Fußballlehrer Dietrich Weise: Ein Leben lang auf Achse

An seinem großen Tag wird ihn keiner zuhause antreffen. Nicht im hessischen Klein-Karben und auch nicht in Heilbronn, wo er eine Zweitwohnung unterhält. Dietrich Weise, der am Samstag 75 Jahre alt wurde, hat das Land verlassen, das ihm so viel zu verdanken hat. Es ist keine Flucht vor möglichem Trubel, sondern eine rein logistische Entscheidung.

"Mein Sohn lebt in der Schweiz und hat schulpflichtige Kinder" und bei der Entfernung sei es eben einfacher, wenn Opa und Oma kommen. So feiert er seinen 75. Geburtstag in Winterthur und doch im engsten Familienkreis. Geboren ist er am 21. November 1934 in Gröben in Brandenburg, gelebt hat er nach dem Verlassen der DDR 1958 zunächst in Heilbronn, wo er für den örtlichen VfR spielte, und dann in Klein-Karben in der Wetterau. Wenn er denn mal zuhause war.

Auf Achse zu sein machte Autofahrer Weise nie etwas aus. Das war er sein Leben lang, weshalb er heute zuweilen zweifelt, "ob ich das bei der Familie überhaupt wieder gut machen kann." Mit dem Fußball um die halbe Welt, das ist das Los und Motto vieler Trainer gewesen und auch wenn Weise nicht gerade die Vita eines Weltenbummlers wie Rudi Gutendorf oder Eckhard Krautzun hat, so ist er doch weit herum gekommen.

Zweimal DFB-Pokalsieger

Als Nationaltrainer von Ägypten, wo er mit Al-Ahli 1989 auch Meister wurde, und Liechtenstein beispielsweise, aber auch und vor allem mit den Talenten des deutschen Fußballs. Weise hat in der Bundesliga in 16 Jahren 361mal auf der Bank gesessen und stand mit all seinen Vereinen (1. FC Kaiserslautern, Eintracht Frankfurt und Fortuna Düsseldorf) im DFB-Pokal-Finale, das er zwei Mal gewann (1974 und 1975 mit Frankfurt).

Aber alles überstrahlen seine Erfolge mit dem DFB im Jahr 1981. Da wurde er binnen vier Monaten Europa- und Weltmeister – mit derselben Mannschaft, obwohl es sich um ein U 18- und dann um ein U 20-Turnier handelte. "Ich hatte damals die gleichen Probleme wie neulich der Horst Hrubesch. Die Vereine gaben ihre Spieler nicht heraus für die U 20-WM in Australien. Ich wollte einen Thomas von Heesen, Reinhold Mathy oder Uwe Rahn mitnehmen. Aber die Bundesliga ging eben vor. Da habe ich halt meine U 18 genommen, weshalb wir in Australien die mit Abstand jüngste Mannschaft waren."

Niedrige Erwartungen haushoch übertroffen

Entsprechend niedrig waren die Erwartungen an das DFB-Team um die Dortmunder Michael Zorc und Ralf Loose, das im Juni im eigenen Land den EM-Titel gewonnen und im Finale Polen mit 1:0 besiegt hatte. Weise: "Wir wollten nur die Vorrunde überstehen. Dass wir Weltmeister wurden ist nur gelungen, weil jeder jeden kannte. Das war gewachsen und kein Zufall."



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An seinem großen Tag wird ihn keiner zuhause antreffen. Nicht im hessischen Klein-Karben und auch nicht in Heilbronn, wo er eine Zweitwohnung unterhält. Dietrich Weise, der am Samstag 75 Jahre alt wurde, hat das Land verlassen, das ihm so viel zu verdanken hat. Es ist keine Flucht vor möglichem Trubel, sondern eine rein logistische Entscheidung.

"Mein Sohn lebt in der Schweiz und hat schulpflichtige Kinder" und bei der Entfernung sei es eben einfacher, wenn Opa und Oma kommen. So feiert er seinen 75. Geburtstag in Winterthur und doch im engsten Familienkreis. Geboren ist er am 21. November 1934 in Gröben in Brandenburg, gelebt hat er nach dem Verlassen der DDR 1958 zunächst in Heilbronn, wo er für den örtlichen VfR spielte, und dann in Klein-Karben in der Wetterau. Wenn er denn mal zuhause war.

Auf Achse zu sein machte Autofahrer Weise nie etwas aus. Das war er sein Leben lang, weshalb er heute zuweilen zweifelt, "ob ich das bei der Familie überhaupt wieder gut machen kann." Mit dem Fußball um die halbe Welt, das ist das Los und Motto vieler Trainer gewesen und auch wenn Weise nicht gerade die Vita eines Weltenbummlers wie Rudi Gutendorf oder Eckhard Krautzun hat, so ist er doch weit herum gekommen.

Zweimal DFB-Pokalsieger

Als Nationaltrainer von Ägypten, wo er mit Al-Ahli 1989 auch Meister wurde, und Liechtenstein beispielsweise, aber auch und vor allem mit den Talenten des deutschen Fußballs. Weise hat in der Bundesliga in 16 Jahren 361mal auf der Bank gesessen und stand mit all seinen Vereinen (1. FC Kaiserslautern, Eintracht Frankfurt und Fortuna Düsseldorf) im DFB-Pokal-Finale, das er zwei Mal gewann (1974 und 1975 mit Frankfurt).

Aber alles überstrahlen seine Erfolge mit dem DFB im Jahr 1981. Da wurde er binnen vier Monaten Europa- und Weltmeister – mit derselben Mannschaft, obwohl es sich um ein U 18- und dann um ein U 20-Turnier handelte. "Ich hatte damals die gleichen Probleme wie neulich der Horst Hrubesch. Die Vereine gaben ihre Spieler nicht heraus für die U 20-WM in Australien. Ich wollte einen Thomas von Heesen, Reinhold Mathy oder Uwe Rahn mitnehmen. Aber die Bundesliga ging eben vor. Da habe ich halt meine U 18 genommen, weshalb wir in Australien die mit Abstand jüngste Mannschaft waren."

Niedrige Erwartungen haushoch übertroffen

Entsprechend niedrig waren die Erwartungen an das DFB-Team um die Dortmunder Michael Zorc und Ralf Loose, das im Juni im eigenen Land den EM-Titel gewonnen und im Finale Polen mit 1:0 besiegt hatte. Weise: "Wir wollten nur die Vorrunde überstehen. Dass wir Weltmeister wurden ist nur gelungen, weil jeder jeden kannte. Das war gewachsen und kein Zufall."

Gegner Katar wurde am 4. Oktober 1981 souverän mit 4:0 geschlagen. Dass aus dieser verheißungsvollen Mannschaft nur zwei Spieler jemals A-Länderspiele bestritten und keiner bei einem großen Turnier mitwirkte, verwundert in der Retrospektive. Weise sieht darin aber nichts Besonderes, die Karrierewege junger Spieler seien von vielen Unwägbarkeiten beeinflusst.

"Durch meine Hände gingen auch ein Lothar Matthäus, Jürgen Klinsmann, Thomas Berthold oder Olaf Thon. Mit denen haben wir in der Jugend nichts gewonnen, aber sie wurden 1990 Weltmeister."

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Goldene Generation stagnierte

An ihm lag es ja nicht, dass die Goldene Generation im Bundesliga-Alltag stagnierte. Weise erinnert sich noch gut, wie er einst versucht hat, den damaligen Dortmunder Trainer Branko Zebec am Telefon zu überreden, Ralf Loose und Michael Zorc öfter aufzustellen. "Aber er hielt sie eben für zu unerfahren und ließ sie draußen. Dann entsteht bei jungen Spielern, die gerade noch mit stolzer Brust herummarschierten, ein Bruch im Selbstbewusstsein."

Überhaupt erinnert er sich noch an vieles, in Heilbronn stöbert Weise oft in seinen umfangreichen Notizen und schmunzelt über so manches, was in der heutigen Zeit grotesk wirkt. Mit Frankfurts Weltmeister Bernd Hölzenbein etwa war er mal zwei Wochen überkreuz, und sie schwiegen sich an – wegen eines verweigerten Mietzuschusses von Vereinsseite über 200 D-Mark. Darüber flachsen sie heute noch, wenn man sich im Stadion bei der Eintracht sieht.

"Bedingungsloser Fan des Fußballs in natura"

Dort konsumiert Weise Fußball ohnehin am Liebsten. "Ich bin ein bedingungsloser Fan des Fußballs in natura. Über Spiele, die ich im Fernsehen sehe, möchte ich gar keinen Kommentar abgeben." Und so ärgert er sich immer öfter über sich selbst, wenn er wegen schlechten Wetters mal zuhause geblieben ist. "Das hätte es früher nicht gegeben und hinterher sage ich mir dann immer: das hättest du jetzt auch noch überlebt."

Nur wenn die Sonne zu sehr scheint, hat er im Moment Probleme – aufgrund einer noch frischen Augenoperation. So reiste er im Oktober von der U 20-WM aus Ägypten vorzeitig ab. Andere kämen mit 75 gar nicht mehr auf die Idee, hinzureisen. Dietrich Weise ist immer noch auf Achse und das ist auch gut so.