Fecker: "DFB muss eine Haltung vermitteln"

Der Bremer Björn Fecker ist neuer Vorsitzender der Kommission Gesellschaftliche Verantwortung. Sein erster großer Termin: die Jahreskonferenz "Gesellschaftliche Verantwortung", die heute und am Freitag in Kamen-Kaiserau bei Dortmund stattfindet. Der 38-Jährige will den schwierigen Spagat schaffen: Er will die Vereine vor Ort nicht mit immer neuen DFB-Kampagnen überfordern, aber gleichzeitig die Verantwortung übernehmen, die der Fußball aufgrund seiner Wirtschaftskraft und Beliebtheit nun mal trägt. Im DFB.de-Interview spricht der Präsident des Bremer Fußball-Verbandes mit Redakteur Thomas Hackbarth darüber.

DFB.de: Herr Fecker, wie steht es um Ihren Kampf fürs Kinderlachen?

Björn Fecker: Das klingt überspitzt dramatisch und trifft es dennoch. Es geht um die SALVO, also die Sportanlagenlärmschutzverordnung. Ende November soll sich das Bundeskabinett in Berlin mit einer Beschlussvorlage befassen, die in Teilen den Forderungen von DFB und DOSB entsprechen soll. Die Vorlage kennen wir aber noch nicht im Detail. Im Kern geht es uns um Folgendes: Der Gesetzgeber definiert Lärm in bestimmten Stufen. Kinderrufe oder Kinderlachen auf einem Spielplatz fällt dabei nicht unter die Bestimmungen des Lärmschutzes, Kinderrufe auf einem Fußballplatz aber schon. Ein Unfug, wie wir meinen. Wir fordern also, dass die Privilegierung von "Kinderlärm" auch in der SALVO aufgenommen wird.

DFB.de: Seit Dienstag leiten Sie die Kommission Gesellschaftliche Verantwortung. Eine Beförderung?

Fecker: (lacht) Na ja, jedenfalls ist es keine Selbstverständlichkeit, dass der Präsident des kleinsten Landesverbandes eine DFB-Kommission leitet. Und natürlich freut es mich, dass das DFB-Präsidium zu der Auffassung gelangt ist, ich sei der Richtige. Die Kommission bildet eine Breite ab, von Fairplay, Integration und Inklusion über Umweltschutz, Homophobie und die Prävention sexualisierter Gewalt. Viele dieser Themen haben eine hohe Relevanz im Alltag unserer rund 25.000 Fußballvereine in Deutschland.

DFB.de: Sie sprechen über die thematische Bandbreite. Wie faktensicher sind Sie schon?

Fecker: Die Themen sind mir nicht fremd. Mit Claudia Wagner-Nieberding und Professor Gunter Pilz, die beim DFB die Arbeitsgruppen zu Vielfalt und Fairplay leiten, habe ich mich bereits ausgetauscht. Und natürlich auch mit Willi Hink, dem für die Gesellschaftliche Verantwortung zuständigen DFB-Direktor, und mit Steffi Schulte, der zuständigen Abteilungsleiterin. Wir werden in der Sportschule Kamen-Kaiserau bei der Jahreskonferenz zur Gesellschaftlichen Verantwortung diskutieren, wie wir im DFB und seinen Landesverbänden künftig unserer gesellschaftlichen Verantwortung gerecht werden wollen. Zur Ehrlichkeit gehört aber, dass manch einer im Fußballverein erst mal nicht begeistert ist, wenn die Verbände wieder mal mit einer vermeintlich neuen Idee um die Ecke kommen. Vor Ort geht es doch erst mal darum, genügend Jugendtrainer zu haben oder Eltern zu finden, die die C-Jugend am Wochenende zum Auswärtsspiel fahren. Da hilft uns kein erhobener Zeigefinger, sondern nur, wenn wir im Verbund mit unseren Landesverbänden und den Kreisen unsere Themen und unsere Angebote weitergeben. Entscheidend ist: Wir müssen den Mehrwert für den Verein darstellen.

DFB.de: Das klingt sehr defensiv. Haben nicht der DFB etwa mit der Vergabe des Julius Hirsch Preises und des Integrationspreises schon Mitte der 200er-Jahre und zuletzt die DFB-Stiftung Egidius Braun mit der Flüchtlingskampagne wichtige Themen angepackt, die seitdem nicht nur im Fußball ganz erheblich an Bedeutung gewonnen haben?

Fecker: Auch das stimmt. Der DFB muss eine Haltung vermitteln, darauf wird es ankommen, jetzt schon und vielleicht mehr noch in der Zukunft. Wir erleben eine hohe gesellschaftliche Polarisierung. Diejenigen, die einfache Lösungen versprechen, verzeichnen einen starken Zulauf. Ich finde, es gehört zur Rolle des DFB als gesellschaftlicher Akteur, etwa wenn es um Ausgrenzung oder Rassismus geht, einen Gegenpol zu bilden. Ein Beispiel: Durch die Zuwanderung von Menschen gewinnen unsere Vereine neue Mitglieder. Die Anzahl internationaler Spielberechtigungen ist binnen drei Jahren von 10.000 auf mehr als 40.000 angestiegen. In einigen Regionen ist das für kleine Vereine ein Segen.



Der Bremer Björn Fecker ist neuer Vorsitzender der Kommission Gesellschaftliche Verantwortung. Sein erster großer Termin: die Jahreskonferenz "Gesellschaftliche Verantwortung", die heute und am Freitag in Kamen-Kaiserau bei Dortmund stattfindet. Der 38-Jährige will den schwierigen Spagat schaffen: Er will die Vereine vor Ort nicht mit immer neuen DFB-Kampagnen überfordern, aber gleichzeitig die Verantwortung übernehmen, die der Fußball aufgrund seiner Wirtschaftskraft und Beliebtheit nun mal trägt. Im DFB.de-Interview spricht der Präsident des Bremer Fußball-Verbandes mit Redakteur Thomas Hackbarth darüber.

DFB.de: Herr Fecker, wie steht es um Ihren Kampf fürs Kinderlachen?

Björn Fecker: Das klingt überspitzt dramatisch und trifft es dennoch. Es geht um die SALVO, also die Sportanlagenlärmschutzverordnung. Ende November soll sich das Bundeskabinett in Berlin mit einer Beschlussvorlage befassen, die in Teilen den Forderungen von DFB und DOSB entsprechen soll. Die Vorlage kennen wir aber noch nicht im Detail. Im Kern geht es uns um Folgendes: Der Gesetzgeber definiert Lärm in bestimmten Stufen. Kinderrufe oder Kinderlachen auf einem Spielplatz fällt dabei nicht unter die Bestimmungen des Lärmschutzes, Kinderrufe auf einem Fußballplatz aber schon. Ein Unfug, wie wir meinen. Wir fordern also, dass die Privilegierung von "Kinderlärm" auch in der SALVO aufgenommen wird.

DFB.de: Seit Dienstag leiten Sie die Kommission Gesellschaftliche Verantwortung. Eine Beförderung?

Fecker: (lacht) Na ja, jedenfalls ist es keine Selbstverständlichkeit, dass der Präsident des kleinsten Landesverbandes eine DFB-Kommission leitet. Und natürlich freut es mich, dass das DFB-Präsidium zu der Auffassung gelangt ist, ich sei der Richtige. Die Kommission bildet eine Breite ab, von Fairplay, Integration und Inklusion über Umweltschutz, Homophobie und die Prävention sexualisierter Gewalt. Viele dieser Themen haben eine hohe Relevanz im Alltag unserer rund 25.000 Fußballvereine in Deutschland.

DFB.de: Sie sprechen über die thematische Bandbreite. Wie faktensicher sind Sie schon?

Fecker: Die Themen sind mir nicht fremd. Mit Claudia Wagner-Nieberding und Professor Gunter Pilz, die beim DFB die Arbeitsgruppen zu Vielfalt und Fairplay leiten, habe ich mich bereits ausgetauscht. Und natürlich auch mit Willi Hink, dem für die Gesellschaftliche Verantwortung zuständigen DFB-Direktor, und mit Steffi Schulte, der zuständigen Abteilungsleiterin. Wir werden in der Sportschule Kamen-Kaiserau bei der Jahreskonferenz zur Gesellschaftlichen Verantwortung diskutieren, wie wir im DFB und seinen Landesverbänden künftig unserer gesellschaftlichen Verantwortung gerecht werden wollen. Zur Ehrlichkeit gehört aber, dass manch einer im Fußballverein erst mal nicht begeistert ist, wenn die Verbände wieder mal mit einer vermeintlich neuen Idee um die Ecke kommen. Vor Ort geht es doch erst mal darum, genügend Jugendtrainer zu haben oder Eltern zu finden, die die C-Jugend am Wochenende zum Auswärtsspiel fahren. Da hilft uns kein erhobener Zeigefinger, sondern nur, wenn wir im Verbund mit unseren Landesverbänden und den Kreisen unsere Themen und unsere Angebote weitergeben. Entscheidend ist: Wir müssen den Mehrwert für den Verein darstellen.

DFB.de: Das klingt sehr defensiv. Haben nicht der DFB etwa mit der Vergabe des Julius Hirsch Preises und des Integrationspreises schon Mitte der 200er-Jahre und zuletzt die DFB-Stiftung Egidius Braun mit der Flüchtlingskampagne wichtige Themen angepackt, die seitdem nicht nur im Fußball ganz erheblich an Bedeutung gewonnen haben?

Fecker: Auch das stimmt. Der DFB muss eine Haltung vermitteln, darauf wird es ankommen, jetzt schon und vielleicht mehr noch in der Zukunft. Wir erleben eine hohe gesellschaftliche Polarisierung. Diejenigen, die einfache Lösungen versprechen, verzeichnen einen starken Zulauf. Ich finde, es gehört zur Rolle des DFB als gesellschaftlicher Akteur, etwa wenn es um Ausgrenzung oder Rassismus geht, einen Gegenpol zu bilden. Ein Beispiel: Durch die Zuwanderung von Menschen gewinnen unsere Vereine neue Mitglieder. Die Anzahl internationaler Spielberechtigungen ist binnen drei Jahren von 10.000 auf mehr als 40.000 angestiegen. In einigen Regionen ist das für kleine Vereine ein Segen.

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DFB.de: Haben Sie Joachim Löws Rede bei der Bambi-Verleihung gesehen?

Fecker: Via Twitter habe ich ihn sogar für diese bemerkenswerte Rede gelobt. Der Ansatz des Bundestrainers, nämlich dass das ganze Land zu einer Integrationsmannschaft werden soll, ist doch genau der richtige. Wir können das nur gemeinsam wuppen.

DFB.de: Jogi Löw wurde etwa auf Facebook auch angegriffen. Manche Fans wünschen sich immer noch eine deutsche Mannschaft, in der alle Müller, Seeler und Beckenbauer heißen. Ist so eine Ansicht nur Nostalgie oder Schlimmeres?

Fecker: Eine Nationalmannschaft sollte das Bild unserer Gesellschaft abbilden. Und dieses Bild ist bunt. Fußball ist eine Volkssportart, und deshalb sollten, ja müssen wir sogar die ganze Breite der Gesellschaft in unseren Auswahlmannschaften abbilden. Verschiedene Kulturkreise und Herkünfte spielen etwa in der A-Mannschaft erfolgreich zusammen - das ist doch ein Glück, für den Fußball und für unser Land.

DFB.de: Wann ist Ihnen in den Jugendmannschaften des FC Huchting erstmals Karim Bellarabi aufgefallen?

Fecker: Er hat seine ersten fußballerischen Schritte tatsächlich in meinem Heimatverein, dem FC Huchting in Bremen, gemacht. Ich selbst habe ihn nie trainiert, aber sein Talent ist mir natürlich aufgefallen. Er ist dieser Typ Straßenfußballer, den wir haben wollen. Er traut sich auch mal etwas zu und verfügt über ein enormes individuelles Können. Unser gesamter Verein verfolgt Karims Karriere mit großer Freude.

DFB.de: Was für eine Art Trainer sind Sie?

Fecker: Ich habe in früheren Zeiten die B-Lizenz erworben, heute mache ich aber gar nichts mehr. Als Verbandsfunktionär ist das auch schwierig. Als Mitglied der Bremischen Bürgerschaft habe ich auch eine Vielzahl von Terminen. Irgendwann fehlen einfach die Stunden. Früher habe ich im Jugendbereich alles von der F-Jugend bis zur B-Jugend trainiert. In meinem Stadtteil daheim sind nicht alle Menschen auf Rosen gebettet, da ist man als Trainer nicht nur für den sportlichen Bereich verantwortlich, sondern übernimmt auch soziale Aufgaben.

DFB.de: Der Journalist Ronny Blaschke hat dieser Tage ein Buch über die soziale Seite des Fußballs veröffentlicht. Darin kritisierte er vieles, aber es findet sich auch folgende Passage: "In etlichen Regionen der Bundesrepublik baut der Staat seine sozialen Angebote ab. Nur wenige Organisationen können diese Leerräume mit Leben füllen, der DFB ist eine von ihnen. Weltweit gibt es keinen Sportverband, der sich so viele Gedanken über den Fußball hinaus gemacht hat."

Fecker: Wenn man weiß, dass Blaschke in seinen Büchern immer klare Haltung gezeigt hat, ist das durchaus eine Auszeichnung für den Deutschen Fußball-Bund.

DFB.de: Angesichts hoher Ausgaben, die auf den DFB zukommen, etwa auch durch den Bau der geplanten Akademie, befürchten Sie, dass soziale und karitative Aktionen zurückgeschraubt werden?

Fecker: Zuallererst muss man aufräumen mit der Sichtweise, die gesellschaftliche Verantwortung sei kein Bestandteil des Kerngeschäfts im Deutschen Fußball-Bund. Nehmen Sie nur alle Aktionen, Preise, Publikationen und Module bei der Trainerausbildung zum Thema Integration - da basteln wir munter mit an der Zukunft des Fußballs. Das berührt unsere Vereine ganz direkt. Die Debatte, die durchaus mal verbandsintern geführt wurde, nämlich die Trennung in Kerngeschäft und Anderes, gehört in die Ablage. Wir sind Bestandteil des Kerngeschäfts. Mit Reinhard Grindel haben wir einen Präsidenten, der diese Themen kennt und für wichtig erachtet. Insofern mache ich mir erst mal keine Gedanken über schrumpfende Budgets.

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DFB.de: Mit 32 waren Sie bereits Präsident des Bremer Landesverbandes. Waren Sie damals alt genug für diese Aufgabe?

Fecker: Mir hat sicherlich geholfen, dass ich vorher im Verein als Jugendleiter und später als Kassenwart sowie im Verband schon länger als Staffelleiter tätig war. Aber natürlich steht man da erst mal vor einer riesigen Aufgabe. Für mich gab es trotz meiner noch jungen Jahre einen hohen Vertrauensvorschuss seitens unserer Vereine. Und wenn wir nicht lernen, jungen Leuten Verantwortung zu geben, dann dürfen wir uns auch nicht beklagen, dass sie sich nicht engagieren. Für Vielfalt einzutreten heißt eben auch, jungen Menschen Chancen zu geben und sie in die Verbände einzubinden.

DFB.de: Wie steht's mit der eigenen Sportlichkeit?

Fecker: (lacht) Definitiv eher schlecht. Vor zwei Wochen habe ich mal wieder ein C-Jugend-Spiel gepfiffen, weil kein Schiedsrichter kam, und dabei haben sich erschreckende Konditionsmängel offenbart.

DFB.de: Auch als Schiedsrichter muss man sich bewegen.

Fecker: Man sollte es zumindest.

DFB.de: Sind Sie Gnabry-Fan?

Fecker: Serge Gnabrys Entwicklung ist klasse, bei Werder wie auch zuletzt bei der Nationalmannschaft. Jetzt muss man ihn nur vor dem Hype auch etwas schützen.

DFB.de: Zum Schluss noch mal: Was wird Ihr erster Schwerpunkt als Kommissionsvorsitzender?

Fecker: Wir werden beim Umgang mit Diskriminierung und Rassismus noch hellhöriger sein müssen, denn die Polarisierung der Gesellschaft macht eben auch vor unseren Fußballplätzen nicht halt. Wir sollten unsere Vereine hier unterstützen, sei es bei der Reaktion wie auch bei der Prävention solcher Vorfälle. Vielfalt sollte als aktive Haltung im Verein etabliert werden. Aber noch mal: Der DFB ist kein Oberlehrer und kein Pfarrer auf der Kanzel. Stattdessen entwickeln wir Angebote für die Zukunftsfähigkeit der Fußballvereine im Land.

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