Enkes Todestag: Mertesackers "Erinnerungen an einen Freund"

Heute vor acht Jahren, am 10. November 2009, starb der frühere Nationaltorwart Robert Enke. Auf DFB.de schreibt Per Mertesacker, sein langjähriger Wegbegleiter bei Hannover 96 und in der deutschen Nationalmannschaft, über unvergessliche Erlebnisse mit seinem guten Freund. Der Weltmeister verrät, welche Hilfe er als junger Spieler vom Teamkollegen erfuhr, und er spricht über die Krankheit Depression sowie die Aufgabe, die Enke der Gesellschaft mit seinem Tod hinterlassen hat. Auszüge aus Per Mertesackers Gastbeitrag "Erinnerung an einen Freund".

Wenn ich zu einem Länderspiel im Hotel eintraf, gab es für mich erst einmal zwei Dinge zu erledigen: einchecken und Robert anrufen. "Bist du schon hier? Ich bin gerade angekommen. Kommst du rüber auf mein Zimmer?" Wenige Minuten nach unserer Ankunft saßen wir zusammen und redeten über alles, was uns gerade in den Sinn kam.

Die Tatsache, dass sich sein Todestag heute zum achten Mal jährt, dass meine Gespräche mit ihm also gut ein Jahrzehnt zurückliegen, erschreckt mich. Das kann doch nicht so lange her sein, was habe ich in den ganzen Jahren seitdem getan? Die Jahre eines Fußballprofis verfliegen, weil unser Blick immer nur nach vorne geht, wie komme ich weiter, konzentrier dich aufs nächste Spiel. Meine Erlebnisse mit Robert scheinen aber auch deshalb so viel näher als acht Jahre, weil sie mir so viel bedeuten. Robert Enke hat mein Leben positiv beeinflusst wie kaum ein Kollege.

Ich war ein 19-jähriger Frischling, der gerade seine ersten Partien in der Bundesliga hinter sich gebracht hatte, als Robert im Sommer 2004 bei Hannover 96 in unsere Umkleidekabine trat und mich begrüßte: "Ah, hallo, und du bist der Per." Er kam aus Spanien, er hatte für den FC Barcelona gespielt, er war 27, und er gab mir von Anfang an das Gefühl, er schätze mich, den Frischling. Ich war der Verteidiger, er der Torwart: Er stand im wahrsten Sinne des Wortes hinter mir.

Er ermunterte mich, ich würde meinen Weg gehen, er wies mich auf meine Qualitäten hin, die man als unsicherer 19-Jähriger ja manchmal selbst nicht mehr sieht. Er ließ mich spüren, dass er sich mit mir in der Verteidigung sicher fühlte. Ich denke, eine schönere Erfahrung kann man bei der Arbeit kaum machen, egal, welche Arbeit man verrichtet: Er schenkte mir sein Vertrauen. So half er mir entschieden, dass ich mich als junger Verteidiger entwickelte. Allein der Gedanke: Hab keine Angst, wenn du mal eine gegnerische Flanke nicht klärst - Robert ist da. (...)

Ich habe gelernt, dass das Verschweigen zum Krankheitsbild einer Depression gehört. Wenn Menschen akut an einer Depression leiden, wollen viele von ihnen sich offenbar verkriechen, verstecken. Auch habe ich verstanden, dass Robert die meiste Zeit seines Lebens so war, wie ich ihn kennenlernte: rational, von stiller Fröhlichkeit, gesund. Wie die meisten Betroffenen erwischten ihn die Depressionen nur in kurzen Phasen seines Lebens. Mit seinem Tod hat uns Robert die Aufgabe gegeben, seelische Krankheiten besser zu bekämpfen.

Der Gastbeitrag ist in voller Länge im Blog der Witwe Teresa Enke auf der Website der Robert-Enke-Stiftung nachzulesen.

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Heute vor acht Jahren, am 10. November 2009, starb der frühere Nationaltorwart Robert Enke. Auf DFB.de schreibt Per Mertesacker, sein langjähriger Wegbegleiter bei Hannover 96 und in der deutschen Nationalmannschaft, über unvergessliche Erlebnisse mit seinem guten Freund. Der Weltmeister verrät, welche Hilfe er als junger Spieler vom Teamkollegen erfuhr, und er spricht über die Krankheit Depression sowie die Aufgabe, die Enke der Gesellschaft mit seinem Tod hinterlassen hat. Auszüge aus Per Mertesackers Gastbeitrag "Erinnerung an einen Freund".

Wenn ich zu einem Länderspiel im Hotel eintraf, gab es für mich erst einmal zwei Dinge zu erledigen: einchecken und Robert anrufen. "Bist du schon hier? Ich bin gerade angekommen. Kommst du rüber auf mein Zimmer?" Wenige Minuten nach unserer Ankunft saßen wir zusammen und redeten über alles, was uns gerade in den Sinn kam.

Die Tatsache, dass sich sein Todestag heute zum achten Mal jährt, dass meine Gespräche mit ihm also gut ein Jahrzehnt zurückliegen, erschreckt mich. Das kann doch nicht so lange her sein, was habe ich in den ganzen Jahren seitdem getan? Die Jahre eines Fußballprofis verfliegen, weil unser Blick immer nur nach vorne geht, wie komme ich weiter, konzentrier dich aufs nächste Spiel. Meine Erlebnisse mit Robert scheinen aber auch deshalb so viel näher als acht Jahre, weil sie mir so viel bedeuten. Robert Enke hat mein Leben positiv beeinflusst wie kaum ein Kollege.

Ich war ein 19-jähriger Frischling, der gerade seine ersten Partien in der Bundesliga hinter sich gebracht hatte, als Robert im Sommer 2004 bei Hannover 96 in unsere Umkleidekabine trat und mich begrüßte: "Ah, hallo, und du bist der Per." Er kam aus Spanien, er hatte für den FC Barcelona gespielt, er war 27, und er gab mir von Anfang an das Gefühl, er schätze mich, den Frischling. Ich war der Verteidiger, er der Torwart: Er stand im wahrsten Sinne des Wortes hinter mir.

Er ermunterte mich, ich würde meinen Weg gehen, er wies mich auf meine Qualitäten hin, die man als unsicherer 19-Jähriger ja manchmal selbst nicht mehr sieht. Er ließ mich spüren, dass er sich mit mir in der Verteidigung sicher fühlte. Ich denke, eine schönere Erfahrung kann man bei der Arbeit kaum machen, egal, welche Arbeit man verrichtet: Er schenkte mir sein Vertrauen. So half er mir entschieden, dass ich mich als junger Verteidiger entwickelte. Allein der Gedanke: Hab keine Angst, wenn du mal eine gegnerische Flanke nicht klärst - Robert ist da. (...)

Ich habe gelernt, dass das Verschweigen zum Krankheitsbild einer Depression gehört. Wenn Menschen akut an einer Depression leiden, wollen viele von ihnen sich offenbar verkriechen, verstecken. Auch habe ich verstanden, dass Robert die meiste Zeit seines Lebens so war, wie ich ihn kennenlernte: rational, von stiller Fröhlichkeit, gesund. Wie die meisten Betroffenen erwischten ihn die Depressionen nur in kurzen Phasen seines Lebens. Mit seinem Tod hat uns Robert die Aufgabe gegeben, seelische Krankheiten besser zu bekämpfen.

Der Gastbeitrag ist in voller Länge im Blog der Witwe Teresa Enke auf der Website der Robert-Enke-Stiftung nachzulesen.