Elber über Bayern und VfB: "In beiden steckt ein Stück von mir"

1997, 1998, 2000 und 2003 – viermal hat Giovane Élber (40) den DFB-Pokal gewonnen. Einmal mit dem VfB Stuttgart, dreimal mit Bayern München. Bei beiden Klubs hat er Spuren hinterlassen, nicht nur wegen der Triumphe von Berlin. Und entsprechend fällt dem Cowboy aus Londrina ein Tipp fürs Finale auch ziemlich schwer: "Bitte fragen Sie diesmal einen anderen."

DFB.de Hallo, Herr Élber – oder sollen wir lieber "Mr. DFB-Pokal" sagen?

Giovane Élber: Immerhin hab’ ich den DFB-Pokal viermal gewonnen, das ist etwas Besonderes. Da ist der Titel Mr. DFB-Pokal absolut angebracht (lacht).

DFB.de Viermal den DFB-Pokal zu gewinnen, ist also für den Champions-League-Sieger, Weltpokalgewinner und viermaligen Deutschen Meister Élber etwas Besonderes?

Élber: Der Pokal ist Lust und Fluch zugleich. Es dauert, bis du in die Nähe des Finales kommt. Viele Monate. Und alle wollen sie dich rauswerfen. Gute Amateurklubs, die Zweitligisten, die geben alles. Ich weiß, die Zuschauer finden genau das klasse. Ich ja eigentlich auch, weil mit jedem Spiel der Reiz steigt. Und irgendwann kommt dieser Moment.

DFB.de: Welcher?

Élber: Der, an dem du unbedingt ins Endspiel willst, mit aller Macht, egal, wie sehr die anderen kämpfen. Pokalspiele sind etwas sehr Ursprüngliches, es ist ein einziges Spiel, eine Chance, und die hat jeder, der mitspielt. Und es kann immer das letzte Spiel sein.

DFB.de: Viermal zu gewinnen, heißt, viermal diese besonderen Emotionen zu erleben. Lassen sich die Cupsiege vergleichen?



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1997, 1998, 2000 und 2003 – viermal hat Giovane Élber (40) den DFB-Pokal gewonnen. Einmal mit dem VfB Stuttgart, dreimal mit Bayern München. Bei beiden Klubs hat er Spuren hinterlassen, nicht nur wegen der Triumphe von Berlin. Und entsprechend fällt dem Cowboy aus Londrina ein Tipp fürs Finale auch ziemlich schwer: "Bitte fragen Sie diesmal einen anderen."

DFB.de Hallo, Herr Élber – oder sollen wir lieber "Mr. DFB-Pokal" sagen?

Giovane Élber: Immerhin hab’ ich den DFB-Pokal viermal gewonnen, das ist etwas Besonderes. Da ist der Titel Mr. DFB-Pokal absolut angebracht (lacht).

DFB.de Viermal den DFB-Pokal zu gewinnen, ist also für den Champions-League-Sieger, Weltpokalgewinner und viermaligen Deutschen Meister Élber etwas Besonderes?

Élber: Der Pokal ist Lust und Fluch zugleich. Es dauert, bis du in die Nähe des Finales kommt. Viele Monate. Und alle wollen sie dich rauswerfen. Gute Amateurklubs, die Zweitligisten, die geben alles. Ich weiß, die Zuschauer finden genau das klasse. Ich ja eigentlich auch, weil mit jedem Spiel der Reiz steigt. Und irgendwann kommt dieser Moment.

DFB.de: Welcher?

Élber: Der, an dem du unbedingt ins Endspiel willst, mit aller Macht, egal, wie sehr die anderen kämpfen. Pokalspiele sind etwas sehr Ursprüngliches, es ist ein einziges Spiel, eine Chance, und die hat jeder, der mitspielt. Und es kann immer das letzte Spiel sein.

DFB.de: Viermal zu gewinnen, heißt, viermal diese besonderen Emotionen zu erleben. Lassen sich die Cupsiege vergleichen?

Élber: Das erste Mal ist das erste Mal, das ist immer speziell. Und mein erstes Mal war 1997. Jeder – auch ich – wusste, das wird nach drei Jahren mein letztes Spiel für den VfB Stuttgart. Ich hatte versprochen, ich gebe alles, bevor ich zu den Bayern gehe. Aber man weiß ja, wie das ist, die Leute werden misstrauisch und fragen sich: Ist der noch mit dem Kopf beim VfB?

DFB.de: Waren Sie es?

Élber: Ich denke, schon. (lacht) Ich habe zwei Tore geschossen. Es war ein Traum.

DFB.de: Und Sie haben sich vor lauter Freude die Haare rot gefärbt?

Élber: Zuvor hatte ich den Schweizer Pokal mit Grasshopper Zürich gewonnen. Nach dem ersten Pokalsieg in Deutschland hab ich mich trotzdem gefühlt wie ein kleines Kind, das ein besonderes Geschenk bekommt. Aber wegen des Abschieds konnte ich gar nicht richtig feiern. Da war das magische Dreieck, der VfB als meine Familie. Ich wusste, was ich verlieren würde.

DFB.de: Zum Haarefärben hat’s aber gereicht?

Élber: Das lag an Fredi Bobic. Der kam auf mein Zimmer und hat mich geholt. Los, sagte er, heute bist du noch ein Schwabe, was morgen ist, spielt keine Rolle. Eine Zigarre hab’ ich auch bekommen. Es war eine tolle Feier mit viel Wehmut. Ich bin am Tag danach nicht mehr mit ins Rathaus in Stuttgart, ich wollte dem VfB und mir die Chance zu einem Neuanfang geben.

DFB.de: Wie beurteilen Sie die Chancen Ihrer ehemaligen Klubs im aktuellen Finale 2013?

Élber: Oh, da sind viele unterschiedliche Gefühle in meiner Brust. Ich würde lügen, wenn ich sagte, das lässt mich kalt. Die Bayern haben 2013 eine besondere Mannschaft. Eine, die besser ist als die, die 2001 die Champions League gewonnen hat. Man hat diese Saison gesehen, welche Kraft in diesem Team steckt.

DFB.de: Und der VfB?

Élber: Der VfB muss sicher einen guten Tag erwischen und die bisher eher schwierige Saison mit einem Pokalsieg krönen, in dem Punkt ist es die letzte Chance. Aber da sie sicher in der Europa League sind, können sie lockerer in dieses Finale gehen. Und eines ist klar: Gegen die Bayern sind alle hoch motiviert.

DFB.de: Wie sind die Erinnerungen an Ihren ersten Pokalsieg mit den Bayern?

Élber: Es war das letzte Spiel von Giovanni Trapattoni als Bayern-Trainer. Am Tag danach war Schluss. So ein Spiel vergisst du nie. Und ich stand gerade ein Jahr nach dem Sieg mit dem VfB wieder auf dem Podest, zusammen mit diesem besonderen Trainer.

DFB.de: Und?

Élber: Ich habe später gemerkt, die Bayern können ja gar nicht so feiern wie die Stuttgarter.

DFB.de: Das müssen Sie uns erklären?

Élber: Ganz einfach: Titel sind in München normal. In Stuttgart gewinnst du nicht so viele Titel, deshalb wird jeder einzelne mehr gefeiert. Ich habe damals zu Mehmet Scholl gesagt: "Hey, was ist hier los, von so einem Titel träumt doch jeder Spieler." Ich musste lernen, ich bin hier auf einem anderen Niveau angekommen. In dem Moment dachte ich jedoch: Mensch, beim Feiern sind die Bayern Zweite Liga. Aber die Eindrücke haben sich noch geändert …

DFB.de: 2000 beim 3:0 über Bremen und 2003 bot sich die nächste Gelegenheit dazu.

Élber: 2000 war meine Familie im Stadion, das ist für jeden Spieler etwas Außergewöhnliches. Das war das einzige Bayern-Finale, in dem ich ein Tor geschossen habe.

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DFB.de: Und 2003?

Élber: Von Ottmar Hitzfeld habe ich gelernt, als Bayern-Spieler kann man nur feiern, wenn man seine Karriere beendet hat, denn bei jedem Titel, den du gewinnst und nachdem du weitermachst, warten die anderen Klubs nur darauf, dich zu schlagen. Einige Wochen nach dem Pokalsieg 2003 habe ich erfahren, man plant nach sechs Jahren nicht mehr mit mir.

DFB.de: Was haben Sie beim VfB gelernt, was bei den Bayern?

Élber: Der VfB war meine erste Station in Deutschland. Meine Eingangstür in ein Land, das mich zumindest fußballerisch geprägt und mir viel gegeben hat. Ich habe beim VfB gelernt, wie man in Deutschland Fußball spielt und wie man mit der Presse umgeht. Bei den Bayern, wie gesagt, dass Titel normal sind und, man, wenn einer gewonnen ist, normalerweise gleich an den nächsten denkt. Und noch etwas: Ich habe es bei beiden Klubs in die Jahrhundertelf geschafft. Das freut mich wahnsinnig und bedeutet mir viel.

DFB.de: Für das heutige Finale sind Sie als Fernseh-Experte tätig, aber im Hauptjob ist Giovane Élber doch Cowboy?

Élber: So in etwa. Aber ohne Colt.

DFB.de: Wie lautet denn die richtige Berufsbezeichnung?

Élber: Ich würde sagen Rinderfarmer oder Fleischproduzent. Schließlich züchten wir Rinder, um sie zu verkaufen. Das Fleisch wird in alle Welt exportiert, auch nach Deutschland.

DFB.de: Wie sieht der Arbeitstag als Farmer aus?

Élber: Aufstehen um fünf Uhr, gegen halb sechs wird es hell. Bis zehn Uhr arbeiten wir, dann wird es heiß, und wir sind zur Pause bis 16 Uhr gezwungen. Dann schlafen und essen wir. Morgens sitzen wir auf dem Pferd und am Nachmittag wird mit dem Auto kontrolliert. Wir haben 13 Mitarbeiter – und ich kann sagen, es gibt immer was zu tun. Farmer oder Cowboy ist ein Fulltimejob.

DFB.de: Und wie viele Tiere haben Sie?

Élber: Rund 6.000 Rinder auf 8.000 Hektar Grundfläche. Da ist natürlich ein Zaun drum, den wir mit dem Auto oder auf einem unserer 30 Pferde kontrollieren. So früh auf dem Pferd zu sitzen und in den Tag zu reiten, ist ein großes Gefühl. Ich könnte nicht mehr darauf verzichten.

DFB.de: Gleiches gilt für Ihre sozialen Projekte, etwa die Förderung brasilianischer Straßenkinder über Ihre Stiftung?

Élber: Das Projekt gibt es seit 1994. Es liegt mir sehr am Herzen, weil wir es in meiner Geburtsstadt Londrina aufgebaut haben. Ich habe selbst erlebt, wie wichtig es ist, beim Start ins Leben gute Chancen zu haben. Meine Frau kümmert sich intensiv um das Projekt. Wir sind sehr auf Spenden aus Deutschland angewiesen. In Londrina habe ich übrigens vor Kurzem einen neuen Job angenommen.

DFB.de: Und welchen?

Élber: Ich bin eine Art Sportminister und kümmere mich um alle Sportbelange der Stadt. Die Leute sagen, Giovane ist jetzt in der Politik. Und sie haben Recht, das ist wirklich Politik. Ich hatte ein langes Gespräch mit unserem Bürgermeister. Wir haben festgestellt, dass seit vier bis fünf Jahren wenig passiert, das wollen wir ändern. Sport ist neben Schule und Ausbildung eine wichtige Sache.

DFB.de: Womit wir wieder beim Fußball wären. Wie sieht Ihr Tipp für das DFB-Pokalfinale aus?

Élber: Jetzt habe ich eine Bitte!

DFB.de: Die wäre?

Élber: Fragen Sie dieses eine Mal bitte einen anderen. Ich denke, ich werde im Stadion sitzen und denken, ich gönne es denen und dann wieder, nein, doch lieber den anderen. Stuttgart oder Bayern – in beiden steckt ein Stück von mir.