Europameister von 1980 feiert Geburtstag: Manfred Kaltz wird 65

Er galt und gilt als der typische Norddeutsche. Groß, blond, ein bisschen phlegmatisch und ziemlich schweigsam. Dabei kommt Manfred Kaltz eigentlich aus der Pfalz. Reimt sich und ist auch noch wahr. Am Samstag vor 65 Jahren kam er in Ludwigshafen zur Welt.

So einprägsam es eigentlich ist, so unbekannt ist es doch den meisten Menschen. Denn der gemeine Fußballfan verbindet mit ihm Alster und Elbe, den Michel und natürlich das Volksparkstadion. Hamburg ist ja auch längst seine Heimat geworden, obwohl seine Karriere beim HSV 1991 endete. Hier lebt er mit seiner dritten Ehefrau Vineeta und der 15-jährigen Tochter Emilia-Karlotta im Stadtteil Winterhude, hier joggt er noch jede Woche durch den Stadtpark.

20 Jahre spielte er für seinen Klub, von einem kleinen Abstecher nach Frankreich einmal abgesehen. Eine lange Zeit, auch für damalige Verhältnisse. Lange genug, um ein Idol zu werden. Kein HSVer hat je mehr Titel gewonnen als "Manni", der bei allen drei Bundesliga-Meisterschaften (1979, 1982, 1983) dabei war, der den DFB-Pokal 1976 und 1987 gewann und auch in den beiden legendären Europacupfinals 1977 und 1983, die dieser Klub gewann, auf der rechten Seite seinen Mann stand.

Keine Nerven vom Punkt und Bananenflanken

581-mal spielte er für den HSV in der Bundesliga, nur Frankfurts Charly Körbel hat noch ein paar Einsätze mehr. Selbstredend ist Kaltz damit auch der Rekordspieler des ewigen Erstligisten. Noch ein Rekord dürfte lange halten: 53 Elfmeter hat er verwandelt, weil er auch in dieser Hinsicht dem Klischee des kühlen Norddeutschen entsprach. Kaltz zeigte keine Nerven am Kreidepunkt, nur sieben von 60 hat er verschossen. Seine Trefferquote von 88,3 Prozent liegt weit über dem Durchschnitt, seit 1963 wurden in der Bundesliga 74,7 Prozent aller Elfmeter verwandelt.

Noch eine Stärke ließ die Torhüter aller Länder zittern. Im Wikipedia-Artikel über ihn steht es gleich zu Anfang: "Bekannt war er auch für seine sogenannten Bananenflanken". Tatsächlich waren seine aus vollem Lauf gezogenen Rechtsflanken, deren Flugbahn die Krümmungen einer Banane nachzeichneten, sein Markenzeichen. Die Bälle, die sich im Fünfmeterraum plötzlich wieder vom Torwart wegdrehten, waren ein gefundenes Fressen für jeden kopfballstarken Mittelstürmer. In Horst Hrubesch hatte Kaltz ab 1978 den idealen Abnehmer für seine Flanken. Hrubesch pflegte die Erfolgsmasche so zu schildern: "Manni Banane, ich Kopf - Tor." So einfach war das damals.

Ob Kaltz die Banane nun erfunden hat oder nicht, sei einmal dahingestellt. Charly Dörfel, auch ein HSVer, der schon in den ersten Bundesligajahren kickte, reklamiert das Privileg gerne für sich, aber wer will das heute noch seriös ermitteln? Kaltz jedenfalls hat sie in Serie und auf höchstem Niveau produziert und damit viele Nacheiferer gefunden. Ihm öffnete sie die Tür zu einer Weltkarriere: Er wurde zum Prototypen des modernen Verteidigers, ab 1975 auch in der Nationalmannschaft, für die er bis 1983 69-mal spielte.

Feste Größe in der Nationalmannschaft

Zunächst war der Start holprig, eine Verletzung warf ihn nach seinem Debüt in Wien ein halbes Jahr zurück und bei der EM 1976 saß er nur auf der Bank. Dann trat Franz Beckenbauer ab und Kaltz war im April 1977 der erste in einer langen Reihe, der sich als sein Nachfolger auf dem Liberoposten versuchen durfte. Er machte es nicht schlecht, aber seine Paraderolle war es nicht und im Zuge der Neuordnung nach der WM 1978 bekam er von Bundestrainer Jupp Derwall seinen Stammplatz auf rechts zurück.

Eine weise Entscheidung. Im Herbst 1979 widmete ihm der Kicker eine Titelstory mit der Überschrift: "Der König auf der rechten Seite". Innerhalb weniger Monate sei Kaltz zu "absoluter Weltklasse" aufgestiegen, was nicht zuletzt seine Berufung in die Weltauswahl im gleichen Jahr bestätigte. Das Fachblatt schrieb: "Dies alles ist der Manfred Kaltz von heute: der Verteidiger, der erst Außenstürmer ausschaltet, um dann selber zum Außenstürmer zu werden, zu einem Flügelflitzer wie es in Deutschland keinen besseren gibt."

Kaltz, der früh entdeckt wurde und zunächst als Kicker des Dorfklubs TuS Altrip, ab 1970 dann beim HSV, alle Jugendnationalmannschaften durchlief, schuf einen neuen Typus des Verteidigers. Waren Spieler wie Katsche Schwarzenbeck, Willi Schulz oder Berti Vogts im DFB-Dress quasi nie über die Mittellinie gegangen geschweige denn als Torschützen auffällig geworden, war Kaltz eine Multifunktionswaffe. Was heute selbstverständlich ist, war damals eine Sensation.



Er galt und gilt als der typische Norddeutsche. Groß, blond, ein bisschen phlegmatisch und ziemlich schweigsam. Dabei kommt Manfred Kaltz eigentlich aus der Pfalz. Reimt sich und ist auch noch wahr. Am Samstag vor 65 Jahren kam er in Ludwigshafen zur Welt.

So einprägsam es eigentlich ist, so unbekannt ist es doch den meisten Menschen. Denn der gemeine Fußballfan verbindet mit ihm Alster und Elbe, den Michel und natürlich das Volksparkstadion. Hamburg ist ja auch längst seine Heimat geworden, obwohl seine Karriere beim HSV 1991 endete. Hier lebt er mit seiner dritten Ehefrau Vineeta und der 15-jährigen Tochter Emilia-Karlotta im Stadtteil Winterhude, hier joggt er noch jede Woche durch den Stadtpark.

20 Jahre spielte er für seinen Klub, von einem kleinen Abstecher nach Frankreich einmal abgesehen. Eine lange Zeit, auch für damalige Verhältnisse. Lange genug, um ein Idol zu werden. Kein HSVer hat je mehr Titel gewonnen als "Manni", der bei allen drei Bundesliga-Meisterschaften (1979, 1982, 1983) dabei war, der den DFB-Pokal 1976 und 1987 gewann und auch in den beiden legendären Europacupfinals 1977 und 1983, die dieser Klub gewann, auf der rechten Seite seinen Mann stand.

Keine Nerven vom Punkt und Bananenflanken

581-mal spielte er für den HSV in der Bundesliga, nur Frankfurts Charly Körbel hat noch ein paar Einsätze mehr. Selbstredend ist Kaltz damit auch der Rekordspieler des ewigen Erstligisten. Noch ein Rekord dürfte lange halten: 53 Elfmeter hat er verwandelt, weil er auch in dieser Hinsicht dem Klischee des kühlen Norddeutschen entsprach. Kaltz zeigte keine Nerven am Kreidepunkt, nur sieben von 60 hat er verschossen. Seine Trefferquote von 88,3 Prozent liegt weit über dem Durchschnitt, seit 1963 wurden in der Bundesliga 74,7 Prozent aller Elfmeter verwandelt.

Noch eine Stärke ließ die Torhüter aller Länder zittern. Im Wikipedia-Artikel über ihn steht es gleich zu Anfang: "Bekannt war er auch für seine sogenannten Bananenflanken". Tatsächlich waren seine aus vollem Lauf gezogenen Rechtsflanken, deren Flugbahn die Krümmungen einer Banane nachzeichneten, sein Markenzeichen. Die Bälle, die sich im Fünfmeterraum plötzlich wieder vom Torwart wegdrehten, waren ein gefundenes Fressen für jeden kopfballstarken Mittelstürmer. In Horst Hrubesch hatte Kaltz ab 1978 den idealen Abnehmer für seine Flanken. Hrubesch pflegte die Erfolgsmasche so zu schildern: "Manni Banane, ich Kopf - Tor." So einfach war das damals.

Ob Kaltz die Banane nun erfunden hat oder nicht, sei einmal dahingestellt. Charly Dörfel, auch ein HSVer, der schon in den ersten Bundesligajahren kickte, reklamiert das Privileg gerne für sich, aber wer will das heute noch seriös ermitteln? Kaltz jedenfalls hat sie in Serie und auf höchstem Niveau produziert und damit viele Nacheiferer gefunden. Ihm öffnete sie die Tür zu einer Weltkarriere: Er wurde zum Prototypen des modernen Verteidigers, ab 1975 auch in der Nationalmannschaft, für die er bis 1983 69-mal spielte.

Feste Größe in der Nationalmannschaft

Zunächst war der Start holprig, eine Verletzung warf ihn nach seinem Debüt in Wien ein halbes Jahr zurück und bei der EM 1976 saß er nur auf der Bank. Dann trat Franz Beckenbauer ab und Kaltz war im April 1977 der erste in einer langen Reihe, der sich als sein Nachfolger auf dem Liberoposten versuchen durfte. Er machte es nicht schlecht, aber seine Paraderolle war es nicht und im Zuge der Neuordnung nach der WM 1978 bekam er von Bundestrainer Jupp Derwall seinen Stammplatz auf rechts zurück.

Eine weise Entscheidung. Im Herbst 1979 widmete ihm der Kicker eine Titelstory mit der Überschrift: "Der König auf der rechten Seite". Innerhalb weniger Monate sei Kaltz zu "absoluter Weltklasse" aufgestiegen, was nicht zuletzt seine Berufung in die Weltauswahl im gleichen Jahr bestätigte. Das Fachblatt schrieb: "Dies alles ist der Manfred Kaltz von heute: der Verteidiger, der erst Außenstürmer ausschaltet, um dann selber zum Außenstürmer zu werden, zu einem Flügelflitzer wie es in Deutschland keinen besseren gibt."

Kaltz, der früh entdeckt wurde und zunächst als Kicker des Dorfklubs TuS Altrip, ab 1970 dann beim HSV, alle Jugendnationalmannschaften durchlief, schuf einen neuen Typus des Verteidigers. Waren Spieler wie Katsche Schwarzenbeck, Willi Schulz oder Berti Vogts im DFB-Dress quasi nie über die Mittellinie gegangen geschweige denn als Torschützen auffällig geworden, war Kaltz eine Multifunktionswaffe. Was heute selbstverständlich ist, war damals eine Sensation.

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"Einen besseren Verteidiger hat die Welt nie gesehen"

Acht Tore stehen für Deutschland zu Buche, 1980 in Sofia gar zwei auf einen Streich. Und ein Vielfaches an Toren hat er vorbereitet, nur hat in seiner Zeit noch keiner Scorerpunkte gezählt. Kevin Keegan, sein Mitspieler beim HSV, sagte 1979: "Einen besseren Verteidiger hat die Welt nie gesehen. Und dabei sage ich ihm immer: 'Manni, Du bist der beste Rechtsaußen!'". In Rom wurde er im Juni 1980 zum Europameister gekrönt, mit seinen 27 Jahren war er bereits einer der Ältesten in jener Elf der jugendlichen Himmelsstürmer um Bernd Schuster und Hansi Müller.

Er musste nie um seinen Platz fürchten, zwischen 1978 und 1982 spielt er 47-mal in Serie, ehe Derwall ihn im letzten Testspiel vor der WM in Spanien einmal draußen ließ um zu experimentieren. Spanien wurde sein letztes Turnier, seit dem 11. Juli 1982 darf er sich auch Vizeweltmeister nennen. Kurz nach seinem 30. Geburtstag endete die DFB-Karriere mit einem Missklang. In Lissabon (0:1) spielten alle schlecht, Kaltz ganz besonders, laut Kicker "stolperte er herum als wäre es ein Aufwärmtraining."

Nach einem Krach mit Jupp Derwall trat Kaltz nach diesem Spiel zurück. Das war im Februar 1983. Entschädigt wurde er in jener Saison mit dem Landesmeisterpokal und der Meisterschaft. Es war der Höhepunkt der Ära Ernst Happel beim HSV. "Mit diesem Team konnte man nur gewinnen und Ernst Happel hat das sehr gut im Griff gehabt", sagte Kaltz dem DFB-Journal 2012. Dass es vom Gipfel nur bergab gehen, ist eine Binsenweisheit, der sich auch der HSV und mit ihm Kaltz stellen musste. Als Happel 1987 mit dem DFB-Pokal ging, den Kaltz mit einem dreisten Freistoß im Finale gegen die Stuttgarter Kickers ermöglicht hatte, ging auch der Erfolg.

Vom HSV nach Frankreich und zurück

Kaltz mag das gespürt haben, vielleicht wollte er auch noch mal etwas anderes sehen. So wechselte er 1989 nach Frankreich. In Bordeaux kam er nicht zurecht und wurde schon nach drei Monaten an den FC Mulhouse ausgeliehen. Im September 1990 war das Abenteuer beendet, da gab er sein Comeback im HSV-Trikot. Doch der Zahn der Zeit nagte auch an ihm und da Kaltz nicht über eine Reservistenrolle hinaus kam, wurde der Vertrag im Frühling 1991 vorzeitig aufgelöst.

Auch dieser Abschied hätte etwas schöner sein können, aber Groll hegt Kaltz nicht. Und die Tatsache, dass ihn sein HSV weder zum 50. noch zum 60. geehrt hat, nimmt er mit Humor. "Vielleicht bekomme ich ja zum 75. Geburtstag ein Abschiedsspiel geschenkt, das wünsche ich mir", hat er mal dem Hamburger Abendblatt gesagt. Witzig sein konnte er also auch, der Pfälzer von der Elbe. Uwe Seeler kann das nur bestätigen. "Heute kann man mehr mit ihm flachsen als früher, er ist lebhafter geworden...", witzelt das größte HSV-Idol aller Zeiten über einen, der ihm sehr nahe gekommen ist.

Auch das Image vom Schweiger aus dem Norden, das haftet zu Unrecht an ihm. Rudi Kargus, Torwart der großen HSV-Elf, hat das schon 1979 ausgeplaudert: "Er ist nicht weniger ruhig und nicht mehr lustig als jeder andere. Er kann sogar richtig ausgelassen sein." Nur nicht, wenn die Sprache auf den aktuellen Zustand des HSV kommt. Kaltz, der eine eigene Fußballschule betreibt und auch zum Trainerstab der Fußballschule des VfL Bochum gehört, sagte neulich der Sport Bild unverblümt: "Wenn ich den HSV emotional begleiten würde, hätte ich Magengeschwüre."

Die plagen derzeit womöglich die Verantwortlichen des aktuellen Abstiegskandidaten, die sich gewiss oft nach einem wie ihn sehnen. Mit ihm, das ist nicht übertrieben, ging der Erfolg. Den letzten Titel gewann der große HSV vor über 30 Jahren - dank eines bananenkrummen Freistoßes von Jubilar Kaltz im Pokalfinale 1987.

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