Gebhardt: "Wir werden auf gar keinen Fall etwas abschenken"

Heute (ab 19.15 Uhr, live bei MagentaSport und Eurosport) steht in der FLYERALARM Frauen-Bundesliga zwischen Meister und Tabellenführer VfL Wolfsburg und Schlusslicht 1. FFC Turbine Potsdam ein ungleiches Duell an. Die Gäste werden seit Anfang März von Ex-Profi Marco Gebhardt trainiert. Im DFB.de-Interview spricht der 50 Jahre alte Coach mit Mitarbeiter Peter Haidinger über seinen neuen Job.

DFB.de: Sie wurden Anfang März vorgestellt, saßen noch am selben Abend gegen den SV Werder Bremen auf der Turbine-Trainerbank, ohne zuvor eine Trainingseinheit mit dem Team absolviert zu haben. Hatten Sie so etwas schon mal erlebt, Herr Gebhardt?

Marco Gebhardt: Nein, in der Tat nicht. Es kam für alle Beteiligten sehr überraschend und auch für mich sehr kurzfristig. Alles ging und musste auch schnell gehen, weil der Verein einen Trainer mit der entsprechenden Lizenz benötigte. Ich habe einen langfristigen Vertrag unterschrieben, bin top motiviert und will bei Turbine etwas aufbauen.

DFB.de: Wie gut kennen Sie mittlerweile das Team?

Gebhardt: Wir haben 32 Spielerinnen im erweiterten Kader. Dafür ging es verhältnismäßig schnell. Klar, in der täglichen Trainingsarbeit fällt mir der eine oder andere Vorname noch nicht auf Anhieb ein. Ich führe aber viele Einzelgespräche, lerne die Mannschaft immer besser kennen.

DFB.de: Sie waren zuvor acht Jahre Trainer beim Männer-Oberligisten Blau-Weiß Berlin und dabei zweimal aufgestiegen. Warum haben Sie sich dennoch für die schwere Aufgabe bei Turbine Potsdam entschieden?

Gebhardt: Ich wollte nach acht Jahren im Amateurfußball bei Blau-Weiß Berlin zurück in den Leistungssport. Meine neue Aufgabe ist sehr interessant, spannend und macht mir großen Spaß.

DFB.de: Wie ist Ihr Engagement bei Turbine zustande gekommen?

Gebhardt: Dirk Heinrichs, der bei Turbine zuletzt als Interimstrainer tätig war, fehlt die A- Lizenz. Wir kennen uns seit 30 Jahren, haben damals beide zusammen für den FSV Lok Altmark Stendal zusammengespielt. Wir sind uns auf den Fußballplätzen immer wieder über den Weg gelaufen, standen immer in Kontakt. Er hat mir den neuen Job schmackhaft gemacht. (lacht)

DFB.de: Bei Ihrer Premiere trugen Sie eine Winterjacke Ihres Kumpels Dirk Heinrichs, auf der die Initialen "DH" eingestickt waren. Mit einem Augenzwinkern gefragt: Sind Sie mittlerweile besser zu erkennen?

Gebhardt: Der Verein hat mich komplett eingekleidet, überall stehen meine Initialen "MG". Die Winterjacke von Dirk Heinrich benötige ich jetzt nicht mehr. (lacht)

DFB.de: Sie bilden mit Ihrem Co-Trainer ein Gespann. Wie läuft der Austausch, und wie werden die Entscheidungen getroffen?

Gebhardt: Ich bin noch relativ neu, Dirk ist dagegen seit 20 Jahren im Verein, kennt Turbine daher in- und auswendig. Wir bilden ein gleichberechtigtes Trainergespann, treffen alle Entscheidungen zusammen. Er hört auf mich und ich auf ihn.

DFB.de: Turbine verlor zuletzt zwölfmal in Serie, hat erst einen Punkt auf dem Konto. Mal Hand aufs Herz: Ist der Klassenverbleib überhaupt noch ein realistisches Ziel?

Gebhardt: Ich habe als ehemaliger Profi im Fußball sehr viel erlebt, schon einige Auf- und Abstiegskrimis mitgemacht. Gegen den MSV Duisburg haben wir beispielsweise einen Elfmeter vergeben und außerdem noch einige gute Chancen liegengelassen. Auch Werder Bremen haben wir es sehr schwer gemacht. Keine Mannschaft sollte meinen, dass sie uns im Vorbeigehen besiegen kann. Wir werden bis zum Schluss kämpfen.

DFB.de: Wie bauen Sie die Spielerinnen nach immer neuen Rückschlägen wieder auf?

Gebhardt: Wir haben einen guten Videoanalysten, bereiten die Spiele mit den Spielerinnen auf. Das Team kennt seine Schwächen und Stärken. Wir müssen weiter hart arbeiten, dann werden wir auch belohnt.

DFB.de: Müssen Sie eine andere Ansprache wählen, als es im Männerfußball der Fall war?

Gebhardt: Wir haben viele Spielerinnen im Kader, die nur Englisch sprechen. Die Ansagen werden übersetzt, und es ist nicht immer einfach, den emotionalen Teil genau rüberzubringen. Heutzutage muss man generell aufpassen, was man sagt, weil jedes Wort auf die Goldwaage gelegt wird. Das gilt bei Frauen und Männern.

DFB.de: Welche weiteren Unterschiede haben Sie sonst festgestellt? Wird anders trainiert?

Gebhardt: Die Trainingszeiten und die Intensität bei den Einheiten sind gleich. Die Spielerinnen sind wissbegierig und sehr lernwillig. Grundsätzlich bringen die Mädels einen großen Willen mit. Alle zeigen eine sehr gute Einstellung und Mentalität.

DFB.de: Wie würden Sie sich grundsätzlich als Trainertypen beschreiben?

Gebhardt: Ich sehe mich als Teamplayer, habe immer das Wohl der Mannschaft im Auge. Während meiner Karriere habe ich unter anderem mit Felix Magath, Eduard Geyer, Friedel Rausch, Martin Andermatt, Jörg Berger und Uwe Neuhaus zusammengearbeitet und von jedem etwas mitgenommen. Mein Vater Claus war mein erster Trainer. Er hat mich als kleiner Junge am meisten geprägt.

DFB.de: Turbine Potsdam ist sechsmaliger Deutscher Meister, hatte in der abgelaufenen Saison bis zum letzten Spieltag noch die Chance auf die Teilnahme an der UEFA Women's Champions League. Wie hart würde den Verein jetzt ein Abstieg treffen?

Gebhardt: Ich bin nicht blauäugig in die Gespräche gegangen. Durch den Wegfall der Fernsehgelder fehlen finanzielle Mittel, die kompensiert werden müssen. Zum Glück haben schon viele Sponsoren ihre Bereitschaft signalisiert, uns auch im Falle eines Abstiegs die Treue zu halten.

DFB.de: Wird bereits zweigleisig geplant, und würden Sie den Gang in die 2. Frauen-Bundesliga mitgehen?

Gebhardt: Ich habe einen langfristigen Vertrag unterschrieben, möchte beim Neuaufbau mithelfen, damit der Verein wieder nach oben kommt. Mit Ex-Spielerin Inka Wesely soll die Lücke der sportlichen Kompetenz langfristig gefüllt werden. Sie befindet sich aktuell noch in Elternzeit, soll dann immer mehr Aufgaben übernehmen.

DFB.de: Wäre der direkte Wiederaufstieg dann das erklärte Ziel?

Gebhardt: Der 1. FFC Turbine Potsdam ist in Brandenburg das Aushängeschild im Frauenfußball und bundesweit bekannt. Sollte es zum Abstieg kommen, wollen wir in der neuen Saison ein schlagkräftiges Team zusammenstellen und möglichst den direkten Wiederaufstieg realisieren.

DFB.de: In der ersten von noch neun verbleibenden Partien tritt Turbine bei Tabellenführer Wolfsburg an. Wie gehen Sie diese scheinbar unlösbare Aufgabe mit Ihrem Team an?

Gebhardt: Der VfL Wolfsburg hat sein zurückliegendes Heimspiel gegen die TSG Hoffenheim verloren, wird auch deshalb gegen uns hochmotiviert sein. Wir müssen alle Kräfte bündeln, wollen uns gut aus der Affäre ziehen und so teuer wie möglich verkaufen.

DFB.de: Im hochkarätig besetzten Kader des VfL Wolfsburg stehen mit Kapitänin Svenja Huth, Felicitas Rauch, Sandra Starke, Kristin Demann oder Sara Agrez auch einige Ex- Potsdamerinnen. Ist das auch ein Beleg für den Substanzverlust, den Turbine in den zurückliegenden Jahren hinnehmen musste?

Gebhardt: Dass es einen großen personellen Umbruch im Kader gab, speziell vor dieser Saison, ist kein Geheimnis. Wir dürfen aber nicht auf die Spielerinnen schauen, die weg sind, sondern müssen uns um die kümmern, die da sind.

DFB.de: Was ist Ihr größter Wunsch für den weiteren Saisonverlauf?

Gebhardt: Ich hätte gerne noch 30 Spiele und eine längere Saison. (lacht) Wir sind aber nicht bei "Wünsch dir was". Wir werden weiterhin alles raushauen und auf gar keinen Fall etwas abschenken. Zur nächsten Saison werden die Karten neu gemischt. 

[mspw]

Heute (ab 19.15 Uhr, live bei MagentaSport und Eurosport) steht in der FLYERALARM Frauen-Bundesliga zwischen Meister und Tabellenführer VfL Wolfsburg und Schlusslicht 1. FFC Turbine Potsdam ein ungleiches Duell an. Die Gäste werden seit Anfang März von Ex-Profi Marco Gebhardt trainiert. Im DFB.de-Interview spricht der 50 Jahre alte Coach mit Mitarbeiter Peter Haidinger über seinen neuen Job.

DFB.de: Sie wurden Anfang März vorgestellt, saßen noch am selben Abend gegen den SV Werder Bremen auf der Turbine-Trainerbank, ohne zuvor eine Trainingseinheit mit dem Team absolviert zu haben. Hatten Sie so etwas schon mal erlebt, Herr Gebhardt?

Marco Gebhardt: Nein, in der Tat nicht. Es kam für alle Beteiligten sehr überraschend und auch für mich sehr kurzfristig. Alles ging und musste auch schnell gehen, weil der Verein einen Trainer mit der entsprechenden Lizenz benötigte. Ich habe einen langfristigen Vertrag unterschrieben, bin top motiviert und will bei Turbine etwas aufbauen.

DFB.de: Wie gut kennen Sie mittlerweile das Team?

Gebhardt: Wir haben 32 Spielerinnen im erweiterten Kader. Dafür ging es verhältnismäßig schnell. Klar, in der täglichen Trainingsarbeit fällt mir der eine oder andere Vorname noch nicht auf Anhieb ein. Ich führe aber viele Einzelgespräche, lerne die Mannschaft immer besser kennen.

DFB.de: Sie waren zuvor acht Jahre Trainer beim Männer-Oberligisten Blau-Weiß Berlin und dabei zweimal aufgestiegen. Warum haben Sie sich dennoch für die schwere Aufgabe bei Turbine Potsdam entschieden?

Gebhardt: Ich wollte nach acht Jahren im Amateurfußball bei Blau-Weiß Berlin zurück in den Leistungssport. Meine neue Aufgabe ist sehr interessant, spannend und macht mir großen Spaß.

DFB.de: Wie ist Ihr Engagement bei Turbine zustande gekommen?

Gebhardt: Dirk Heinrichs, der bei Turbine zuletzt als Interimstrainer tätig war, fehlt die A- Lizenz. Wir kennen uns seit 30 Jahren, haben damals beide zusammen für den FSV Lok Altmark Stendal zusammengespielt. Wir sind uns auf den Fußballplätzen immer wieder über den Weg gelaufen, standen immer in Kontakt. Er hat mir den neuen Job schmackhaft gemacht. (lacht)

DFB.de: Bei Ihrer Premiere trugen Sie eine Winterjacke Ihres Kumpels Dirk Heinrichs, auf der die Initialen "DH" eingestickt waren. Mit einem Augenzwinkern gefragt: Sind Sie mittlerweile besser zu erkennen?

Gebhardt: Der Verein hat mich komplett eingekleidet, überall stehen meine Initialen "MG". Die Winterjacke von Dirk Heinrich benötige ich jetzt nicht mehr. (lacht)

DFB.de: Sie bilden mit Ihrem Co-Trainer ein Gespann. Wie läuft der Austausch, und wie werden die Entscheidungen getroffen?

Gebhardt: Ich bin noch relativ neu, Dirk ist dagegen seit 20 Jahren im Verein, kennt Turbine daher in- und auswendig. Wir bilden ein gleichberechtigtes Trainergespann, treffen alle Entscheidungen zusammen. Er hört auf mich und ich auf ihn.

DFB.de: Turbine verlor zuletzt zwölfmal in Serie, hat erst einen Punkt auf dem Konto. Mal Hand aufs Herz: Ist der Klassenverbleib überhaupt noch ein realistisches Ziel?

Gebhardt: Ich habe als ehemaliger Profi im Fußball sehr viel erlebt, schon einige Auf- und Abstiegskrimis mitgemacht. Gegen den MSV Duisburg haben wir beispielsweise einen Elfmeter vergeben und außerdem noch einige gute Chancen liegengelassen. Auch Werder Bremen haben wir es sehr schwer gemacht. Keine Mannschaft sollte meinen, dass sie uns im Vorbeigehen besiegen kann. Wir werden bis zum Schluss kämpfen.

DFB.de: Wie bauen Sie die Spielerinnen nach immer neuen Rückschlägen wieder auf?

Gebhardt: Wir haben einen guten Videoanalysten, bereiten die Spiele mit den Spielerinnen auf. Das Team kennt seine Schwächen und Stärken. Wir müssen weiter hart arbeiten, dann werden wir auch belohnt.

DFB.de: Müssen Sie eine andere Ansprache wählen, als es im Männerfußball der Fall war?

Gebhardt: Wir haben viele Spielerinnen im Kader, die nur Englisch sprechen. Die Ansagen werden übersetzt, und es ist nicht immer einfach, den emotionalen Teil genau rüberzubringen. Heutzutage muss man generell aufpassen, was man sagt, weil jedes Wort auf die Goldwaage gelegt wird. Das gilt bei Frauen und Männern.

DFB.de: Welche weiteren Unterschiede haben Sie sonst festgestellt? Wird anders trainiert?

Gebhardt: Die Trainingszeiten und die Intensität bei den Einheiten sind gleich. Die Spielerinnen sind wissbegierig und sehr lernwillig. Grundsätzlich bringen die Mädels einen großen Willen mit. Alle zeigen eine sehr gute Einstellung und Mentalität.

DFB.de: Wie würden Sie sich grundsätzlich als Trainertypen beschreiben?

Gebhardt: Ich sehe mich als Teamplayer, habe immer das Wohl der Mannschaft im Auge. Während meiner Karriere habe ich unter anderem mit Felix Magath, Eduard Geyer, Friedel Rausch, Martin Andermatt, Jörg Berger und Uwe Neuhaus zusammengearbeitet und von jedem etwas mitgenommen. Mein Vater Claus war mein erster Trainer. Er hat mich als kleiner Junge am meisten geprägt.

DFB.de: Turbine Potsdam ist sechsmaliger Deutscher Meister, hatte in der abgelaufenen Saison bis zum letzten Spieltag noch die Chance auf die Teilnahme an der UEFA Women's Champions League. Wie hart würde den Verein jetzt ein Abstieg treffen?

Gebhardt: Ich bin nicht blauäugig in die Gespräche gegangen. Durch den Wegfall der Fernsehgelder fehlen finanzielle Mittel, die kompensiert werden müssen. Zum Glück haben schon viele Sponsoren ihre Bereitschaft signalisiert, uns auch im Falle eines Abstiegs die Treue zu halten.

DFB.de: Wird bereits zweigleisig geplant, und würden Sie den Gang in die 2. Frauen-Bundesliga mitgehen?

Gebhardt: Ich habe einen langfristigen Vertrag unterschrieben, möchte beim Neuaufbau mithelfen, damit der Verein wieder nach oben kommt. Mit Ex-Spielerin Inka Wesely soll die Lücke der sportlichen Kompetenz langfristig gefüllt werden. Sie befindet sich aktuell noch in Elternzeit, soll dann immer mehr Aufgaben übernehmen.

DFB.de: Wäre der direkte Wiederaufstieg dann das erklärte Ziel?

Gebhardt: Der 1. FFC Turbine Potsdam ist in Brandenburg das Aushängeschild im Frauenfußball und bundesweit bekannt. Sollte es zum Abstieg kommen, wollen wir in der neuen Saison ein schlagkräftiges Team zusammenstellen und möglichst den direkten Wiederaufstieg realisieren.

DFB.de: In der ersten von noch neun verbleibenden Partien tritt Turbine bei Tabellenführer Wolfsburg an. Wie gehen Sie diese scheinbar unlösbare Aufgabe mit Ihrem Team an?

Gebhardt: Der VfL Wolfsburg hat sein zurückliegendes Heimspiel gegen die TSG Hoffenheim verloren, wird auch deshalb gegen uns hochmotiviert sein. Wir müssen alle Kräfte bündeln, wollen uns gut aus der Affäre ziehen und so teuer wie möglich verkaufen.

DFB.de: Im hochkarätig besetzten Kader des VfL Wolfsburg stehen mit Kapitänin Svenja Huth, Felicitas Rauch, Sandra Starke, Kristin Demann oder Sara Agrez auch einige Ex- Potsdamerinnen. Ist das auch ein Beleg für den Substanzverlust, den Turbine in den zurückliegenden Jahren hinnehmen musste?

Gebhardt: Dass es einen großen personellen Umbruch im Kader gab, speziell vor dieser Saison, ist kein Geheimnis. Wir dürfen aber nicht auf die Spielerinnen schauen, die weg sind, sondern müssen uns um die kümmern, die da sind.

DFB.de: Was ist Ihr größter Wunsch für den weiteren Saisonverlauf?

Gebhardt: Ich hätte gerne noch 30 Spiele und eine längere Saison. (lacht) Wir sind aber nicht bei "Wünsch dir was". Wir werden weiterhin alles raushauen und auf gar keinen Fall etwas abschenken. Zur nächsten Saison werden die Karten neu gemischt. 

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