Finale 2007: Nürnberg verhindert VfB-Double

Es ist heute (ab 18 Uhr, live bei Sky) so etwas wie das Viertelfinale der Außenseiter. Weder Zweitligist 1. FC Nürnberg noch der im Tabellenkeller der Bundesliga steckende VfB Stuttgart sind im aktuellen Teilnehmerfeld Favorit auf den Sieg im DFB-Pokal. Einmal allerdings konnte es aber nur einer von beiden werden: Am 26. Mai 2007 trafen sie sich im Finale von Berlin - mit einem klaren Favoriten und einem überraschenden Ausgang.

Eine Woche zuvor war der VfB Meister geworden, nun wollte er das Double. Das Schwabenland war in Feierstimmung, zuletzt hatten die Stuttgarter zehn Jahre zuvor den DFB-Pokal gewonnen. Und der Mann, der das Finale 1997 mit zwei Toren entschieden hatte, ließ in seiner kicker-Kolumne wissen: "Sie sollten nicht durchdrehen und meinen, dass sie der große Favorit sind: Die Chancen stehen 50-zu-50. Entscheiden wird letztlich die Tagesform." Giovane Elber bemühte immer gültige Fußballweisheiten, die die Faszination des Spiels ausmachen - und die des Pokals.

Beide Vereine hatten ihn dreimal gewonnen, doch an den letzten Triumph des Clubs 1962 konnte sich kaum noch jemand erinnern. Auch Hans Meyer nicht, der damals 19 war und in der DDR lebte. Frischer waren die Erinnerungen an die beiden Bundesligaspiele der Saison 2006/2007 gegen den VfB, die Nürnberg beide deutlich gewonnen hatte (3:0 und 4:1). Auch der sechste Platz in der Abschlusstabelle, verbunden mit dem Einzug in den UEFA-Cup, machte den Franken Mut. Und so sagte Meyer, damals 64, zwei Tage vor dem Finale: "Die müssen uns erst mal schlagen." Auch er bezifferte die Chancen auf 50:50 und sah höchstens einen kleinen Vorteil darin, "dass es für 50 bis 60 Prozent der Mannschaft die erste und wohl auch letzte Chance sein wird, so einen Titel zu holen".

100.000 beim Public Viewing

Sein 18 Jahre jüngerer Kollege Armin Veh sorgte sich etwas um die Fitness seines angeschlagenen Jungnationalspielers Mario Gomez und nahm dennoch die Favoritenrolle an: "Alles andere würde mir niemand abnehmen." Den Niederlagen in der Liga gegen Nürnberg maß Veh wenig Bedeutung bei: "Ich glaube nicht, dass wir uns noch mal so präsentieren werden wie in den beiden Bundesligaspielen." Zur Sicherheit trugen sie aber rote Trikots, ihre Niederlagen hatten sie in Weiß kassiert. Pikant war die Personalie Raphael Schäfer: Der Nürnberger Torwart würde nach der Saison zum VfB wechseln, was aber kein Grund für Meyer war, ihn nicht aufzustellen.

Es war angerichtet. Am Pfingstsamstag pfiff Schiedsrichter Michael Weiner die Partie um 16.30 Uhr an und Berlin, vorher trat Herbert Grönemeyer mit dem Song "Kopf hoch, tanzen" auf und die Fanmeile, auf der sich bei der WM 2006 Tausende versammelt hatten, öffnete zum Anlass des Pokalfinals ihre Pforten. Public Viewing für alle, die keine Karten bekommen hatten, 100.000 erlebten an einem lauen Frühsommerabend ein Revival. So schön kann Fußball gucken sein. Wer die 120 Minuten gesehen hat, wird sie nicht vergessen, Berlin sah 2007 eines der besten Finals überhaupt.

Eine Schlüsselrolle spielte VfB-Stürmer Cacau, ein früherer Nürnberger. Der kommende Nationalspieler brachte den VfB unter den Augen von Bundestrainer Joachim Löw nach 20 Minuten in Führung, aber kurz nach Marek Mintals Ausgleich (27.) auch gehörig in die Bredouille. Nach einer Tätlichkeit (Faustschlag) an Andreas Wolf flog Cacau vom Platz (31.), ausgerechnet der künftige Stuttgarter Schäfer wies den Schiedsrichter darauf hin. Das bedeutete 90 Minuten in Unterzahl für den Meister, und Cacau bereute sein Tun: "Es tut mir leid, dass ich die Mannschaft geschwächt habe."

"Ein Sonntagsschuss am Samstag"

Geschwächt wurden nur eine Minute später auch die Nürnberger Noch erregt über den Platzverweis verletzte VfB-Kapitän Fernando Meira Club-Torjäger Mintal so schwer am Knie, dass der ins Krankenhaus musste. Meira: "Ich wollte ein Zeichen an die Mannschaft senden." Auch er entschuldigte sich - bei Mintal. "Ein bis dahin ansehnliches Spiel bekam schlagartig eine hässliche Fratze", war in der Welt zu lesen.

Danach wurde wieder Fußball gespielt - und wie! 19 Chancen wurden notiert (11:8 für Nürnberg), und ab und zu wurden sogar welche genutzt. Nach 47 Minuten köpfte Marco Engelhardt in Folge einer Ecke das 2:1 für die Franken. Aber der Meister, für den ab der zweiten Hälfte Gomez stürmte, steckte nicht auf. Jener Gomez holte nach 80 Minuten einen von Torwart Schäfer verursachten Elfmeter heraus, und Pavel Pardo glich aus. In Unterzahl rettete sich der VfB in die Verlängerung.

In dieser gelang dem Dänen Jan Kristiansen, der in eineinhalb Nürnberger Jahren nie ins Tor getroffen hatte, aus rund 25 Metern eines der schönsten Siegtore in der Historie des DFB-Pokals. Timo Hildebrand streckte sich vergebens. "Ein Sonntagsschuss am Samstag", übertitelte der kicker seinen Spielbericht. Diese Führung ließ sich der Club nicht mehr entreißen, und kurz vor dem Abpfiff war auch Mintal aus dem Krankenhaus zurück, um in den fränkischen Jubelchor miteinzustimmen. "Ich habe noch nie so etwas erlebt, es war bis zur letzten Sekunde spannend", sagte Nürnbergs Präsident Michael A. Roth, der mit seinen 71 Jahren schon so einiges erlebt hatte.

Erster DFB-Pokal für Meyer

Die Nürnberger Fans konnten derweil ihr freches Spruchband wieder ausrollen. Auf dem hatten sie getextet: "Auch in 39 Jahren ohne Titel waren wir stolz und treu - aber wenn wir schon mal hier sind, nehmen wir den Pokal halt mit." Hans Meyer, der stets den Schalk im Nacken hat, war besonders zum Scherzen aufgelegt und tröstete seinen Kollegen: "Armin Veh ist ein junger Trainer. Hätte er auch den Pokal geholt - welche Motivation hätte er noch gehabt?"

So aber durfte ihn der Senior anfassen, als erster in der DDR ausgebildeter Trainer wurde er DFB-Pokalsieger. Am nächsten Tag ließen sich er und seine Spieler von rund 200.000 (!) Menschen in Nürnberg feiern - nach einem Finale, das den Verein "finanziell jetzt in eine andere Dimension" hievte, wie Sportdirektor Martin Bader feststellte. Und das allerbeste Werbung für den Pokal machte.

Einen Verlierer hatte es nicht, nur eine unterlegene Mannschaft. Trainer Armin Veh erteilte seinem VfB jedenfalls die Absolution: "Ich gratuliere dem 1. FC Nürnberg zum Pokalsieg und meiner Mannschaft zu ihrem Spiel. Sie hat fantastisch gefightet, ich bin stolz auf sie."

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Es ist heute (ab 18 Uhr, live bei Sky) so etwas wie das Viertelfinale der Außenseiter. Weder Zweitligist 1. FC Nürnberg noch der im Tabellenkeller der Bundesliga steckende VfB Stuttgart sind im aktuellen Teilnehmerfeld Favorit auf den Sieg im DFB-Pokal. Einmal allerdings konnte es aber nur einer von beiden werden: Am 26. Mai 2007 trafen sie sich im Finale von Berlin - mit einem klaren Favoriten und einem überraschenden Ausgang.

Eine Woche zuvor war der VfB Meister geworden, nun wollte er das Double. Das Schwabenland war in Feierstimmung, zuletzt hatten die Stuttgarter zehn Jahre zuvor den DFB-Pokal gewonnen. Und der Mann, der das Finale 1997 mit zwei Toren entschieden hatte, ließ in seiner kicker-Kolumne wissen: "Sie sollten nicht durchdrehen und meinen, dass sie der große Favorit sind: Die Chancen stehen 50-zu-50. Entscheiden wird letztlich die Tagesform." Giovane Elber bemühte immer gültige Fußballweisheiten, die die Faszination des Spiels ausmachen - und die des Pokals.

Beide Vereine hatten ihn dreimal gewonnen, doch an den letzten Triumph des Clubs 1962 konnte sich kaum noch jemand erinnern. Auch Hans Meyer nicht, der damals 19 war und in der DDR lebte. Frischer waren die Erinnerungen an die beiden Bundesligaspiele der Saison 2006/2007 gegen den VfB, die Nürnberg beide deutlich gewonnen hatte (3:0 und 4:1). Auch der sechste Platz in der Abschlusstabelle, verbunden mit dem Einzug in den UEFA-Cup, machte den Franken Mut. Und so sagte Meyer, damals 64, zwei Tage vor dem Finale: "Die müssen uns erst mal schlagen." Auch er bezifferte die Chancen auf 50:50 und sah höchstens einen kleinen Vorteil darin, "dass es für 50 bis 60 Prozent der Mannschaft die erste und wohl auch letzte Chance sein wird, so einen Titel zu holen".

100.000 beim Public Viewing

Sein 18 Jahre jüngerer Kollege Armin Veh sorgte sich etwas um die Fitness seines angeschlagenen Jungnationalspielers Mario Gomez und nahm dennoch die Favoritenrolle an: "Alles andere würde mir niemand abnehmen." Den Niederlagen in der Liga gegen Nürnberg maß Veh wenig Bedeutung bei: "Ich glaube nicht, dass wir uns noch mal so präsentieren werden wie in den beiden Bundesligaspielen." Zur Sicherheit trugen sie aber rote Trikots, ihre Niederlagen hatten sie in Weiß kassiert. Pikant war die Personalie Raphael Schäfer: Der Nürnberger Torwart würde nach der Saison zum VfB wechseln, was aber kein Grund für Meyer war, ihn nicht aufzustellen.

Es war angerichtet. Am Pfingstsamstag pfiff Schiedsrichter Michael Weiner die Partie um 16.30 Uhr an und Berlin, vorher trat Herbert Grönemeyer mit dem Song "Kopf hoch, tanzen" auf und die Fanmeile, auf der sich bei der WM 2006 Tausende versammelt hatten, öffnete zum Anlass des Pokalfinals ihre Pforten. Public Viewing für alle, die keine Karten bekommen hatten, 100.000 erlebten an einem lauen Frühsommerabend ein Revival. So schön kann Fußball gucken sein. Wer die 120 Minuten gesehen hat, wird sie nicht vergessen, Berlin sah 2007 eines der besten Finals überhaupt.

Eine Schlüsselrolle spielte VfB-Stürmer Cacau, ein früherer Nürnberger. Der kommende Nationalspieler brachte den VfB unter den Augen von Bundestrainer Joachim Löw nach 20 Minuten in Führung, aber kurz nach Marek Mintals Ausgleich (27.) auch gehörig in die Bredouille. Nach einer Tätlichkeit (Faustschlag) an Andreas Wolf flog Cacau vom Platz (31.), ausgerechnet der künftige Stuttgarter Schäfer wies den Schiedsrichter darauf hin. Das bedeutete 90 Minuten in Unterzahl für den Meister, und Cacau bereute sein Tun: "Es tut mir leid, dass ich die Mannschaft geschwächt habe."

"Ein Sonntagsschuss am Samstag"

Geschwächt wurden nur eine Minute später auch die Nürnberger Noch erregt über den Platzverweis verletzte VfB-Kapitän Fernando Meira Club-Torjäger Mintal so schwer am Knie, dass der ins Krankenhaus musste. Meira: "Ich wollte ein Zeichen an die Mannschaft senden." Auch er entschuldigte sich - bei Mintal. "Ein bis dahin ansehnliches Spiel bekam schlagartig eine hässliche Fratze", war in der Welt zu lesen.

Danach wurde wieder Fußball gespielt - und wie! 19 Chancen wurden notiert (11:8 für Nürnberg), und ab und zu wurden sogar welche genutzt. Nach 47 Minuten köpfte Marco Engelhardt in Folge einer Ecke das 2:1 für die Franken. Aber der Meister, für den ab der zweiten Hälfte Gomez stürmte, steckte nicht auf. Jener Gomez holte nach 80 Minuten einen von Torwart Schäfer verursachten Elfmeter heraus, und Pavel Pardo glich aus. In Unterzahl rettete sich der VfB in die Verlängerung.

In dieser gelang dem Dänen Jan Kristiansen, der in eineinhalb Nürnberger Jahren nie ins Tor getroffen hatte, aus rund 25 Metern eines der schönsten Siegtore in der Historie des DFB-Pokals. Timo Hildebrand streckte sich vergebens. "Ein Sonntagsschuss am Samstag", übertitelte der kicker seinen Spielbericht. Diese Führung ließ sich der Club nicht mehr entreißen, und kurz vor dem Abpfiff war auch Mintal aus dem Krankenhaus zurück, um in den fränkischen Jubelchor miteinzustimmen. "Ich habe noch nie so etwas erlebt, es war bis zur letzten Sekunde spannend", sagte Nürnbergs Präsident Michael A. Roth, der mit seinen 71 Jahren schon so einiges erlebt hatte.

Erster DFB-Pokal für Meyer

Die Nürnberger Fans konnten derweil ihr freches Spruchband wieder ausrollen. Auf dem hatten sie getextet: "Auch in 39 Jahren ohne Titel waren wir stolz und treu - aber wenn wir schon mal hier sind, nehmen wir den Pokal halt mit." Hans Meyer, der stets den Schalk im Nacken hat, war besonders zum Scherzen aufgelegt und tröstete seinen Kollegen: "Armin Veh ist ein junger Trainer. Hätte er auch den Pokal geholt - welche Motivation hätte er noch gehabt?"

So aber durfte ihn der Senior anfassen, als erster in der DDR ausgebildeter Trainer wurde er DFB-Pokalsieger. Am nächsten Tag ließen sich er und seine Spieler von rund 200.000 (!) Menschen in Nürnberg feiern - nach einem Finale, das den Verein "finanziell jetzt in eine andere Dimension" hievte, wie Sportdirektor Martin Bader feststellte. Und das allerbeste Werbung für den Pokal machte.

Einen Verlierer hatte es nicht, nur eine unterlegene Mannschaft. Trainer Armin Veh erteilte seinem VfB jedenfalls die Absolution: "Ich gratuliere dem 1. FC Nürnberg zum Pokalsieg und meiner Mannschaft zu ihrem Spiel. Sie hat fantastisch gefightet, ich bin stolz auf sie."

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