Gerald Asamoah - der Deutsche aus Ghana

Als 14-Jähriger steht Gerald Asamoah in der Fankurve. Mit Familie und Freunden aus Hannover ist der Jugendspieler des BV Werder Hannover nach Bochum gefahren, zum Länderspiel Deutschland gegen Ghana.

An diesem 14. April 1993 gibt es das erste (und bis heute einzige) Aufeinandertreffen zwischen diesen beiden Ländern, und Asamoah, der erst ein paar Jahre zuvor mit seinen Eltern nach Deutschland gekommen ist, hat sich sein Ghana-T-Shirt angezogen.

"Es war ein Erlebnis"

„Es war ein Erlebnis“, sagt er. Ghana geht in Führung, hält den 1:0-Vorsprung bis zur 69. Minute, ehe Bertis Buben das Spiel noch drehen und schließlich hoch mit 6:1 gewinnen. Gerald Asamoah zieht sein T-Shirt aus und setzt sich in den Bus zurück nach Niedersachsen.

„Ich war traurig“, sagt er. „Wir hatten eine gute Mannschaft mit Spielern wie Anthony Baffoe, Abedi Pelé, Anthony Yeboah oder Charles Akonnor. Aber am Ende hatten wir keine Chance.“ An die Torschützen erinnert er sich heute noch: „Zweimal Klinsmann, zweimal Effenberg, Kirsten und Möller.“

Herz für Ghana, Herz für Deutschland

Mehr als 17 Jahre später sehen sich die beiden Teams wieder, diesmal nicht zum freundschaftlichen Kräftemessen. Von den Spielern von einst ist keiner mehr dabei. Asamoah ist immer noch Ghana-Fan.

Nur nicht in den 90 Minuten, in denen das Land, in dem er vor bald 32 Jahren geboren wurde, gegen das Land spielt, in dem er zu Hause ist und für das er zwischen 2001 und 2006 insgesamt 43 Länderspiele absolviert hat. Von den „zwei Herzen“ schlägt dann nur das für Deutschland. Am 23. Juni stehen sich die beiden Teams im letzten Spiel der Vorrundengruppe D in der Soccer City von Johannesburg gegenüber.

Ein bisschen Wehmut

Mit „ein bisschen Wehmut“ werde er das Spiel verfolgen, sagt er. „Ich spiele schon seit so vielen Jahren, aber es hat sich nicht ergeben, dass ich mal gegen Ghana spielen durfte.“

Jetzt gibt es das Spiel mal, doch er ist nicht dabei. Nach nur acht Bundesligaeinsätzen in der abgelaufenen Saison für Schalke 04 hatte er aber auch nicht damit gerechnet, zu den 23 zu gehören, die in Südafrika die deutschen Farben vertreten. „Da muss ich Realist sein“, sagt er.

>Zur neuen Saison sucht er eine neue Herausforderung: Am Montag unterschrieb er einen Zweijahresvertrag bei Aufsteiger FC St. Pauli. "Ich war schon oft auch als Zuschauer am Millerntor und mag den offensiven Fußball, der hier gespielt wird", sagt er.

"In Deutschland bin ich zu Hause"

Sein erstes Länderspiel für den DFB liegt ziemlich genau neun Jahre zurück. Gegen die Slowakei trifft der Angreifer gleich bei seiner Premiere. Asamoah ist der erste gebürtige Afrikaner, der sich das Trikot der deutschen A-Nationalmannschaft überstreift.

„Die Entscheidung für Deutschland und gegen Ghana ist mir schwer gefallen“, sagt er. „Schließlich habe ich dort meine ersten Lebensjahre verbracht. Meine Wurzeln und die meiner Eltern liegen dort.“

Er entscheidet aus dem Bauch heraus. Für Deutschland, „weil ich hier zu Hause bin und mich einfach mehr deutsch fühle“. Die Familie hat Verständnis dafür. Dass es heute kein Thema mehr ist, wenn ein Farbiger für Deutschland spielt, freut ihn. „Es ist schön, dass ich meinen Teil dazu beitragen konnte“, sagt Asamoah, der 2005 an der Kampagne „Du bist Deutschland" teilnimmt.

"Die WM 2006 wird keiner je vergessen"

Zweimal fährt er mit zur WM, 2002 und 2006. „Das Turnier in Deutschland war eine einzige Welle der Euphorie. Alle lagen sich in den Armen, alle waren friedlich“, sagt er, offenkundig immer noch begeistert. „Diese WM wird keiner, der dabei gewesen ist, je vergessen.“ Nicht nur in Deutschland, auch in Ghana, wo Asamoah 1978 geboren wurde.

Das westafrikanische Land nimmt 2006 zum ersten Mal überhaupt an einer WM-Endrunde teil und kommt gleich ins Achtelfinale, wo es an Brasilien scheitert (0:3). „Keiner hat damit gerechnet, dass Ghana so weit kommt, auch in Ghana selbst nicht“, sagt Asamoah, der immer noch mehrmals im Jahr ins Land seiner Väter fährt.

Er hat eine Stiftung gegründet, die dazu beitragen soll, dass ein Kinderherzzentrum in Accra gebaut werden kann. „Fußball bedeutet in Ghana alles. Seit der erfolgreichen WM haben die Leute auch viel mehr Selbstvertrauen.“

Die Familie hält für Ghana, "Asa" diesmal nicht

Auch wenn der Ausfall von Superstar Michael Essien sehr weh tut. Stephen Appiah und John Mensah werden in die Bresche springen müssen - und einige mehr, wie der junge Kwadwo Asamoah von Udinese Calcio.

„Das ist ein richtig Guter. Mit dem bin ich aber nicht verwandt. Asamoah ist in Ghana ein Name wie hier Müller oder Meier", sagt der 31-Jährige. „Es wird heiß hergehen in dem Spiel gegen Deutschland. Ich tippe auf ein 2:1 für Deutschland – und hoffe, dass Ghana bis dahin schon qualifiziert ist.“

So diplomatisch muss er sich wohl geben. Denn in der Familie sind die Sympathien klar verteilt – so lange Gerald für Deutschland und nicht gegen Ghana spielte, wurde Gerald angefeuert. Jetzt spielt Gerald nicht und Ghana gegen Deutschland. Also wird Ghana angefeuert.

Es laufen schon Wetten

Zu emotionalen Zwickmühlen ist es nie gekommen. „Meine Cousins haben schon mit mir gewettet, dass Ghana Deutschland schlägt. Ich habe dagegengehalten“, sagt Asamoah, der bei der WM für die ARD in Südafrika unterwegs ist, auch live im Stadion das Spiel verfolgen wird – diesmal aber ohne Ghana-Shirt.

Asamoah sagt: „Deutschland darf man nie abschreiben, egal wie viele Rückschläge es gibt. Das Halbfinale können sie auf jeden Fall schaffen.“ Am Mittwoch fährt „Asa" erst mal in den Urlaub. Nach Ghana.

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Als 14-Jähriger steht Gerald Asamoah in der Fankurve. Mit Familie und Freunden aus Hannover ist der Jugendspieler des BV Werder Hannover nach Bochum gefahren, zum Länderspiel Deutschland gegen Ghana.

An diesem 14. April 1993 gibt es das erste (und bis heute einzige) Aufeinandertreffen zwischen diesen beiden Ländern, und Asamoah, der erst ein paar Jahre zuvor mit seinen Eltern nach Deutschland gekommen ist, hat sich sein Ghana-T-Shirt angezogen.

"Es war ein Erlebnis"

„Es war ein Erlebnis“, sagt er. Ghana geht in Führung, hält den 1:0-Vorsprung bis zur 69. Minute, ehe Bertis Buben das Spiel noch drehen und schließlich hoch mit 6:1 gewinnen. Gerald Asamoah zieht sein T-Shirt aus und setzt sich in den Bus zurück nach Niedersachsen.

„Ich war traurig“, sagt er. „Wir hatten eine gute Mannschaft mit Spielern wie Anthony Baffoe, Abedi Pelé, Anthony Yeboah oder Charles Akonnor. Aber am Ende hatten wir keine Chance.“ An die Torschützen erinnert er sich heute noch: „Zweimal Klinsmann, zweimal Effenberg, Kirsten und Möller.“

Herz für Ghana, Herz für Deutschland

Mehr als 17 Jahre später sehen sich die beiden Teams wieder, diesmal nicht zum freundschaftlichen Kräftemessen. Von den Spielern von einst ist keiner mehr dabei. Asamoah ist immer noch Ghana-Fan.

Nur nicht in den 90 Minuten, in denen das Land, in dem er vor bald 32 Jahren geboren wurde, gegen das Land spielt, in dem er zu Hause ist und für das er zwischen 2001 und 2006 insgesamt 43 Länderspiele absolviert hat. Von den „zwei Herzen“ schlägt dann nur das für Deutschland. Am 23. Juni stehen sich die beiden Teams im letzten Spiel der Vorrundengruppe D in der Soccer City von Johannesburg gegenüber.

Ein bisschen Wehmut

Mit „ein bisschen Wehmut“ werde er das Spiel verfolgen, sagt er. „Ich spiele schon seit so vielen Jahren, aber es hat sich nicht ergeben, dass ich mal gegen Ghana spielen durfte.“

Jetzt gibt es das Spiel mal, doch er ist nicht dabei. Nach nur acht Bundesligaeinsätzen in der abgelaufenen Saison für Schalke 04 hatte er aber auch nicht damit gerechnet, zu den 23 zu gehören, die in Südafrika die deutschen Farben vertreten. „Da muss ich Realist sein“, sagt er.

>Zur neuen Saison sucht er eine neue Herausforderung: Am Montag unterschrieb er einen Zweijahresvertrag bei Aufsteiger FC St. Pauli. "Ich war schon oft auch als Zuschauer am Millerntor und mag den offensiven Fußball, der hier gespielt wird", sagt er.

"In Deutschland bin ich zu Hause"

Sein erstes Länderspiel für den DFB liegt ziemlich genau neun Jahre zurück. Gegen die Slowakei trifft der Angreifer gleich bei seiner Premiere. Asamoah ist der erste gebürtige Afrikaner, der sich das Trikot der deutschen A-Nationalmannschaft überstreift.

„Die Entscheidung für Deutschland und gegen Ghana ist mir schwer gefallen“, sagt er. „Schließlich habe ich dort meine ersten Lebensjahre verbracht. Meine Wurzeln und die meiner Eltern liegen dort.“

Er entscheidet aus dem Bauch heraus. Für Deutschland, „weil ich hier zu Hause bin und mich einfach mehr deutsch fühle“. Die Familie hat Verständnis dafür. Dass es heute kein Thema mehr ist, wenn ein Farbiger für Deutschland spielt, freut ihn. „Es ist schön, dass ich meinen Teil dazu beitragen konnte“, sagt Asamoah, der 2005 an der Kampagne „Du bist Deutschland" teilnimmt.

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"Die WM 2006 wird keiner je vergessen"

Zweimal fährt er mit zur WM, 2002 und 2006. „Das Turnier in Deutschland war eine einzige Welle der Euphorie. Alle lagen sich in den Armen, alle waren friedlich“, sagt er, offenkundig immer noch begeistert. „Diese WM wird keiner, der dabei gewesen ist, je vergessen.“ Nicht nur in Deutschland, auch in Ghana, wo Asamoah 1978 geboren wurde.

Das westafrikanische Land nimmt 2006 zum ersten Mal überhaupt an einer WM-Endrunde teil und kommt gleich ins Achtelfinale, wo es an Brasilien scheitert (0:3). „Keiner hat damit gerechnet, dass Ghana so weit kommt, auch in Ghana selbst nicht“, sagt Asamoah, der immer noch mehrmals im Jahr ins Land seiner Väter fährt.

Er hat eine Stiftung gegründet, die dazu beitragen soll, dass ein Kinderherzzentrum in Accra gebaut werden kann. „Fußball bedeutet in Ghana alles. Seit der erfolgreichen WM haben die Leute auch viel mehr Selbstvertrauen.“

Die Familie hält für Ghana, "Asa" diesmal nicht

Auch wenn der Ausfall von Superstar Michael Essien sehr weh tut. Stephen Appiah und John Mensah werden in die Bresche springen müssen - und einige mehr, wie der junge Kwadwo Asamoah von Udinese Calcio.

„Das ist ein richtig Guter. Mit dem bin ich aber nicht verwandt. Asamoah ist in Ghana ein Name wie hier Müller oder Meier", sagt der 31-Jährige. „Es wird heiß hergehen in dem Spiel gegen Deutschland. Ich tippe auf ein 2:1 für Deutschland – und hoffe, dass Ghana bis dahin schon qualifiziert ist.“

So diplomatisch muss er sich wohl geben. Denn in der Familie sind die Sympathien klar verteilt – so lange Gerald für Deutschland und nicht gegen Ghana spielte, wurde Gerald angefeuert. Jetzt spielt Gerald nicht und Ghana gegen Deutschland. Also wird Ghana angefeuert.

Es laufen schon Wetten

Zu emotionalen Zwickmühlen ist es nie gekommen. „Meine Cousins haben schon mit mir gewettet, dass Ghana Deutschland schlägt. Ich habe dagegengehalten“, sagt Asamoah, der bei der WM für die ARD in Südafrika unterwegs ist, auch live im Stadion das Spiel verfolgen wird – diesmal aber ohne Ghana-Shirt.

Asamoah sagt: „Deutschland darf man nie abschreiben, egal wie viele Rückschläge es gibt. Das Halbfinale können sie auf jeden Fall schaffen.“ Am Mittwoch fährt „Asa" erst mal in den Urlaub. Nach Ghana.