EURO-Chef: "Seit Deutschland 2006 liegt die Latte sehr hoch"

Fußball-Europameisterschaften gelten nach Olympischen Spielen und Fußball-Weltmeisterschaften als das weltweit drittgrößte Sportereignis. Einschaltquoten und Budgets erreichen auch hier beachtliche Höhen. Der EM-Gesamtumsatz stieg zwischen 1992 und 2004 von 39,3 Millionen Euro auf 839,7 Millionen Euro. 2008 werden die 31 EM-Spiele in Österreich und der Schweiz ausgetragen, das Finale am 29. Juni 2008 im Wiener Ernst-Happel-Stadion. Die Gesamtorganisation der EM 2008 obliegt der EURO 2008 SA, einer 100-prozentigen UEFA-Tochtergesellschaft mit Hauptsitz in Nyon.

Geschäftsführer der EURO SA ist der Berner Oberländer Martin Kallen, der als Chief Operating Officer bereits in führender Position die EURO 2004 in Portugal organisierte. Im exklusiven "Gespräch der Woche" mit DFB-Internetredakteur Thomas Hackbarth beschreibt der 43-jährige Schweizer den Stand der Vorbereitung und spricht über den am 1. März beginnenden Verkauf der eine Million Eintrittskarten.

Frage: Herr Kallen, verraten Sie uns, wie hoch das Budget des Organisationskomitees für die EURO 2008 ist?

Martin Kallen: Kein Problem. Zu Beginn standen uns 133,2 Millionen Euro zur Verfügung. Allerdings mussten wir nach den Verhandlungen mit den Städten aufstocken. Wir liegen jetzt bei 235 Millionen Schweizer Franken, also rund 147 Millionen Euro. Jede Stadt erhält von der UEFA einen Zuschuss über 375.000 Euro, um die Kosten für die Organisation der Fanzonen abzufedern. Dazu bezuschussen wir Verkehrsregelung und Polizeieinsätze in den Städten, in Basel etwa mit 620.000 Euro. Aus Sicht der Städte waren wir trotzdem noch nicht großzügig genug. Gerade die Verhandlungen in der Schweiz waren hart. Insgesamt stellen wir den acht Ausrichterstädten Sach- und Finanzleistungen im Wert von insgesamt 18,6 Millionen Euro zur Verfügung. Die hohe Summe liegt auch am Erfolg der Fan Feste in Deutschland. Die acht Städte (Basel, Bern, Genf, Zürich, Innsbruck, Klagenfurt, Salzburg, Wien, Anm. d. Red.) haben gesehen, welche Dimensionen diese Events annehmen kann und schon früh auf finanzieller Unterstützung bestanden.

Frage: Das deutsche OK für die WM 2006 ist lange von einer „schwarzen Null“ ausgegangen - am Ende durfte es ein Plus verbuchen. Rechnen Österreich und die Schweiz für die EURO 2008 mit einem Gewinn?

Kallen: Mit einem minimalen Gewinn. Ein wirtschaftliches Plus ist auch nicht unser anvisiertes Ziel. Mit der Null wären wir zufrieden. Ein bedeutender Teil der Einnahmenseite resultiert aus dem Verkauf von einer Million Tickets. Hier kalkulieren wir mit Einnahmen von 138 Millionen Euro.

Frage: Wie viele Mitarbeiter hat das EURO SA mittlerweile?

Kallen: Unser Hauptsitz liegt in Nyon, also direkt bei der UEFA. Filialen gibt es auch in Bern und Wien. Momentan sind 70 Mitarbeiter für uns tätig, insgesamt werden es kurz vor Turnierstart 330 Fachleute sein.

Frage: Bei den Bauarbeiten an den acht Stadien liegen Sie im Soll, andererseits liegt das Fassungsvermögen im Schnitt bei 33.750 Zuschauern. Wie zufrieden sind Sie mit der Stadionsituation für die EURO 2008?

Kallen: Wir haben eben nicht die großen Stadien, wie die Fans sie von Portugal und Deutschland kennen. Wir stoßen überall auf Kapazitätsprobleme. Gewisse Gruppen, etwa die Medien, nehmen viele Plätze in den Stadien weg. Gewiss ist: Kleiner hätte man für eine Europameisterschaft nicht mehr planen können. Beim Fassungsvermögen arbeiten wir wirklich an der Untergrenze des Machbaren.

Frage: Neue Stadien entstehen in Klagenfurt und Zürich. Warum wurden an anderen Spielstätten nicht die Kapazitäten aufgestockt?

Kallen: Wie zu erwarten, ist die Situation kompliziert. In der Schweiz werden drei Stadien privatwirtschaftlich geleitet. Dadurch gibt es zahlreiche Mantelnutzungen. In Bern etwa liegt ein 24.000 Quadratmeter großes Einkaufszentrum direkt unter dem Spielfeld. Da kann man wegen Stadionumbaus oder Neubaus nicht einfach einen Monat die Ladentür abschließen. Eine ähnliche Situation haben wir in Genf. Altersheime, Fitnessstudios oder eben Shopping-Center sind in den Stadien untergebracht. Das erschwert die Umsetzung baulicher Maßnahme.

Frage: Erwarten Sie einen Schub für die T-Mobile Bundesliga in Österreich und die Axpo Super League in der Schweiz durch die EURO 2008?

Kallen: Beide Verbände haben viel für die Jugendförderung in den vergangenen Jahren getan, wovon der Fußball auch langfristig profitieren wird. In der Schweiz sind einige neue, wenn auch eher kleinere Stadien entstanden. Es liegt in der Natur der Sache, dass von der Leistung der beiden Nationalmannschaften auch im Sommer 2008 vieles abhängen wird.

Frage: Wie populär ist der deutsche Fußball in unseren Nachbarländern?

Kallen: Sportschau am Samstag mit der deutschen Bundesliga ist Pflicht für jeden Fußballfan. Unsere Fans in Österreich und der Schweiz interessieren sich dagegen weniger für die englische Premier League.

Frage: Das Thema Nummer eins für die Fans – die Eintrittskarten. Wann startet der Vorverkauf?

Kallen: Der Online-Ticketverkauf beginnt am 1. März. Im ersten Monat bieten wir eine Tranche von 290.000 Tickets an. Jeder teilnehmende Verband erhält später ein Kontingent von 20 Prozent der Karten seiner Spiele. Sollte Deutschland sich qualifizieren, würde der DFB seine Ticketkontingente wahrscheinlich im Januar 2008 auf den Markt stellen. Insgesamt verkaufen wir eine Million Karten. Der Druck auf den Ticketmarkt wird also groß sein. Bei den Preisen liegen wir unterhalb des Niveaus der WM in Deutschland, wobei wir aber keine Kategorie vier, also besonders preiswerte Karten, anbieten.

Frage: Gibt es einen Bereich der Vorbereitung, für den noch akuter Handlungsbedarf besteht?

Kallen: Sicher muss die Stimmung noch steigen, in der breiten Öffentlichkeit muss noch mehr Vorfreude entstehen. Aber da bin ich guter Dinge. Spätestens der Final Draw in Luzern im Dezember wird das Feuer entfachen. Die Zeit der Planungen ist für uns jetzt abgelaufen. Jetzt müssen alle Leute, ob in der Politik oder in der Wirtschaft, Vollgas geben. Schöne Worte wurden genug gewechselt. Eines ist gewiss: Seit der FIFA WM 2006 in Deutschland ist alles eine Nummer größer geworden. Diese WM war die beste Werbung für uns. Aber sicher sind dadurch auch die Ansprüche gewachsen und die Erwartungen gestiegen. Seit Deutschland 2006 liegt die Latte für eine WM oder EM sehr hoch.

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Fußball-Europameisterschaften gelten nach Olympischen Spielen und Fußball-Weltmeisterschaften als das weltweit drittgrößte Sportereignis. Einschaltquoten und Budgets erreichen auch hier beachtliche Höhen. Der EM-Gesamtumsatz stieg zwischen 1992 und 2004 von 39,3 Millionen Euro auf 839,7 Millionen Euro. 2008 werden die 31 EM-Spiele in Österreich und der Schweiz ausgetragen, das Finale am 29. Juni 2008 im Wiener Ernst-Happel-Stadion. Die Gesamtorganisation der EM 2008 obliegt der EURO 2008 SA, einer 100-prozentigen UEFA-Tochtergesellschaft mit Hauptsitz in Nyon.

Geschäftsführer der EURO SA ist der Berner Oberländer Martin Kallen, der als Chief Operating Officer bereits in führender Position die EURO 2004 in Portugal organisierte. Im exklusiven "Gespräch der Woche" mit DFB-Internetredakteur Thomas Hackbarth beschreibt der 43-jährige Schweizer den Stand der Vorbereitung und spricht über den am 1. März beginnenden Verkauf der eine Million Eintrittskarten.

Frage: Herr Kallen, verraten Sie uns, wie hoch das Budget des Organisationskomitees für die EURO 2008 ist?

Martin Kallen: Kein Problem. Zu Beginn standen uns 133,2 Millionen Euro zur Verfügung. Allerdings mussten wir nach den Verhandlungen mit den Städten aufstocken. Wir liegen jetzt bei 235 Millionen Schweizer Franken, also rund 147 Millionen Euro. Jede Stadt erhält von der UEFA einen Zuschuss über 375.000 Euro, um die Kosten für die Organisation der Fanzonen abzufedern. Dazu bezuschussen wir Verkehrsregelung und Polizeieinsätze in den Städten, in Basel etwa mit 620.000 Euro. Aus Sicht der Städte waren wir trotzdem noch nicht großzügig genug. Gerade die Verhandlungen in der Schweiz waren hart. Insgesamt stellen wir den acht Ausrichterstädten Sach- und Finanzleistungen im Wert von insgesamt 18,6 Millionen Euro zur Verfügung. Die hohe Summe liegt auch am Erfolg der Fan Feste in Deutschland. Die acht Städte (Basel, Bern, Genf, Zürich, Innsbruck, Klagenfurt, Salzburg, Wien, Anm. d. Red.) haben gesehen, welche Dimensionen diese Events annehmen kann und schon früh auf finanzieller Unterstützung bestanden.

Frage: Das deutsche OK für die WM 2006 ist lange von einer „schwarzen Null“ ausgegangen - am Ende durfte es ein Plus verbuchen. Rechnen Österreich und die Schweiz für die EURO 2008 mit einem Gewinn?

Kallen: Mit einem minimalen Gewinn. Ein wirtschaftliches Plus ist auch nicht unser anvisiertes Ziel. Mit der Null wären wir zufrieden. Ein bedeutender Teil der Einnahmenseite resultiert aus dem Verkauf von einer Million Tickets. Hier kalkulieren wir mit Einnahmen von 138 Millionen Euro.

Frage: Wie viele Mitarbeiter hat das EURO SA mittlerweile?

Kallen: Unser Hauptsitz liegt in Nyon, also direkt bei der UEFA. Filialen gibt es auch in Bern und Wien. Momentan sind 70 Mitarbeiter für uns tätig, insgesamt werden es kurz vor Turnierstart 330 Fachleute sein.

Frage: Bei den Bauarbeiten an den acht Stadien liegen Sie im Soll, andererseits liegt das Fassungsvermögen im Schnitt bei 33.750 Zuschauern. Wie zufrieden sind Sie mit der Stadionsituation für die EURO 2008?

Kallen: Wir haben eben nicht die großen Stadien, wie die Fans sie von Portugal und Deutschland kennen. Wir stoßen überall auf Kapazitätsprobleme. Gewisse Gruppen, etwa die Medien, nehmen viele Plätze in den Stadien weg. Gewiss ist: Kleiner hätte man für eine Europameisterschaft nicht mehr planen können. Beim Fassungsvermögen arbeiten wir wirklich an der Untergrenze des Machbaren.

Frage: Neue Stadien entstehen in Klagenfurt und Zürich. Warum wurden an anderen Spielstätten nicht die Kapazitäten aufgestockt?

Kallen: Wie zu erwarten, ist die Situation kompliziert. In der Schweiz werden drei Stadien privatwirtschaftlich geleitet. Dadurch gibt es zahlreiche Mantelnutzungen. In Bern etwa liegt ein 24.000 Quadratmeter großes Einkaufszentrum direkt unter dem Spielfeld. Da kann man wegen Stadionumbaus oder Neubaus nicht einfach einen Monat die Ladentür abschließen. Eine ähnliche Situation haben wir in Genf. Altersheime, Fitnessstudios oder eben Shopping-Center sind in den Stadien untergebracht. Das erschwert die Umsetzung baulicher Maßnahme.

Frage: Erwarten Sie einen Schub für die T-Mobile Bundesliga in Österreich und die Axpo Super League in der Schweiz durch die EURO 2008?

Kallen: Beide Verbände haben viel für die Jugendförderung in den vergangenen Jahren getan, wovon der Fußball auch langfristig profitieren wird. In der Schweiz sind einige neue, wenn auch eher kleinere Stadien entstanden. Es liegt in der Natur der Sache, dass von der Leistung der beiden Nationalmannschaften auch im Sommer 2008 vieles abhängen wird.

Frage: Wie populär ist der deutsche Fußball in unseren Nachbarländern?

Kallen: Sportschau am Samstag mit der deutschen Bundesliga ist Pflicht für jeden Fußballfan. Unsere Fans in Österreich und der Schweiz interessieren sich dagegen weniger für die englische Premier League.

Frage: Das Thema Nummer eins für die Fans – die Eintrittskarten. Wann startet der Vorverkauf?

Kallen: Der Online-Ticketverkauf beginnt am 1. März. Im ersten Monat bieten wir eine Tranche von 290.000 Tickets an. Jeder teilnehmende Verband erhält später ein Kontingent von 20 Prozent der Karten seiner Spiele. Sollte Deutschland sich qualifizieren, würde der DFB seine Ticketkontingente wahrscheinlich im Januar 2008 auf den Markt stellen. Insgesamt verkaufen wir eine Million Karten. Der Druck auf den Ticketmarkt wird also groß sein. Bei den Preisen liegen wir unterhalb des Niveaus der WM in Deutschland, wobei wir aber keine Kategorie vier, also besonders preiswerte Karten, anbieten.

Frage: Gibt es einen Bereich der Vorbereitung, für den noch akuter Handlungsbedarf besteht?

Kallen: Sicher muss die Stimmung noch steigen, in der breiten Öffentlichkeit muss noch mehr Vorfreude entstehen. Aber da bin ich guter Dinge. Spätestens der Final Draw in Luzern im Dezember wird das Feuer entfachen. Die Zeit der Planungen ist für uns jetzt abgelaufen. Jetzt müssen alle Leute, ob in der Politik oder in der Wirtschaft, Vollgas geben. Schöne Worte wurden genug gewechselt. Eines ist gewiss: Seit der FIFA WM 2006 in Deutschland ist alles eine Nummer größer geworden. Diese WM war die beste Werbung für uns. Aber sicher sind dadurch auch die Ansprüche gewachsen und die Erwartungen gestiegen. Seit Deutschland 2006 liegt die Latte für eine WM oder EM sehr hoch.