Es geschah am 15. Spieltag: Comeback des "großen Zampanos"

"Es geschah am 15. Spieltag": In der DFB.de-Serie am Donnerstag blickt der Historiker und Autor Udo Muras zurück auf ein besonderes Ereignis am jeweiligen Spieltag einer früheren Saison. Heute: Max Merkel kehrt auf die Bundesliga-Bühne zurück.

Datum: Datum: Samstag, 28. November 1981

Ort: Wildpark-Stadion Karlsruhe

Partie: Karlsruher SC – 1. FC Köln 1:4

In der letzten November-Woche vor 30 Jahren leben Trainer gefährlich. Die Abstiegsangst geht bereits nach dem 14. Spieltag um in der Bundesliga 1981/1982, und da es sich um eine ansteckende Krankheit handelt, werden die Vorstände serienweise nervös. Binnen sieben Tagen werden deshalb gleich drei Trainer entlassen, was es noch nie gegeben hat. Zwei haben durchaus in der Luft gelegen, Willibert Kremer (Bayer Leverkusen) und Friedhelm Wenzlaff (MSV Duisburg) stehen schon lange am Pranger. Ihre Suspendierungen rahmen jedoch eine regelrechte Sensation ein.

Sie ereignet sich am Donnerstag, 26. November, in Karlsruhe. Der KSC steht im zweiten Jahr nach dem Aufstieg in etwa da, wo ihn die Experten erwartet haben – auf dem zwölften Platz. Bei 11:17 Punkten und nur zwei Vorsprung zum Tabellenletzten Darmstadt 98 muss der Blick zwangsläufig nach unten gehen. Die Lage an sich ist noch nicht bedrohlich, doch der Trend spricht gegen die Badener, die drei Spiele in Folge verloren haben. Aber von Trainerwechsel ist keine Rede, Aufstiegstrainer Manfred Krafft genießt große Sympathien.

Als der Kicker an diesem Donnerstag erscheint, übertitelt er seinen Artikel mit einer unfreiwillig komischen Aussage von Krafft: „Wer nicht spurt, fliegt!“ Dabei ist er es, der fliegt an diesem Tag. An seiner Stelle präsentiert der KSC den „großen Zampano“ des ersten Bundesliga-Jahrzehnts: Max Merkel, 62 Jahre. Sprücheklopfer, Schleifer – aber auch zweimaliger Meistertrainer mit 1860 München (1966) und dem 1. FC Nürnberg (1968).

Erfolgreich, aber ungeliebt

Seine Spieler haben ihn bei allen Erfolgen nie geliebt, er steht für einen zynischen Umgangston und eine harte Hand. Seine Nürnberger hat der Wiener einst in Reih und Glied aufgestellt und sie dann zum Kopfschütteln verdonnert. Auf die zaghafte Frage eines Kickers, was das denn solle, entgegnete er: „Dös macht ihr, wenn euch oaner fragt, ob’s Fußball spuin könnt.“

1976 war er mit seinen Methoden scheinbar endgültig gescheitert, Schalke 04 warf ihn raus. Fünf Jahre genoss Merkel angeblich seinen Ruhestand, aus dem ihn der 1. FC Nürnberg und der FC Bayern vergeblich zu befreien suchten. Es gab regelrechte Aufstände gegen seine Verpflichtung, bei Bayern stürzte 1979 seinetwegen sogar der Präsident über die Spielerrebellion, die es bis in die Tagesschau schaffte. Merkel fügte sich in sein Los des Frührentners und ließ wissen: „Ich mag nicht ein Leben lang zittern, ob so ein Trottel das Tor trifft oder nicht.“

Nun, mit knapp 63, hat er wieder Sehnsucht zu zittern. Er tut es auch des Geldes wegen, wie er in seiner Biografie zugibt. Der Vorstand ködert ihn demnach so: „Kommen Sie, Herr Merkel, wenn Sie den Verein vor dem Abstieg retten, was glauben Sie, was das für Ihr Image bedeutet?“ Merkel will geantwortet haben: „Image hab´ ich genug, Bargeld brauch’ ich!“

Reporter thematisieren auf einer Pressekonferenz natürlich sein hohes Alter. „Was heißt hier hohes Alter? In meinem Haus wohnt ein Mann, der ist 72 und hat sich gerade erst verlobt.“ Der Sprücheklopfer enttäuscht die Erwartungen schon mal nicht, doch hält der Trainer das Versprechen, das sein Ruf als Fachmann mit sich bringt?

Zum Einstand gegen einen Titelaspiranten

Der Spielplan meint es nicht gut, Meisteraspirant 1. FC Köln kommt mit allen Nationalspielern in den Wildpark. Der Tabellenzweite ist über die Entwicklung in Karlsruhe keineswegs so beunruhigt wie die KSC-Spieler (Stefan Groß: „Wir waren wie vor den Kopf geschlagen“). Kölns Verteidiger Harald Konopka sagt: „Das Spiel findet jetzt unter völlig anderen Voraussetzungen statt. Auch uns spornt der Name Merkel an. “

Merkel hat in Wahrheit nicht viel zu tun mit dem Spiel. Er kennt die Mannschaft nicht und lernt schnell noch die Namen auswendig, während der Partie schaut er immer wieder auf seine Spickzettel. Die Aufstellung hat der Spielerrat gemacht, Merkel ist nur für die Propaganda zuständig: „Wo der Max hinkommt, passiert etwas.“ Oder: „Manchmal genügt schon Handauflegen zum Sieg“.

Manchmal. Aber nicht an diesem Samstag, an dem der Wildpark einen lange nicht erlebten Zuschaueransturm erlebt: 32.000 wollen den Zampano sehen. Ein Liebesbeweis ist es nicht. Die Stimmung ist feindselig bei den Treuen, gellende Pfiffe erntet Merkel schon beim Betreten der Tartanbahn, Rufe nach Krafft werden laut. Auch auf Transparenten macht sich die Fanseele Luft: „Merkel go home“.

KSC-Präsident Roland Schmider macht dafür die lokalen Medien verantwortlich, die den angeblich allzu stillosen Krafft-Rauswurf angeprangert haben. Schmider: „Mich hat heute morgen erst wieder ein Taxifahrer beschimpft. Daran ist nur die Presse schuld.“

"Wegen Merkel 10.000 Zuschauer mehr"

Dabei sieht sich Schmider in einer Hinsicht schon bestätigt: „Allein wegen Merkel sind 10.000 Zuschauer mehr gekommen, und damit haben wir seine Gage bis Vertragsende am 30. Juni 1982 schon eingespielt.“ Aber haben sie dann auch den Klassenverbleib eingespielt? An diesem Tag muss das bezweifelt werden. Auch eine höchst engagierte KSC-Mannschaft, der die Angst vor Merkel offenbar Beine macht, kann nichts ausrichten gegen den 1. FC Köln. Der Knackpunkt ist der verschossene Elfmeter von Stefan Groß, der beim Stand von 0:1 an Toni Schumacher scheitert. „Bei der Chancenverwertung sah es wie gehabt trostlos aus“, richtet der Kicker.

Ganz anders die Kölner: Nach Rainer Bonhof (Elfmeter, 21.) trifft auch Klaus Fischer (36.) noch vor der Pause. In der Halbzeit schlägt Merkel unerwartet milde Töne an, empfiehlt gar, „so weiter zu spielen, nur die Chancen besser zu nutzen“, und er erinnert daran, „dass schon ganz andere Spiele beim Stande von 0:2 noch umgekippt sind“, wie Stürmer Emanuel Günther ausplaudert.

Günther selbst schöpft daraus immerhin genug Mut, um den dritten Elfmeter des Tages zu schießen – er verkürzt auf 1:2 (48.). 15 Minuten glimmen die Hoffnungsfunken auf ein Erfolgserlebnis, dann löscht sie Anthony Woodcock mit seinem Tor zum 1:3. Nationalspieler Pierre Littbarski krönt Kölns Dominanz mit dem vierten Treffer (83.) und macht Merkels Einstand endgültig zum Reinfall.

Der Kicker malt ein trauriges Bild: „Sein erster Abgang im Karlsruher Wildpark war fast bemitleidenswert. Die Hände in den Manteltaschen vergraben und die Mütze tief ins Gesicht gezogen, verließ Max Merkel mit unbewegter Miene die Stätte seines Bundesliga-Comebacks nach über fünfjähriger Abstinenz – begleitet vom betretenen Schweigen der ihm wohl gesonnenen Zuschauer und gellenden Pfiffen jener KSC-Fans, die schon vorher mit Sprechchören und Spruchbändern Stimmung gegen ihn gemacht haben.“

"Das ist natürlich alles Unsinn"

Auf der Pressekonferenz zeigt Merkel erheblichen Sinn für Realität: „Ich weiß, dass manche Leute heute einen guten Nachmittag verbracht haben, weil ich mal etwas abbekommen habe. Doch damit muss ich leben. Viele glauben immer noch, der Merkel kommt am Freitagnachmittag das erste Mal zum Training, und am Samstag ist in der Mannschaft schon alles in Ordnung. Das ist natürlich Unsinn.“

Bis seine Magie wirkt, wird noch ein Weilchen vergehen: Den ersten Sieg unter Merkel feiert der KSC drei Monate später, was auch an der Winterpause liegt. Aber er schmeckt umso süßer, ein 4:1 gegen Meister Bayern München! Den Klassenverbleib sichert der Zampano auch, aber erst am 33. Spieltag. Übrigens ganz gegen seine Überzeugung unter Zuhilfenahme von Psychologen, auch wenn sich nur drei Spieler für deren Dienste interessierten. Eine Woche danach tritt die Reizfigur für immer von der Bundesligabühne ab. Das heißt, nicht ganz: In seiner Kult-Kolumne in der Bild-Zeitung verbreitet er vor jeder Saison noch rund 20 Jahre seinen Wiener Schmäh.

Was sonst noch am 15. Spieltag geschah

1963/1964: Schalkes Klaus Matischak gelingt gegen Saarbrücken der bis dato schnellste Hattrick innerhalb von acht Minuten.

1975/1976: Eintracht Frankfurt schlägt Bayern München 6:0, Bernd Nickel verwandelt eine Ecke direkt.

1977/1978: Erster Saisonsieg für Aufsteiger 1860 im Münchner Derby gegen die Bayern (3:1), Karl-Heinz Rummenigge fliegt nach einer Watschn gegen Erhard Hofeditz vom Platz.

1979/1980: Paul Steiner (MSV Duisburg) bricht Weltmeister Heinz Flohe (1860 München) im Zweikampf das Bein – Karriere beendet.

1980/1981: Fortuna Düsseldorf entlässt Trainer Otto Rehhagel nach einem 0:3 in Kaiserslautern.

1983/1984: Bayern München gewinnt erstmals nach acht Jahren wieder am Betzenberg: Beim 1:0 spielen die Bayern in Gelb-Blau, den Farben Brasiliens, um den Bann zu brechen. Werder Bremen schlägt Kickers Offenbach nach Rückstand mit 8:1.

1988/1989: Annullierung des Spiels KSC gegen Gladbach nach Feuerzeugwurf an den Kopf des Borussen Christian Hochstätter.

1990/1991: Christoph Daums Debüt beim VfB Stuttgart – 3:2 gegen den Ex-Klub 1. FC Köln.

1991/1992: Toni Schumacher steht erstmals im Bayern-Tor und verliert 0:1 beim HSV.

1993/1994: Nürnberg entlässt Trainer Willi Entenmann nach einem 2:0 gegen die Bayern.

1997/1998: Bayer Leverkusen schlägt Bayern trotz Unterzahl und 0:2-Rückstand mit 4:2, Ulf Kirsten erzielt einen Hattrick.

2005/2006: Der HSV-Spieler Alexander Laas wird beim 3:1 im Heimspiel gegen Köln von einem Trommelstock getroffen, der aus dem Gästeblock geflogen kommt.

2006/2007: Bundesligarekord für Steffen Baumgart von Energie Cottbus: Er wird beim 0:1 gegen Hannover zum 15. Mal in Folge eingewechselt.

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"Es geschah am 15. Spieltag": In der DFB.de-Serie am Donnerstag blickt der Historiker und Autor Udo Muras zurück auf ein besonderes Ereignis am jeweiligen Spieltag einer früheren Saison. Heute: Max Merkel kehrt auf die Bundesliga-Bühne zurück.

Datum: Datum: Samstag, 28. November 1981

Ort: Wildpark-Stadion Karlsruhe

Partie: Karlsruher SC – 1. FC Köln 1:4

In der letzten November-Woche vor 30 Jahren leben Trainer gefährlich. Die Abstiegsangst geht bereits nach dem 14. Spieltag um in der Bundesliga 1981/1982, und da es sich um eine ansteckende Krankheit handelt, werden die Vorstände serienweise nervös. Binnen sieben Tagen werden deshalb gleich drei Trainer entlassen, was es noch nie gegeben hat. Zwei haben durchaus in der Luft gelegen, Willibert Kremer (Bayer Leverkusen) und Friedhelm Wenzlaff (MSV Duisburg) stehen schon lange am Pranger. Ihre Suspendierungen rahmen jedoch eine regelrechte Sensation ein.

Sie ereignet sich am Donnerstag, 26. November, in Karlsruhe. Der KSC steht im zweiten Jahr nach dem Aufstieg in etwa da, wo ihn die Experten erwartet haben – auf dem zwölften Platz. Bei 11:17 Punkten und nur zwei Vorsprung zum Tabellenletzten Darmstadt 98 muss der Blick zwangsläufig nach unten gehen. Die Lage an sich ist noch nicht bedrohlich, doch der Trend spricht gegen die Badener, die drei Spiele in Folge verloren haben. Aber von Trainerwechsel ist keine Rede, Aufstiegstrainer Manfred Krafft genießt große Sympathien.

Als der Kicker an diesem Donnerstag erscheint, übertitelt er seinen Artikel mit einer unfreiwillig komischen Aussage von Krafft: „Wer nicht spurt, fliegt!“ Dabei ist er es, der fliegt an diesem Tag. An seiner Stelle präsentiert der KSC den „großen Zampano“ des ersten Bundesliga-Jahrzehnts: Max Merkel, 62 Jahre. Sprücheklopfer, Schleifer – aber auch zweimaliger Meistertrainer mit 1860 München (1966) und dem 1. FC Nürnberg (1968).

Erfolgreich, aber ungeliebt

Seine Spieler haben ihn bei allen Erfolgen nie geliebt, er steht für einen zynischen Umgangston und eine harte Hand. Seine Nürnberger hat der Wiener einst in Reih und Glied aufgestellt und sie dann zum Kopfschütteln verdonnert. Auf die zaghafte Frage eines Kickers, was das denn solle, entgegnete er: „Dös macht ihr, wenn euch oaner fragt, ob’s Fußball spuin könnt.“

1976 war er mit seinen Methoden scheinbar endgültig gescheitert, Schalke 04 warf ihn raus. Fünf Jahre genoss Merkel angeblich seinen Ruhestand, aus dem ihn der 1. FC Nürnberg und der FC Bayern vergeblich zu befreien suchten. Es gab regelrechte Aufstände gegen seine Verpflichtung, bei Bayern stürzte 1979 seinetwegen sogar der Präsident über die Spielerrebellion, die es bis in die Tagesschau schaffte. Merkel fügte sich in sein Los des Frührentners und ließ wissen: „Ich mag nicht ein Leben lang zittern, ob so ein Trottel das Tor trifft oder nicht.“

Nun, mit knapp 63, hat er wieder Sehnsucht zu zittern. Er tut es auch des Geldes wegen, wie er in seiner Biografie zugibt. Der Vorstand ködert ihn demnach so: „Kommen Sie, Herr Merkel, wenn Sie den Verein vor dem Abstieg retten, was glauben Sie, was das für Ihr Image bedeutet?“ Merkel will geantwortet haben: „Image hab´ ich genug, Bargeld brauch’ ich!“

Reporter thematisieren auf einer Pressekonferenz natürlich sein hohes Alter. „Was heißt hier hohes Alter? In meinem Haus wohnt ein Mann, der ist 72 und hat sich gerade erst verlobt.“ Der Sprücheklopfer enttäuscht die Erwartungen schon mal nicht, doch hält der Trainer das Versprechen, das sein Ruf als Fachmann mit sich bringt?

Zum Einstand gegen einen Titelaspiranten

Der Spielplan meint es nicht gut, Meisteraspirant 1. FC Köln kommt mit allen Nationalspielern in den Wildpark. Der Tabellenzweite ist über die Entwicklung in Karlsruhe keineswegs so beunruhigt wie die KSC-Spieler (Stefan Groß: „Wir waren wie vor den Kopf geschlagen“). Kölns Verteidiger Harald Konopka sagt: „Das Spiel findet jetzt unter völlig anderen Voraussetzungen statt. Auch uns spornt der Name Merkel an. “

Merkel hat in Wahrheit nicht viel zu tun mit dem Spiel. Er kennt die Mannschaft nicht und lernt schnell noch die Namen auswendig, während der Partie schaut er immer wieder auf seine Spickzettel. Die Aufstellung hat der Spielerrat gemacht, Merkel ist nur für die Propaganda zuständig: „Wo der Max hinkommt, passiert etwas.“ Oder: „Manchmal genügt schon Handauflegen zum Sieg“.

Manchmal. Aber nicht an diesem Samstag, an dem der Wildpark einen lange nicht erlebten Zuschaueransturm erlebt: 32.000 wollen den Zampano sehen. Ein Liebesbeweis ist es nicht. Die Stimmung ist feindselig bei den Treuen, gellende Pfiffe erntet Merkel schon beim Betreten der Tartanbahn, Rufe nach Krafft werden laut. Auch auf Transparenten macht sich die Fanseele Luft: „Merkel go home“.

KSC-Präsident Roland Schmider macht dafür die lokalen Medien verantwortlich, die den angeblich allzu stillosen Krafft-Rauswurf angeprangert haben. Schmider: „Mich hat heute morgen erst wieder ein Taxifahrer beschimpft. Daran ist nur die Presse schuld.“

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"Wegen Merkel 10.000 Zuschauer mehr"

Dabei sieht sich Schmider in einer Hinsicht schon bestätigt: „Allein wegen Merkel sind 10.000 Zuschauer mehr gekommen, und damit haben wir seine Gage bis Vertragsende am 30. Juni 1982 schon eingespielt.“ Aber haben sie dann auch den Klassenverbleib eingespielt? An diesem Tag muss das bezweifelt werden. Auch eine höchst engagierte KSC-Mannschaft, der die Angst vor Merkel offenbar Beine macht, kann nichts ausrichten gegen den 1. FC Köln. Der Knackpunkt ist der verschossene Elfmeter von Stefan Groß, der beim Stand von 0:1 an Toni Schumacher scheitert. „Bei der Chancenverwertung sah es wie gehabt trostlos aus“, richtet der Kicker.

Ganz anders die Kölner: Nach Rainer Bonhof (Elfmeter, 21.) trifft auch Klaus Fischer (36.) noch vor der Pause. In der Halbzeit schlägt Merkel unerwartet milde Töne an, empfiehlt gar, „so weiter zu spielen, nur die Chancen besser zu nutzen“, und er erinnert daran, „dass schon ganz andere Spiele beim Stande von 0:2 noch umgekippt sind“, wie Stürmer Emanuel Günther ausplaudert.

Günther selbst schöpft daraus immerhin genug Mut, um den dritten Elfmeter des Tages zu schießen – er verkürzt auf 1:2 (48.). 15 Minuten glimmen die Hoffnungsfunken auf ein Erfolgserlebnis, dann löscht sie Anthony Woodcock mit seinem Tor zum 1:3. Nationalspieler Pierre Littbarski krönt Kölns Dominanz mit dem vierten Treffer (83.) und macht Merkels Einstand endgültig zum Reinfall.

Der Kicker malt ein trauriges Bild: „Sein erster Abgang im Karlsruher Wildpark war fast bemitleidenswert. Die Hände in den Manteltaschen vergraben und die Mütze tief ins Gesicht gezogen, verließ Max Merkel mit unbewegter Miene die Stätte seines Bundesliga-Comebacks nach über fünfjähriger Abstinenz – begleitet vom betretenen Schweigen der ihm wohl gesonnenen Zuschauer und gellenden Pfiffen jener KSC-Fans, die schon vorher mit Sprechchören und Spruchbändern Stimmung gegen ihn gemacht haben.“

"Das ist natürlich alles Unsinn"

Auf der Pressekonferenz zeigt Merkel erheblichen Sinn für Realität: „Ich weiß, dass manche Leute heute einen guten Nachmittag verbracht haben, weil ich mal etwas abbekommen habe. Doch damit muss ich leben. Viele glauben immer noch, der Merkel kommt am Freitagnachmittag das erste Mal zum Training, und am Samstag ist in der Mannschaft schon alles in Ordnung. Das ist natürlich Unsinn.“

Bis seine Magie wirkt, wird noch ein Weilchen vergehen: Den ersten Sieg unter Merkel feiert der KSC drei Monate später, was auch an der Winterpause liegt. Aber er schmeckt umso süßer, ein 4:1 gegen Meister Bayern München! Den Klassenverbleib sichert der Zampano auch, aber erst am 33. Spieltag. Übrigens ganz gegen seine Überzeugung unter Zuhilfenahme von Psychologen, auch wenn sich nur drei Spieler für deren Dienste interessierten. Eine Woche danach tritt die Reizfigur für immer von der Bundesligabühne ab. Das heißt, nicht ganz: In seiner Kult-Kolumne in der Bild-Zeitung verbreitet er vor jeder Saison noch rund 20 Jahre seinen Wiener Schmäh.

Was sonst noch am 15. Spieltag geschah

1963/1964: Schalkes Klaus Matischak gelingt gegen Saarbrücken der bis dato schnellste Hattrick innerhalb von acht Minuten.

1975/1976: Eintracht Frankfurt schlägt Bayern München 6:0, Bernd Nickel verwandelt eine Ecke direkt.

1977/1978: Erster Saisonsieg für Aufsteiger 1860 im Münchner Derby gegen die Bayern (3:1), Karl-Heinz Rummenigge fliegt nach einer Watschn gegen Erhard Hofeditz vom Platz.

1979/1980: Paul Steiner (MSV Duisburg) bricht Weltmeister Heinz Flohe (1860 München) im Zweikampf das Bein – Karriere beendet.

1980/1981: Fortuna Düsseldorf entlässt Trainer Otto Rehhagel nach einem 0:3 in Kaiserslautern.

1983/1984: Bayern München gewinnt erstmals nach acht Jahren wieder am Betzenberg: Beim 1:0 spielen die Bayern in Gelb-Blau, den Farben Brasiliens, um den Bann zu brechen. Werder Bremen schlägt Kickers Offenbach nach Rückstand mit 8:1.

1988/1989: Annullierung des Spiels KSC gegen Gladbach nach Feuerzeugwurf an den Kopf des Borussen Christian Hochstätter.

1990/1991: Christoph Daums Debüt beim VfB Stuttgart – 3:2 gegen den Ex-Klub 1. FC Köln.

1991/1992: Toni Schumacher steht erstmals im Bayern-Tor und verliert 0:1 beim HSV.

1993/1994: Nürnberg entlässt Trainer Willi Entenmann nach einem 2:0 gegen die Bayern.

1997/1998: Bayer Leverkusen schlägt Bayern trotz Unterzahl und 0:2-Rückstand mit 4:2, Ulf Kirsten erzielt einen Hattrick.

2005/2006: Der HSV-Spieler Alexander Laas wird beim 3:1 im Heimspiel gegen Köln von einem Trommelstock getroffen, der aus dem Gästeblock geflogen kommt.

2006/2007: Bundesligarekord für Steffen Baumgart von Energie Cottbus: Er wird beim 0:1 gegen Hannover zum 15. Mal in Folge eingewechselt.