Finnbogason: "Wir haben nie Angst, uns große Ziele zu setzen"

Seit fünf Jahren stürmt Alfred Finnbogason in der Bundesliga für den FC Augsburg. Gerne würde der 32 Jahre alte Isländer beim WM-Qualifikationsspiel Deutschland gegen Island am 25. März (ab 20.45 Uhr, live bei RTL) in Duisburg mitspielen, doch eine hartnäckige Wadenverletzung setzt ihn außer Gefecht. Im DFB.de-Interview spricht er mit Mitarbeiter Tobias Gonscherowski über das Duell und sein Leben in Deutschland.

DFB.de: Alfred Finnbogason, Sie haben Ihr letztes Bundesligaspiel im Januar bestritten und fallen seitdem verletzt aus. Wie geht es Ihnen aktuell?

Alfred Finnbogason: Mir würde es besser gehen, wenn ich fit wäre, gegen Deutschland spielen und ein Tor schießen könnte. Leider ist es unwahrscheinlich, dass ich spielen kann. Aber man muss positiv bleiben und nach vorne blicken.

DFB.de: Werden Sie für das Länderspiel nominiert?

Finnbogason: Nein, ich habe letzte Woche mit unserem Nationaltrainer telefoniert. Es sieht so aus, dass ich wegen der Verletzung nicht im Kader sein werde. Die Wade macht mir immer noch Probleme. Ich bin im Aufbautraining. Es ging nicht so gut voran wie geplant. Deswegen musste ich ein wenig kürzer treten. Aber ich denke, dass ich in dieser Saison noch einige Partien absolvieren werde.

DFB.de: Schade, dass Sie das Spiel verpassen, denn so oft spielen Deutschland und Island ja nicht gegeneinander. Bisher gab es vier Länderspiele und das letzte liegt bereits über 17 Jahre zurück.

Finnbogason: Daran kann ich mich noch erinnern. Das war im Hamburg.

DFB.de: Genau. Deutschland gewann 3:0. In Deutschland ist aber viel mehr die Partie einige Wochen zuvor in Erinnerung geblieben, als es in Reykjavik ein 0:0 gab und der damalige Bundestrainer Rudi Völler im Fernsehen eine legendäre Wutrede hielt.

Finnbogason: Ich war damals sogar als kleiner Junge im Stadion und habe das Spiel verfolgt. Und Völlers Interview habe ich dann auch später gesehen. Für Deutschland war das 0:0 doch ein großer Erfolg. (lacht)

DFB.de: Island hat dann später bei der EM 2016 und der WM 2018 begeistert. Wie ist die isländische Nationalmannschaft aktuell in Form?

Finnbogason: Durch unsere guten Leistungen in den letzten fünf, sechs Jahren sind die Erwartungen sehr hoch. Tatsache ist, dass wir uns bei den letzten vier großen Turnieren zweimal für die Endrunde qualifiziert haben und zweimal die Playoffs erreicht haben. 2014 haben wir gegen Kroatien verloren, 2016 waren wir dabei und haben vorher in der Gruppe Holland hinter uns gelassen. Vor der WM 2018 haben wir unsere Gruppe gewonnen. Und vor dieser EM standen wir wieder in den Playoffs. Das ist für uns ein Riesenerfolg, weil wir in den Jahrzehnten davor nie auch nur in der Nähe waren, uns für ein großes Turnier zu qualifizieren. Im Vergleich zu einem Viertelfinale bei der EM 2016 ist unsere aktuelle Formkurve ein wenig nach unten gegangen. Aber ich finde, dass wir trotzdem noch gut dabei und nicht weit weg von den großen Nationen sind. Seit Anfang des Jahres haben wir ein neues Trainerteam. Wir sind sehr gespannt, was jetzt kommt.

DFB.de: Welchen Eindruck haben Sie von der Wahrnehmung der isländischen Nationalmannschaft in Deutschland? Wie ist das Image?

Finnbogason: Sehr positiv. Ich habe das Gefühl, dass viele Fans mit uns mitfiebern. Wir sind für sie fast die zweite Lieblingsmannschaft. 2016 haben wir mit der Nähe zu unseren Fans viele Sympathien gewonnen. Der Zusammenhalt war sehr groß. Unser spezielles Jubelritual wurde bekannt. Es war das erste Mal, dass wir bei einem großen Turnier dabei waren. Das war ein tolles Erlebnis und macht auch hungrig auf weitere Erfolge.

DFB.de: Am 25. März geht es dann in Duisburg gegen Deutschland. Wie stark schätzen Sie die Mannschaft von Joachim Löw ein?

Finnbogason: Wir schätzen Deutschland natürlich als die stärkste Mannschaft in unserer Gruppe ein. Leider haben wir nicht so viele gute Spieler zur Auswahl wie Deutschland. Daher ist die deutsche Mannschaft der klare Favorit. Aber man muss auch ehrlich sagen, dass auch Deutschland komplizierte und schwierigere Jahre hinter sich hat.

DFB.de: Wo sehen Sie Schwächen bei der deutschen Elf?

Finnbogason: Das ist schwer zu sagen, weil ich nicht weiß, wer nominiert wird. Es wird ja viel darüber diskutiert, ob die älteren Spieler wieder zurückkommen sollen oder ob es beim Umbruch mit der jüngeren Generation bleibt. Es ist schwer, Schwächen zu finden in einer Mannschaft, die so viele Spieler von Teams wie dem FC Bayern oder dem FC Chelsea mit einem so hohen Niveau hat.

DFB.de: Die weiteren Gegner in der Gruppe sind Armenien, Liechtenstein, Nordmazedonien und Rumänien. Es könnte für Island wieder reichen.

Finnbogason: Ja, das stimmt. Der Erste qualifiziert sich direkt, der Zweite geht in die Playoffs. Unser Ziel muss es sein, eine der ersten beiden Toppositionen zu erreichen. Wir haben nie davor Angst, uns große Ziele zu setzen. Dabei bleiben wir.

DFB.de: Sie sind als erster Schütze eines Tores von Island bei einer WM in die Geschichtsbücher eingegangen, als Sie 2018 beim 1:1 gegen Argentinien trafen. Wie populär sind Sie in Island, werden Sie ständig auf der Straße erkannt und angesprochen oder eher in Ruhe gelassen?

Finnbogason: Ein bisschen von beidem. In Island leben nur 350.000 Menschen. Wir haben nur rund 20 Spieler in der Nationalmannschaft, und die sind natürlich bekannt. Aber gleichzeitig haben wir auch unsere Ruhe. Ich schätze diesen respektvollen Umgang.

DFB.de: Welchen Stellenwert hat Fußball in Island?

Finnbogason: Fußball ist ganz klar Sportart Nummer eins in Island. Alle Kinder wollen Fußball spielen. Die Bedingungen sind in den letzten 15 Jahren sehr gut geworden. Wir haben viele Hallen mit Kunstrasenplätzen, in denen man das ganze Jahr auf Großfeld spielen kann. Das ist gut für unseren Nachwuchs.

DFB.de: Sie haben in Ihrer Karriere schon viele Länder gesehen und als Jugendlicher in Schottland und als Profi in Belgien, Schweden, Holland, Spanien und Griechenland gespielt. Sie sind jetzt seit fünf Jahren beim FC Augsburg in Deutschland. So lange waren Sie vorher bei keiner anderen Auslandsstation.

Finnbogason: Es ist mein Glück, dass ich so viele Länder und unterschiedliche Spielweisen kennengelernt habe. Jetzt habe ich mit Augsburg einen sehr guten Ort gefunden. Ich bin sehr zufrieden. Hier passt alles für mich und meine Familie. Die Liga ist gut, der Verein ist sehr gut.

DFB.de: Welche Marotten haben Sie bei den Deutschen feststellen können?

Finnbogason: Jedes Land hat Vor- und Nachteile. In Spanien sind Wetter, Klima und Essen toll. In Deutschland ist die Struktur super. Du weißt, was du bekommst. Das schätzt man. In Deutschland ist mir aber auch aufgefallen, dass einige Autofahrer im Straßenverkehr aggressiv unterwegs sind.

DFB.de: Wo war es am schönsten?

Finnbogason: Neben Augsburg war es in San Sebastian in Spanien am schönsten. Ich wusste nicht viel über die Stadt, bevor ich da hingezogen bin. Die Stadt finde ich traumhaft, die Leute waren sehr nett. Man fliegt eher nicht ins Baskenland, um dort Urlaub zu machen, sondern mehr in den Süden. Aber ich habe das Leben dort sehr genossen, die Leute haben mich nett empfangen.

DFB.de: Planen Sie, nach Ihrem Karriereende nach Island zurückzukehren?

Finnbogason: Das ist noch alles offen. Ich will noch ein paar Jahre Fußball spielen. Was danach passiert, steht noch nicht zu 100 Prozent fest. Meine Eltern leben in Island. Insofern ist das eine gute Option.

[tg]

Seit fünf Jahren stürmt Alfred Finnbogason in der Bundesliga für den FC Augsburg. Gerne würde der 32 Jahre alte Isländer beim WM-Qualifikationsspiel Deutschland gegen Island am 25. März (ab 20.45 Uhr, live bei RTL) in Duisburg mitspielen, doch eine hartnäckige Wadenverletzung setzt ihn außer Gefecht. Im DFB.de-Interview spricht er mit Mitarbeiter Tobias Gonscherowski über das Duell und sein Leben in Deutschland.

DFB.de: Alfred Finnbogason, Sie haben Ihr letztes Bundesligaspiel im Januar bestritten und fallen seitdem verletzt aus. Wie geht es Ihnen aktuell?

Alfred Finnbogason: Mir würde es besser gehen, wenn ich fit wäre, gegen Deutschland spielen und ein Tor schießen könnte. Leider ist es unwahrscheinlich, dass ich spielen kann. Aber man muss positiv bleiben und nach vorne blicken.

DFB.de: Werden Sie für das Länderspiel nominiert?

Finnbogason: Nein, ich habe letzte Woche mit unserem Nationaltrainer telefoniert. Es sieht so aus, dass ich wegen der Verletzung nicht im Kader sein werde. Die Wade macht mir immer noch Probleme. Ich bin im Aufbautraining. Es ging nicht so gut voran wie geplant. Deswegen musste ich ein wenig kürzer treten. Aber ich denke, dass ich in dieser Saison noch einige Partien absolvieren werde.

DFB.de: Schade, dass Sie das Spiel verpassen, denn so oft spielen Deutschland und Island ja nicht gegeneinander. Bisher gab es vier Länderspiele und das letzte liegt bereits über 17 Jahre zurück.

Finnbogason: Daran kann ich mich noch erinnern. Das war im Hamburg.

DFB.de: Genau. Deutschland gewann 3:0. In Deutschland ist aber viel mehr die Partie einige Wochen zuvor in Erinnerung geblieben, als es in Reykjavik ein 0:0 gab und der damalige Bundestrainer Rudi Völler im Fernsehen eine legendäre Wutrede hielt.

Finnbogason: Ich war damals sogar als kleiner Junge im Stadion und habe das Spiel verfolgt. Und Völlers Interview habe ich dann auch später gesehen. Für Deutschland war das 0:0 doch ein großer Erfolg. (lacht)

DFB.de: Island hat dann später bei der EM 2016 und der WM 2018 begeistert. Wie ist die isländische Nationalmannschaft aktuell in Form?

Finnbogason: Durch unsere guten Leistungen in den letzten fünf, sechs Jahren sind die Erwartungen sehr hoch. Tatsache ist, dass wir uns bei den letzten vier großen Turnieren zweimal für die Endrunde qualifiziert haben und zweimal die Playoffs erreicht haben. 2014 haben wir gegen Kroatien verloren, 2016 waren wir dabei und haben vorher in der Gruppe Holland hinter uns gelassen. Vor der WM 2018 haben wir unsere Gruppe gewonnen. Und vor dieser EM standen wir wieder in den Playoffs. Das ist für uns ein Riesenerfolg, weil wir in den Jahrzehnten davor nie auch nur in der Nähe waren, uns für ein großes Turnier zu qualifizieren. Im Vergleich zu einem Viertelfinale bei der EM 2016 ist unsere aktuelle Formkurve ein wenig nach unten gegangen. Aber ich finde, dass wir trotzdem noch gut dabei und nicht weit weg von den großen Nationen sind. Seit Anfang des Jahres haben wir ein neues Trainerteam. Wir sind sehr gespannt, was jetzt kommt.

DFB.de: Welchen Eindruck haben Sie von der Wahrnehmung der isländischen Nationalmannschaft in Deutschland? Wie ist das Image?

Finnbogason: Sehr positiv. Ich habe das Gefühl, dass viele Fans mit uns mitfiebern. Wir sind für sie fast die zweite Lieblingsmannschaft. 2016 haben wir mit der Nähe zu unseren Fans viele Sympathien gewonnen. Der Zusammenhalt war sehr groß. Unser spezielles Jubelritual wurde bekannt. Es war das erste Mal, dass wir bei einem großen Turnier dabei waren. Das war ein tolles Erlebnis und macht auch hungrig auf weitere Erfolge.

DFB.de: Am 25. März geht es dann in Duisburg gegen Deutschland. Wie stark schätzen Sie die Mannschaft von Joachim Löw ein?

Finnbogason: Wir schätzen Deutschland natürlich als die stärkste Mannschaft in unserer Gruppe ein. Leider haben wir nicht so viele gute Spieler zur Auswahl wie Deutschland. Daher ist die deutsche Mannschaft der klare Favorit. Aber man muss auch ehrlich sagen, dass auch Deutschland komplizierte und schwierigere Jahre hinter sich hat.

DFB.de: Wo sehen Sie Schwächen bei der deutschen Elf?

Finnbogason: Das ist schwer zu sagen, weil ich nicht weiß, wer nominiert wird. Es wird ja viel darüber diskutiert, ob die älteren Spieler wieder zurückkommen sollen oder ob es beim Umbruch mit der jüngeren Generation bleibt. Es ist schwer, Schwächen zu finden in einer Mannschaft, die so viele Spieler von Teams wie dem FC Bayern oder dem FC Chelsea mit einem so hohen Niveau hat.

DFB.de: Die weiteren Gegner in der Gruppe sind Armenien, Liechtenstein, Nordmazedonien und Rumänien. Es könnte für Island wieder reichen.

Finnbogason: Ja, das stimmt. Der Erste qualifiziert sich direkt, der Zweite geht in die Playoffs. Unser Ziel muss es sein, eine der ersten beiden Toppositionen zu erreichen. Wir haben nie davor Angst, uns große Ziele zu setzen. Dabei bleiben wir.

DFB.de: Sie sind als erster Schütze eines Tores von Island bei einer WM in die Geschichtsbücher eingegangen, als Sie 2018 beim 1:1 gegen Argentinien trafen. Wie populär sind Sie in Island, werden Sie ständig auf der Straße erkannt und angesprochen oder eher in Ruhe gelassen?

Finnbogason: Ein bisschen von beidem. In Island leben nur 350.000 Menschen. Wir haben nur rund 20 Spieler in der Nationalmannschaft, und die sind natürlich bekannt. Aber gleichzeitig haben wir auch unsere Ruhe. Ich schätze diesen respektvollen Umgang.

DFB.de: Welchen Stellenwert hat Fußball in Island?

Finnbogason: Fußball ist ganz klar Sportart Nummer eins in Island. Alle Kinder wollen Fußball spielen. Die Bedingungen sind in den letzten 15 Jahren sehr gut geworden. Wir haben viele Hallen mit Kunstrasenplätzen, in denen man das ganze Jahr auf Großfeld spielen kann. Das ist gut für unseren Nachwuchs.

DFB.de: Sie haben in Ihrer Karriere schon viele Länder gesehen und als Jugendlicher in Schottland und als Profi in Belgien, Schweden, Holland, Spanien und Griechenland gespielt. Sie sind jetzt seit fünf Jahren beim FC Augsburg in Deutschland. So lange waren Sie vorher bei keiner anderen Auslandsstation.

Finnbogason: Es ist mein Glück, dass ich so viele Länder und unterschiedliche Spielweisen kennengelernt habe. Jetzt habe ich mit Augsburg einen sehr guten Ort gefunden. Ich bin sehr zufrieden. Hier passt alles für mich und meine Familie. Die Liga ist gut, der Verein ist sehr gut.

DFB.de: Welche Marotten haben Sie bei den Deutschen feststellen können?

Finnbogason: Jedes Land hat Vor- und Nachteile. In Spanien sind Wetter, Klima und Essen toll. In Deutschland ist die Struktur super. Du weißt, was du bekommst. Das schätzt man. In Deutschland ist mir aber auch aufgefallen, dass einige Autofahrer im Straßenverkehr aggressiv unterwegs sind.

DFB.de: Wo war es am schönsten?

Finnbogason: Neben Augsburg war es in San Sebastian in Spanien am schönsten. Ich wusste nicht viel über die Stadt, bevor ich da hingezogen bin. Die Stadt finde ich traumhaft, die Leute waren sehr nett. Man fliegt eher nicht ins Baskenland, um dort Urlaub zu machen, sondern mehr in den Süden. Aber ich habe das Leben dort sehr genossen, die Leute haben mich nett empfangen.

DFB.de: Planen Sie, nach Ihrem Karriereende nach Island zurückzukehren?

Finnbogason: Das ist noch alles offen. Ich will noch ein paar Jahre Fußball spielen. Was danach passiert, steht noch nicht zu 100 Prozent fest. Meine Eltern leben in Island. Insofern ist das eine gute Option.

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