"Familienbande": Familie Hummels - der Bruder als Konstante

Wie kommen Kinder zum Fußball? Viele eifern ihren Idolen nach, seit Generationen ist das so. Fritz Walter, Uwe Seeler, Franz Beckenbauer oder Gerd Müller. Lothar Matthäus oder Oliver Kahn, heute Mesut Özil, Philipp Lahm oder Thomas Müller. Und immer häufiger auch Birgit Prinz oder Lira Bajramaj. Sie alle motivieren Jungen und Mädchen zum Kicken.

Oft genug haben sie das Vorbild aber schon im Vorgarten - den Vater, den großen Bruder, die ältere Schwester. Fußball ist Familiensache, Leidenschaft und Talent werden oft über Generationen vererbt. Dafür gibt es auch viele prominente Beispiele. Das zeigt "Familienbande", die neue Serie auf DFB.de.

Der junge Mann mit den dunklen Haaren weiß sich auszudrücken. Ruhig im Ton, sicher in der Wortwahl, klar in den Aussagen. Wenn er etwas sagt, hat es Gewicht in der Mannschaft. Wenn er ausfällt, nennt es der Trainer "sportlich und menschlich einen Riesenverlust". Sachlich ist auch seine Spielweise. Der junge Mann ist Innenverteidiger, talentiert, noch lange nicht am Ende seiner Entwicklung. Der junge Mann könnte Mats Hummels heißen. Der junge Mann heißt tatsächlich Hummels, Jonas Hummels.

200.000 oder 20 Millionen Euro: "Das sind nur Summen"

Jonas Hummels ist mit 21 Jahren der jüngere Bruder des Dortmunder Nationalspielers. Zwischen den beiden liegen zwei Jahre, fünf Zentimeter Körpergröße und zwei Ligen. Mats Hummels’ Gegner an den Wochenenden heißen Bayern München, Borussia Mönchengladbach, Schalke 04. Jonas Hummels hat es mit Carl-Zeiss Jena, dem SV Wehen Wiesbaden oder SV Babelsberg zu tun. Jonas ist Kapitän beim Drittligisten SpVgg Unterhaching, Mats ist Deutscher Meister mit dem BVB.

Vergleiche zwischen Geschwistern sind oft unfair und nerven die Beteiligten. Vergleiche zwischen Geschwistern sind naheliegend, gerade wenn sie dieselbe Sportart betreiben und dann noch auf der gleichen Position spielen. Jonas Hummels hat sich an Vergleiche gewöhnt. Er stört sich nicht mehr daran. Wenn sein Marktwert als Spieler auf 200.000 Euro geschätzt wird, während der seines Bruders bei 20 Millionen liegen soll, zuckt er gelassen mit den Schultern: "Das sind nur Summen, in unserer Betrachtung der Welt macht das keinen Unterschied."

Nach Kreuzbandriss um Anschluss bemüht

Was ist ein bekannter Bruder: Belastung, Ansporn, Konkurrenz? "Es ist immer schlecht, sich am eigenen Bruder zu messen", meint Jonas Hummels. Als Mats Hummels am 13. Mai 2010 sein erstes Länderspiel bestritt, kickte Jonas noch in Unterhachings zweiter Mannschaft in der Bayernliga. "Da ist es doch vermessen, sich zu vergleichen", sagt er, "auch wenn man sieht, was möglich ist."

Wenn Jonas Hummels etwas gerne vom Bruder hätte, dann es ist es sein aktueller Gesundheitszustand. Während sich Mats auf das Länderspiel gegen Frankreich am 29. Februar in Bremen vorbereitet, ist Jonas nach einem Kreuzbandriss um gesundheitlichen Anschluss bemüht.

Passiert war das Malheur im dritten Saisonspiel in Offenbach. Eine Szene, wie sie ständig vorkommt. Ein langer Ball, der Verteidiger will vor dem Stürmer an den Ball kommen, hat ein Bein in der Luft, das andere auf dem Boden. Es kommt zum Körperkontakt. Bei Hummels eine Aktion mit Folgen: Er verdrehte sich das Knie, das Kreuzband riss. "Ich habe sofort gemerkt, dass etwas kaputt ist."

"Jonas ist aus dem gleichen Holz wie ich geschnitzt"

Ein halbes Jahr ist das her. Der Heilungsprozess verläuft gut. In vier bis fünf Wochen möchte Jonas Hummels wieder ins Mannschaftstraining einsteigen. Ein paar Mal stand er schon auf dem Platz und hat bei Übungen mitgemacht. "Ein außergewöhnliches Gefühl, wieder Fußballschuhe anzuhaben", meint er lächelnd. Vom Comeback will er noch nicht sprechen, sich lieber Zeit lassen, nichts überstürzen. "Ich werde bestimmt ein paar Einsätze bis Sommer haben, aber wieder richtig dabei sein werde ich wohl erst nächste Saison."

Der ältere Bruder hat sich während der Verletzungspause als Aufbauhelfer bewährt. Weniger durch gutes Zureden, eher durch Zurückhaltung. "Jonas ist aus dem gleichen Holz wie ich geschnitzt", hat Mats Hummels vor einigen Monaten im Interview mit Welt Online gesagt. "Wir verarbeiten Dinge gerne für uns allein."

Popularität des Bruders ist keine Bürde

Bei dieser Gelegenheit hat der Nationalspieler seinen Bruder als wichtigsten Menschen in seinem Leben bezeichnet. Die beiden Geschwister verbindet ein sehr enges Verhältnis, wie Jonas Hummels bestätigt. Auch ein Ergebnis der Familiengeschichte. Die Eltern trennten sich, als die Jungs acht und sechs waren. Die Brüder rückten noch enger zusammen. "Wir haben die komplette Kinder- und Jugendzeit miteinander verbracht, haben viele gemeinsame Interessen und Freunde", unterstreicht Jonas.

Mats nennt ihn "die Konstante in meinem Leben". Bis heute. Kaum ein Tag, an dem der eine sich nicht beim anderen meldet. Kaum ein Spiel, nach dem der erste Anruf nicht dem Bruder gilt. Streitereien sind selten geworden. "Früher gab es das, ganz klassisch, so wie es bei Geschwistern üblich ist. Heute haben wir keine Zeit mehr dafür", sagt Jonas Hummels. Auf dem Platz ähneln sie sich von der Wesensart. Und privat? "Mats ist ein bisschen selbstbewusster", glaubt Jonas Hummels. "Ich bin ein bisschen introvertierter."

Der 21-Jährige mag die Popularität des Bruders nicht als Bürde begreifen. An die Frage "Sind Sie nicht der Bruder von Mats Hummels?" hat er sich gewöhnt. "Am Anfang hat es mich deutlich mehr gestört", erzählt er. "Jetzt komme ich damit klar, für die Leute ist es eben ein Anhaltspunkt." Jonas Hummels erkennt sogar einen Vorteil: "Man merkt auf Dauer, wem man wirklich wichtig ist."

"Hier mache ich mein eigenes Ding"

Dr. Hans-Dieter Hermann, der Sportpsychologe der deutschen Nationalmannschaft, meint, dass es für Geschwister von Stars wichtig ist, "eine eigene berufliche Identität" aufzubauen.

Jonas Hummels war vor seiner Verletzung auf einem guten Weg. Im Sommer hatte ihn Trainer Heiko Herrlich fest in den Drittligakader eingebaut und gleich zum Kapitän ernannt. Ihn, den 21-Jährigen, den Unerfahrenen, der im Jahr zuvor nicht ein einziges Mal im Aufgebot der ersten Mannschaft gestanden hatte. Wie hoch die Wertschätzung für Hummels mittlerweile ist, wird auch dadurch deutlich, dass der Klub den Vertrag mit ihm kurz nach der Diagnose Kreuzbandriss bis 2014 verlängert hat.

Elf Jahre war Jonas bei Bayern München. Dort hat auch Mats gespielt, dort ist Vater Hermann bis heute Trainer im Jugendbereich. Trotzdem betont Jonas Hummels: "Bei der SpVgg Unterhaching bin ich mehr oder weniger aufgewachsen und erwachsen geworden, ganz ohne Druck. Hier mache ich mein eigenes Ding, baue etwas eigenes auf." Als Jonas Hummels. Nicht als kleiner Bruder von Mats Hummels.

[jb]

[bild1] Wie kommen Kinder zum Fußball? Viele eifern ihren Idolen nach, seit Generationen ist das so. Fritz Walter, Uwe Seeler, Franz Beckenbauer oder Gerd Müller. Lothar Matthäus oder Oliver Kahn, heute Mesut Özil, Philipp Lahm oder Thomas Müller. Und immer häufiger auch Birgit Prinz oder Lira Bajramaj. Sie alle motivieren Jungen und Mädchen zum Kicken.

Oft genug haben sie das Vorbild aber schon im Vorgarten - den Vater, den großen Bruder, die ältere Schwester. Fußball ist Familiensache, Leidenschaft und Talent werden oft über Generationen vererbt. Dafür gibt es auch viele prominente Beispiele. Das zeigt "Familienbande", die neue Serie auf DFB.de.

Der junge Mann mit den dunklen Haaren weiß sich auszudrücken. Ruhig im Ton, sicher in der Wortwahl, klar in den Aussagen. Wenn er etwas sagt, hat es Gewicht in der Mannschaft. Wenn er ausfällt, nennt es der Trainer "sportlich und menschlich einen Riesenverlust". Sachlich ist auch seine Spielweise. Der junge Mann ist Innenverteidiger, talentiert, noch lange nicht am Ende seiner Entwicklung. Der junge Mann könnte Mats Hummels heißen. Der junge Mann heißt tatsächlich Hummels, Jonas Hummels.

200.000 oder 20 Millionen Euro: "Das sind nur Summen"

Jonas Hummels ist mit 21 Jahren der jüngere Bruder des Dortmunder Nationalspielers. Zwischen den beiden liegen zwei Jahre, fünf Zentimeter Körpergröße und zwei Ligen. Mats Hummels’ Gegner an den Wochenenden heißen Bayern München, Borussia Mönchengladbach, Schalke 04. Jonas Hummels hat es mit Carl-Zeiss Jena, dem SV Wehen Wiesbaden oder SV Babelsberg zu tun. Jonas ist Kapitän beim Drittligisten SpVgg Unterhaching, Mats ist Deutscher Meister mit dem BVB.

Vergleiche zwischen Geschwistern sind oft unfair und nerven die Beteiligten. Vergleiche zwischen Geschwistern sind naheliegend, gerade wenn sie dieselbe Sportart betreiben und dann noch auf der gleichen Position spielen. Jonas Hummels hat sich an Vergleiche gewöhnt. Er stört sich nicht mehr daran. Wenn sein Marktwert als Spieler auf 200.000 Euro geschätzt wird, während der seines Bruders bei 20 Millionen liegen soll, zuckt er gelassen mit den Schultern: "Das sind nur Summen, in unserer Betrachtung der Welt macht das keinen Unterschied."

Nach Kreuzbandriss um Anschluss bemüht

Was ist ein bekannter Bruder: Belastung, Ansporn, Konkurrenz? "Es ist immer schlecht, sich am eigenen Bruder zu messen", meint Jonas Hummels. Als Mats Hummels am 13. Mai 2010 sein erstes Länderspiel bestritt, kickte Jonas noch in Unterhachings zweiter Mannschaft in der Bayernliga. "Da ist es doch vermessen, sich zu vergleichen", sagt er, "auch wenn man sieht, was möglich ist."

Wenn Jonas Hummels etwas gerne vom Bruder hätte, dann es ist es sein aktueller Gesundheitszustand. Während sich Mats auf das Länderspiel gegen Frankreich am 29. Februar in Bremen vorbereitet, ist Jonas nach einem Kreuzbandriss um gesundheitlichen Anschluss bemüht.

Passiert war das Malheur im dritten Saisonspiel in Offenbach. Eine Szene, wie sie ständig vorkommt. Ein langer Ball, der Verteidiger will vor dem Stürmer an den Ball kommen, hat ein Bein in der Luft, das andere auf dem Boden. Es kommt zum Körperkontakt. Bei Hummels eine Aktion mit Folgen: Er verdrehte sich das Knie, das Kreuzband riss. "Ich habe sofort gemerkt, dass etwas kaputt ist."

"Jonas ist aus dem gleichen Holz wie ich geschnitzt"

Ein halbes Jahr ist das her. Der Heilungsprozess verläuft gut. In vier bis fünf Wochen möchte Jonas Hummels wieder ins Mannschaftstraining einsteigen. Ein paar Mal stand er schon auf dem Platz und hat bei Übungen mitgemacht. "Ein außergewöhnliches Gefühl, wieder Fußballschuhe anzuhaben", meint er lächelnd. Vom Comeback will er noch nicht sprechen, sich lieber Zeit lassen, nichts überstürzen. "Ich werde bestimmt ein paar Einsätze bis Sommer haben, aber wieder richtig dabei sein werde ich wohl erst nächste Saison."

Der ältere Bruder hat sich während der Verletzungspause als Aufbauhelfer bewährt. Weniger durch gutes Zureden, eher durch Zurückhaltung. "Jonas ist aus dem gleichen Holz wie ich geschnitzt", hat Mats Hummels vor einigen Monaten im Interview mit Welt Online gesagt. "Wir verarbeiten Dinge gerne für uns allein."

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Popularität des Bruders ist keine Bürde

Bei dieser Gelegenheit hat der Nationalspieler seinen Bruder als wichtigsten Menschen in seinem Leben bezeichnet. Die beiden Geschwister verbindet ein sehr enges Verhältnis, wie Jonas Hummels bestätigt. Auch ein Ergebnis der Familiengeschichte. Die Eltern trennten sich, als die Jungs acht und sechs waren. Die Brüder rückten noch enger zusammen. "Wir haben die komplette Kinder- und Jugendzeit miteinander verbracht, haben viele gemeinsame Interessen und Freunde", unterstreicht Jonas.

Mats nennt ihn "die Konstante in meinem Leben". Bis heute. Kaum ein Tag, an dem der eine sich nicht beim anderen meldet. Kaum ein Spiel, nach dem der erste Anruf nicht dem Bruder gilt. Streitereien sind selten geworden. "Früher gab es das, ganz klassisch, so wie es bei Geschwistern üblich ist. Heute haben wir keine Zeit mehr dafür", sagt Jonas Hummels. Auf dem Platz ähneln sie sich von der Wesensart. Und privat? "Mats ist ein bisschen selbstbewusster", glaubt Jonas Hummels. "Ich bin ein bisschen introvertierter."

Der 21-Jährige mag die Popularität des Bruders nicht als Bürde begreifen. An die Frage "Sind Sie nicht der Bruder von Mats Hummels?" hat er sich gewöhnt. "Am Anfang hat es mich deutlich mehr gestört", erzählt er. "Jetzt komme ich damit klar, für die Leute ist es eben ein Anhaltspunkt." Jonas Hummels erkennt sogar einen Vorteil: "Man merkt auf Dauer, wem man wirklich wichtig ist."

"Hier mache ich mein eigenes Ding"

Dr. Hans-Dieter Hermann, der Sportpsychologe der deutschen Nationalmannschaft, meint, dass es für Geschwister von Stars wichtig ist, "eine eigene berufliche Identität" aufzubauen.

Jonas Hummels war vor seiner Verletzung auf einem guten Weg. Im Sommer hatte ihn Trainer Heiko Herrlich fest in den Drittligakader eingebaut und gleich zum Kapitän ernannt. Ihn, den 21-Jährigen, den Unerfahrenen, der im Jahr zuvor nicht ein einziges Mal im Aufgebot der ersten Mannschaft gestanden hatte. Wie hoch die Wertschätzung für Hummels mittlerweile ist, wird auch dadurch deutlich, dass der Klub den Vertrag mit ihm kurz nach der Diagnose Kreuzbandriss bis 2014 verlängert hat.

Elf Jahre war Jonas bei Bayern München. Dort hat auch Mats gespielt, dort ist Vater Hermann bis heute Trainer im Jugendbereich. Trotzdem betont Jonas Hummels: "Bei der SpVgg Unterhaching bin ich mehr oder weniger aufgewachsen und erwachsen geworden, ganz ohne Druck. Hier mache ich mein eigenes Ding, baue etwas eigenes auf." Als Jonas Hummels. Nicht als kleiner Bruder von Mats Hummels.