Fröhlich: "Effiziente Kaderplanung bei Unparteiischen"

Die Kaderplanung für die Elite-Schiedsrichter*innen des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) erfolgt nach Leistungsaspekten. Mit einem Alter von 47 Jahren endet jedoch die Schiedsrichter*innen-Tätigkeit auf dem Platz. Das bedeutet, dass mit Manuel Gräfe, Markus Schmidt und Guido Winkmann drei Elite-Schiedsrichter ab der Saison 2021/2022 nicht mehr zum Aufgebot der Unparteiischen in der Bundesliga zählen. Im DFB.de-Interview erläutert Lutz Michael Fröhlich, Sportlicher Leiter der Elite-Schiedsrichter*innen des DFB, die Position der Sportlichen Leitung zu diesem Thema.

DFB.de: Herr Fröhlich, gemeinsam mit Ihren Kolleg*innen der Sportlichen Leitung der Elite-Schiedsrichter*innen sowie des DFB haben Sie sich in den vergangenen Wochen im Rahmen der Kaderplanung für die Saison 2021/2022 auch intensiv mit dem Ausscheiden von drei Bundesliga-Schiedsrichtern beschäftigt. Zu welchem Ergebnis sind Sie gekommen?

Lutz Michael Fröhlich: Wir haben in den vergangenen Wochen das Anliegen von zwei Schiedsrichtern, ihren Einsatz als Schiedsrichter auf dem Platz über das 47. Lebensjahr hinaus zu verlängern, sehr ernsthaft aufgenommen und uns sehr intensiv damit auseinandergesetzt. In unsere Überlegungen und Entscheidungen haben wir auch die in bilateralen Gesprächen geäußerten Gedanken und Vorstellungen der ausscheidenden Schiedsrichter einbezogen. Die Entscheidung war für uns sehr schwierig, aber letztendlich gaben für uns die Aspekte Weiterentwicklung im Bereich der Elite-Schiedsrichter*innen und Strategie in der Kaderplanung den Ausschlag. Wir setzen daher auf eine Fluktuation im Bereich der Unparteiischen auf dem Platz, bei allerhöchster Wertschätzung der Verdienste der ausscheidenden Schiedsrichter, und wollen schauen, wie ihre Erfahrung im Bereich der Video-Assistenz und auch im Bereich der Schiedsrichter*innen-Entwicklung in der 3. Liga genutzt werden kann.

DFB.de: Was sind die Beweggründe, Elite-Schiedsrichter*innen ab dem 47. Lebensjahr nicht mehr als Unparteiische auf dem Platz einzusetzen, und in welchem Zusammenhang steht diese Entscheidung mit Ihrer Kaderplanung?

Fröhlich: In Deutschland wird seit vielen Jahren eine effiziente Kaderplanung bei den Unparteiischen umgesetzt, die auch eine systematische Leistungsentwicklung beinhaltet. Das ist letztendlich neben den übrigen leistungsbezogenen Kriterien die Grundlage dafür, dass wir durchgängig eine gute Auswahl von Referees im Elite-Bereich haben, die auch die schwierigsten Spiele leiten können. Auch im internationalen Spielbetrieb sind wir mit fünf Schiedsrichtern in den beiden höchsten Kategorien sehr gut aufgestellt. Darüber hinaus haben wir innerhalb des Teams der Elite-Schiedsrichter*innen auch in der Altersgruppe unter 40 Jahren sehr gute Schiedsrichter, die den Weg in die absolute Spitze schaffen können.

DFB.de: Womit hängt die Entwicklung der Qualität der Elite-Schiedsrichter*innen zusammen?

Fröhlich: Die Entwicklung der Qualität unserer Schiedsrichter*innen hängt wesentlich auch damit zusammen, sie zielgerichtet an höhere Aufgaben heranzuführen. Mit Eintritt in die Bundesliga hat jede*r Schiedsrichter*in bereits viele Jahre an Leistungs- und Persönlichkeitsentwicklung hinter sich. Sie bestreiten auf dem Weg zu Spitzen-Schiedsrichter*innen dann auch ein erstes Spiel und ein erstes Jahr in der Bundesliga und müssen sich über die Erfahrung in der Bundesliga kontinuierlich weiterentwickeln. Für diesen Prozess ist ein natürlicher Austausch notwendig, der nicht übertrieben sein darf, aber dennoch zeitgerecht für die Entwicklung der nachkommenden Generation. So wurde über Jahre hinweg sichergestellt, dass sich junge Schiedsrichter*innen zu Spitzenschiedsrichter*innen weiterentwickeln. Hierzu zählen zum Beispiel Markus Merk, Herbert Fandel, Wolfgang Stark, Knut Kircher und viele andere, aber auch Manuel Gräfe. Zu ihrer erfolgreichen Entwicklung gehörte wesentlich, dass sie genau zu diesem Zeitpunkt in die Bundesliga gekommen sind, an dem ältere Unparteiische, planbar für sich, aufhörten.

DFB.de: Inwieweit können Elite-Schiedsrichter*innen ab dem 47. Lebensjahr weiterhin ihre Erfahrungen in das Schiedsrichterwesen einbringen?

Fröhlich: Einsatzfelder bestehen beispielsweise in der Tätigkeit als Video-Assistent*in, aber auch im Bereich des Coachings, insbesondere in der 3. Liga. Aus diesem Pool werden unmittelbar die Schiedsrichter*innen ausgewählt, die dann in die 2. Bundesliga kommen. Hier ist es wichtig, dass unter anderem auch die Expertise und Erfahrung von Unparteiischen eingebracht wird, die noch vor kurzem aktiv Spiele geleitet haben.

DFB.de: Wie bewerten Sie die Altersstruktur bei den Schiedsrichtern in der Bundesliga?

Fröhlich: Wir haben seit vielen Jahren eine sehr gesunde Altersstruktur bei den Unparteiischen in der Bundesliga und im gesamten Elite-Bereich. Die Kaderplanung geht davon aus, dass talentierte Schiedsrichter*innen über die 2. Bundesliga in einem Alter von circa 27 bis 33 Jahren, sehr selten in einem späteren Alter, in die Bundesliga kommen und sich dort, bei kontinuierlicher Leistungsentwicklung in Verbindung mit bester Physis, eine Phase von 14 bis 20 Jahren als Unparteiische in der Bundesliga und auch international anschließen kann. Wir haben derzeit einen Altersdurchschnitt bei den Schiedsrichtern in der Bundesliga, der bei 39, 40 Jahren liegt. Durch die Einführung des Video-Assistenten ist es möglich, dass sich darüber hinaus bei entsprechenden Leistungen dann noch eine Phase von einigen Jahren als spezialisierte*r Video-Assistent*in anschließen kann.

DFB.de: Bietet die Sondersituation aufgrund der Corona-Pandemie möglicherweise eine neue Bewertungsgrundlage im Umgang mit dem altersbedingten Ausscheiden von Schiedsrichtern auf dem Platz?

Fröhlich: Die Bundesligasaison 2020/2021 wird aller Voraussicht nach durchgespielt. Die Schiedsrichter*innen, Schiedsrichterassistent*innen und Video-Assistent*innen konnten ihre Tätigkeiten weiter ausüben und ihre Spielaufträge in den beiden Bundesligen und auch in der 3. Liga wie in den vergangenen Jahren in gewohnter Zahl ausführen. Das ist ein enormes Privileg gegenüber allen anderen Sportarten und vielen beruflicher Tätigkeiten, die in dieser Zeit nur eingeschränkt oder gar nicht ausgeübt werden konnten beziehungsweise können. Die Bundesliga findet statt. Wettbewerb findet statt. Es geht um Meisterschaft sowie um Auf- und Abstieg. Der Pokalwettbewerb wird durchgeführt. Der Rahmen "ohne Publikum" ist sicherlich eine andere Herausforderung, und viele vermissen auch die Atmosphäre. Aber ich würde mir wünschen, dass alle in dieser für alle schwierigen Zeit, mit vielen Einschränkungen, allein dafür dankbar sind, dass sie ihrem Job uneingeschränkt und ohne finanzielle Verluste nachgehen können und gesund sind. Ein würdiger und die Verdienste des Einzelnen berücksichtigender Abschied ist selbstverständlich und soll auch im gleichen Rahmen erfolgen wie für die Unparteiischen, die in den vergangenen Jahren aufgehört haben. Auch würden wir ihnen einen Abschied auf dem Spielfeld unter anderen Rahmenbedingungen vor Publikum und stimmungsvoller Kulisse wünschen. Dies ist allerdings angesichts der derzeitigen Situation leider nicht möglich.

[sal]

Die Kaderplanung für die Elite-Schiedsrichter*innen des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) erfolgt nach Leistungsaspekten. Mit einem Alter von 47 Jahren endet jedoch die Schiedsrichter*innen-Tätigkeit auf dem Platz. Das bedeutet, dass mit Manuel Gräfe, Markus Schmidt und Guido Winkmann drei Elite-Schiedsrichter ab der Saison 2021/2022 nicht mehr zum Aufgebot der Unparteiischen in der Bundesliga zählen. Im DFB.de-Interview erläutert Lutz Michael Fröhlich, Sportlicher Leiter der Elite-Schiedsrichter*innen des DFB, die Position der Sportlichen Leitung zu diesem Thema.

DFB.de: Herr Fröhlich, gemeinsam mit Ihren Kolleg*innen der Sportlichen Leitung der Elite-Schiedsrichter*innen sowie des DFB haben Sie sich in den vergangenen Wochen im Rahmen der Kaderplanung für die Saison 2021/2022 auch intensiv mit dem Ausscheiden von drei Bundesliga-Schiedsrichtern beschäftigt. Zu welchem Ergebnis sind Sie gekommen?

Lutz Michael Fröhlich: Wir haben in den vergangenen Wochen das Anliegen von zwei Schiedsrichtern, ihren Einsatz als Schiedsrichter auf dem Platz über das 47. Lebensjahr hinaus zu verlängern, sehr ernsthaft aufgenommen und uns sehr intensiv damit auseinandergesetzt. In unsere Überlegungen und Entscheidungen haben wir auch die in bilateralen Gesprächen geäußerten Gedanken und Vorstellungen der ausscheidenden Schiedsrichter einbezogen. Die Entscheidung war für uns sehr schwierig, aber letztendlich gaben für uns die Aspekte Weiterentwicklung im Bereich der Elite-Schiedsrichter*innen und Strategie in der Kaderplanung den Ausschlag. Wir setzen daher auf eine Fluktuation im Bereich der Unparteiischen auf dem Platz, bei allerhöchster Wertschätzung der Verdienste der ausscheidenden Schiedsrichter, und wollen schauen, wie ihre Erfahrung im Bereich der Video-Assistenz und auch im Bereich der Schiedsrichter*innen-Entwicklung in der 3. Liga genutzt werden kann.

DFB.de: Was sind die Beweggründe, Elite-Schiedsrichter*innen ab dem 47. Lebensjahr nicht mehr als Unparteiische auf dem Platz einzusetzen, und in welchem Zusammenhang steht diese Entscheidung mit Ihrer Kaderplanung?

Fröhlich: In Deutschland wird seit vielen Jahren eine effiziente Kaderplanung bei den Unparteiischen umgesetzt, die auch eine systematische Leistungsentwicklung beinhaltet. Das ist letztendlich neben den übrigen leistungsbezogenen Kriterien die Grundlage dafür, dass wir durchgängig eine gute Auswahl von Referees im Elite-Bereich haben, die auch die schwierigsten Spiele leiten können. Auch im internationalen Spielbetrieb sind wir mit fünf Schiedsrichtern in den beiden höchsten Kategorien sehr gut aufgestellt. Darüber hinaus haben wir innerhalb des Teams der Elite-Schiedsrichter*innen auch in der Altersgruppe unter 40 Jahren sehr gute Schiedsrichter, die den Weg in die absolute Spitze schaffen können.

DFB.de: Womit hängt die Entwicklung der Qualität der Elite-Schiedsrichter*innen zusammen?

Fröhlich: Die Entwicklung der Qualität unserer Schiedsrichter*innen hängt wesentlich auch damit zusammen, sie zielgerichtet an höhere Aufgaben heranzuführen. Mit Eintritt in die Bundesliga hat jede*r Schiedsrichter*in bereits viele Jahre an Leistungs- und Persönlichkeitsentwicklung hinter sich. Sie bestreiten auf dem Weg zu Spitzen-Schiedsrichter*innen dann auch ein erstes Spiel und ein erstes Jahr in der Bundesliga und müssen sich über die Erfahrung in der Bundesliga kontinuierlich weiterentwickeln. Für diesen Prozess ist ein natürlicher Austausch notwendig, der nicht übertrieben sein darf, aber dennoch zeitgerecht für die Entwicklung der nachkommenden Generation. So wurde über Jahre hinweg sichergestellt, dass sich junge Schiedsrichter*innen zu Spitzenschiedsrichter*innen weiterentwickeln. Hierzu zählen zum Beispiel Markus Merk, Herbert Fandel, Wolfgang Stark, Knut Kircher und viele andere, aber auch Manuel Gräfe. Zu ihrer erfolgreichen Entwicklung gehörte wesentlich, dass sie genau zu diesem Zeitpunkt in die Bundesliga gekommen sind, an dem ältere Unparteiische, planbar für sich, aufhörten.

DFB.de: Inwieweit können Elite-Schiedsrichter*innen ab dem 47. Lebensjahr weiterhin ihre Erfahrungen in das Schiedsrichterwesen einbringen?

Fröhlich: Einsatzfelder bestehen beispielsweise in der Tätigkeit als Video-Assistent*in, aber auch im Bereich des Coachings, insbesondere in der 3. Liga. Aus diesem Pool werden unmittelbar die Schiedsrichter*innen ausgewählt, die dann in die 2. Bundesliga kommen. Hier ist es wichtig, dass unter anderem auch die Expertise und Erfahrung von Unparteiischen eingebracht wird, die noch vor kurzem aktiv Spiele geleitet haben.

DFB.de: Wie bewerten Sie die Altersstruktur bei den Schiedsrichtern in der Bundesliga?

Fröhlich: Wir haben seit vielen Jahren eine sehr gesunde Altersstruktur bei den Unparteiischen in der Bundesliga und im gesamten Elite-Bereich. Die Kaderplanung geht davon aus, dass talentierte Schiedsrichter*innen über die 2. Bundesliga in einem Alter von circa 27 bis 33 Jahren, sehr selten in einem späteren Alter, in die Bundesliga kommen und sich dort, bei kontinuierlicher Leistungsentwicklung in Verbindung mit bester Physis, eine Phase von 14 bis 20 Jahren als Unparteiische in der Bundesliga und auch international anschließen kann. Wir haben derzeit einen Altersdurchschnitt bei den Schiedsrichtern in der Bundesliga, der bei 39, 40 Jahren liegt. Durch die Einführung des Video-Assistenten ist es möglich, dass sich darüber hinaus bei entsprechenden Leistungen dann noch eine Phase von einigen Jahren als spezialisierte*r Video-Assistent*in anschließen kann.

DFB.de: Bietet die Sondersituation aufgrund der Corona-Pandemie möglicherweise eine neue Bewertungsgrundlage im Umgang mit dem altersbedingten Ausscheiden von Schiedsrichtern auf dem Platz?

Fröhlich: Die Bundesligasaison 2020/2021 wird aller Voraussicht nach durchgespielt. Die Schiedsrichter*innen, Schiedsrichterassistent*innen und Video-Assistent*innen konnten ihre Tätigkeiten weiter ausüben und ihre Spielaufträge in den beiden Bundesligen und auch in der 3. Liga wie in den vergangenen Jahren in gewohnter Zahl ausführen. Das ist ein enormes Privileg gegenüber allen anderen Sportarten und vielen beruflicher Tätigkeiten, die in dieser Zeit nur eingeschränkt oder gar nicht ausgeübt werden konnten beziehungsweise können. Die Bundesliga findet statt. Wettbewerb findet statt. Es geht um Meisterschaft sowie um Auf- und Abstieg. Der Pokalwettbewerb wird durchgeführt. Der Rahmen "ohne Publikum" ist sicherlich eine andere Herausforderung, und viele vermissen auch die Atmosphäre. Aber ich würde mir wünschen, dass alle in dieser für alle schwierigen Zeit, mit vielen Einschränkungen, allein dafür dankbar sind, dass sie ihrem Job uneingeschränkt und ohne finanzielle Verluste nachgehen können und gesund sind. Ein würdiger und die Verdienste des Einzelnen berücksichtigender Abschied ist selbstverständlich und soll auch im gleichen Rahmen erfolgen wie für die Unparteiischen, die in den vergangenen Jahren aufgehört haben. Auch würden wir ihnen einen Abschied auf dem Spielfeld unter anderen Rahmenbedingungen vor Publikum und stimmungsvoller Kulisse wünschen. Dies ist allerdings angesichts der derzeitigen Situation leider nicht möglich.

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