Eberhard Vogel feiert 75. Geburtstag

Wenn einer einen Vornamen hat, den keiner kennt, weil sie ihn alle bei einem Spitznamen nennen, spricht das in der Regel für seine Beliebtheit. So ist das auch mit Eberhard Vogel, dem Rekordspieler der DDR-Oberliga (440 Einsätze für Karl-Marx-Stadt und Jena). Niemand nennt ihn Eberhard, auch nicht heute an seinem 75. Geburtstag. Er ist immer der "Matz" geblieben, was vermutlich mit seinem Nachnamen zusammenhängt. Vogel gleich "Piepmatz".

Als Eduard Geyer Cheftrainer der DDR-Auswahl wurde, wurde Vogel sein Assistent. Logisch. "Bei dem Namen kam gar kein anderer Co-Trainer in Frage", witzelt Geyer, der Vogel als "fachlich stark, loyal, geradlinig und korrekt" bezeichnet. Nachzulesen im Kicker, der Vogel am Montag eine Doppelseite frei räumte. Allzu vielen Jubilaren aus dem Osten widerfährt diese Ehre nicht, aber Vogel flog eben noch ein Stückchen höher als die meisten anderen.

Denkwürdiger Treffer in Wembley

Keiner also hat mehr Oberligaspiele als er, lange genug hat er gespielt, um den Zwickauer Alois Glaubitz (428) Spiele noch zu übertreffen. Mit 39 erst hörte er auf, ein Jahr nach dem größten Spiel des FC Carl Zeiss Jena, mit dem er 1981 im Europapokalfinale der Pokalsiege stand. Das 1:2 gegen Dynamo Tiflis - in Düsseldorf vor leeren Rängen - ärgert ihn bis heute. "Anstatt uns zurückzuziehen, stürmten wir naiv weiter." Vogel war an diesem Tag 38 Jahre und 35 Tage jung und ist bis heute der neuntälteste Spieler, der je ein Europacupfinale bestritt. Das sind Fakten, die Statistiker interessieren. Wer ihn hat spielen sehen, hat Bilder im Kopf. Vor allem die von zwei Länderspiel-Toren.

Die Szene, die sein Fußballer-Leben prägte, kann Eberhard Vogel noch heute traumhaft sicher wiedergeben. "Dribbling halbrechts, 40 Meter Entfernung. Den Ball auf den linken Fuß und das Ding ins Dreiangel reingehauen.", erzählte er der Deutschen Presse-Agentur. Es war der 25. November 1970, als dem Jenaer im Länderspiel im legendären Wembley-Stadion beim 1:3 der DDR gegen England der denkwürdige Treffer gelang. Keeper Peter Shilton hatte vor 100.000 Zuschauern gegen den Kunstschuss keine Chance. Es war eines von 25 Länderspieltoren - nur Joachim Streich hat mehr erzielt - in 74 Länderspielen gelang.

Zweimal Olympiabronze und WM-Teilnehmer 1974

Und dann war da noch dieser Eckball. Beim 4:1 der DDR-Auswahl über die UdSSR am 28. Juni 1964 im Entscheidungsspiel zur Olympia-Qualifikation in Warschau hatte Vogel den russischen Torwart Lissizyn mit einem direkt verwandelten Eckball überrascht. "Mit dem linken Außenrist. Das war früher etwas Ungewöhnliches" erzählt er. In der Bundesliga konnte das nur der Frankfurter Bernd Nickel.

Vogel: "Die Russen haben sich so sehr geärgert, dass der Spielball dran glauben musste. Sie haben wohl einfach reingestochen." Den kaputten Ball hütet er in seinem Trophäenschrank. Dort liegen auch die zwei olympischen Bronzemedaillen von Tokio (1964) und München (1972). Nur als die DDR in Montreal 1976 sogar Gold holte, fehlte er, obwohl Trainer Georg Buschner ihm das Olympia-Ticket versprochen hatte. Das Ärgernis verblasst hinter den vielen Erfolgen, Vogels Nest - um im Bilde zu bleiben - ist voller Schmuckstücke. Drei FDGB-Pokalsiege mit Jena, Meister mit Karl-Marx-Stadt 1967, Fußballer des Jahres 1969, Teilnehmer an der WM 1974, Erinnerungen an 50 Europacupspiele.

"Ich glaube, Eberhard Vogel war einer der besten Linksbeiner, die es je gab. Ich war froh, dass er von Karl-Marx-Stadt nach Jena gekommen ist und uns in der Oberliga mit seinen Toren viel geholfen hat", sagte Weggefährte Konrad Weise über seinen Freund.

Auch als Trainer in der Erfolgsspur

Nach der Karriere kamen weitere Erfolge hinzu. "Matz" schlug die Trainerlaufbahn ein und flatterte weiter von Erfolg zu Erfolg. Unter seiner Regie wurden die DDR-Junioren 1986 Europameister und ein Jahr darauf WM-Dritter. "Wir hatten damals eine gute Truppe, aus der nicht nur Matthias Sammer seinen Weg gemacht hat" erzählte Vogel gegenüber dpa. Das Ende des DDR-Fußballs erlebte Eberhard Vogel als Assistenztrainer der letzten Nationalmannschaft an der Seite von Eduard Geyer, dann wagte er sich in den Westen.

Amateurtrainer in Köln und Mönchengladbach, Zweitligatrainer bei Hannover 96 und - nach der Rückkehr in die Heimat - auch bei Carl Zeiss Jena. Dann machte er einen Abstecher nach Togo, wo sie noch immer an ihn denken, weil er die Landesauswahl 1998 im Afrika-Cup zu einem 2:1 über den großen Nachbarn Ghana führte.

Sein letzter großer Coup: Mit dem 1. FC Magdeburg, damals Viertligist, warf er im November 2000 die Bayern aus dem Pokal. Kollege Eduard Geyer, damals Bundesligatrainer in Cottbus, war ihm behilflich und schickte ihm ein Video vom Spiel seiner Elf gegen die Bayern. Und so wurde der Rekordmeister von zwei Trainerfreunden aus dem Osten quasi in die Flügelzange genommen. Nun sind die Höhenflüge des sympathischen "Matz" vorbei, aber dem Fußball hält er als Tribünengast von Drittligist Carl Zeiss Jena immer noch die Treue.

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Wenn einer einen Vornamen hat, den keiner kennt, weil sie ihn alle bei einem Spitznamen nennen, spricht das in der Regel für seine Beliebtheit. So ist das auch mit Eberhard Vogel, dem Rekordspieler der DDR-Oberliga (440 Einsätze für Karl-Marx-Stadt und Jena). Niemand nennt ihn Eberhard, auch nicht heute an seinem 75. Geburtstag. Er ist immer der "Matz" geblieben, was vermutlich mit seinem Nachnamen zusammenhängt. Vogel gleich "Piepmatz".

Als Eduard Geyer Cheftrainer der DDR-Auswahl wurde, wurde Vogel sein Assistent. Logisch. "Bei dem Namen kam gar kein anderer Co-Trainer in Frage", witzelt Geyer, der Vogel als "fachlich stark, loyal, geradlinig und korrekt" bezeichnet. Nachzulesen im Kicker, der Vogel am Montag eine Doppelseite frei räumte. Allzu vielen Jubilaren aus dem Osten widerfährt diese Ehre nicht, aber Vogel flog eben noch ein Stückchen höher als die meisten anderen.

Denkwürdiger Treffer in Wembley

Keiner also hat mehr Oberligaspiele als er, lange genug hat er gespielt, um den Zwickauer Alois Glaubitz (428) Spiele noch zu übertreffen. Mit 39 erst hörte er auf, ein Jahr nach dem größten Spiel des FC Carl Zeiss Jena, mit dem er 1981 im Europapokalfinale der Pokalsiege stand. Das 1:2 gegen Dynamo Tiflis - in Düsseldorf vor leeren Rängen - ärgert ihn bis heute. "Anstatt uns zurückzuziehen, stürmten wir naiv weiter." Vogel war an diesem Tag 38 Jahre und 35 Tage jung und ist bis heute der neuntälteste Spieler, der je ein Europacupfinale bestritt. Das sind Fakten, die Statistiker interessieren. Wer ihn hat spielen sehen, hat Bilder im Kopf. Vor allem die von zwei Länderspiel-Toren.

Die Szene, die sein Fußballer-Leben prägte, kann Eberhard Vogel noch heute traumhaft sicher wiedergeben. "Dribbling halbrechts, 40 Meter Entfernung. Den Ball auf den linken Fuß und das Ding ins Dreiangel reingehauen.", erzählte er der Deutschen Presse-Agentur. Es war der 25. November 1970, als dem Jenaer im Länderspiel im legendären Wembley-Stadion beim 1:3 der DDR gegen England der denkwürdige Treffer gelang. Keeper Peter Shilton hatte vor 100.000 Zuschauern gegen den Kunstschuss keine Chance. Es war eines von 25 Länderspieltoren - nur Joachim Streich hat mehr erzielt - in 74 Länderspielen gelang.

Zweimal Olympiabronze und WM-Teilnehmer 1974

Und dann war da noch dieser Eckball. Beim 4:1 der DDR-Auswahl über die UdSSR am 28. Juni 1964 im Entscheidungsspiel zur Olympia-Qualifikation in Warschau hatte Vogel den russischen Torwart Lissizyn mit einem direkt verwandelten Eckball überrascht. "Mit dem linken Außenrist. Das war früher etwas Ungewöhnliches" erzählt er. In der Bundesliga konnte das nur der Frankfurter Bernd Nickel.

Vogel: "Die Russen haben sich so sehr geärgert, dass der Spielball dran glauben musste. Sie haben wohl einfach reingestochen." Den kaputten Ball hütet er in seinem Trophäenschrank. Dort liegen auch die zwei olympischen Bronzemedaillen von Tokio (1964) und München (1972). Nur als die DDR in Montreal 1976 sogar Gold holte, fehlte er, obwohl Trainer Georg Buschner ihm das Olympia-Ticket versprochen hatte. Das Ärgernis verblasst hinter den vielen Erfolgen, Vogels Nest - um im Bilde zu bleiben - ist voller Schmuckstücke. Drei FDGB-Pokalsiege mit Jena, Meister mit Karl-Marx-Stadt 1967, Fußballer des Jahres 1969, Teilnehmer an der WM 1974, Erinnerungen an 50 Europacupspiele.

"Ich glaube, Eberhard Vogel war einer der besten Linksbeiner, die es je gab. Ich war froh, dass er von Karl-Marx-Stadt nach Jena gekommen ist und uns in der Oberliga mit seinen Toren viel geholfen hat", sagte Weggefährte Konrad Weise über seinen Freund.

Auch als Trainer in der Erfolgsspur

Nach der Karriere kamen weitere Erfolge hinzu. "Matz" schlug die Trainerlaufbahn ein und flatterte weiter von Erfolg zu Erfolg. Unter seiner Regie wurden die DDR-Junioren 1986 Europameister und ein Jahr darauf WM-Dritter. "Wir hatten damals eine gute Truppe, aus der nicht nur Matthias Sammer seinen Weg gemacht hat" erzählte Vogel gegenüber dpa. Das Ende des DDR-Fußballs erlebte Eberhard Vogel als Assistenztrainer der letzten Nationalmannschaft an der Seite von Eduard Geyer, dann wagte er sich in den Westen.

Amateurtrainer in Köln und Mönchengladbach, Zweitligatrainer bei Hannover 96 und - nach der Rückkehr in die Heimat - auch bei Carl Zeiss Jena. Dann machte er einen Abstecher nach Togo, wo sie noch immer an ihn denken, weil er die Landesauswahl 1998 im Afrika-Cup zu einem 2:1 über den großen Nachbarn Ghana führte.

Sein letzter großer Coup: Mit dem 1. FC Magdeburg, damals Viertligist, warf er im November 2000 die Bayern aus dem Pokal. Kollege Eduard Geyer, damals Bundesligatrainer in Cottbus, war ihm behilflich und schickte ihm ein Video vom Spiel seiner Elf gegen die Bayern. Und so wurde der Rekordmeister von zwei Trainerfreunden aus dem Osten quasi in die Flügelzange genommen. Nun sind die Höhenflüge des sympathischen "Matz" vorbei, aber dem Fußball hält er als Tribünengast von Drittligist Carl Zeiss Jena immer noch die Treue.

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