Engelbrecht: "Für das Virus ist jeder gleich"

Daniel Engelbrecht weiß wie es ist, wenn die Gesundheit zum Hauptthema wird. Am 20. Juli 2013 brach er als Spieler der Stuttgarter Kickers nach einem Herzstillstand auf dem Feld zusammen. Mit einem eingesetzten Defibrillator nahm der heute 29-Jährige im Anschluss noch viele Jahre am Profisport aktiv teil. Im DFB.de-Interview spricht der Nachwuchsscouting-Leiter des VfL Bochum mit Mitarbeiter Jörn Duddeck darüber, wie er die derzeitige Situation durch die Corona-Krise erlebt.

DFB.de: Daniel Engelbrecht, wie geht es Ihnen aktuell?

Daniel Engelbrecht: Mir geht es gut, danke. Abgesehen von dem Wunsch nach Normalität, den die meisten wahrscheinlich verspüren, kann ich mich nicht beklagen.

DFB.de: Mit welchen Gefühlen verfolgen Sie die Nachrichtenlage rund um das große Thema Corona?

Engelbrecht: Ich finde die Vorstellung ganz reizvoll, dass sich die Natur gerade von der Spezies Mensch ein wenig erholt – der Weg dorthin ist aber, wie fast alles in der Natur, recht brutal. Daher bin ich traurig, dass es so weit gekommen ist und auch darüber, dass es immer noch Menschen gibt, die den Ernst der Situation nicht begriffen haben.

DFB.de: Sie haben vier Herz-Stillstände überlebt. Bei Ihnen ging es um Leben und Tod. Ist es daher für Sie einfacher oder eher schwieriger mit dem Thema Corona umzugehen?

Engelbrecht: Das ist eine schwierige Frage. Mittlerweile gehe ich mit diesem Thema wohl sensibler um als andere, weil ich am eigenen Leib erfahren habe, was die Gesundheit bedeutet. Der Begriff "sehr vorsichtig" würde aktuell passen. Ich verlasse das Haus nur zum Einkaufen oder wenn ich morgens mal jogge. Ansonsten halte mich von allem und jedem fern, um das Risiko so niedrig wie möglich zu halten.

DFB.de: Bekanntlich tragen Sie einen Defibrillator. Müssen Sie daher in diesen Tagen und Wochen ganz besonders vorsichtig sein?

Engelbrecht: Der Defibrillator hat an sich nichts mit der Corona-Geschichte zu tun. Der ist weiterhin da und passt auf, dass alles in Ordnung ist.

DFB.de: Machen Sie sich unabhängig vom Gesundheitsaspekt Sorgen um die Zukunft? Wie auch viele andere Vereine befindet sich der VfL momentan im Existenzkampf.

Engelbrecht: Die Situation ist generell ernst, das haben alle erkannt. Aber Sorgen mache ich mir diesbezüglich wenig, weil wir Leute an der Spitze haben, die Tag und Nacht für den VfL da sind und uns durch diese schwierige Zeit bringen werden. Auch die Fans des VfL haben in den letzten Wochen gezeigt, dass sie auch in dieser Situation zu ihrem Verein stehen und ihn unterstützen, wo es nur geht. Man merkt, dass wir alle enger zusammengerückt sind.

DFB.de: Trotz möglicher Geisterspiele rückt für die meisten Menschen der Fußball momentan mehr in den Hintergrund. Sie haben diese Erfahrung schon auf wesentlich einschneidende Weise gemacht. Gehen Sie heute mit Siegen und Niederlagen anders um, als zu der Zeit, als Sie von den Herz-Problemen noch nichts ahnten?

Engelbrecht: Naja, ich spiele ja nicht mehr. Insofern ist das Einschneidende eher relativ zu sehen. Was allerdings meinen Ehrgeiz angeht: Der ist ungebrochen. An dem Punkt gilt: Einmal Leistungssportler, immer Leistungssportler. Das galt natürlich auch für die Zeit, als ich von der Herzproblematik wusste und dennoch wieder im Ligabetrieb war.

DFB.de: Was müsste sich aus Ihrer Sicht im Fußball ändern, damit man irgendwann zu Recht sagen kann, dass man aus dieser Krise gelernt hat?

Engelbrecht: Es gibt einiges, was sich im Fußball ändern muss. Angefangen mit Rassismus und Diskriminierungen jeglicher Art. Gerade Corona erteilt momentan allen eine harte Lehrstunde. Egal, welche Hautfarbe du hast oder woher du kommst: Für das Virus ist jeder Mensch gleich.

DFB.de: Inwieweit tragen Bundesliga-Profis in der aktuellen Zeit eine besondere Verantwortung?

Engelbrecht: Die Verantwortung der Spieler ist meiner Meinung nach – auch unabhängig von der Corona-Pandemie betrachtet – sehr groß, denn zu ihnen blicken Millionen von Kids und Fans auf. Daher sollte jeder seine Reichweite und seinen Einfluss dazu nutzen, um zu helfen und ein Vorbild sein.

DFB.de: Als Scouting-Leiter im Nachwuchsbereich ist man ja normalerweise viel unterwegs. Wie verbringen Sie zurzeit den Tag im Homeoffice?

Engelbrecht: Ich versuche natürlich trotz allem up to date zu bleiben und tausche mich regelmäßig mit Kollegen deutschlandweit aus – auch wenn es momentan keine Neuigkeiten hagelt. Dazu schaue mir viele Spiele über die Videoplattformen an und arbeite mit meinen Teamkollegen daran, das Scouting zu verbessern und zu komprimieren, um auch diese Zeit sinnvoll zu nutzen.

DFB.de: Auf welche Weise haben sich die Arbeitsabläufe des Scouting-Teams durch die Pause und die erheblichen Reisebeschränkungen geändert und wie läuft der tägliche Austausch mit Ihren Mitarbeitern?

Engelbrecht: Die Abläufe haben sich natürlich drastisch geändert. Wir halten uns ja normalerweise die meiste Zeit auf anderen Plätzen bzw. in anderen Stadien auf und bewerten diese Sachen dann später mit unserer Datenbank. Jetzt ist es so, dass wir viel mit Videokonferenzen arbeiten, Spiele und Spieler analysieren, Datenbanken aktualisieren und uns auch über Spieler austauschen, die im "Normalbetrieb" vielleicht noch nicht so intensiv besprochen wurden.

DFB.de: Viele junge Spieler im Bochumer "Talentwerk" erleben momentan zum ersten Mal, dass das Leben auch Schwierigkeiten mit sich bringt. Gibt es bestimmte Dinge, die Sie vor allem mit Blick auf die aktuelle Situation den Nachwuchsspielern mit auf dem Weg geben?

Engelbrecht: Die momentane Pandemie ist ein Paradebeispiel dafür, wie schnell alles vorbei sein kann und vor allem, wie glücklich sich jeder Fußballer schätzen darf, gesund zu sein und seine Leidenschaft ausleben zu können. Ich hoffe, dass es die Jungs prägen wird und sie in Zukunft etwas achtsamer mit allem, was sie tun, umgehen werden. Einfach mal die Momente genießen, die man als Fußballer hat.

[jd]

Daniel Engelbrecht weiß wie es ist, wenn die Gesundheit zum Hauptthema wird. Am 20. Juli 2013 brach er als Spieler der Stuttgarter Kickers nach einem Herzstillstand auf dem Feld zusammen. Mit einem eingesetzten Defibrillator nahm der heute 29-Jährige im Anschluss noch viele Jahre am Profisport aktiv teil. Im DFB.de-Interview spricht der Nachwuchsscouting-Leiter des VfL Bochum mit Mitarbeiter Jörn Duddeck darüber, wie er die derzeitige Situation durch die Corona-Krise erlebt.

DFB.de: Daniel Engelbrecht, wie geht es Ihnen aktuell?

Daniel Engelbrecht: Mir geht es gut, danke. Abgesehen von dem Wunsch nach Normalität, den die meisten wahrscheinlich verspüren, kann ich mich nicht beklagen.

DFB.de: Mit welchen Gefühlen verfolgen Sie die Nachrichtenlage rund um das große Thema Corona?

Engelbrecht: Ich finde die Vorstellung ganz reizvoll, dass sich die Natur gerade von der Spezies Mensch ein wenig erholt – der Weg dorthin ist aber, wie fast alles in der Natur, recht brutal. Daher bin ich traurig, dass es so weit gekommen ist und auch darüber, dass es immer noch Menschen gibt, die den Ernst der Situation nicht begriffen haben.

DFB.de: Sie haben vier Herz-Stillstände überlebt. Bei Ihnen ging es um Leben und Tod. Ist es daher für Sie einfacher oder eher schwieriger mit dem Thema Corona umzugehen?

Engelbrecht: Das ist eine schwierige Frage. Mittlerweile gehe ich mit diesem Thema wohl sensibler um als andere, weil ich am eigenen Leib erfahren habe, was die Gesundheit bedeutet. Der Begriff "sehr vorsichtig" würde aktuell passen. Ich verlasse das Haus nur zum Einkaufen oder wenn ich morgens mal jogge. Ansonsten halte mich von allem und jedem fern, um das Risiko so niedrig wie möglich zu halten.

DFB.de: Bekanntlich tragen Sie einen Defibrillator. Müssen Sie daher in diesen Tagen und Wochen ganz besonders vorsichtig sein?

Engelbrecht: Der Defibrillator hat an sich nichts mit der Corona-Geschichte zu tun. Der ist weiterhin da und passt auf, dass alles in Ordnung ist.

DFB.de: Machen Sie sich unabhängig vom Gesundheitsaspekt Sorgen um die Zukunft? Wie auch viele andere Vereine befindet sich der VfL momentan im Existenzkampf.

Engelbrecht: Die Situation ist generell ernst, das haben alle erkannt. Aber Sorgen mache ich mir diesbezüglich wenig, weil wir Leute an der Spitze haben, die Tag und Nacht für den VfL da sind und uns durch diese schwierige Zeit bringen werden. Auch die Fans des VfL haben in den letzten Wochen gezeigt, dass sie auch in dieser Situation zu ihrem Verein stehen und ihn unterstützen, wo es nur geht. Man merkt, dass wir alle enger zusammengerückt sind.

DFB.de: Trotz möglicher Geisterspiele rückt für die meisten Menschen der Fußball momentan mehr in den Hintergrund. Sie haben diese Erfahrung schon auf wesentlich einschneidende Weise gemacht. Gehen Sie heute mit Siegen und Niederlagen anders um, als zu der Zeit, als Sie von den Herz-Problemen noch nichts ahnten?

Engelbrecht: Naja, ich spiele ja nicht mehr. Insofern ist das Einschneidende eher relativ zu sehen. Was allerdings meinen Ehrgeiz angeht: Der ist ungebrochen. An dem Punkt gilt: Einmal Leistungssportler, immer Leistungssportler. Das galt natürlich auch für die Zeit, als ich von der Herzproblematik wusste und dennoch wieder im Ligabetrieb war.

DFB.de: Was müsste sich aus Ihrer Sicht im Fußball ändern, damit man irgendwann zu Recht sagen kann, dass man aus dieser Krise gelernt hat?

Engelbrecht: Es gibt einiges, was sich im Fußball ändern muss. Angefangen mit Rassismus und Diskriminierungen jeglicher Art. Gerade Corona erteilt momentan allen eine harte Lehrstunde. Egal, welche Hautfarbe du hast oder woher du kommst: Für das Virus ist jeder Mensch gleich.

DFB.de: Inwieweit tragen Bundesliga-Profis in der aktuellen Zeit eine besondere Verantwortung?

Engelbrecht: Die Verantwortung der Spieler ist meiner Meinung nach – auch unabhängig von der Corona-Pandemie betrachtet – sehr groß, denn zu ihnen blicken Millionen von Kids und Fans auf. Daher sollte jeder seine Reichweite und seinen Einfluss dazu nutzen, um zu helfen und ein Vorbild sein.

DFB.de: Als Scouting-Leiter im Nachwuchsbereich ist man ja normalerweise viel unterwegs. Wie verbringen Sie zurzeit den Tag im Homeoffice?

Engelbrecht: Ich versuche natürlich trotz allem up to date zu bleiben und tausche mich regelmäßig mit Kollegen deutschlandweit aus – auch wenn es momentan keine Neuigkeiten hagelt. Dazu schaue mir viele Spiele über die Videoplattformen an und arbeite mit meinen Teamkollegen daran, das Scouting zu verbessern und zu komprimieren, um auch diese Zeit sinnvoll zu nutzen.

DFB.de: Auf welche Weise haben sich die Arbeitsabläufe des Scouting-Teams durch die Pause und die erheblichen Reisebeschränkungen geändert und wie läuft der tägliche Austausch mit Ihren Mitarbeitern?

Engelbrecht: Die Abläufe haben sich natürlich drastisch geändert. Wir halten uns ja normalerweise die meiste Zeit auf anderen Plätzen bzw. in anderen Stadien auf und bewerten diese Sachen dann später mit unserer Datenbank. Jetzt ist es so, dass wir viel mit Videokonferenzen arbeiten, Spiele und Spieler analysieren, Datenbanken aktualisieren und uns auch über Spieler austauschen, die im "Normalbetrieb" vielleicht noch nicht so intensiv besprochen wurden.

DFB.de: Viele junge Spieler im Bochumer "Talentwerk" erleben momentan zum ersten Mal, dass das Leben auch Schwierigkeiten mit sich bringt. Gibt es bestimmte Dinge, die Sie vor allem mit Blick auf die aktuelle Situation den Nachwuchsspielern mit auf dem Weg geben?

Engelbrecht: Die momentane Pandemie ist ein Paradebeispiel dafür, wie schnell alles vorbei sein kann und vor allem, wie glücklich sich jeder Fußballer schätzen darf, gesund zu sein und seine Leidenschaft ausleben zu können. Ich hoffe, dass es die Jungs prägen wird und sie in Zukunft etwas achtsamer mit allem, was sie tun, umgehen werden. Einfach mal die Momente genießen, die man als Fußballer hat.

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