihren Kommunen, andererseits überschreiten sie Grenzen – wie passt das zusammen?

Sophia Gerschel: Das passt ganz gut zusammen. Wir alle machen einmal Fehler, wir alle haben in unserem Leben vielleicht einmal eine Grenze angestoßen oder auch überschritten und es sind ja Grenzen, die nicht von den Fans gemacht sind, sondern von außen gemacht wurden. Der DFB hat den Umgang mit Pyrotechnik klar reglementiert. Dieser stellt bei Gebrauch eine Ordnungswidrigkeit dar. Das ist für die Fanszene einfach eine Kultur, die dazu gehört. Die Pyrotechnik ist für die Fans ein Stilmittel, für den DFB ist es aber ein Verstoß. Nichtsdestotrotz schließt so ein Verhalten soziales Engagement nicht aus. Für Fußballfans ist die Pyrotechnik keine Gewalt und kein Verbrechen. Wenn wir uns den Fußball und die darin Mitwirkenden anschauen, stoßen wir auch außerhalb der Fankurven auf strafrechtliches, Grenzen überschreitendes Handeln. Nur wird auf diesen anderen Ebenen nicht danach gefragt, wie Verhaltensweisen zusammengebracht oder gerechtfertigt werden.

DFB.de: Welche Rolle spielen Ihrer Meinung nach Fanprojekte bei der Persönlichkeitsentwicklung junger Menschen?

Sophia Gerschel: Wir können junge Menschen begleiten und unterstützen. Wir können ihnen Hilfestellungen geben, wenn sie welche brauchen. Wir können sie auf ihrem Weg der Entwicklung begleiten und sind für sie da. Ich glaube, wir können mit dem Wissen, was wir als Sozialarbeiter haben, anders agieren. Fanprojekte haben Räume und Möglichkeiten Angebote mit den Jugendlichen und jungen Heranwachsenden Fußballfans gemeinsam zu entwickeln und durchzuführen. Dabei können die Fans selbst entscheiden, wobei und wie sehr sie sich dabei einbringen und engagieren.


Infobox Fanprojekte: Vereinsunabhängige Fanprojekte unterstützen die oft jugendlichen Fans auch in ihrem Engagement – u.a. gegen Diskriminierung oder Rassismus - seit mittlerweile mehr als 30 Jahren. An derzeit 59 Standorten leisten sie sozialpädagogische Arbeit im Fußballumfeld. Finanziert werden sie zur Hälfte vom DFB beziehungsweise an den Standorten der Bundesliga und 2. Bundesliga von der DFL und zur anderen Hälfte von der öffentlichen Hand. In der Saison 2017/2018 investierten DFB und DFL gemeinsam rund 6,6 Millionen Euro in Fanprojekte. Und auch an der Finanzierung der Koordinationsstelle ist der DFB beteiligt: Gemeinsam mit dem Bundesfamilienministerium stehen der KOS 550.000 Euro zur Verfügung, um die sozialpädagogisch arbeitenden Fanprojekte inhaltlich zu begleiten und zu koordinieren.

[lz]

Die Karlsruher Fanszene und das Fanprojekt Karlsruhe startet jedes Jahr zu Weihnachten die Aktion Moser hilft!, bei der unter anderem durch eine Bechersammelaktion Spenden für Hilfsbedürftige gesammelt werden. Sophia Gerschel spricht im Interview auf DFB.de über die Benefizaktion und beleuchtet andere soziale Projekte der Fanszene. Die 33 Jahre alte Soziologin und Kriminologin ist seit nun fast zehn Jahren hauptamtliche Mitarbeiterin des Fanprojekts Karlsruhe und gibt tiefere Einblicke in die Arbeit mit aktiven Fußballfans.

DFB.de: Wie lange arbeiten Sie schon für das Fanprojekt Karlsruhe und was hat Sie in die Fanarbeit verschlagen?

Sophia Gerschel: Ich komme aus Thüringen, habe in Leipzig und Chemnitz Soziologie studiert und während des Studiums im Fanprojekt Jena ehrenamtlich gearbeitet. Ich habe schnell gemerkt, dass es eine spannende Arbeit ist, die ich mir zukünftig sehr gut vorstellen kann und habe dann nach dem Studium beschlossen, das auch weiterhin zu machen. Ich bin ich nun bereits seit neun Jahren beim Fanprojekt Karlsruhe. Nebenbei habe ich Kriminologie studiert. Seit zwei Jahren bin ich nun zusätzlich auch Bundessprecherin der Bundesarbeitsgemeinschaft der Fanprojekte (BAG).

DFB.de: Wieso haben Sie sich für diesen Beruf entschieden – was ist Ihre persönliche Motivation?

Sophia Gerschel: Zum einen bin ich natürlich fußballinteressiert. Ich finde die Fankultur, im Besonderen die des Fußballs, sehr spannend. Der Fußball ist interessant und facettenreich, es gibt so viele Netzwerkpartner und Schnittpunkte zu anderen Bereichen. Besonders eindrucksvoll und bereichernd ist die Arbeit mit der Fanszene.

DFB.de: Wie lange gibt es die Aktion Moser hilft! bereits?

Sophia Gerschel: Die Aktion Moser hilft! der Fußballfans gibt es schon seit mehr als zehn Jahre. Solche sozialen Aktionen finden auch unabhängig von Weihnachten statt. Vor allem die Aktion Moser hilft! steht gerade zur Weihnachtszeit in der Öffentlichkeit, weil Spenden gesammelt werden und es eine Becherspendenaktion gibt, bei der das Becherpfand gespendet werden kann. Im Laufe des Jahres gibt es verschiedenste Kooperationen mit der Tafel, anderen sozialen Einrichtungen und Menschen, die es in irgendeiner Form zu unterstützen gilt. Und das passiert relativ regelmäßig, nicht nur in Karlsruhe, sondern deutschlandweit. Wenn man jetzt um die Weihnachtsfeiertage durch das Internet streift, wird man auf verschiedenste Aktionen aufmerksam gemacht. Ob das nun die Hilfe für Geflüchtete, Wohnungslose oder eine Kooperation im Fußball ist – das passiert regelmäßig. Die Aktionen werden von den Fans selbst verwaltet und von uns unterstützt.

DFB.de: Wie kam es eigentlich zu dem Namen "Moser hilft!"?

Sophia Gerschel: Das Konzert Moser rockt wurde anlässlich eines Todesfalls in der Fanszene initiiert und findet jährlich im Dezember in Gedenken an ihn statt. Später entstand daraus dann zusätzlich die Moser hilft Aktion.

DFB.de: Welche Rolle nehmen die aktiven Fans und die Ultras in Zusammenhang mit der Aktion Moser hilft! ein?

Sophia Gerschel: Sie führen die Aktionen selbst durch, sie machen aktiv den Aufruf, sie sammeln die Spenden und übergeben sie. Außerdem spenden sie selbst und unterstützen tatkräftig, zum Beispiel beim Erstellen von Flyern sowie Entgegennehmen und Verwalten der Spenden. Jeder unterstützt das Projekt so gut er kann.

DFB.de: Sie haben als Sprecherin der Bundesarbeitsgemeinschaft der Fanprojekte sicherlich einen guten Überblick, ob es ähnliche Aktionen auch in anderen Teilen des Landes gibt, oder?!

Sophia Gerschel: Es gibt deutschlandweit überall Fans die sich sozial engagieren – sowohl die Fanszene, die Supporters als auch die Ultras. Soziales Engagement ist sehr großgeschrieben. Sie haben kein Geltungsbedürfnis, für die Fans ist das selbstverständlich: Es geht um die, um denen geholfen werden soll und nicht um die, die es lesen sollen.

DFB.de: Die Fans und auch Ultras engagieren sich einerseits sozial in ihren Kommunen, andererseits überschreiten sie Grenzen – wie passt das zusammen?

Sophia Gerschel: Das passt ganz gut zusammen. Wir alle machen einmal Fehler, wir alle haben in unserem Leben vielleicht einmal eine Grenze angestoßen oder auch überschritten und es sind ja Grenzen, die nicht von den Fans gemacht sind, sondern von außen gemacht wurden. Der DFB hat den Umgang mit Pyrotechnik klar reglementiert. Dieser stellt bei Gebrauch eine Ordnungswidrigkeit dar. Das ist für die Fanszene einfach eine Kultur, die dazu gehört. Die Pyrotechnik ist für die Fans ein Stilmittel, für den DFB ist es aber ein Verstoß. Nichtsdestotrotz schließt so ein Verhalten soziales Engagement nicht aus. Für Fußballfans ist die Pyrotechnik keine Gewalt und kein Verbrechen. Wenn wir uns den Fußball und die darin Mitwirkenden anschauen, stoßen wir auch außerhalb der Fankurven auf strafrechtliches, Grenzen überschreitendes Handeln. Nur wird auf diesen anderen Ebenen nicht danach gefragt, wie Verhaltensweisen zusammengebracht oder gerechtfertigt werden.

DFB.de: Welche Rolle spielen Ihrer Meinung nach Fanprojekte bei der Persönlichkeitsentwicklung junger Menschen?

Sophia Gerschel: Wir können junge Menschen begleiten und unterstützen. Wir können ihnen Hilfestellungen geben, wenn sie welche brauchen. Wir können sie auf ihrem Weg der Entwicklung begleiten und sind für sie da. Ich glaube, wir können mit dem Wissen, was wir als Sozialarbeiter haben, anders agieren. Fanprojekte haben Räume und Möglichkeiten Angebote mit den Jugendlichen und jungen Heranwachsenden Fußballfans gemeinsam zu entwickeln und durchzuführen. Dabei können die Fans selbst entscheiden, wobei und wie sehr sie sich dabei einbringen und engagieren.


Infobox Fanprojekte: Vereinsunabhängige Fanprojekte unterstützen die oft jugendlichen Fans auch in ihrem Engagement – u.a. gegen Diskriminierung oder Rassismus - seit mittlerweile mehr als 30 Jahren. An derzeit 59 Standorten leisten sie sozialpädagogische Arbeit im Fußballumfeld. Finanziert werden sie zur Hälfte vom DFB beziehungsweise an den Standorten der Bundesliga und 2. Bundesliga von der DFL und zur anderen Hälfte von der öffentlichen Hand. In der Saison 2017/2018 investierten DFB und DFL gemeinsam rund 6,6 Millionen Euro in Fanprojekte. Und auch an der Finanzierung der Koordinationsstelle ist der DFB beteiligt: Gemeinsam mit dem Bundesfamilienministerium stehen der KOS 550.000 Euro zur Verfügung, um die sozialpädagogisch arbeitenden Fanprojekte inhaltlich zu begleiten und zu koordinieren.