Ehrenamtler der Woche: 50 Jahre für den Verein

Ohne sie kann der Fußball nicht bestehen: die ehrenamtlichen Helfer. Immer dienstags stellt DFB.de einen von ihnen vor. Was die Ehrenamtler antreibt, was sie bewegt, was sie leisten - und wie wichtig ihr Engagement ist. Ihnen allen ist eines gemeinsam: Sie leben Fußball.

Es ist einer dieser ersten angenehmen Tage des Jahres, die für den Übergang vom Winter zum Frühling stehen. Auf dem nach dem Frost und Schnee schwer zu bespielenden Rasen versuchen 22 Fußballer gerade, Ordnung in ihr Spiel zu bringen. Es geht um Sieg und Niederlage, es geht um Punkte. Ganz einfach: Es geht um Tore.

Eine der beiden Mannschaften ist Bergisch Gladbach 09. Der Gegner ist austauschbar. Es könnte Velbert sein, es könnte Siegen sein, es könnte Windeck sein. Es ist Fortuna Köln. Aber das spielt für die Geschichte keine Rolle. Hier soll es um einen gehen, der nicht austauschbar ist.

Auf der Tribüne steht ein rüstiger älterer Herr. Wie so oft trägt er eine dunkle Hose, ein Hemd und einen schwarzen Pullover. Manchmal, wenn der Wind besonders eisig pfeift, auch noch einen großen schützenden Hut. An diesem Tag ist er einer von ungefähr 500 Zuschauern, aber er ist ein besonderer, den fast jeder hier kennt - und der fast jeden kennt. Es ist Heinz Paul, der in diesen Tagen ein besonderes Jubiläum feiert. Seit 50 Jahren ist Heinz Paul für seinen geliebten Klub ehrenamtlich tätig.

Mehr als 1500 Livespiele

Ein halbes Jahrhundert. Das ist eine lange Zeit. Aber wie lange diese Zeit wirklich ist, realisiert man erst, wenn man sie mit ein paar Zahlen verdeutlicht. Heinz Paul hat vermutlich mehr als 1500 Begegnungen seines Vereins live vom Spielfeldrand aus verfolgt. Wahrscheinlich waren es sogar mehr, er weiß es nicht mehr so genau. Wie viele Tore sind dabei wohl gefallen? Das kann heute kein Mensch mehr nachvollziehen.

Heinz Paul erinnert sich aber noch ganz genau, dass die Beziehung zwischen ihm und 09 am 1. Januar 1960 begann. Immerhin, mit seiner Frau, mit der er sechs Kinder hat, fünf Mädchen und einen Jungen - mit ihr ist er noch sieben Jahre länger zusammen. Im Grunde führt der 80-Jährige also zwei Ehen. Eine sportliche und eine familiäre. Beide sind irgendwie aber auch nicht richtig zu trennen. Beide gehören wie selbstverständlich in sein Leben.

Es ist ein großes Glück für den Klub, dass Heinz Paul sich vor 50 Jahren für ein Ehrenamt entschieden hat. Denn nur mit solch engagierten Menschen kann ein Verein dauerhaft überleben. Egal, wie er heißt. Bergisch Gladbach 09, Fortuna Köln oder Bayern München. Jeder Klub braucht eine gute Seele. In guten wie in schlechten Zeiten. Und von beiden hat Heinz Paul einiges erlebt.

Irgendwie immer die Rettung geschafft

"Ich habe alles erlebt", sagt Heinz Paul heute, und sein Blick schweift in die Ferne. Es scheint, als würde sich vieles im Zeitraffer vorbeifliegen. "Mein Klub war mehrfach finanziell am Ende. Aber irgendwie haben wir doch noch immer die Rettung geschafft. Auch wenn es manchmal wirklich in letzter Sekunde war." Seine Erkenntnis aus all den Jahren: "Ein Verein, in dem es keine Probleme gibt, ist kein richtiger Verein."

Wenn der heutige Bergisch Gladbacher Ehrenpräsident solche Sätze sagt, klingt das nicht stolz oder hochtrabend. Es klingt natürlich. Genau so, als wäre es einfach nur seine Aufgabe gewesen. Und das war es vielleicht auch, schließlich war der gelernte Fleischermeister mit einem Geschäft für Fleischereibedarf immer auch für die Finanzen verantwortlich. "Viele sind mit dem Geld leider nicht vernünftig umgegangen", so Paul. "Zum Glück konnten wir das immer wieder ausgleichen."

Frauen sorgten weltweit für Furore

Auch sportlich waren die Zeiten nicht nur rosig. Es gab jene Tage, in denen der Abstieg drohte. Glück und Pech, Höhenflug und Absturz in die Bedeutungslosigkeit lagen nicht selten sehr eng beieinander. Aber es gab eben auch jene Jahre, in denen Bergisch Gladbach 09 sogar in Amerika bekannt war.

Das lag dann weniger daran, dass die Herrenmannschaft in die Oberliga aufgestiegen war. Vielmehr hatte das Frauenteam mit seinen zahlreichen Deutschen Meisterschaften, Pokalsiegen und vor allem Weltpokalerfolgen für Aufsehen rund um den Globus gesorgt. Es herrschte Ausnahmezustand in Bergisch Gladbach, als die Mannschaft ihre größten Erfolge feierte. Das Stadion war ausverkauft. Die Straßen verstopft. Die Stimmung großartig.

"Ich würde es immer wieder so machen"

Aber das ist nicht der Grund, warum Heinz Paul seit nun 50 Jahren manchmal Tag und Nacht für seine ehrenamtliche Tätigkeit opfert. "Ich liebe den Fußball. Ich liebe es, viel an der frischen Luft zu sein. Deshalb ist das keine Belastung, es macht mir einfach Spaß."

Er bereut es nicht, so viel Zeit seines Lebens dafür verwendet zu haben. "Ich würde das immer wieder so machen", betont Paul. "Es hat mich weitergebracht. Es war und ist einfach eine tolle Erfahrung, die ich nicht mehr missen möchte."

Mannschaften aufstellen, Trikots waschen, Bälle aufpumpen

Es gab Zeiten, da hat er eigentlich alles gemacht. Mannschaft auf- und eingestellt. Die Jugend zu den Auswärtsspielen gefahren. Trikots gewaschen oder Bälle aufgepumpt. Dazu Paul: "Das gehört zum Ehrenamt dazu. Es gibt Aufgaben, die machen mehr Spaß. Und es gibt Aufgaben, die müssen eben erledigt werden."

Auch wenn er sich mit seinen 80 Jahren nun langsam aus dem aktiven Geschäft zurückzieht, weiß jeder im Klub, dass man mit seiner Hilfe immer rechnen kann. Denn natürlich, und das ist ganz normal, kann man nach 50 Jahren nicht einfach die Tür ein letztes Mal hinter sich zuziehen und die Vergangenheit Vergangenheit sein lassen.

Deshalb wird Heinz Paul auch weiterhin möglichst jedes Duell von seinem Stammplatz in Reihe 7, Platz 33, Block D von der Tribüne aus genau beobachten. Es ist ein Teil seines Lebens. Und 1500 Spiele sind ihm noch lange nicht genug: "Da werden noch einige hinzukommen." Daran zweifelt niemand. Und das ist auch gut so. Heinz Paul lebt und liebt den Fußball.

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Ohne sie kann der Fußball nicht bestehen: die ehrenamtlichen Helfer. Immer dienstags stellt DFB.de einen von ihnen vor. Was die Ehrenamtler antreibt, was sie bewegt, was sie leisten - und wie wichtig ihr Engagement ist. Ihnen allen ist eines gemeinsam: Sie leben Fußball.

Es ist einer dieser ersten angenehmen Tage des Jahres, die für den Übergang vom Winter zum Frühling stehen. Auf dem nach dem Frost und Schnee schwer zu bespielenden Rasen versuchen 22 Fußballer gerade, Ordnung in ihr Spiel zu bringen. Es geht um Sieg und Niederlage, es geht um Punkte. Ganz einfach: Es geht um Tore.

Eine der beiden Mannschaften ist Bergisch Gladbach 09. Der Gegner ist austauschbar. Es könnte Velbert sein, es könnte Siegen sein, es könnte Windeck sein. Es ist Fortuna Köln. Aber das spielt für die Geschichte keine Rolle. Hier soll es um einen gehen, der nicht austauschbar ist.

Auf der Tribüne steht ein rüstiger älterer Herr. Wie so oft trägt er eine dunkle Hose, ein Hemd und einen schwarzen Pullover. Manchmal, wenn der Wind besonders eisig pfeift, auch noch einen großen schützenden Hut. An diesem Tag ist er einer von ungefähr 500 Zuschauern, aber er ist ein besonderer, den fast jeder hier kennt - und der fast jeden kennt. Es ist Heinz Paul, der in diesen Tagen ein besonderes Jubiläum feiert. Seit 50 Jahren ist Heinz Paul für seinen geliebten Klub ehrenamtlich tätig.

Mehr als 1500 Livespiele

Ein halbes Jahrhundert. Das ist eine lange Zeit. Aber wie lange diese Zeit wirklich ist, realisiert man erst, wenn man sie mit ein paar Zahlen verdeutlicht. Heinz Paul hat vermutlich mehr als 1500 Begegnungen seines Vereins live vom Spielfeldrand aus verfolgt. Wahrscheinlich waren es sogar mehr, er weiß es nicht mehr so genau. Wie viele Tore sind dabei wohl gefallen? Das kann heute kein Mensch mehr nachvollziehen.

Heinz Paul erinnert sich aber noch ganz genau, dass die Beziehung zwischen ihm und 09 am 1. Januar 1960 begann. Immerhin, mit seiner Frau, mit der er sechs Kinder hat, fünf Mädchen und einen Jungen - mit ihr ist er noch sieben Jahre länger zusammen. Im Grunde führt der 80-Jährige also zwei Ehen. Eine sportliche und eine familiäre. Beide sind irgendwie aber auch nicht richtig zu trennen. Beide gehören wie selbstverständlich in sein Leben.

Es ist ein großes Glück für den Klub, dass Heinz Paul sich vor 50 Jahren für ein Ehrenamt entschieden hat. Denn nur mit solch engagierten Menschen kann ein Verein dauerhaft überleben. Egal, wie er heißt. Bergisch Gladbach 09, Fortuna Köln oder Bayern München. Jeder Klub braucht eine gute Seele. In guten wie in schlechten Zeiten. Und von beiden hat Heinz Paul einiges erlebt.

Irgendwie immer die Rettung geschafft

"Ich habe alles erlebt", sagt Heinz Paul heute, und sein Blick schweift in die Ferne. Es scheint, als würde sich vieles im Zeitraffer vorbeifliegen. "Mein Klub war mehrfach finanziell am Ende. Aber irgendwie haben wir doch noch immer die Rettung geschafft. Auch wenn es manchmal wirklich in letzter Sekunde war." Seine Erkenntnis aus all den Jahren: "Ein Verein, in dem es keine Probleme gibt, ist kein richtiger Verein."

Wenn der heutige Bergisch Gladbacher Ehrenpräsident solche Sätze sagt, klingt das nicht stolz oder hochtrabend. Es klingt natürlich. Genau so, als wäre es einfach nur seine Aufgabe gewesen. Und das war es vielleicht auch, schließlich war der gelernte Fleischermeister mit einem Geschäft für Fleischereibedarf immer auch für die Finanzen verantwortlich. "Viele sind mit dem Geld leider nicht vernünftig umgegangen", so Paul. "Zum Glück konnten wir das immer wieder ausgleichen."

Frauen sorgten weltweit für Furore

Auch sportlich waren die Zeiten nicht nur rosig. Es gab jene Tage, in denen der Abstieg drohte. Glück und Pech, Höhenflug und Absturz in die Bedeutungslosigkeit lagen nicht selten sehr eng beieinander. Aber es gab eben auch jene Jahre, in denen Bergisch Gladbach 09 sogar in Amerika bekannt war.

Das lag dann weniger daran, dass die Herrenmannschaft in die Oberliga aufgestiegen war. Vielmehr hatte das Frauenteam mit seinen zahlreichen Deutschen Meisterschaften, Pokalsiegen und vor allem Weltpokalerfolgen für Aufsehen rund um den Globus gesorgt. Es herrschte Ausnahmezustand in Bergisch Gladbach, als die Mannschaft ihre größten Erfolge feierte. Das Stadion war ausverkauft. Die Straßen verstopft. Die Stimmung großartig.

"Ich würde es immer wieder so machen"

Aber das ist nicht der Grund, warum Heinz Paul seit nun 50 Jahren manchmal Tag und Nacht für seine ehrenamtliche Tätigkeit opfert. "Ich liebe den Fußball. Ich liebe es, viel an der frischen Luft zu sein. Deshalb ist das keine Belastung, es macht mir einfach Spaß."

Er bereut es nicht, so viel Zeit seines Lebens dafür verwendet zu haben. "Ich würde das immer wieder so machen", betont Paul. "Es hat mich weitergebracht. Es war und ist einfach eine tolle Erfahrung, die ich nicht mehr missen möchte."

Mannschaften aufstellen, Trikots waschen, Bälle aufpumpen

Es gab Zeiten, da hat er eigentlich alles gemacht. Mannschaft auf- und eingestellt. Die Jugend zu den Auswärtsspielen gefahren. Trikots gewaschen oder Bälle aufgepumpt. Dazu Paul: "Das gehört zum Ehrenamt dazu. Es gibt Aufgaben, die machen mehr Spaß. Und es gibt Aufgaben, die müssen eben erledigt werden."

Auch wenn er sich mit seinen 80 Jahren nun langsam aus dem aktiven Geschäft zurückzieht, weiß jeder im Klub, dass man mit seiner Hilfe immer rechnen kann. Denn natürlich, und das ist ganz normal, kann man nach 50 Jahren nicht einfach die Tür ein letztes Mal hinter sich zuziehen und die Vergangenheit Vergangenheit sein lassen.

Deshalb wird Heinz Paul auch weiterhin möglichst jedes Duell von seinem Stammplatz in Reihe 7, Platz 33, Block D von der Tribüne aus genau beobachten. Es ist ein Teil seines Lebens. Und 1500 Spiele sind ihm noch lange nicht genug: "Da werden noch einige hinzukommen." Daran zweifelt niemand. Und das ist auch gut so. Heinz Paul lebt und liebt den Fußball.